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Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) am 23. Juli 2015 in Kraft getreten

Am 22. Juli 2015 wurde das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, nachdem es zuvor am 18. Juni 2015 vom Bundestag beschlossen wurde und am 10. Juli 2015 den Bundesrat passiert hat. Damit trat das BilRUG am 23. Juli 2015 in Kraft.

Die Regelungen des BilRUG sind grundsätzlich für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen. Hinsichtlich der Übergangsbestimmungen sind einige Sonderregelungen zu beachten, beispielsweise hinsichtlich der freiwilligen vorzeitigen Anwendung der erhöhten Schwellenwerte im Jahres- und Konzernabschluss (§§ 267, 267a Abs. 1 und 293 HGB) oder der Abschreibungsdauern von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens und von entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerten, falls die Nutzungsdauern nicht verlässlich bestimmbar sind.

Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz kann auf der Seite des Bundesanzeigers abgerufen werden.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 22.07.2015

 

Keine abschlagsfreie Altersrente mit 63 für Bestandsrentner mit Abschlägen

Rentner, die bereits eine Altersrente mit Abschlägen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme beziehen, können nicht in die zum 01.07.2014 eingeführte abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte wechseln.

Dies hat das Sozialgericht Dortmund im Falle einer Versicherten aus Hamm entschieden, die bereits seit dem 01.05.2013 Altersrente für Frauen mit einem Abschlag von 5,7 % für 19 Monate vorzeitiger Inanspruchnahme bezieht.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund lehnte einen Wechsel in die zum 01.07.2014 eingeführte Altersrente für besonders langjährig Versicherte mit 45 Beitragsjahren und vollendetem 63. Lebensjahr (§ 236b SGB VI) ab.

Mit der hiergegen erhobenen Klage rügte die Klägerin eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Ein Rentenartwechsel müsse möglich sein, weil sie die gesetzlichen Voraussetzungen der abschlagsfreien vorzeitigen Altersrente erfülle. Auf den Zeitpunkt der Rentenantragstellung könne es insoweit nicht ankommen. Der Gesetzgeber habe den langjährig versicherten privilegierten Jahrgängen eine abschlagsfreie Rente ermöglichen wollen.

Das Sozialgericht Dortmund hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach bindender Bewilligung einer Altersrente sei der Wechsel in eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte gemäß § 34 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen. Der Ausschluss des Rentenartwechsels sei durch die Einführung der abschlagsfreien Altersrente mit 63 zum 01.07.2014 nicht modifiziert worden. Der Gesetzgeber habe auch eine Stichtagsregelung zur Einführung der Privilegierung von langjährig Versicherten treffen dürfen. Damit liege weder eine Regelungslücke noch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Bestandsrentnern vor.

Quelle: SG Dortmund, Pressemitteilung vom 28.07.2015 zum Urteil S 61 R 108/15 vom 12.06.2015

 

Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Anwendung der BFH-Urteile IX R 37/12 vom 21. Januar 2014, IX R 42/13 vom 11. Februar 2014 und IX R 45/13 vom 8. April 2014

Mit Urteil vom 20. Juni 2012 – IX R 67/10 – (BStBl II 2013 S. 275) hatte der BFH unter Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung zur Frage der Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden, dass Schuldzinsen für ein zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können, wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ausreicht.

Der BFH hat in dem Urteil vom 21. Januar 2014 – IX R 37/12 – (BStBl II 2015 S. …) die Rechtsauffassung vertreten, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i. S. d. § 21 EStG nicht anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Mietobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 42/13 – (BStBl II 2015 S. …) hat der BFH zur steuerlichen Behandlung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zwecks lastenfreier Veräußerung seines Mietobjekts zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, wenn der Veräußerungsvorgang nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist. Seine bisherige Rechtsprechung, wonach in Veräußerungsfällen wegen Beurteilung der Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungs-kosten eines neu erworbenen Mietobjekts ausnahmsweise ein Werbungskostenabzug für zulässig erachtet wurde, gab der BFH mit dieser Entscheidung ausdrücklich auf.

