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Vermietung: Wie groß muss ein Briefkasten sein?

Vermietung: Wie groß muss ein Briefkasten sein?

Ein Briefkasten muss auch dickere und größere Umschläge vollständig aufnehmen und gegen unbefugte Entnahme der Post geschützt sein. Erfüllt der Briefkasten diese Eigenschaften nicht, darf der Mieter vom Vermieter verlangen, einen anderen Briefkasten anzubringen.

Hintergrund

Der zur Wohnung gehörende Briefkasten der Mieterin befindet sich zusammen mit den übrigen Briefkästen in einer Briefkastenanlage. Diese ist von außen zugänglich. Der Briefkasten selbst ist 32 cm hoch, 6 cm breit und 8 cm tief. Der Schlitz für den Einwurf ist 22,9 cm breit.

In den Briefkasten können Unterlagen mit der Größe DIN A 4 beziehungsweise C 4-Briefumschläge eingeworfen werden, wenn diese dünn sind. Gegen die Entnahme von Umschlägen und Zeitungen von außen ist der Briefkasten nicht geschützt.

Die Mieterin beanstandete deshalb den Briefkasten. Daraufhin beantragte der Vermieter in einer Eigentümerversammlung das Anbringen eines gesonderten Briefkastens für die Mieterin. Diesen Antrag lehnten die übrigen Wohnungseigentümer jedoch ab.

Die Mieterin verlangt deshalb vom Vermieter, dass dieser auf eigene Kosten einen Briefkasten für ihre Wohnung anbringt, der insbesondere gegen die unbefugte Entnahme von Postsendungen schützt.

Entscheidung

Die Klage der Mieterin hat Erfolg. Die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand umfasst auch die Zurverfügungstellung eines Briefkastens, der eine ordnungsgemäße Postzustellung ermöglicht.

Der vorhandene Briefkasten entspricht nicht der entsprechenden DIN. Denn er ist so beschaffen, dass eingeworfene Umschläge und Zeitungen durch die Klappe von außen wieder entnommen werden können. Ein ordnungsgemäßer Briefkasten muss jedoch mit einem Entnahmeschutz versehen oder so tief sein, dass auch größere Briefumschläge nicht wieder entnommen werden können.

Darüber hinaus ist der Einwurfschlitz nur 22,9 cm breit. Laut der DIN ist aber eine Breite von mindestens 23 cm erforderlich.

Vermietung: Mieter darf Wohnungstür nicht beliebig streichen

Vermietung: Mieter darf Wohnungstür nicht beliebig streichen

Ein Mieter darf die gemietete Wohnung nach seinem Geschmack gestalten. Dieses Recht bezieht sich aber nur auf den Innenbereich der Wohnung. Er darf deshalb nicht die Wohnungstür außen in einer Farbe seiner Wahl anstreichen.

Hintergrund

Der Mieter einer Wohnung hatte die Wohnungseingangstür, die das letzte Mal vor über 15 Jahren gestrichen worden war, von außen gestrichen. Die neue Farbe wich deutlich von der bisherigen Farbe ab.

Der Vermieter war mit der gewählten Farbe nicht einverstanden. Er verlangte vom Mieter Ersatz der Kosten, die für eine Entfernung des Anstrichs sowie einen Neuanstrich in der bisherigen Farbe anfallen würden (275 EUR). Darüber hinaus sollte der Mieter die Malerarbeiten für den Neuanstrich der Tür dulden.

Entscheidung

Die Klage des Vermieters hatte grundsätzlich Erfolg, aber nur in begrenzter Höhe.

Der Vermieter hat dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch, denn der Mieter hat durch das Anstreichen der Wohnungseingangstür in einer vom ursprünglichen Anstrich abweichenden Farbe die Pflicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache verletzt. Zum Streichen der Außenseite der Wohnungseingangstür war er nicht berechtigt, denn das Recht auf Gestaltung der Mietsache betrifft nur die Innenräume einer Wohnung.

Der Mieter ist daher verpflichtet, den vorherigen Zustand wieder herzustellen. Die hierfür erforderlichen Kosten kann der Vermieter grundsätzlich ersetzt verlangen.

Der Vermieter muss sich aber einen Abzug Neu für Alt anrechnen lassen. Wird eine gebrauchte Sache durch eine neue ersetzt, kann dies zu einer Werterhöhung führen. Sie mindert die Ersatzpflicht, wenn eine messbare Vermögensmehrung eingetreten ist und sich dies für den Geschädigten wirtschaftlich günstig auswirkt. Das ist hier der Fall. Die übliche Nutzungsdauer eines Anstrichs von 12 bis 15 Jahren war überschritten, sodass ein Neuanstrich der Tür ohnehin erforderlich war. Durch Neuanstrich der Tür wird deren Wert erhöht, da sich der Vermieter für die nächsten 12 bis 15 Jahre einen neuen Anstrich erspart.

Die Höhe des Abzugs Neu für Alt ist nach der Relation der Nutzungsdauer des alten und neuen Gegenstands zu bemessen. Hier ist dieser Abzug in Höhe von 100 % der Wertsteigerung anzusetzen, da die Nutzungsdauer bereits abgelaufen war. Ein schadensbedingter Mehraufwand ist nicht zu berücksichtigen. Diesen Mehraufwand muss der Mieter ersetzen.

Darüber hinaus ist der Mieter verpflichtet, einen Neuanstrich der Tür zu ermöglichen und zu dulden.

Vermietung an dem GmbH-Geschäftsführer: Welche Miete ist angemessen?

Vermietung an dem GmbH-Geschäftsführer: Welche Miete ist angemessen?

Unter welchen Voraussetzungen führt ein verlustbringendes Geschäft einer Kapitalgesellschaft zu einer verdeckten Gewinnausschüttung? Und wie ist diese zu bemessen? In der Praxis werfen diese Fragen Probleme auf.

Beispiel

Die X-GmbH hat Anfang 2014 ein aufwendig ausgestattetes Einfamilienhaus erworben, das sie ab 1.1.2014 ihrem Alleingesellschafter und alleinigen Geschäftsführer A zu privaten Wohnzwecken vermietet hat. Vereinbart wurde die ortsübliche Marktmiete von monatlich 2.500 EUR.

Die Vermietung zur ortsüblichen Marktmiete bringt jedoch Verluste. Das Finanzamt will den Ansatz der Marktmiete nicht akzeptieren. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sich die entstandenen Kosten in voller Höhe über die sog. Kostenmiete erstatten lassen. Daher sei von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen.

Definition

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist eine (bei der Körperschaft eintretende) Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des steuerlichen Gewinns auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht, also nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht.

Hintergrund

Im Rahmen von Vermietungsverhältnissen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern ist von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen, wenn die Gesellschaft als Vermieter ein unangemessen niedriges Entgelt verlangt. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer nur dann bereit, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu privaten Wohnzwecken des Gesellschafters zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden. Der Bundesfinanzhof verwirft deshalb den Ansatz der Marktmiete und gibt der sog. Kostenmiete plus Gewinnaufschlag den Vorzug. Im Urteilsfall handelte es sich um eine aufwendig gestaltete Immobilie.

Verwirklichung des Tatbestandes der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Wer unentgeltlich für eine ihm nahestehende, nicht kreditwürdige Person seinen Namen für den Erwerb und die Finanzierung eines Mietshauses übernimmt und dieser Person die Vermietung überlässt, erzielt selbst keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das gilt auch dann, wenn die Darlehensvaluta von seinem hierzu von der nahestehenden Person aufgefüllten Konto abgebucht werden und so nach einer Überschussprognose ohne Berücksichtigung der Tilgung rechnerisch Überschüsse erzielt werden.

