Zur Frage der Ausstellung von Freistellungsbescheinigungen in den Fällen des Wegzugs von Arbeitnehmern bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:
Die Prüfung, ob und zu welchem Zeitpunkt der inländische Wohnsitz tatsächlich mit steuerrechtlicher Wirkung aufgegeben worden ist, ist im Veranlagungsverfahren für das Jahr des Wegzugs unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls abschließend zu prüfen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Auszahlung auf ein nachfolgendes Kalenderjahr hinausgeschoben wird. Ggf. ist für das Jahr des Wohnsitzwechsels der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung aufzufordern (Hinweis auf § 149 Abs. 1 Satz 2 AO) und zeitnah zu veranlagen. Bestehen Zweifel über den genauen Zeitpunkt des Wechsels ist ggf. auch für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuerklärung anzufordern. Für die Prüfung der steuerlich anzuerkennenden Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht bei inländischen Einkünften i.S.d. § 49 EStG sind Kenntnisse des gesamten Steuerfalls erforderlich, die dem Betriebsstättenfinanzamt grundsätzlich nicht vorliegen (Hinweis auf meine Verfügung zu Wegzugsfällen vom 31.7.2006, S 1343 – 4 – StO 112). Beantragt deshalb ein bisher unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung (LSt 3 E) beim Betriebsstättenfinanzamt mit der Begründung, er habe seinen Wohnsitz verlegt, hat das bisher für ihn zuständige FA dem Betriebsstättenfinanzamt auf entsprechende Rückfrage zu bestätigen, zu welchem Zeitpunkt der inländische Wohnsitz mit steuerlicher Wirkung aufgegeben worden ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz beispielsweise zum Jahresende 2006 aufgibt und für 2007 erstmals beschränkt einkommensteuerpflichtig wird. Erst nach Bestätigung kann das Betriebsstätten-FA über eine mögliche Steuerbefreiung nach Punkt E des Vordrucks LSt 3 E im Rahmen einer tatsächlich bestehenden beschränkten Steuerpflicht entscheiden.
Für das Jahr des Wegzugs sind deshalb Einkommensteuererklärungen anzufordern. Ich bitte darauf zu achten, dass die Angaben vollständig sind, insbesondere ausländische Einkünfte erklärt und Zeiten der Nichtbeschäftigung erläutert werden sowie die Folgerungen aus der Wohnsitzaufgabe konsequent umgesetzt worden sind (z.B. durch Einstellung der Zahlung von Kindergeld bzw. Arbeitslosengeld). Das Ergebnis der Prüfung und der Zeitpunkt des Wechsels der Ansässigkeit sind aktenkundig zu machen. Der Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ist anhand des individuell geschlossenen Abfindungsvertrags zu prüfen. Sollte in besonders gelagerten Einzelfällen nach den Gesamtumständen des Einzelfalls erkennbar sein, dass der Auszahlungszeitpunkt der Abfindung ausschließlich auf Wunsch des Stpfl. hinausgeschoben worden ist, um weiße Einkünfte zu erzielen, bitte ich ggf. einen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO zu prüfen und mich über derartige Fälle zu unterrichten.
Weiter ist zu prüfen, ob die Abfindung (teilweise) Bestandteile enthält, für die Deutschland auch nach Wegzug das Besteuerungsrecht hat (Hinweis auf Tz. 2.1 der Verfügung vom 26.10.2006, S 2300 – 45 – StO 211). Soweit endgültig eine (teilweise) Freistellung der Abfindungszahlung in Deutschland erfolgt, bitte ich eine Spontanauskunft an den anderen Staat über die Abfindungszahlung und die (anteilige) Freistellung im Inland zu fertigen. Hinsichtlich der Anwendung der Fünftel-Regelung bei Progressionsvorbehalt verweise ich auf § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG.
Auf das BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Arbeitslohn nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vom 14.9.2006, IV B 6 – S 1300 – 367/06, BStBl 2006l S. 532 sowie meine Bearbeitungshinweise zu Tz. 6.3 des o.a. BMF-Schreibens (Vfg. vom 26.10.2006, S 2300 – 45 – StO 211) weise ich hin. OFD Hannover, 15.12.2006, S 2369 – 24 – StO 211