Den Abzug von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Falle der nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie hat der BFH mit Urteil vom 8. April 2014 – IX R 45/13 – (BStBl II 2015 S. …) – für den Fall bejaht, dass der Grundsatz des Vorranges der Schuldentilgung beachtet wurde. Für den nachträglichen Werbungskostenabzug ist nach Ansicht des BFH entscheidungserheblich, wie der Veräußerungserlös verwendet wird. Bei Einsatz des Veräußerungserlöses für die Anschaffung einer neuen Einkunftsquelle (z. B. eine neue zur Vermietung bestimmte Immobilie) besteht der Zusammenhang am neuen Mietobjekt fort (Surrogationsbetrachtung). Wird hingegen keine neue Immobilie oder anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es für den Werbungskostenabzug darauf an, ob der Veräußerungserlös ausreicht, um das Darlehen zu tilgen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten zur Abziehbarkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht sowie von Vorfälligkeitsentschädigungen unter Anwendung der vorgenannten Urteile folgende Rechtsgrundsätze:

1.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts nach dessen Veräußerung

1.1. Rechtswirksam nach dem 31. Dezember 1998 getätigte Grundstücksveräußerungen
Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienten, können nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung gilt jedoch so lange nicht, als der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses oder Rückzahlungshindernisse entgegenstehen. Voraussetzung ist, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuerzielen, nicht bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist (BFH vom 21. Januar 2014, a. a. O.).

Es ist für den Werbungskostenabzug unmaßgeblich, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist (BFH-Urteil vom 8. April 2014, a. a. O.).

Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten – entsprechend der Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann – entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.

Die vorgenannten Rechtsgrundsätze zum nachträglichen Schuldzinsenabzug sind entsprechend auf Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen anzuwenden, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer üblichen Finanzierung bewegt (BFH-Urteil vom 8. April 2014, a. a. O.).

1.2. Rechtswirksam vor dem 1. Januar 1999 getätigte Grundstücksveräußerungen
Bei Grundstücksveräußerungen, bei denen die Veräußerung auf einem vor dem 1. Januar 1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht, ist für Schuldzinsen, die auf die Zeit nach der Veräußerung oder dem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht entfallen, kein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Denn die Schuldzinsen stehen nicht mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Sie sind vielmehr als Gegenleistung für die Überlassung von Kapital anzusehen, das im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH-Urteil vom 12. November 1991 – IX R 15/90 – BStBl II 1992 S. 289).

2.) Im Zuge der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung der Anschaffungs-/Herstellungskosten des Mietobjekts

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist wirtschaftlich betrachtet das Ergebnis einer auf vorzeitige Ablösung gerichteten Änderung des Darlehensvertrages. Der ursprünglich durch die Darlehensaufnahme zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Mietobjekts begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit der bisherigen Vermietungstätigkeit wird bei Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung überlagert bzw. von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang ersetzt (BFH-Urteil vom 11. Februar 2014, a. a. O.).

Eine Vorfälligkeitsentschädigung stellt in diesem Fall infolge des Veranlassungszusammenhangs mit der Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern Veräußerungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte i. S. d. § 23 Abs. 3 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar. Die bisherige Rechtsprechung, wonach der BFH in der Vergangenheit ausnahmsweise einen Werbungskostenabzug im Bereich der Vermietungseinkünfte zugelassen hat (vgl. BFH-Urteil vom 23. April 1996 – IX R 5/94 -, BStBl II S. 595), ist durch das Urteil vom 11. Februar 2014 (a. a. O.) überholt.

Diese bisherigen Rechtsgrundsätze sind letztmals auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 27. Juli 2015 rechtswirksam abgeschlossen wurde.

3.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Für Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht vor der Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, ist kein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Derartige Schuldzinsen stehen nicht mehr mit den Einkünften gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern sind Gegenleistung für die Kapitalüberlassung, die im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH-Urteil vom 21. Januar 2014, a. a. O.). Der Anwendungsbereich des § 23 EStG ist mangels eines Veräußerungstatbestandes nicht gegeben.

4.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte laufende sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) nach Veräußerung des Mietobjekts

4.1. Rechtswirksamer Abschluss des Veräußerungsgeschäfts nach dem 31. Dezember 2013
Voraussetzung für den nachträglichen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen bei fremdfinanzierten sofort abziehbaren Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) ist, dass der Erlös aus der Veräußerung des Mietobjekts nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt zwar grundsätzlich nach Beendigung der Einkünfteerzielung bestehen. Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung dieses Darlehens verwendet, kann eine daneben bestehende bzw. neu entstehende relevante private Motivation für die Beibehaltung des Darlehens den ursprünglich gesetzten wirtschaftlichen Zusammenhang überlagern und damit durchbrechen.

Zum Bestehen mehrerer Darlehensverbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt siehe Tz. 1.1.