Niedersächsisches Finanzgericht 2. Senat, Urteil vom 27.11.2012, 2 K 5/12

§ 21 Abs 1 Nr 1 EStG, § 598 BGB, § 535 BGB

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die nach einer Steuerfahndungsprüfung angenommene Erzielung von zusätzlichen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
2
Die Klägerin erwarb 1983 das Eigentum an dem Hausgrundstück .. in P. und hat es im Mai 2009 ohne Erzielung eines über die Übernahme von Grundschulden hinaus gehenden Kaufpreises an den Zeugen S. übertragen. Die Klägerin hatte zudem bei der B-Bank zwei Darlehen über insgesamt 300.000 DM aufgenommen, die zur Kaufpreisfinanzierung und Finanzierung umfangreicher Sanierungsarbeiten dienten. S., bis Ende 1987 der langjährige Lebensgefährte der Klägerin, sanierte das Haus nach dem Erwerb und vermietet seitdem die beiden Wohnungen und ferner den im Erdgeschoss belegenen Kiosk. Die Klägerin bevollmächtigte ihn auf seinen Wunsch 1997 ausdrücklich, sich um das Grundstück, seine Verwaltung und Vermietung zu kümmern. In den achtziger Jahren hatte sie noch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht.
3
S. zahlte bis einschließlich 2001 monatlich 2000 DM und in den nachfolgenden Streitjahren 1.050 € monatlich bar auf ein Konto der Klägerin bei der B-Bank. Dieses Konto diente nur der Deckung von Aufwendungen in Bezug auf das vorgenannte Haus in P. Jeweils 997,02 € buchte die B-Bank zu Gunsten der Darlehenskonten monatlich ab. Ferner zahlte die Klägerin die Gebäudeversicherung in Höhe von etwa 400 € jährlich und wandte geringe Beträge für Kontoführungsgebühren und Überziehungszinsen auf.
4
Bis heute wird das vorgenannte Verfahren aus den Streitjahren praktiziert. Das verbliebene Darlehen wird weiterhin durch Abbuchungen von monatlich 997,02 € vom Konto der Klägerin bedient und das Konto dafür durch S. monatlich mit 1.000 € aufgefüllt. Der Grundstücksübertragungsvertrag vom Mai 2009 ist insgesamt nicht vollzogen worden; die darlehensfinanzierende Bank war und ist nicht bereit, S. als neuen Darlehensnehmer zu akzeptieren.
5
Das gegen die Klägerin wegen Nichterklärens von Einkünften aus der Vermietung des Hauses in P. eingeleitete Steuerstrafverfahren wurde durch in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
6
Aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndung erließ der Beklagte die angefochtenen Änderungsbescheide für die Streitjahre, in denen er entsprechend einer Überschuss-Kalkulation unter Berücksichtigung der AfA, der Schuldzinsen und der Gebäudeversicherung Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung des Hauses in P. in Höhe von etwa 2.000 bis 4.000 € jährlich ansetzte und dementsprechend die Einkommensteuern der Kläger erhöhte.
7
Für die Zeit ab 2009 hat der Beklagte hingegen nach Darstellung der Kläger keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Bezug auf das Hausgrundstück in P. der Klägerin zugerechnet.
8
Gegen diese Änderungsbescheide legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie vortrugen, dass die Klägerin niemals Einnahmen aus dem Objekt in P. bezogen habe. Wirtschaftlicher Nutznießer sei allein S. gewesen; Darlehensnehmerin sei die Klägerin nur gewesen, weil S. keine Darlehenszusagen erhalten habe.
9
Den Einspruch wies der Beklagte zurück. Er führte zur Begründung aus, S. sei nicht als wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks in P. anzusehen. Vielmehr überlasse die Klägerin ihm das Grundstück gegen Zahlungen und verwirkliche damit den Steuertatbestand des § 21 EStG. Dass nur S. gegenüber den Mietern in P. in Erscheinung trete sei unerheblich; es läge ein Mietverhältnis zwischen der Klägerin und S. einerseits und zwischen S. und den Mietern anderseits vor.
10
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Aufhebung der angefochtenen Änderungsbescheide weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihre Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren. Es fehle der Klägerin an der Einkünfteerzielungsabsicht.
11
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und führt zur Begründung aus, dass S. weder wirtschaftlicher Eigentümer noch Eigenbesitzer des Hauses in P. gewesen sei. Es fehle dafür an einem dinglichen Nutzungsrecht; die jederzeit widerrufbare Vollmacht reiche nicht aus.
12
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
13
Das Gericht hat durch Vernehmung des Zeugen S. und Inaugenscheinnahme eines Schreibens Beweis erhoben.
 

