Frage nach Schwerbehinderung doch zulässig?

Frage nach Schwerbehinderung doch zulässig?

Kernfrage

Ob die Frage nach einer Schwerbehinderung im Vorstellungsgespräch zulässig ist, ist umstritten. Jedenfalls droht, wenn sie gestellt und der Bewerber nicht eingestellt wird, eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen Diskriminierung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Frage nach einer Schwerbehinderung im laufenden Arbeitsverhältnis generell zulässig sein kann. Auch insoweit war die Rechtslage bisher streitig. Unstreitig war nur, dass – wenn die Frage unzulässig war – hierauf wahrheitswidrig geantwortet werden durfte.

Sachverhalt

Der zu 80 % schwerbehinderte Kläger war befristet beim Arbeitgeber beschäftigt. Als über das Vermögen des arbeitgebenden Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, fragte der Insolvenzverwalter bei der Belegschaft deren soziale Rahmendaten ab, unter anderem das Vorliegen einer Schwerbehinderung unter Verwendung eines Fragebogens. Hier verneinte der Kläger wahrheitswidrig seine Schwerbehinderung. Als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, machte der Insolvenzverwalter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und beendete das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, der hiergegen Kündigungsschutzklage aus den besonderen Schutzgründen der Schwerbehinderung einlegte.

Entscheidung

Der Kläger unterlag vor dem BAG. Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte schütze den Kläger nicht, weil er die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig beantwortet habe. Die Frage nach der Schwerbehinderung sei im Vorfeld einer Kündigung, gerade wegen der bestehenden Schutzvorschriften für Schwerbehinderte zulässig. Anderenfalls könne der Arbeitgeber seinen Schutzpflichten nicht adäquat nachkommen. Dies gelte jedenfalls, wenn ein Arbeitsverhältnis sechs Monate bestehen würde und damit die besonderen Schutzmechanismen eingriffen. Eine Diskriminierung liege gerade nicht vor, weil sich der Arbeitnehmer widersprüchlich verhalten habe.

Konsequenz

Mit der Entscheidung ist geklärt, dass nach einem sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis nach der Schwerbehinderung gefragt werden darf und die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten ist; jedenfalls wenn Kündigungen im Raum stehen. Richtigerweise muss dies aber in allen Fällen gelten, in denen der Arbeitgeber um eine Schwerbehinderung wissen muss; dies schon deshalb, um die gesetzlichen Pflichten gegenüber Schwerbehinderten oder angesichts beschäftigter Schwerbehinderter (z. B. auch Schwerbehindertenabgabe) einhalten zu können.