4.2. Rechtswirksamer Abschluss des Veräußerungsgeschäfts vor dem 1. Januar 2014
Wurde das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 1. Januar 2014 rechtswirksam abgeschlossen, bleibt das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2006 (BStBl I S. 363) weiter anwendbar. Danach kommt es in diesen Fällen unter Zugrundelegung der zwischen-zeitlich überholten Rechtsgrundsätze (BFH-Urteil vom 12. Oktober 2005 – IX R 28/04 – BStBl II 2006 S. 407) aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht darauf an, ob ein bei einer Veräußerung des Objekts erzielbarer Erlös zur Tilgung des Darlehens ausgereicht hätte, da der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens geschaffene Zusammenhang auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielung für bestehen bleibend erachtet wurde.

5.) Im Zuge der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) des Mietobjekts

Die Rechtsgrundsätze unter Tz. 2 zu den Vorfälligkeitsentschädigungen für die Ablösung einer Restschuld fremdfinanzierter Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts im Zuge dessen Veräußerung gelten in analoger Anwendung des BFH-Urteils vom 11. Februar 2014 (a. a. O.) entsprechend.

6.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte laufende sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Die Rechtsgrundsätze unter 3.) zu Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/ Herstellungskosten eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht gelten in analoger Anwendung des BFH-Urteils vom 21. Januar 2014 (a. a. O.) entsprechend.

Sie sind erstmals auf Schuldzinszahlungen anzuwenden, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht nach dem 31. Dezember 2014 aufgegeben wurde. Wurde die Einkünfteerzielungsabsicht vorher aufgegeben, bleibt das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2006 (a. a. O.) weiter auf entsprechende Schuldzinszahlungen anwendbar.

Dieses BMF-Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 28. März 2013 (BStBl I S. 508) und vom 15. Januar 2014 (BStBl I S. 108) und ist vorbehaltlich besonderer Regelungen in den einzelnen Tz. in allen offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2211 / 11 / 10001 vom 27.07.2015

 

Veräußerungsgewinnbefreiung nach § 8b Abs. 2 KStG – Behandlung von Veräußerungskosten und nachträglichen Kaufpreisänderungen

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nimmt das BMF zur Behandlung von nachträglichen Kaufpreisveränderungen und Veräußerungskosten, die vor oder nach dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung entstanden sind, unter Berücksichtigung der Urteile des BFH vom 22. Dezember 2010 – I R 58/10 (BStBl 2015 II S. …) und vom 12. März 2014 – I R 55/13 (BStBl 2015 II S. …), wie folgt Stellung:

Die in einem anderen Wirtschaftsjahr entstandenen Veräußerungskosten oder Veränderungen des Kaufpreises sind bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder Veräußerungsverlusts nach den Grundsätzen des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG im Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr der Veräußerung der Beteiligung endet, zu berücksichtigen. Der danach ermittelte Veräußerungsgewinn oder -verlust unterliegt den allgemeinen Regelungen des § 8b KStG. In einem anderen Wirtschaftsjahr entstandene Veräußerungskosten oder nachträgliche Veränderungen des Kaufpreises für die Beteiligung erhöhen oder mindern danach die nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG außerbilanziell vorzunehmende Einkommenskorrektur im Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr der Veräußerung endet. Soweit die Veränderung des Kaufpreises oder die Veräußerungskosten bilanziell in anderen Wirtschaftsjahren berücksichtigt wurden, ist der steuerbilanzielle Gewinn dieser Wirtschaftsjahre und der steuerbilanzielle Gewinn des Jahres, in dem die Veräußerung erfolgt ist, außerbilanziell entsprechend zu korrigieren.

Danach sind sowohl die Veranlagung für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr der Veräußerung endet, als auch die Veranlagungen für die Veranlagungszeiträume, in denen sich die nachträglichen Veräußerungskosten oder die Kaufpreisveränderungen steuerbilanziell ausgewirkt haben, entsprechend anzupassen.

Vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung entstandene Veräußerungskosten sind bei der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem sie angefallen sind, zu berücksichtigen. Die außerbilanzielle Korrektur der vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung angefallenen Veräußerungskosten ist erst mit Wirksamkeit der Veräußerung vorzunehmen.

Die Änderungen der entsprechenden Veranlagungen sind nach Maßgabe der Korrekturvorschriften vorzunehmen. Eine Korrektur der entsprechenden Steuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO kommt nur in Betracht, wenn das rückwirkende Ereignis nach Erlass des (ggf. zuletzt geänderten) Steuerbescheids eingetreten ist. Dabei stellt die Anteilsveräußerung das rückwirkende Ereignis für die Korrektur (außerbilanzielle Hinzurechnung) des Steuerbescheides dar, in dem die vor dem Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung angefallenen Veräußerungskosten berücksichtigt wurden. Nachträgliche Veräußerungskosten und nachträgliche Kaufpreisveränderungen wirken nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf die Veranlagung für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr der Anteilsveräußerung endet, zurück. In Fällen, in denen das Ereignis zwar schon vor Erlass des Steuerbescheids eingetreten, dem Finanzamt aber erst nachträglich bekannt geworden ist, kann die Änderung des Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 AO in Betracht kommen (vgl. AEAO zu § 175, Nr. 2.3).