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist im vollen Umfang begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide und der sie bestätigende Einspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
15
Die Klägerin hat in Bezug auf ihr Hauseigentum in P. in den Streitjahren keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) erzielt, so dass die nur insoweit zum Nachteil der Kläger abgeänderten Einkommensteuerbescheide im vollen Umfang aufzuheben sind.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der Senat folgt, für die Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjekts ist. Maßgebend ist vielmehr, wer den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht. Diesen Tatbestand verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, ein Gebäude(teil) oder ein anderes der in § 21 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten des Vermieters oder Verpächters aus einem Miet- beziehungsweise Pachtvertrag ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 26. Oktober 1971, VIII R 137/70; BStBl. II 1972, 215; 13. Mai 1980, VIII R 63/79; BStBl. II 1981, 295, 15. April 1986, IX R 52/83, BStBl. II 1986, 605; 31. Oktober 1989, IX R 216/84, BStBl. II 1992, 506; 13. Oktober 1992, IX R 17/88, BFH/NV 1993, 227; 16. April 2002, IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152; 11. März 2003, IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043; 6. September 2006, IX R 13/05, BFH/NV 2007, 406; Lindberg in Frotscher, EStG-Praxiskommentar, Rz. 47 zu § 21).
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Dass die Klägerin in den Streitjahren den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht hat, lässt sich nicht feststellen. Sie war nicht Trägerin der Rechte und Pflichten einer Vermieterin oder Verpächterin aus einem entsprechenden Vertragsverhältnis.
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1. Der Senat ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin nur aufgrund ihres damaligen Näheverhältnisses zu S. ihm für die von ihm beabsichtigte Anschaffung und Vermietung des Hauses ihren Namen beziehungsweise ihre Kreditwürdigkeit zur Verfügung gestellt hat und es trotz ihrer Trennung von S. hierbei geblieben ist.
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Der Senat folgt der entsprechenden Aussage des Zeugen S. Ernsthafte Anhaltspunkte, die gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen sprechen, sind nicht ersichtlich. Der Zeuge hat sich sachlich, flüssig und insgesamt nachvollziehbar geäußert. Es war auch in Bezug auf die Klägerin, seine ehemalige Lebensgefährtin, keine besondere Be- oder Entlastungstendenz erkennbar.
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Der Zeuge hat insbesondere nachvollziehbar geschildert, dass ihm von der örtlichen Sparkasse eine Finanzierung verweigert wurde, dass auch seine Hausbank, die B-Bank, nicht bereit war, ihm den Hausankauf und die offenbar erheblichen Sanierungskosten zu finanzieren. Durch die Inaugenscheinnahme des entsprechenden Schreibens der Sparkasse konnte auch festgestellt werden, dass es 1983 verfasst worden sein dürfte. Dass in dieser Situation die Klägerin als damalige Lebensgefährtin ohne eigenes wirtschaftliches Interesse bereit war, das Haus (formell) in ihrem Namen zu erwerben und Darlehensnehmerin des zur Finanzierung des Kaufs und der Sanierung erforderlichen Kredite zu werden, aber allein S. von Anfang an die Lasten des Grundstücks tragen und seine Erträge vereinnahmen sollte, ist deswegen ebenfalls nachvollziehbar. Hierzu passt die für eine Grundstückskauffinanzierung eher ungewöhnliche Abrede in der ursprünglichen Zweckerklärung zu der für die B-Bank bestellten Grundschuld, dass diese auch für alle Forderungen der B-Bank gegen S. als Sicherheit dienen solle und die Darlehensvaluta auch an S. ausgezahlt werden sollten.
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Der Zeuge hat auch die relativ ungewöhnliche Situation schlüssig erklärt, dass er glatte DM- bzw. €-Beträge auf das besondere Konto der Klägerin zur Bedienung der aufgenommenen Darlehen einzahlt, weil er auch die Mieten überwiegend in bar kassiert und sich keine Kleinbeträge wiedergeben lassen will. Zudem deckt er so andere Aufwendungen der Klägerin (Kontoführungsgebühren, Hausversicherung) per saldo ab. Aus geringen Differenzen zu Gunsten der Klägerin allein – in den Streitjahren im Umfang von gut 200 € jährlich – kann daher nicht auf wirtschaftliches Eigeninteresse der Klägerin geschlossen werden.
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Da – wie sich aus den vorliegenden Kontoauszügen ergibt – der B-Bank die Darlehensraten im Wege des Bankeinzuges zufließen, ist auch die Aussage des Zeugen S. glaubhaft, dass er nicht direkt die Darlehensraten bei der B-Bank bedienen kann, weil diese auf eine Zahlung durch die Klägerin – der Darlehensnehmerin – bestehe.
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Der vorgenannten Überzeugungsbildung des Senats steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach dem von ihr selbst eingereichten Schreiben ihrer früheren Steuerberaterin in den achtziger Jahren negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht hat. Dies lässt sich zum einen aus dem Umstand erklären, dass der Zeuge S. nach seinen Angaben formal erst ab 1997 die Mietverträge in dem Haus in P. im eigenen Namen abgeschlossen hat und zum anderen aus dem auch von ihm angedeuteten Umstand, dass jedenfalls er der Auffassung gewesen sein will, dass Mieteinnahmen steuerrechtlich immer nur dem formellen Hauseigentümer zuzurechnen seien.
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2. Die entsprechenden, 1983 getroffenen und bis heute weitgehend unverändert durchgeführten, Abreden mündlichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und S. können weder zivil- noch steuerrechtlich als Miet- oder Pachtverhältnis eingeordnet werden.
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a) Zivilrechtlich kommt es hierfür zwar nicht auf die von den Beteiligten gewährte Bezeichnung an. Vielmehr ist entscheidend, ob die getroffene Vereinbarung dem gesetzlichen Typus eines Miet- oder Pachtvertrages i.S.d. BGB (§§ 535, 581) entspricht. Hierfür ist die entgeltliche Nutzungsüberlassung eines unbeweglichen Gegenstandes auf Zeit zentral (vgl. nur Weidenkaff in Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, Einf. v. § 535, Rz. 2, 15ff.). Nach § 535 Abs. 1 S. 2f. BGB treffen den Vermieter zudem die Lasten der Mietsache und er hat für ihren Erhalt zu sorgen; dies gilt grundsätzlich auch für die Pacht (§§ 581 Abs. 1, 582 BGB, vgl. Weidenkaff, a.a.O., Rz. 6f zu § 582).
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Die zwischen der Klägerin und ihrem damaligen Lebensgefährten S. 1983 getroffenen und auch nach der Trennung seit 1988 letztlich bis heute fortgeführten mündlichen Abreden lassen sich wirtschaftlich und auch rechtlich nur so verstehen, dass die Klägerin nur formal gegenüber der finanzierenden B-Bank als Grundstückserwerberin und Darlehensnehmerin auftreten sollte. Alle Nutzungen und Lasten des Hausgrundstücks sollten hingegen nur S. treffen; auch Erhalt und die (vorherige) Sanierung des Hauses war nicht Sache der Klägerin.
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Entscheidend kommt noch hinzu, dass diese Zurverfügungstellung des Namens und der Kreditwürdigkeit auch nicht – was nach § 535 Abs. 2, 581 Abs. 1 S. 2 BGB zentraler Bestandteil eines Miet- oder Pachtvertrages wäre – entgeltlich erfolgen sollte, sondern sich allein aus dem damaligen Näheverhältnis zwischen der Klägerin und S. erklärt. Aufgrund der Darlehensvereinbarungen zieht die B-Bank die Kreditraten monatlich von einem Konto der Klägerin ein. Hierfür wird dieses Konto von S. in gleichen Zeitabständen aufgefüllt; geringe Überschüsse erklären sich weitgehend aus der Einzahlung glatter Beträge durch S., in den Streitjahren insbesondere aus einer großzügigen Umrechnung von 2.000 DM (= rechnerisch 1.022,58 €) auf 1.050 €.
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Zivilrechtlich stellen die zwischen der Klägerin und S. getroffenen Abreden daher die Einräumung eines obligatorischen Nutzungsrechts an dem Hausgrundstück in P. durch einen – unentgeltlichen und formlosen – Leihvertrag (§ 598 BGB) dar.
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b) Dieser zivilrechtlichen Wertung ist steuerrechtlich zu folgen, wie sich aus der eingangs zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergibt.
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aa) Der als (Wohnungs- und Kiosk-)Vermieter auftretende S. hat eine gesicherte Rechtsposition aus dem so von ihm mit der Klägerin vereinbarten obligatorischen unentgeltlichen Nutzungsrecht, so dass er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der beiden Wohnungen und des Kiosk in dem Haus in P. erzielt (vgl. zum Ausreichen dieser Position und ihrer Begründung durch formlose Leihe BFH-Urteile vom 25. Oktober 1998, IX R 132/85, BFH/NV 1989, 295; 27. Juni 1996, IV R 82/95, BFH/NV 1997, 101; 16. April 2002, IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152; Lindberg, a.a.O., Rz. 84).
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bb) Da die Klägerin nicht Trägerin der Rechte und Pflichten einer Vermieterin oder Verpächterin aus einem entsprechenden Vertragsverhältnis ist, erzielt sie hingegen – schon in objektiver Hinsicht – keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Räumt der Eigentümer einem Anderen für die unentgeltliche Nutzung eines Gebäudes oder Gebäudeteils – auch durch einen formlos geschlossenen Leihvertrag – eine gesicherte Rechtsposition ein, hat der Eigentümer keine Einkünfte aus § 21 EStG (vgl. v.g. BFH-Urteile vom 25. Oktober 1988 und 16. April 2002).
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Auf den weiter erforderlichen, von der Klägerin in Abrede gestellten, subjektiven Tatbestand der Absicht, entsprechende Einkünfte zu erzielen, kommt es daher nicht an.
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Nur ergänzend verweist der Senat insoweit darauf, dass die diesbezüglich grundsätzlich ohne Betrachtung von Tilgungsleistungen anzustellenden Überschussprognosen in anderen Fallkonstellationen entwickelt wurden, in denen die Finanzbehörde die Einkünfteerzielungsabsicht des Verluste geltend machenden Steuerpflichtigen bestreitet und zudem wirtschaftlich der Steuerpflichtige durch die Tilgungsleistungen regelmäßig einen – wenn auch grundsätzlich nicht steuerbaren – Vermögenszuwachs (ratierlich weniger belastetes und damit für ihn werthaltigeres Grundvermögen) erlangt.
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In der hier gegebenen Fallkonstellation kann daher für die Frage der subjektiven Einkünfteerzielungsabsicht, des Strebens nach einem Totalüberschuss in der Nutzungsperiode (vgl. hierzu Drüen in Kirchhoff/Söhn/Mellinghoff, EStG-Loseblattkommentar, Rz. B 160ff. zu § 21), nicht außer Betrachtung bleiben, dass sich die Vorgänge im Kontext des Hauses in P. für die Klägerin von Anfang an als (betriebs-)wirtschaftlich neutral dargestellt haben und auch darstellen sollten. Die von S. aus den von ihm kassierten Mieteinnahmen getragenen Darlehenszinsen und weiteren Hauslasten werden von ihm in Erfüllung des Verwendungsersatzanspruchs der Klägerin gemäß § 601 BGB nur über ihr Konto an die B-Bank und andere Gläubiger (Hausversicherer) weiter geleitet. Inzwischen hat sich die Klägerin durch den Notarvertrag aus dem Mai 2009 auch ausdrücklich verpflichtet, S. das Grundstück ohne Realisierung eines Wertzuwachses – nur gegen Schuldübernahme beziehungsweise nach deren Tilgung ohne jede Gegenleistung – zu übertragen.
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c) Der Senat braucht auch nicht näher zu erörtern, ob die zu Gunsten der Klägerin in den Streitjahren auf ihrem Konto letztlich verbliebenen geringen Beträge von gut 200 € jährlich steuerpflichtige sonstige Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG – als ihr von S. gleichsam aufgedrängtes Entgelt für die Fortführung der 1983 getroffenen Abreden – führen könnten.
36
Soweit ersichtlich liegen diese Beträge jeweils unter der jährlichen Freigrenze von 256 € bzw. 500 DM.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.
38
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 FGO) liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf den tatsächlichen Besonderheiten des Einzelfalles.

Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Werbungskostenabzug trotz beabsichtigter Eigennutzung bei tatsächlicher Vermietung

Kernproblem
Wird eine eigene Immobilie zunächst selbstgenutzt und soll später vermietet werden, kommt es für den Abzug der Werbungskosten entscheidend auf den Zeitpunkt der Vermietungsabsicht an. Anders herum scheidet bei einem Wechsel der Absicht von der Vermietung zur Selbstnutzung oder steuerfreien Veräußerung ein Werbungskostenabzug in aller Regel aus. Werden Aufwendungen für eine im Bau befindliche Wohnung zu einer Zeit getätigt, in der der Entschluss zur Einkünfteerzielung noch nicht aufgegeben wurde, so bleibt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch dann noch bei einem Werbungskostenabzug, wenn diese Absicht später wegfällt. Umgekehrt sollte man meinen, dass die Aufwendungen bei zunächst beabsichtigter Selbstnutzung steuerlich verloren sind. Hier überrascht jedoch das Finanzgericht (FG) Köln mit einer Entscheidung.

Sachverhalt
Eine Hausbesitzerin hatte 2 vorher vermietete Mehrfamilienhäuser umfangreich zu einem Gebäude umgebaut und bei Abgabe der Steuererklärungen 2007 und 2008 angegeben, dass später 2 Wohnungen selbstgenutzt werden sollten. So wurde in dem im Februar 2010 erlassenen Einkommensteuerbescheid 2008 ein Anteil von ca. 85 % als Werbungskosten berücksichtigt. Im Mai 2010 beantragte die Hausbesitzerin die Änderung des Steuerbescheids 2008 mit der Begründung, sie sei nicht wie geplant in die beiden Wohnungen eingezogen, sondern habe sie vermietet. Nachdem der Bescheid zunächst antragsgemäß unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten geändert wurde, strich das Finanzamt nach einer Außenprüfung den anteiligen Verlust, weil die Absicht zur Selbstnutzung erst im Jahr 2010 aufgegeben worden sei. Hiergegen ist die Klage beim FG Köln anhängig geworden.

Entscheidung
Im Aussetzungsverfahren hat das FG Köln zugunsten der Vermieterin entschieden. Denn für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht komme es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem zum ersten Mal Einkünfte erzielt werden können. Eine vorher geäußerte gegenteilige Absicht sei jedenfalls dann unschädlich, wenn durch diese die spätere Erzielung von Einkünften nicht erschwert werde. Durchaus logisch erklären die Richter ihre Ansicht mit der umgekehrten Sachverhaltsgestaltung: Werde eine Wohnung umgebaut und anschließend selbstgenutzt, gewährten die Finanzbehörden keinen Werbungskostenabzug, weil die spätere tatsächliche Eigennutzung ein Indiz für die geplante Selbstnutzung darstelle. Eine vorher geäußerte Vermietungsabsicht würde dann ins Leere laufen.

Konsequenz
Ob die Entscheidung im Hauptverfahren und ggf. höchstrichterlich Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem anderen Fall die Absichtserklärung bei vor Bezugsfertigkeit entstandenen Werbungskosten als entscheidendes Kriterium angesehen. Dies wollte das FG Köln hier aber nicht gleichermaßen anwenden, weil im BFH-Fall die Wohnung nicht vermietet, sondern unmittelbar nach Fertigstellung veräußert wurde.

Nachträgliche Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Kernproblem
Werden Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie erzielt, sind Schuldzinsen der Darlehensaufnahme für die Anschaffung des Objekts als Werbungskosten abzugsfähig. Etwas anderes galt jedoch nach bisheriger Rechtsprechung nach Veräußerung des Objekts. Selbst wenn der Veräußerungserlös nicht zur Schuldentilgung ausreichte, sah der Bundesfinanzhof (BFH) den Zusammenhang mit der Einkunftserzielung als unterbrochen an. In der Folge waren Schuldzinsen auf die Restverbindlichkeit nicht abzugsfähig. Hieran war schon allein deswegen Kritik aufgekommen, weil der gleiche Sachverhalt im Bereich der Gewinneinkunftsarten zu nachträglichen Betriebsausgaben führen würde. Auch die Verlängerung der Spekulationsfristen für Immobilien im Jahr 1999 von 2 auf 10 Jahre konnte dazu Anlass geben, an der bisherigen Rechtsprechung etwas zu ändern. Dies hat der BFH jetzt auch getan.

Sachverhalt
Ein Vermieter hatte im Jahr 1994 ein Wohngebäude erworben und hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Der Großteil des Kaufpreises musste finanziert werden. Als er im Jahr 2001 das Gebäude wieder veräußerte, blieb ein Verlust von fast 800.000 EUR, den das Finanzamt auch als Spekulationsverlust gesondert feststellte. Weil nach Verrechnung mit dem Veräußerungserlös immer noch Bankverbindlichkeiten von über 500.000 EUR verblieben, fielen in einem darauffolgenden Jahr Schuldzinsen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug als nachträgliche Werbungskosten ebenso ab, wie das Finanzgericht. So ging es mit dem Argument zum BFH, an dem Korrespondenzprinzip zwischen der weitgehenden Verschonung von privaten Veräußerungsgewinnen und dem Abzugsverbot nachträglicher Finanzierungskosten könne nach Verlängerung der Spekulationsfristen nicht länger festgehalten werden.

Entscheidung
Der BFH hat seine Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geändert und den Abzug zugelassen. Die Richter führten aus, das Urteil folge der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung zur steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen bei der Veräußerung von Privatimmobilien und deren Verknüpfung mit einer vorangegangenen steuerbaren Nutzung des Grundstücks. Die gesetzliche Regelung zur Ermittlung des Veräußerungsergebnisses (in Form einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch bereits in Anspruch genommene Abschreibungen) bewirke eine Gleichstellung mit einer Veräußerung im Betriebsvermögen (Erlös ./. Buchwert). So sei es folgerichtig, den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auszuweiten und eine Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen herzustellen.

Konsequenz
Zukünftig ist auf die Deklaration von Schuldzinsen zu achten, soweit der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

 

Presseerklärung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 62:

“Mit Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen.

Der Kläger hatte 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er das Gebäude mit Verlust. Mit dem Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht vollständig abgelöst werden; dadurch musste der Kläger auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden. Das Finanzamt erkannte die vom Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten “nachträglichen Schuldzinsen” nicht als Werbungskosten an.

