Antrag auf Erteilung eines sog. Aufteilungsbescheids kann grundsätzlich nicht zurückgenommen werden

Ein Ehegatte kann seinen Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung durch sog. Aufteilungsbescheid grundsätzlich nicht zurücknehmen. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 10 K 833/15).

Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Ehemann auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Über das Vermögen des Ehemannes wurde im Verlaufe des Streitjahres das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Finanzamt erließ für das Streitjahr zunächst einen Einkommensteuerbescheid mit einer erheblichen Steuerforderung, wobei es die Einkünfte des Ehemannes aus selbständiger Arbeit mangels Vorlage einer Gewinnermittlung geschätzt hatte. Nachdem die Klägerin gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt und die Aufteilung der Steuerschuld beantragt hatte, wurde die Gewinnermittlung des Ehemannes nachgereicht, was zur Abhilfe des Einspruchs durch Erlass eines entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheides führte. Wegen des noch offenen Aufteilungsantrages der Klägerin erließ das Finanzamt gleichzeitig auf Basis dieses geänderten Bescheides auch noch einen Aufteilungsbescheid zur Einkommensteuer. Dieses führte dazu, dass auf die Klägerin 100 Prozent der Steuer entfielen, weil sich die anzusetzenden Einkünfte des Ehemannes wegen der nachgereichten Gewinnermittlung stark reduziert hatten. Die Klägerin traf unter Anrechnung der auf sie entfallenden Steuerabzugsbeträge eine hohe Nachforderung, während dem Ehemann ein Erstattungsanspruch zustand. Deshalb legte die Klägerin nun auch gegen den Aufteilungsbescheid Einspruch ein und nahm gleichzeitig den früher gestellten Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld zurück. Mit Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheides, in dem die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Ehemannes reduziert worden seien, sei auch der Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld überholt. Dem folgte das Finanzamt nicht und hob den Aufteilungsbescheid nicht auf.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass das Finanzamt zu Recht einen Aufteilungsbescheid erlassen habe. Der Bescheid sei auch inhaltlich zutreffend, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig sei. Die Klägerin habe ihren Aufteilungsantrag nicht mehr zurücknehmen können, weil dies nach den Vorschriften über die Aufteilung einer Gesamtschuld (§§ 268 bis 280 Abgabenordnung) nicht vorgesehen sei. Zudem handele es sich bei dem Aufteilungsantrag um die Ausübung eines verwaltungsrechtlichen Gestaltungsrechts. Wegen der Rechtsnatur eines Gestaltungsrechts und aus Gründen der Rechtssicherheit könne der Antrag aber nicht widerrufen bzw. zurückgenommen werden. Die Möglichkeit einer Rücknahme des Antrages ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften über die Steuerveranlagung von Ehegatten. Ein Aufteilungsbescheid könne allenfalls nach Maßgabe des § 280 Abs. 1 Abgabenordnung korrigiert werden. Vorliegend beruhe der Aufteilungsbescheid aber weder auf unrichtigen Angaben, noch habe sich die rückständige Steuer nach Erteilung des Aufteilungsbescheids geändert. Auch sei dem Finanzamt bei Erlass des Aufteilungsbescheides keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 Abgabenordnung unterlaufen.

Das Hessische Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Urteil vom 22.06.2017 ist noch nicht rechtskräftig. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof – BFH – (Az. VII R 88/17).

Hintergrundinformation zum sog. Aufteilungsbescheid:

Sind Personen (z. B. Ehegatten) Gesamtschuldner, weil sie zusammen zu einer Steuer vom Einkommen veranlagt worden sind, so kann nach § 268 Abgabenordnung (AO) jeder von ihnen beantragen, dass die Vollstreckung wegen dieser Steuer jeweils auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach Maßgabe der §§ 269 bis 278 AO bei einer Aufteilung der Steuern ergibt. Der Antrag ist bei dem im Zeitpunkt der Antragstellung für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt schriftlich zu stellen oder zur Niederschrift zu erklären (§ 269 Abs. 1 AO). Die rückständige Steuer ist gemäß § 270 Satz 1 AO nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei der Einzelveranlagung nach Maßgabe des § 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) und der §§ 271 bis 276 AO ergeben würden. Über den Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung ist nach Einleitung der Vollstreckung durch schriftlichen Bescheid (Aufteilungsbescheid) gegenüber den Beteiligten einheitlich zu entscheiden (§ 279 Abs. 1 AO). Der Aufteilungsbescheid hat die Höhe der auf jeden Gesamtschuldner entfallenden anteiligen Steuer zu enthalten; ihm ist eine Belehrung beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und bei welcher Behörde er einzulegen ist (§ 279 Abs. 2 Satz 1 AO).

Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung vom 16.01.2018 zum Urteil 10 K 833/15 vom 22.06.2017 (nrkr – BFH-Az.: VII R 88/17)