Auf einen Aufwand oder Ertrag aus einer Auf- oder Abzinsung der Kaufpreisforderungen ist § 8b KStG nicht anzuwenden.

Bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für Personengesellschaften müssen die Veräußerungskosten für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, gesondert ausgewiesen werden.

Zu den Veräußerungskosten können auch die Verluste aus gegenläufigen Sicherungsgeschäften gehören (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 2014 – I R 52/12, BStBl II S. 861).

Ein Beispiel dazu finden Sie im Schreiben.

Das BMF-Schreiben vom 13. März 2008 (BStBl I 2008 S. 506) wird durch dieses Schreiben ersetzt.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2750-a / 07 / 10002 :002 vom 24.07.2015

 

Für Blockheizkraftwerke wird es ertragsteuerlich heiß

Nach Beschluss der obersten Finanzbehörden und der Länder vom 17.07.2015 werden Blockheizkraftwerke (BHKWs) entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung wie ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, statt wie zuvor als selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut behandelt. Dies gilt für Fälle, in denen das BHKW keine Betriebsvorrichtung darstellt, d. h. der eigentliche Zweck in der Gebäude- und Wasserbeheizung liegt.
Nach alter Verwaltungsauffassung wurde den selbständigen, vom Gebäude losgelösten beweglichen Wirtschaftsgütern für AfA-Zwecke eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 10 Jahren zugrunde gelegt. Dieser Ansatz ist nun grundsätzlich nicht mehr möglich. Bei Neuanschaffung oder -bau sind nun die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des BHKWs dem Gebäude zuzurechnen. Sie unterliegen damit zwar weiterhin der linearen Abschreibung, allerdings gilt die für Gebäude betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von grundsätzlich 50 Jahren. Die durchschnittliche Lebensdauer eines BHKWs ist indes deutlich kürzer. Muss das BHKW ausgetauscht werden, ist der anfallende Erhaltungsaufwand sofort in voller Höhe steuerlich absetzbar.

Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags und der Investitionszulage ist mangels Klassifizierung als abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sodann nicht mehr möglich.

Vertrauensschutz wird für alle vor dem 31.12.2015 angeschafften, hergestellten oder verbindlich bestellten BHKWs gewährt. Demnach besteht ein verbindliches Wahlrecht zwischen neuer und alter Verwaltungsauffassung. Dieses ist spätestens für den Veranlagungszeitraum 2015 auszuüben.

Mit der signifikant höheren Abschreibungsdauer bei Neuanschaffung des Gebäudes nebst BHKW nach dem 01.01.2016 und dem Verwehren der Investitionsförderungen büßt das Blockheizkraftwerk steuerlich an Attraktivität ein. Den Zielsetzungen der Bundesregierung zum Klimaschutz und zur dezentralisierten Energieversorgung ist dies sicherlich nicht förderlich.

www.dstv.de

Quelle: DStV, Mitteilung vom 27.07.2015

 

Erbschaftsteuerreform führt zu deutlichen Mehrbelastungen bei der Übertragung von Unternehmen

Seit Jahren ermittelt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen in regelmäßigen Abständen die Erbschaftsteuerbelastung bei der Übertragung eines großen mittelständischen Musterunternehmens an nahe Familienangehörige (Ehegatte oder Kind). Die Erbschaftsteuerbelastung wird dabei für die Rechtsform einer Kapital- bzw. Personengesellschaft in Deutschland sowie im internationalen Vergleich weiterer 17 Länder berechnet. Das Musterunternehmen weist einen erbschaftsteuerlichen Unternehmenswert von rund 103 Millionen Euro auf. Modellrechnungen des ZEW auf Grundlage von drei bisher von der Bundesregierung vorgelegten Reformvorschlägen zeigen, dass sich die Belastung durch die Erbschaftsteuer für dieses Musterunternehmen deutlich erhöhen würde, beim aktuell vorliegenden Kabinettsentwurf um rund 142 Prozent. Das entspricht einem Belastungsanstieg um 10,9 Millionen Euro auf dann 18,6 Millionen Euro.
Nach derzeit geltendem Recht beläuft sich die Erbschaftsteuerbelastung bei Übertragung des Musterunternehmens auf durchschnittlich 7,7 Millionen Euro. Der Durchschnittswert ist das Mittel der Steuerbelastung bei Übertragung an den Ehegatten oder ein Kind. Deutschland belegt damit im Ländervergleich Platz zwölf und befindet sich im hinteren Mittelfeld der 18 verglichenen Länder. Die geltende Rechtslage hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 jedoch als verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2016 eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen vorzunehmen. Dem Gericht gingen dabei insbesondere die Begünstigungen für Betriebsvermögen zu weit.