Der BFH gab dem Kläger Recht; die geltend gemachten Schuldzinsen seien zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden. Der BFH hielt damit an seiner bisherigen – restriktiveren – Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht länger fest. Der BFH begründet seine Rechtsprechungsänderung sowohl mit der im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken innerhalb einer auf 10 Jahre erweiterten Frist zu erfassen, als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks durch die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes, welche bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt werde. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, den nachträglichen Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf den im Streitfall zu entscheidenden Sachverhalt auszuweiten und damit die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften wieder herzustellen.”

 BFH-Urteil vom 20.06.2012 – IX R 67/10

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.6.2012, IX R 67/10

Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – Gewinnermittlung im Rahmen des § 23 EStG erfolgt zeitpunktbezogen

Leitsätze

Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.

Tatbestand

1
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17. Juni 1994 ein Wohngebäude, um damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen; die Anschaffungskosten des Objekts betrugen (einschließlich der Anschaffungsnebenkosten) 1.841.235 EUR. Von diesen Kosten finanzierte der Kläger einen Teilbetrag in Höhe von 1.457.181,86 EUR über Darlehen der Volksbank X.
2
Der Kläger veräußerte das Objekt mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 14. Mai 2001; dabei erzielte er einen Veräußerungspreis in Höhe von 1.073.712 EUR. Unter Berücksichtigung der Veräußerungskosten ergab sich nach den gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ein Veräußerungsverlust i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 792.432 EUR, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 nach § 10d Abs. 4 EStG gesondert feststellte. Der Kläger hat in den Jahren 2004 und 2005 nachträgliche Einkünfte aus dem Objekt in Gestalt verspätet geleisteter rückständiger Mieteinnahmen erzielt.
3
Der aus der Veräußerung des Objekts erzielte Erlös reichte nicht aus, um die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden Darlehen abzulösen; das ausschließlich zum Erwerb der Immobilie aufgenommene Darlehen der Volksbank X valutierte im Zeitpunkt der Veräußerung noch mit 534.075 EUR. Für die –nach vollständiger Verwendung des Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung– noch verbliebene Darlehensschuld wandte der Kläger im Streitjahr 2004 Schuldzinsen in Höhe von 21.135 EUR auf, die er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte.
4
Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr die vom Kläger aufgewendeten Schuldzinsen nicht als Werbungskosten im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger, mit dem sie weiterhin die Berücksichtigung der erklärten Schuldzinsen begehrten, hatte keinen Erfolg.
5
Das FG wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1052 genannten Gründen ab.
6
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie vertreten die Auffassung, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur eingeschränkten Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen mit Blick auf die erweiterte Besteuerung von Wertsteigerungen im Privatvermögen seit dem Erlass des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) nicht mehr aufrecht zu halten sei; denn das insoweit in der Rechtsprechung bemühte Argument, ein nicht steuerbarer Veräußerungsvorgang überlagere einen ursprünglich gegebenen Veranlassungszusammenhang zur Einkünfteerzielung, sei nicht mehr tragfähig, wenn der Veräußerungsvorgang selbst grundsätzlich steuerpflichtig sei. Dies habe im Übrigen auch der BFH in seinem Urteil vom 16. März 2010 VIII R 20/08 (BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787) zu den insoweit vergleichbaren Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG so gesehen und seine diesbezügliche Rechtsprechung geändert. Während die frühere Rechtsprechung eine gewisse „Korrespondenz“ zwischen der weitgehenden Verschonung von Veräußerungsgewinnen im privaten Vermögensbereich und einem Abzugsverbot für nachträgliche Finanzierungsaufwendungen gesehen habe, lasse sich nun umgekehrt aus dem BFH-Urteil in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787 ableiten, dass die gesetzgeberische Entscheidung, Veräußerungsgewinne im Privatvermögen weitgehend der Besteuerung zu unterwerfen, auch zum Abzug nachträglicher Finanzierungsaufwendungen führen müsse. Soweit der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 im Anwendungsbereich des § 23 EStG eine erweiterte Steuerverstrickung eingeführt habe, würden Steuerpflichtige, die Grundstücke aus ihrem Privatvermögen steuerpflichtig veräußern, durch die Versagung des Abzugs nachträglich entstehende Finanzierungskosten schlechter gestellt als Steuerpflichtige, die Grundstücke aus ihrem Betriebsvermögen veräußern. Daher müsse –jedenfalls soweit die Steuerverstrickung reiche– ein nachträglicher Schuldzinsenabzug zulässig sein. Zu Unrecht habe das FG überdies an der –in der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung so vertretenen– unterschiedlichen Behandlung von Überschuss- und Gewinneinkünften festgehalten. Maßgeblich sei nach der neueren BFH-Rechtsprechung nicht mehr alleine die Zuordnung des zur Einkünfteerzielung verwendeten Vermögens zum betrieblichen oder privaten Bereich, sondern die Frage, ob Wertveränderungen dieses Vermögens dem Besteuerungszugriff unterliegen. Schließlich habe das FG auch § 24 Nr. 2 EStG fehlerhaft ausgelegt. Der genannten Norm sei nicht zu entnehmen, dass der Betriebsaufgabe einerseits und der Aufgabe des Kapitalvermögens oder der Veräußerung eines Mietshauses andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen hinsichtlich der Berücksichtigung nachträglicher Einnahmen und Aufwendungen beizumessen seien.
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Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil des FG vom 1. Juli 2010  13 K 136/07 sowie den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 27. März 2006, geändert durch Bescheide vom 8. Juni 2006 und vom 17. Juli 2009, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 aufzuheben und die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung der erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung festzusetzen, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

8
Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit zur weiteren Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht an das FG zurückzuverweisen.

