Zins- und kostenfreies Darlehen als Sanktion bei fehlenden Informationen im Verbraucherkreditvertrag

Unterlässt es ein Kreditgeber eines Verbraucherkredits, bestimmte wesentliche Informationen in den Vertrag aufzunehmen, kann dies mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktioniert werden.

Diese Sanktion ist zulässig, wenn das Fehlen dieser Informationen es dem Verbraucher unmöglich macht, den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung einzuschätzen.

Im Juni 2011 gewährte die Bank Home Credit Slovakia Frau Klára Bíróová einen Kredit in Höhe von 700 Euro. Der Kreditvertrag enthielt allerdings teilweise nur ungenaue Angaben in Bezug auf das Darlehen, wie insbesondere zum effektiven Jahreszins. Der Vertrag sah vor, dass auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers Bestandteil des Vertrags sind. Bei Vertragsschluss erklärte Frau Bíróová mit ihrer Unterschrift, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden zu haben, ohne dass diese jedoch unterzeichnet wurden.

Nachdem sie zwei Monatsraten gezahlt hatte, stellte Frau Bíróová die Rückzahlung des Kredits ein. Home Credit Slovakia erhob deshalb Klage gegen sie vor dem Okresný súd Dunajská Streda (Bezirksgericht Dunajská Streda, Slowakei). Home Credit Slovakia fordert die Zahlung des Kapitals, der Verzugszinsen und einer Vertragsstrafe wegen Verzugs.

Das mit dem Rechtsstreit befasste slowakische Gericht äußert Zweifel an der Gültigkeit des Kreditvertrags, da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von den Parteien unterzeichnet wurden. Es zweifelt auch an der Vereinbarkeit bestimmter slowakischer Rechtsvorschriften im Bereich des Verbraucherschutzrechts mit dem Unionsrecht. Dazu gehört insbesondere die Vorschrift, nach der der Kreditgeber den Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirkt, wenn er es unterlässt, bestimmte Informationen in den Vertrag aufzunehmen. Das slowakische Gericht ersucht daher den Gerichtshof um Klärung dieser Fragen unter Berücksichtigung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge1.

Mit seinem Urteil vom 09.11.2016 stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie nicht verlangt, dass die Kreditverträge in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen. Wird jedoch in einem solchen Vertrag auf ein anderes Dokument verwiesen und deutlich gemacht, dass dieses Bestandteil des Vertrags ist, muss dieses Dokument, wie der Vertrag selbst, auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt und dem Verbraucher vor Vertragsschluss tatsächlich ausgehändigt werden, sodass er alle seine Rechte und Pflichten erkennen kann.

Der Gerichtshof führt weiter aus, dass die Richtlinie zwar nicht die Unterzeichnung der auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellten Kreditverträge vorschreibt, aber auch nicht einer innerstaatlichen Regelung entgegensteht, die die Gültigkeit dieser Verträge von der Unterzeichnung durch die Parteien abhängig macht, und zwar selbst dann, wenn diese Voraussetzung der Unterzeichnung für alle Dokumente gilt, in denen die wesentlichen Vertragsbestandteile aufgeführt sind.

Der Gerichtshof stellt abschließend fest, dass die Mitgliedstaaten die Unterlassung des Kreditgebers, in den Kreditvertrag alle Elemente aufzunehmen, die gemäß der Richtlinie zwingend in den Vertrag aufzunehmen sind, mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktionieren dürfen, wenn die fehlende Erwähnung dieser Elemente dazu führen kann, dass es dem Verbraucher unmöglich gemacht wird, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen.

Dies ist der Fall bei den zwingenden Elementen wie dem effektiven Jahreszins, der Anzahl und der Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen, den Notargebühren sowie den vom Kreditgeber verlangten Sicherheiten und Versicherungen.

Fußnote

1Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und Berichtigungen ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 09.11.2016 zum Urteil C-42/15 vom 09.11.2016