Die Bundesregierung hat in Reaktion auf das Urteil bereits drei verschiedene Reformvorschläge erarbeitet. Zunächst wurde seitens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) im Februar 2015 ein Eckpunkteplan vorgelegt. Dieser sieht vor, die derzeit bestehenden Begünstigungen für übertragenes Unternehmensvermögen in Höhe von 85 Prozent bzw. 100 Prozent auf einen erwerbsbezogenen Höchstbetrag von 20 Millionen Euro zu begrenzen. Dieser Höchstbetrag ist als Freigrenze ausgestaltet, d.h. bei Übertragungen von höheren Unternehmensvermögen wird keine Begünstigung gewährt, sofern die vorgesehene Bedürfnisprüfung ins Leere läuft. Bezogen auf das von uns betrachtete Musterunternehmen würde Deutschland demnach im internationalen Vergleich von 18 Ländern vom zwölften auf den 17. Platz zurückfallen. Die durchschnittliche Steuerbelastung würde sich nahezu verfünffachen, von 7,7 Millionen auf 34,6 Millionen Euro.

Eine weitere Konkretisierung zur Reform der Erbschaftsteuer hat das BMF im Juni 2015 durch einen Referentenentwurf vorgenommen. Dieser sieht zusätzlich zu der Freigrenze von 20 Millionen Euro ein Abschmelzmodell beim Verschonungsabschlag für Unternehmensvermögen zwischen 20 Millionen und 110 Millionen Euro sowie einen einheitlichen Abschlag von 25 bzw. 40 Prozent jenseits von 110 Millionen Euro vor. Für unser Modellunternehmen ergibt sich hierbei ein reduzierter Verschonungsabschlag von 30 Prozent. Obwohl die durchschnittliche Belastung deutlich von 34,6 Millionen auf 25,2 Millionen Euro sinkt, verbessert sich Deutschland in diesem Szenario nur um einen Rang auf Platz 16.

Weitere Modifizierungen wurden schließlich im Rahmen des Kabinettsentwurfs vom 6. Juli 2015 vorgenommen. Demzufolge soll die Freigrenze von 20 Millionen auf 26 Millionen Euro bzw. für Familienunternehmen auf 52 Millionen Euro erhöht, aber auch ein geringerer Verschonungsabschlag von 20 bzw. 35 Prozent für Vermögen ab 114 Millionen Euro gewährt werden. Für unser Musterunternehmen resultiert aus der Anhebung der Freigrenze lediglich ein höherer abgeschmolzener Verschonungsabschlag von 34 Prozent bzw. von 51 Prozent für Familienunternehmen. Damit würde sich die durchschnittliche Steuerbelastung auf 23,9 Millionen bzw. 18,6 Millionen Euro (Familienunternehmen) belaufen. In beiden Szenarien ergäbe sich jedoch keine weitere Verbesserung im Länderranking.

Abschließend ist somit Folgendes festzuhalten: Wird der Kabinettsentwurf in der vorliegenden Form umgesetzt, würde sich im Erbfall, bezogen auf unser Musterunternehmen, für Familienunternehmen ein Belastungsanstieg von 7,7 Millionen auf 18,6 Millionen Euro ergeben. Dies entspricht einer Zunahme um 10,9 Millionen Euro bzw. rund 142 Prozent. Im Vergleich von 18 betrachteten Ländern würde Deutschland damit vom zwölften auf den 16. Rangplatz zurückfallen. Insofern würde die Erbschaftsteuer zu einem erheblichen steuerlichen Standortnachteil werden, zumal die Erbschaftsteuer im benachbarten Ausland wenig verbreitet ist. Dies gilt insbesondere für größere Unternehmensvermögen. „Es stellt sich deswegen die Frage, wieso sich der Gesetzgeber einer grundlegenden Reform der Erbschaftsteuer mit einer Abschaffung der Ausnahmen bei der Bemessungsgrundlage, dafür aber deutlich niedrigeren Steuersätzen, so hartnäckig verweigert“, sagt Prof. Dr. Christoph Spengel, der am ZEW und an der Universität Mannheim wissenschaftlich tätig ist. „Eine solche Reform wäre aufkommensneutral, würde Deutschland als Unternehmensstandort aber deutlich attraktiver machen. Blaupausen für eine solche Neuordnung liegen seit langem vor.“

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des ZEW.