9
Das FA vertritt die Auffassung, dass die unterschiedliche Behandlung von nachträglichem Aufwand bei den Gewinneinkünften einerseits und den Überschusseinkünften andererseits durch den –auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als gültige Grundkonzeption des deutschen Einkommensteuerrechts anerkannten– Dualismus der Einkunftsarten gerechtfertigt sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787, da dessen Grundsätze trotz der von zwei auf zehn Jahre verlängerten Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht übertragen werden könnten. Der Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit der Finanzierung der Anschaffungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie sei durch deren Veräußerung unterbrochen; daher könnten die von den Klägern aufgewandten nachträglichen Schuldzinsen allenfalls bei den sonstigen Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Überdies müsste eine verlustbringende Veräußerung auch bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger berücksichtigt werden.
10
Das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) vertritt die Auffassung, das FG habe zu Recht an der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum beschränkten Schuldzinsenabzug nach Veräußerung der Immobilie festgehalten; nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen seien auch mit Blick auf die verlängerten Veräußerungsfristen des § 23 EStG keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Veräußerungserlös der Immobilie nicht zur Tilgung des zur Finanzierung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten aufgenommenen Kredits ausreiche.
11
Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787 seien nicht auf die Rechtslage bei § 21 EStG übertragbar, weil die Änderungen in den maßgeblichen Vorschriften nicht miteinander vergleichbar seien. Rechtsfolge der Bestimmung des § 17 EStG sei –anders als bei der Regelung in § 23 EStG– eine von der Haltedauer unabhängige durchgängige steuerliche Verstrickung der betreffenden Anteile. Vor diesem Hintergrund lasse sich eine Gleichbehandlung mit betrieblichen Einkünften noch eher begründen; dies gelte insbesondere auch aufgrund des Wortlauts des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, der die betreffenden Gewinne aus der Veräußerung der Anteile zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zähle. Demgegenüber bleibe es bei der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von Grundstücken auch nach Verlängerung der Veräußerungsfrist von zwei auf zehn Jahren dabei, dass das Wirtschaftsgut selbst der privaten Vermögensebene zuzuordnen sei. Daher könne man bei der Verlängerung der Veräußerungsfrist im Rahmen des § 23 EStG nicht von einem vergleichbaren „Paradigmenwechsel“ sprechen. Dies habe bislang auch der erkennende Senat stets so gesehen, wenn er –etwa in seinen Urteilen vom 22. April 2008 IX R 29/06 (BFHE 221, 97, BStBl II 2009, 296) und vom 18. Oktober 2006 IX R 28/05 (BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259)– die Objektivierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei § 23 EStG mit den „verhältnismäßig kurzen Veräußerungsfristen“ begründet habe. Eine Vergleichbarkeit der genannten Regelungen in § 17 und § 23 EStG sei überdies auch deshalb nicht gegeben, weil die Grundstruktur der genannten Regelungen auch im Zuge der Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 unverändert geblieben sei; insbesondere sei die gesetzgeberische Grundentscheidung, wonach Verluste aus Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG lediglich innerhalb der Einkunftsart verrechnet werden dürfen (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG), nicht angetastet worden.
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Das beigetretene BMF hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat die von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
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1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).
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a) Als maßgebliches Kriterium für einen steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart wird die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen „Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre“ angesehen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kommt einerseits dem mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck, welcher auf die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gerichtet sein muss, und andererseits der zweckentsprechenden Verwendung der Mittel entscheidende Bedeutung zu. Der notwendige Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist danach als gegeben anzusehen, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjektes zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjektes wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 362; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 203).
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b) Nach den bisher in der Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen besteht der Zweck, sofern das Darlehen nicht vorher abgelöst wird, jedenfalls solange fort, bis die Vermietungsabsicht aufgegeben wird und die Vermietungstätigkeit bzw. das Rechtsverhältnis im Sinne der Einkunftsart endet mit der Konsequenz, dass die auf das Darlehen gezahlten Schuldzinsen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG zwar in dem genannten Zeitraum als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, nach Ende der Vermietungstätigkeit jedoch grundsätzlich nicht mehr als solche anerkannt wurden – und zwar auch dann nicht, wenn der Erlös aus der Veräußerung eines zuvor zur Vermietung genutzten Grundstücks nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen (vgl. BFH-Urteile vom 25. April 1995 IX R 114/92, BFH/NV 1995, 966; vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353; vom 25. Januar 2001 IX R 27/97, BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573). Etwas anderes galt mit Blick auf die Regelung in § 24 Nr. 2 EStG für rückständige Zinsen, die auf die Zeit der Vermietung entfielen, jedoch erst nach Beendigung der Vermietungstätigkeit geleistet wurden (BFH-Urteile vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 23. Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 600 „Zinsen“). Zudem hat die Rechtsprechung nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen dann als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, wenn mit dem Kredit Aufwendungen finanziert worden sind, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren (BFH-Urteile vom 16. September 1999 IX R 42/97, BFHE 190, 165, BStBl II 2001, 528; vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04, BFHE 211, 255, BStBl II 2006, 407).
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2. An dieser Rechtsprechung hält der Senat aus den nachfolgend dargelegten Erwägungen nicht länger fest.
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a) Die bisherige Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hat sich maßgebend von der Erwägung leiten lassen, dass der ursprünglich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem zur Finanzierung von Anschaffungskosten aufgenommenen Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit der Veräußerung des Grundstücks beendet sei und das anschließend fortbestehende (Rest-)Darlehen seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust habe; Aufwendungen hierauf seien nur noch Gegenleistung für die Überlassung von Kapital, das nicht mehr der Erzielung von steuerbaren Einnahmen diene (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 966; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48; in BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373).
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Diese Erwägungen mögen vor dem Hintergrund der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in den Fassungen vor 1999, welche sich auf Veräußerungsgeschäfte mit „Spekulationscharakter“ beschränkte, gerechtfertigt gewesen sein. Mit der auf zehn Jahre erweiterten Erfassung von Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, welche ausweislich der Gesetzesbegründung der Verbreiterung der Besteuerungsgrundlagen dienen sollte (vgl. BTDrucks 14/23, S. 179 f.), hat der Gesetzgeber eine Grundentscheidung dahin getroffen, dass zur Erzielung von Einkünften dienende Wohngrundstücke für den genannten Zeitraum –d.h. über einen reinen, steuerpolitisch gerechtfertigten „Spekulationszeitraum“ hinaus– nicht mehr dem privaten, sondern dem steuerrechtlich erheblichen Vermögensbereich zuzuordnen sind und ein etwaiger Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften der Besteuerung unterliegt.
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b) Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung ist das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest-)Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Nachträgliche Schuldzinsen können mithin auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlusts dienen. Die Notwendigkeit einer dahin gehenden Fortentwicklung der Rechtsprechung wird besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG (vormals § 23 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes –JStG– 1996, BStBl I 1995, 438, 461) deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsguts sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen mindern, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind. Diese Regelung –die nach § 52 Abs. 22 EStG i.d.F. des JStG 1996 auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Juli 1995 angeschafft hat– verknüpft das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirkt, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäft –strukturell– der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt wird. Denn die Höhe des Gewinns i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG hängt ab von der bisherigen Nutzung des Grundstücks und von der Entscheidung des Steuerpflichtigen, bestimmte Abzugsbeträge im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung geltend zu machen (vgl. Heuermann, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 864, 866).
21
c) Eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt im System der Einkommensteuer weder zu Wertungswidersprüchen noch zu sachwidrigen Ergebnissen. Der Gesetzgeber selbst hat den Besteuerungszugriff mit der Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke auf zehn Jahre durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. seit 1999 in bedeutsamer Weise ausgedehnt. Der Senat überträgt diese gesetzgeberische Grundentscheidung lediglich folgerichtig auf seine Rechtsprechung, mit der er auch schon bisher den weiteren Abzug von bislang auf einen veräußerten Grundstücksanteil entfallenden Schuldzinsen im Wege der Surrogation unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat (vgl. etwa BFH-Urteile vom 25. Februar 2009 IX R 52/07, BFH/NV 2009, 1255; vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706) und stellt dabei die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften (s. hierzu Beiser, Der Abzug von Schuldzinsen in der Einkommensteuer, Berlin 1990, 129) wieder her.
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3. Nach diesen Grundsätzen besteht ein ursprünglich gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem (Rest-)Darlehen, das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjektes diente, und den (früheren) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fort, wenn der Steuerpflichtige das Objekt veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Durch die mit der Veräußerung des Wohngrundstücks einhergehende Beendigung der Vermietungstätigkeit ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen; vielmehr sind die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die ursprünglich zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgenommenen Schulden ausgelöst.
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Mit der Veräußerung des ursprünglich zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjektes wird auch kein „neuer“, den bisherigen Veranlassungszusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung überlagernder oder gar ersetzender Zusammenhang mit den sonstigen Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG geschaffen. Zwar können Aufwendungen, die während des nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG maßgeblichen Zeitraums angefallen sind, auch Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG sein. Ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 23 EStG kommt indes zum einen nur dann in Betracht, soweit nicht der Veräußerungsgegenstand im Rahmen einer vorrangigen Einkunftsart genutzt wurde (vgl. § 23 Abs. 2 EStG). Sind daher die Aufwendungen im Rahmen einer steuerlich relevanten Nutzung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu werten, scheidet der Abzug als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften schon dem Grunde nach aus. Zum anderen erfolgt die Gewinnermittlung im Rahmen des § 23 EStG zeitpunktbezogen; aufgrund dieser einkunftsartbedingten Besonderheit kommt eine Berücksichtigung von Schuldzinsen, die nicht innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angefallen sind, entgegen der Auffassung des FA bei den Einkünften nach § 23 EStG nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteile vom 16. Juni 2004 X R 22/00, BFHE 206, 406, BStBl II 2005, 91; vom 12. Dezember 1996 X R 65/95, BFHE 182, 363, BStBl II 1997, 603; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 181, 195).
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4. In Einschränkung dieser Grundsätze ist ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung –entsprechend der rechtlichen Behandlung nachträglicher Schuldzinsen auf Betriebsschulden nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs als Betriebsausgaben (s. BFH-Urteile vom 28. März 2007 X R 15/04, BFHE 217, 507, BStBl II 2007, 642; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353)– dann allerdings zu verneinen, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis des Immobilienobjektes hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). In diesem Fall beruht die Entscheidung des Steuerpflichtigen, im Veräußerungszeitpunkt noch valutierende Darlehensschulden nicht oder nicht im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zurückzuführen, auf einer privaten Motivation, die den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagert (vgl. Jachmann/ Schallmoser, Deutsches Steuerrecht 2011, 1245, 1249). Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG kann ferner dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich –etwa mit Blick auf eine dauerhaft angelegte Vermietung des maßgeblichen Objektes– mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat (zur Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; zur Übernahme der Typisierung durch den Gesetzgeber s. die Neuregelung des § 21 Abs. 2 EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BGBl I 2011, 2131) sowie die hierzu gegebene Gesetzesbegründung in BRDrucks 54/11, 51), seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjektes aus anderen Gründen weggefallen ist.
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Der Senat braucht nicht zu entscheiden, in welchen darüber hinaus denkbaren Fallkonstellationen eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht mehr durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind. Jedenfalls ist in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige –ohne seine Absicht zur Einkünfteerzielung vor der Zeit aufgegeben zu haben– das bisher der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienende Wohngrundstück steuerbar veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen, von einem Fortbestand des Veranlassungszusammenhangs auszugehen.
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5. Die Sache ist spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Die Höhe der von dem Kläger im Streitjahr aufgewandten nachträglichen Schuldzinsen ist ebenso wenig streitig wie der Umstand, dass er das verbliebene (Rest-)Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungskosten eines der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Wohngebäudes aufgenommen hat. Unstreitig war der Kläger auch nicht in der Lage, die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten bei der Veräußerung des Immobilienobjektes vollständig zu tilgen; der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung wurde insoweit beachtet.
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6. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuerbeträge nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung wird dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO übertragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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7. Der Antrag der Kläger, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505; vom 14. Mai 2009 IV R 47/07, BFHE 225, 116, BStBl II 2009, 900). Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist deshalb das FG als Gericht des ersten Rechtszugs (z.B. BFH-Urteil vom 2. Juni 1999 X R 16/96, BFHE 189, 67, BStBl II 1999, 596).

