Abfindung in Teilbeträgen: Kann der ermäßigte Steuersatz angewendet werden?
Ja, hat jetzt der Bundesfinanzhof entschieden. Voraussetzung ist, dass sich die Teilzahlungen eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und die Nebenleistung geringfügig ist.
Hintergrund
Der Arbeitnehmer A war seit 1971 bei demselben Arbeitgeber beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag endete das Arbeitsverhältnis zum 30.9.2010. A wurde eine betriebliche Abfindung von 105.000 EUR in 2011 ausgezahlt. Entsprechend den Regelungen des Tarifvertrags erhielt A noch eine Abfindung zur Zukunftssicherung in Höhe von 10.200 EUR (Tarifabfindung), die ihm in 2010 zufloss. Die Tarifabfindung wurde in voller Höhe besteuert.
Bei der Einkommensteuer-Veranlagung für 2011 beantragte A, die betriebliche Abfindung als Entschädigung für entgangene Einnahmen mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern (sog. Fünftelregelung). Das Finanzamt unterwarf die Abfindung jedoch dem vollen Steuersatz, denn aufgrund der Zahlung in Teilbeträgen fehle es an der erforderlichen Zusammenballung der Entschädigungsleistungen. Das Finanzgericht gab der Klage mit der Begründung statt, die Tarifabfindung sei im Verhältnis zu der betrieblichen Abfindung als geringfügig anzusehen.
Entscheidung
Grundsätzlich steht die Auszahlung einer einheitlichen Abfindung in zwei Veranlagungszeiträumen der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegen. Ausnahmsweise kann eine Teilauszahlung unschädlich sein, wenn sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen und die Nebenleistung geringfügig ist.
Eine geringfügige Nebenleistung liegt nach bisheriger Rechtsprechung nicht mehr vor, wenn sie mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt. Das war hier nicht gegeben. Denn die Teilauszahlung beträgt 8,87 % der Gesamtabfindung oder 9,73 % der Hauptleistung. Ergänzend berücksichtigt der BFH, dass im Streitfall die Nebenleistung niedriger ist als die Steuerentlastung der Hauptleistung. Die Einkommensteuer ermäßigt sich bei Anwendung der Fünftelregelung in 2011 um 10.806 EUR. Die in 2010 vereinnahmte Teilzahlung von 10.200 EUR ist damit niedriger als die streitige Steuerermäßigung der Hauptleistung. Damit ist die Tarifermäßigung anzuwenden.