Quelle: ZEW, Pressemitteilung vom 24.07.2015

 

Vernichtung von Akten ist keine Entschuldigung

Mit Urteil vom 16. Juni 2015 (Az. 5 K 1154/13) hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschieden, dass sich ein Finanzamt (u. a.) nicht darauf berufen kann, archivierte Unterlagen seien bereits vernichtet worden.

Die Klägerin ist Rentnerin und wohnte bis 2007 in Nordrhein-Westfalen. Das dort zuständige Finanzamt hatte eine ihrer Renten (90.000 Euro pro Jahr) nach Prüfung der dazu vorgelegten Unterlagen alljährlich nur mit dem Ertragsanteil (17 %) der Besteuerung unterworfen. Nach dem Umzug der Klägerin nach Rheinland-Pfalz übernahm das zuständig gewordene Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler (= Beklagter) ungeprüft diese Besteuerung der Klägerin und berücksichtigte die Rente ebenfalls nur mit dem Ertragsanteil (17 %).

Im Jahr 2012 erfuhr das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler vom Finanzamt Düsseldorf (im Wege einer sog. Kontrollmitteilung), dass die Rentenzahlungen vom Sohn der Klägerin stammten, dem die Klägerin dafür im Jahr 1993 ihr Vermögen übertragen hatte. Daraufhin änderte das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler nachträglich die bereits bestandskräftigen Steuerbescheide für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010, weil es der Auffassung war, dass diese Art von Rente in voller Höhe hätte besteuert werden müssen. Die geforderte Steuernachzahlung betrug insgesamt (für alle 4 Jahre) rund 140.000 Euro.

Die dagegen erhobene Klage der Klägerin hatte Erfolg. Das FG ließ offen, ob die Rente tatsächlich in voller Höhe zu besteuern sei, weil es darauf nicht ankomme. Das beklagte Finanzamt sei nämlich schon nicht befugt gewesen, die bereits bestandskräftigen Steuerbescheide zu ändern. Bereits vor Erlass dieser Bescheide hätte das Finanzamt die Rechtslage prüfen und z. B. beim früher zuständigen Finanzamt in Nordrhein-Westfalen die seinerzeit dazu vorgelegten Unterlagen – vor allem den Übertragungsvertrag – anfordern müssen. Selbst wenn dieser Vertrag dort inzwischen archiviert oder mit Altakten vernichtet worden sei, könne sich das beklagte Finanzamt nicht auf Unkenntnis berufen. Denn in diesem Fall hätte der Vertrag erneut von der Klägerin angefordert werden müssen. Die Klägerin hingegen treffe kein Versäumnis, weil sie die erhaltenen Zahlungen in gleicher Weise wie in den Vorjahren in ihren Einkommensteuererklärungen angegeben habe. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) hat das FG nicht zugelassen.

Kontext der Entscheidung
Werden – wie im vorliegenden Fall – bestandskräftige Bescheide wegen (angeblich) neuer Tatsachen vom Finanzamt geändert, ist häufig streitig, ob das Finanzamt dazu verfahrensrechtlich überhaupt befugt ist. Dies ist z. B. dann nicht der Fall, wenn das Finanzamt seiner Verpflichtung, vor Erlass eines Bescheides den Sachverhalt von Amts wegen ausreichend zu ermitteln, nicht bzw. nicht genügend nachgekommen ist. Zu dieser Ermittlungspflicht gehört es auch, archivierte Akten beizuziehen, wenn dazu Veranlassung besteht. Eine solche Veranlassung war im zu entscheidenden Fall aus folgendem Grund gegeben:

Bei dem Bezug von Rente handelt es sich um einen sog. „Dauersachverhalt“, d. h. um einen Sachverhalt, der nicht nur in einem einzigen Jahr steuerlich relevant ist. Dennoch ist das Finanzamt berechtigt bzw. verpflichtet, in jedem neuen Veranlagungszeitraum den Sachverhalt erneut rechtlich zu prüfen. Stellt sich dabei heraus, dass das Finanzamt bisher eine unzutreffende Rechtsauffassung vertreten hat, darf bzw. muss das Finanzamt die neue Rechtsauffassung umsetzen und die Besteuerung für die Zukunft entsprechend ändern. Das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler hätte daher nicht einfach die Rechtsauffassung des zuvor zuständigen Finanzamtes übernehmen dürfen, sondern hätte selbst unter Beiziehung der dafür erforderlichen Unterlagen eine rechtliche Würdigung vornehmen müssen.