Zur Überschusserzielungsabsicht bei Vermietung einer Ferienwohnung

Zur Überschusserzielungsabsicht bei Vermietung einer Ferienwohnung

Kernproblem

Für die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung hat der Bundesfinanzhof (BFH) umfangreiche Grundsätze entwickelt. So ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietung grundsätzlich davon auszugehen, dass die Absicht besteht, positive Einkünfte zu erwirtschaften. Das gilt selbst bei lang anhaltenden Verlusten. Erscheint jedoch irgendetwas ungewöhnlich, kann das Finanzamt eine Überschussprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren verlangen, die häufig negativ endet. Damit wird der Verlust zur „Liebhaberei“ und steuerlich nicht abzugsfähig. Bei der Vermietung einer Ferienwohnung bestehen zusätzliche Besonderheiten. Schaltet der Eigentümer zwecks Mietersuche einen Vermittler ein und bemüht sich nicht selbst um die Vermietung, fordert der Bundesfinanzhof dann eine Prognose, wenn sich der Eigentümer eine Selbstnutzung vorbehält. Mit der vom BFH geprägten Rechtsprechung ist das Niedersächsische Finanzgericht nicht mehr in allen Einzelheiten einverstanden.

Sachverhalt

Die klagenden Ehegatten sind Eigentümer einer Ferienwohnung im Ostseebad Kühlungsborn und hatten bereits über mehrere Jahre Verluste von über 100.000 EUR geltend gemacht. Sie vermieteten die Wohnung über eine Vermittlungsgesellschaft und behielten sich eine 3-wöchige Selbstnutzung vertraglich vor. Das Finanzamt hatte die Verluste zunächst vorläufig anerkannt, aber nachdem eine von den Eheleuten angeforderte 30-jährige Prognoserechnung mit einem Totalverlust endete, wieder rückgängig gemacht. Das Finanzamt sah sich auch in der Rechtsprechung des BFH gestärkt, der bei vorbehaltener Selbstnutzung eine Prognose für geboten hält, selbst wenn sie nur kurzfristig ist. Die Eheleute empfanden das schon deswegen als ungerecht, weil die Wohnung im Jahresdurchschnitt im gleichen Auslastungsgrad vermietet war, wie das in der Stadt Kühlungsborn statistisch belegt war, und zogen vor das Finanzgericht.

Entscheidung

Nach Ansicht des Niedersächsischen Finanzgerichts ist eine Überschusserzielungsabsicht nicht anzuzweifeln, wenn die im übrigen fremdvermietete Ferienwohnung allenfalls 2-3 Wochen im Jahr selbstgenutzt wird und die ortsüblichen Vermietungstage erreicht werden. Nur auf diese Weise könne eine Gleichbehandlung zwischen den Fällen der Vermietung über einen Vermittler und in Eigenregie erreicht werden. Im letztgenannten Fall toleriere der BFH eine Unterschreitung der ortsüblichen Vermietungszeit von 25 % und unterstelle eine über das gesamte Jahr anhaltende Vermietungsabsicht, obwohl sich der Vermieter dabei quasi ganzjährig die Selbstnutzung vorbehalte und keine Überprüfung „fürchten“ müsse.

Konsequenz

Das Niedersächsische Finanzgericht ist für seine „Contra-BFH“-Entscheidungen bekannt. Hier hat es den Verlust (mit Ausnahme des Anteils für den Zeitraum der Selbstnutzung) anerkannt. Die Argumente der Urteilsbegründung scheinen aber durchaus geeignet, vor dem BFH gehört zu werden. Die Revision wurde zugelassen.

VuV: Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und anschließendem Verkauf

VuV: Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und anschließendem Verkauf

Kernaussage

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unterliegen der Einkommensteuer. Unter Einkünften ist dabei der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Zur Abgrenzung von der nicht steuerbaren Liebhaberei ist es notwendig, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben auf die Dauer der Nutzung der Einkunftsquelle zu erzielen. Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich zu klären, ob eine Wohnungseigentümerin auch dann eine Überschusserzielungsabsicht hat, wenn mit dem Mietvertrag zugleich eine Veräußerung an den Mieter nach Ablauf der Mietzeit vereinbart ist.

Sachverhalt

Die 80-jährige Klägerin hatte in den dem Streitjahr vorangegangenen Jahren erfolglos versucht, eine Eigentumswohnung zu verkaufen, die sie als Feriendomizil genutzt hatte. 2005 schloss sie mit einem Kaufinteressenten einen notariellen Vertrag ab. Dessen Gegenstand war ein Angebot zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags sowie ein Mietvertrag. Die Wohnung wurde zunächst für zwei Jahre an den Interessenten vermietet unter der Bedingung, dass dieser der Klägerin zuvor ein unwiderrufliches Angebot zum Erwerb der Mietsache nach Ablauf der Mietdauer unterbreitet. Der Interessent wurde sodann im Parallelverfahren wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. In den dortigen Urteilsgründen ist ausgeführt, dass er die Klägerin bei Abschluss des Miet-/Kaufvertrags über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht hat. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen geltend. Der Wunsch, die Wohnung erst anzumieten und danach zu kaufen, sei seitens des Mietinteressenten geäußert worden. Das Finanzamt wollte den Verlust aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkennen. Der Klägerin habe bei Vertragsabschluss die notwendige Überschusserzielungsabsicht gefehlt; es sei ihr ausschließlich um den Verkauf der Immobilie gegangen.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht. Sie hätte bei vertragsgemäßer Abwicklung des Mietvertrags offensichtlich einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt. Anhaltspunkte dafür, dass bei dem wirksam abgeschlossene Miet-/Kaufvertrag ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegen könnte, waren nicht ersichtlich. Auch wurde durch die tatsächlich gewählte rechtliche Gestaltung kein Steuervorteil erzielt. Hierbei ist für die Feststellung des Steuervorteils auf den Zeitpunkt bei Vertragsabschluss abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt durfte die Klägerin aber von einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und damit von einem Überschuss der Mieteinnahmen über ihre Werbungskosten ausgehen.

