Auch bei kirchlichem Arbeitgeber ist Religionszugehörigkeit keine zwingende Einstellungsvoraussetzung

Auch bei kirchlichem Arbeitgeber ist Religionszugehörigkeit keine zwingende Einstellungsvoraussetzung

 

Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion darf auch ein kirchlicher Arbeitgeber nicht pauschal als Einstellungsvoraussetzung für Bewerber verlangen, da ansonsten ein Verstoß gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie vorliegt.

 

Hintergrund

Eine konfessionslose Sozialpädagogin (FH) bewarb sich auf eine befristete Referentenstelle beim diakonischen Werk EKD. Die Tätigkeit umfasste eine projektweise Berichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention. In der Stellenausschreibung forderte der Arbeitgeber die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche oder der ACK angehörenden Kirche, auch war die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag Voraussetzung für eine Bewerbung.

Die Sozialpädagogin wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und fühlte sich deshalb aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit diskriminiert. Mit ihrer Klage fordert sie eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt, da seiner Ansicht nach die ausgeschriebene Referentenstelle wenig mit Religion zu tun hatte.

Das Landesarbeitsgericht erkannte dagegen keine Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer fehlenden Religion und verwies auf das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen. Das diakonische Werk EKD als kirchlicher Arbeitgeber durfte seiner Meinung nach für die ausgeschriebene Referententätigkeit eine – auch nach außen durch die Kirchenmitgliedschaft dokumentierte – Identifikation mit ihm fordern und konfessionslose Bewerber unberücksichtigt lassen.

Das Bundesarbeitsgericht wandte sich an den Europäischen Gerichtshof mit der Frage, ob es mit der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie vereinbar ist, dass kirchliche Arbeitgeber eine bestimmte Religion der Bewerber zur Einstellungsvoraussetzung für eine Stelle machen.

 

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass eine konfessionsgebundene Stellenausschreibung nur dann erfolgen darf, wenn die Konfession für die berufliche Tätigkeit objektiv geboten und verhältnismäßig ist. Die Abwägung muss zudem gerichtlich überprüfbar sein.

Zwar haben Kirchen und religiöse Organisationen auch nach den EU-Vorgaben das Recht, Stellenbewerber mit Blick auf Religion oder Weltanschauung ungleich zu behandeln. Das Recht auf Selbstbestimmung muss jedoch gegen das berechtigte Interesse eines jeden Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung abgewogen werden.

Die Gerichte müssen also die Entscheidung des kirchlichen Arbeitgebers jeweils im Einzelfall prüfen können und dürfen sie ggf. zurückweisen. Den staatlichen Gerichten steht es im Regelfall nicht zu, über das Ethos als solches zu befinden, das der angeführten beruflichen Anforderung zugrunde liegt. Gleichwohl haben sie festzustellen, ob die 3 Kriterien “wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt” in Anbetracht dieses Ethos im Einzelfall erfüllt sind.

Das bedeutet, dass die Kirchen das Einstellungskriterium einer Kirchenmitgliedschaft – unterschiedslos für alle Berufstätigen – nicht mehr so ohne Weiteres bindend festlegen können.