Die Entscheidung des FG hat über den entschiedenen Einzelfall hinaus für alle „Dauersachverhalte“ Bedeutung, d. h. auch für andere Einkunftsarten (Arbeitslohn, Vermietungseinkünfte, Kapitaleinkünfte usw.) oder andere Steuerarten (z. B. Gewerbe- oder Umsatzsteuer).

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 24.07.2015 zum Urteil 5 K 1154/13 vom 16.06.2015 (nrkr)

 

Rentenbesteuerung: Eine Frage der Gerechtigkeit

Ausgehend von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2002 ist die Besteuerung der Altersbezüge durch das Alterseinkünftegesetz seit 2005 neu geregelt.

Die Systematik ist seither so: Wer seit dem Jahr 2005 oder früher eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, unterliegt mit diesen Renteneinkünften einem steuerpflichtigen Anteil von 50 %. Auf dieser Basis wird dann ein Rentenfreibetrag ermittelt, der Jahr für Jahr angesetzt wird.

Der der Besteuerung unterliegende Teil der Rente (Besteuerungsanteil) ist abhängig vom Jahr des Rentenbeginns und steigt bis 2020 um jährlich zwei Prozentpunkte und danach um jeweils einen Prozentpunkt auf schließlich 100 % im Jahr 2040 an. Gleichzeitig werden die während der Erwerbsphase in die Altersvorsorge eingezahlten Beiträge für jeden Erwerbstätigen allmählich von der Einkommensteuer freigestellt.

Wer muss Steuern zahlen?
Ob Seniorinnen und Senioren eine Steuererklärung abgeben müssen, hängt von der Höhe ihrer steuerpflichtigen Einkünfte ab. Hierzu gehören nicht nur Renteneinkünfte, sondern auch weitere Einnahmen, zum Beispiel Mieteinnahmen oder eine Betriebsrente.

Eine Einkommensteuererklärung wird immer dann verlangt, wenn ein Rentner mit seinen Einkünften den jährlichen Grundfreibetrag überschreitet. Renten sind dabei teilweise steuerfrei (bis zu 50 %). Der der Besteuerung unterliegende Teil der Renten hängt vom Jahr des Rentenbeginns ab. Von der steuerpflichtigen Rente können noch Werbungskosten und Sonderausgaben abgesetzt werden. Der Grundfreibetrag beträgt im Jahr 2015 8.472 Euro (Einzelveranlagung; ab 2016: 8.652 Euro).

Die maximale Höhe der steuerunbelasteten Jahresbruttorente im Veranlagungszeitraum 2015 kann der zum Herunterladen bereitgestellten Übersicht zur Rentenbesteuerung entnommen werden. Da Rentner je nach Jahr des Rentenbeginns unterschiedlich hohe Besteuerungsanteile haben, werden in den Spalten für jeden Rentnerjahrgang die maximal steuerfreien Renten im Jahr 2015 aufgeführt. Die Angaben gelten für alleinstehende Rentner, die keine anderen Einkünfte beziehen und deren kassenindividueller Zusatzbeitragssatz zu gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2015 0,9 % beträgt. Die Durchschnittsrente bleibt damit steuerfrei. Seniorinnen und Senioren werden also wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger nach dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit besteuert. Eine gleiche Behandlung ist eine Frage der Gerechtigkeit.

Die Steuererklärung
Dies gilt auch für die Steuererklärung: Um sicherzustellen, dass auch die Renten bei der Einkommensteuererklärung vollständig angegeben werden, hat der Gesetzgeber das so genannte Rentenbezugsmitteilungsverfahren eingeführt.

So müssen z. B. die gesetzlichen Rentenversicherungsträger, berufsständische Versorgungseinrichtungen, Pensionsfonds, Pensionskassen, Direktversicherungen und Anbieter von Riester-/Basis-Renten den Finanzbehörden melden, in welcher Höhe sie Altersbezüge ausgezahlt haben. Darunter fallen etwa die gesetzliche Rente, Betriebsrenten, Riester-/Basis-Renten und private Leibrenten. Anhand dieser Information kann die Finanzverwaltung ihrer verfassungsrechtlich gebotenen Verpflichtung nachkommen, im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Angaben der Steuerpflichtigen zu überprüfen.