Konsequenz

Ein gleichzeitig mit Abschluss eines Mietvertrages abgeschlossener Kaufvertrag spricht nicht grundsätzlich gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Anders zu entscheiden ist lediglich dann, wenn bei Abschluss des Mietvertrags feststeht, dass – etwa aufgrund hoher Finanzierungskosten und erhöhten Abschreibungen – auch bei ordnungsgemäßer Zahlung der Miete während des Mietzeitraums kein Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen sein wird.

Vorsicht bei Vermietung zwischen Ehegatten

Vorsicht bei Vermietung zwischen Ehegatten

Kernaussage

Aktuell hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) wieder einmal mit einem umsatzsteuerlichen Dauerbrenner zu befassen: Wenn 2 Ehegatten ein Haus errichten und einer der Ehegatten einen Teil des Hauses unternehmerisch nutzen will, stellt sich die Frage, wie der Vorsteuerabzug optimiert werden kann.

Sachverhalt

Die Kläger (Ehegatten) errichteten ein Haus auf einem dem Ehemann sowie der Ehefrau jeweils zur Hälfte gehörenden Grundstück. Ca. 40 % des Gebäudes nutzte der Ehemann als Büro, den Rest nutzten die Ehegatten privat. Die Ehefrau vermietete ihren (zivilrechtlich) hälftigen Miteigentumsanteil unter Option zur Umsatzsteuer an ihren Ehegatten. Ziel der Vermietung war es, den Abzug der Vorsteuer für die Grundstücksteile zu erreichen, die der Ehefrau zuzurechnen waren (Seeling-Modell). Für den Ehemann sollte so keine zusätzliche Belastung entstehen, da er zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Strittig war zunächst nicht der Vorsteuerabzug, sondern die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer für die Eigennutzung der privaten Räume. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg, weil dies den Vorsteuerabzug grundsätzlich in Frage stellte, da die notwendige Zuordnung zum Unternehmensvermögen zu spät erfolgt sei. Der Fall landete daraufhin beim BFH.

Entscheidung

Entgegen der Vorinstanz kommt der BFH zu einem Ergebnis, das nicht nur die Ehegatten überrascht haben dürfte. Laut Ansicht der Richter lag umsatzsteuerlich überhaupt keine Vermietung zwischen den Ehegatten vor, weil dem Ehemann nicht vermietet werden konnte, was ihm zuvor schon geliefert wurde. Der BFH bezieht sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach in solchen Fällen schon mit der Herstellung bzw. Anschaffung des Objekts eine Lieferung direkt an den Unternehmerehegatten erfolgt, sofern dessen unternehmerische Nutzung (hier: 40 %) nicht seinen Miteigentumsanteil (hier: 50 %) übersteigt.

Konsequenz

Die Ehefrau wurde durch die zivilrechtliche Vermietung nicht zur Unternehmerin. Da sie jedoch Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, schuldete sie diese auch. Ihrem Ehemann stand jedoch kein Vorsteuerabzug hieraus zu. Allein das im Revisionsverfahren geltende Verböserungsverbot verhinderte letztendlich noch Schlimmeres für die Ehegatten. Für die Praxis ist zu beachten, dass die vorliegende Gestaltung zumindest vor Ergehen des EuGH-Urteils nicht unüblich war. Für die Zukunft sollte von solchen Gestaltungen Abstand genommen werden. Allerdings ist unklar, ob der BFH zu dem gleichen Ergebnis gekommen wäre, wenn die Vermietung durch die Miteigentümergemeinschaft erfolgt wäre.

Vermietung und Verpachtung: Einkünfteerzielungsabsicht bei kurzfristigem Immobilienbesitz

Vermietung und Verpachtung: Einkünfteerzielungsabsicht bei kurzfristigem Immobilienbesitz

Kernproblem

Bei der auf Dauer angelegten Vermietung einer Immobilie ist regelmäßig von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen. Das gilt selbst dann, wenn sich über längere Zeiträume Verluste ergeben. Die Vermietung ist dann auf Dauer ausgerichtet, wenn sie nach den bei ihrem Beginn ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt. Besonders kritisch und als Beweisanzeichen gegen die Einkunftserzielungsabsicht angesehen werden nach Ansicht der Finanzverwaltung z. B. der Abschluss eines Zeitmietvertrages oder einer entsprechend kurzen Fremdfinanzierung. Erfolgt eine Veräußerung oder Selbstnutzung im Zeitraum von bis zu fünf Jahren nach Anschaffung oder Herstellung und können keine Umstände dargelegt werden, die dafür sprechen, dass der Entschluss erst nachträglich gefasst wurde, verlangt die Finanzverwaltung eine Überschussprognose. Eine solche kann allerdings in diesem kurzen Zeitraum nur selten positiv enden. Wie aber geht die Sache aus, wenn an eine gewerblich geprägte Kommanditgesellschaft (KG) veräußert wird, an der der Bauherr selbst mehrheitlich beteiligt ist?

Sachverhalt

Der Bauherr war Notar und erwarb zwei unbebaute Grundstücke, die im Folgejahr mit Reihenhausdoppelhälften bebaut und anschließend vermietet wurden. Noch im Jahr der Fertigstellung verkaufte er die Grundstücke an eine gewerblich geprägte Grundstücks-KG, an der er mit fast 2/3 selbst als Kommanditist beteiligt war. Als Kaufpreis wurde exakt der von dem Notar selbst aufgewandte Betrag vereinbart. Die KG vermietete die Objekte aufgrund der bereits vorher abgeschlossenen Mietverträge weiter. Es hatte sich also eigentlich nichts geändert – dachte der Notar. Zumindest so lange, bis das Finanzamt die geltend gemachten privaten Verluste der beiden Jahre von fast 173.000 EUR nicht anerkannte. Der klagende Notar blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Einkunftserzielungsabsicht des Notars verneint. Dabei stellt er heraus, dass das Gesetz keine „die Einkunftsarten übergreifende Prüfung“ kenne. Erziele die gewerblich geprägte Personengesellschaft nach dem Grundstückserwerb eigene Einkünfte, dann knüpfen diese nicht mehr an die Nutzungsüberlassung als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung an, sondern an das gewerbliche Unternehmen und die gesamte unternehmerische Tätigkeit der Gesellschaft. Deswegen könne die Gewinnerzielungsabsicht der KG nicht als Fortsetzung der Überschusserzielungsabsicht des Notars angesehen werden. Hierdurch unterscheide sich der Streitfall auch von der Abwandlung, dass eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nach Erwerb in die Mietverträge einsteigt; denn dann erzielt die Gesellschaft weiterhin kontinuierlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Diese Kontinuität werde hier aber durch die gewerbliche Prägung unterbrochen.

Konsequenz

Der BFH merkt an, dass im Schrifttum erwogen werde, einen Spekulationsgewinn in die Beurteilung einzubeziehen. Im Streitfall blieb dies wegen der Gleichwertigkeit von Veräußerungspreis und Anschaffungskosten ohne Belang.