Beschränkte Haftung von Scheinselbständigen

Beschränkte Haftung von Scheinselbständigen

Rechtslage
Scheinselbständigkeit ist ein Problem, das Wechselwirkungen in Sozialversicherung und Arbeitsrecht auslöst. Der vermeintlich Selbständige ist arbeitsrechtlich mit allen Rechten und Pflichten Arbeitnehmer und sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In einer Entscheidung zur Haftung von Scheinselbständigen hat das Landesarbeitsgericht Hessen jetzt die Voraussetzungen für die Stellung einer „arbeitnehmerähnlichen Person“ konkretisiert. Die Richter haben diesen Personen die Haftungsprivilegien von Arbeitnehmern, die nur wegen grober Fahrlässigkeit und nur unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses haften, eröffnet.

Sachverhalt
Der Kläger war seit Jahren als selbständiger Schlosser auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages beschäftigt gewesen. Dabei war er nahezu ausschließlich für ein Unternehmen beschäftigt, unterlag dort den Weisungen der Vorgesetzten und hatte im Übrigen außerhalb dieses Unternehmens kein eigenes Büro. Seine Leistungen stellte er auf Stundenbasis in Rechnung. Bei Schweißarbeiten, die der Selbständige durchführte, kam es zu einer Explosion, die einen erheblichen Schaden verursachte und für die das Unternehmen den Selbständigen nach allgemeinen Regelungen auf Schadensersatz in Anspruch nahm.

Entscheidung
Nachdem der Rechtstreit an die Arbeitsgerichte verwiesen worden war, wurde die Klage in weiten Teilen abgewiesen. Der beklagte Selbständige sei als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen. Dies folge aus seiner nahezu ausschließlichen Tätigkeit für das Unternehmen und seiner Weisungsabhängigkeit. Hierauf komme es aber im konkreten Fall gar nicht an, weil auch arbeitnehmerähnliche Personen wie Arbeitnehmer nur ab dem Grad der groben Fahrlässigkeit und unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse haften. Zwar sei das Verhalten des Beklagten grob fahrlässig gewesen, seine Haftung sei aber – wie bei Arbeitnehmern – zu beschränken, um zu verhindern, dass der Beklagten in den Ruin getrieben werde. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ergab sich somit im konkreten Fall eine Haftung in Höhe dreier durchschnittlicher Monatsgehälter.

Konsequenz
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen, weil sie auch arbeitnehmerähnliche Personen dem privilegierten Haftungssystem der Arbeitnehmer unterstellt. Gerade Selbständige könnten dann, wenn sie zu sehr in einen Betrieb eingegliedert werden, in den Genuss dieser Haftungsprivilegien gelangen. Angesichts dieser Reichweite hat das Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.