Eine Frage der Generationengerechtigkeit
Die seit 2005 geltende Regelung ist ein Teil unserer Antwort auf den demographischen Wandel. Mit dem Übergang zur nachgelagerten Besteuerung werden Alterseinkünfte erst dann versteuert, wenn diese an den Steuerpflichtigen ausgezahlt werden – also im Alter; in der Regel mit einem geringeren Steuersatz. Die Beiträge zur Altersvorsorge bleiben in der Erwerbsphase bis zu einem jährlichen Höchstbetrag unversteuert und bieten damit einen Anreiz für die private Altersvorsorge.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Mitteilung vom 23.07.2015

 

Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs nur unter Einschränkungen zulässig

Der X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat sich mit Urteil vom 25.03.2015 X R 20/13 zu der Schätzungsmethode des Zeitreihenvergleichs geäußert. Diese Methode wird von der Finanzverwaltung im Rahmen von Außenprüfungen insbesondere bei Gastronomiebetrieben zunehmend häufig angewandt.

Dabei handelt es sich um eine mathematisch-statistische Verprobungsmethode, bei der die jährlichen Erlöse und Wareneinkäufe des Betriebs in kleine Einheiten – regelmäßig in Zeiträume von einer Woche – zerlegt werden. Für jede Woche wird sodann der Rohgewinnaufschlagsatz (das Verhältnis zwischen Erlösen und Einkäufen) ermittelt. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass der höchste Rohgewinnaufschlagsatz, der sich für einen beliebigen Zehn-Wochen-Zeitraum ergibt, auf das gesamte Jahr anzuwenden ist. Dadurch werden rechnerisch zumeist erhebliche Hinzuschätzungen zu den vom Steuerpflichtigen angegebenen Erlösen ausgewiesen.

Der BFH hat diese Schätzungsmethode nunmehr nur unter folgenden Einschränkungen zugelassen:

  1. Das Verhältnis zwischen Erlösen und Wareneinkäufen im Betrieb muss über das ganze Jahr hinweg weitgehend konstant sein.
  2. Bei einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ist der Zeitreihenvergleich zum Nachweis materieller Mängel der Buchführung von vornherein ungeeignet.
  3. Ist die Buchführung zwar formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten nicht konkret nachgewiesen, sind andere Schätzungsmethoden vorrangig.
  4. Auch wenn solche anderen Schätzungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, dürfen die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nicht unbesehen übernommen werden, sondern können allenfalls einen Anhaltspunkt für eine Hinzuschätzung bilden.
  5. Nur wenn die materielle Unrichtigkeit der Buchführung bereits aufgrund anderer Erkenntnisse feststeht, können die Ergebnisse eines – technisch korrekt durchgeführten – Zeitreihenvergleichs auch für die Höhe der Hinzuschätzung herangezogen werden.

In diesem Zusammenhang hat der BFH ferner entschieden, dass beim Einsatz eines programmierbaren Kassensystems bereits das Fehlen der hierfür aufbewahrungspflichtigen Unterlagen (Betriebsanleitung, Programmierprotokolle) einen formellen Mangel der Buchführung darstellt, der grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 51/15 vom 22.07.2015 zum Urteil X R 20/13 vom 25.03.2015

 

Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung

Mit Urteil vom 14. April 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Aufwendungen für ärztlich verordnete Arzneimittel i. S. von § 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfallen.

Die Klägerin leidet an einer chronischen Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund – ärztlich verordnet – Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. Die hierfür entstandenen Aufwendungen machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als Krankheitskosten und damit als sog. außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Aufwendungen für Vitamine und andere Mikronährstoffe seien Diätverpflegung und könnten deshalb nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Auf die Revision der Klägerin hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG habe nicht festgestellt, ob es sich bei den von der Klägerin eingenommenen Präparaten um Nahrungsergänzungsmittel i. S. des § 1 der Nahrungsergänzungsmittelverordnung und damit um Lebensmittel oder, ob es sich um Arzneimittel i. S. des § 2 AMG handele. Die erforderlichen Feststellungen habe es im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Denn vom Abzugsverbot nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG würden nur Aufwendungen für Diätlebensmittel, nicht aber Arzneimittel i. S. des § 2 AMG erfasst. Dies gelte auch dann, wenn die Arzneimittel im Rahmen einer Diät eingenommen würden. Aufwendungen hierfür seien vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der Medikamente einer Krankheit geschuldet und die Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen sei.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 50/15 vom 22.07.2015 zum Urteil VI R 89/13 vom 14.04.2015