Besteuerung von Erträgen aus ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds auf dem Prüfstand

Besteuerung von Erträgen aus ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds auf dem Prüfstand

Kernaussage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen, um klären zu lassen, ob die bis Ende 2003 geltende deutsche Regelung zur Besteuerung von Anlegern, die sich an ausländischen „schwarzen“ Investmentfonds beteiligt haben, gegen die europarechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit verstieß. Die Kapitalverkehrsfreiheit gehört zu den europarechtlichen Grundfreiheiten. Sie gilt sowohl innerhalb der EU als auch im Verhältnis zu Drittstaaten.

Sachverhalt

Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentfonds wurden nach dem Auslandsinvestmentgesetz (AuslInvestmG) unterschiedlich besteuert. Wenn die Erträge aus inländischen Fonds nicht nachgewiesen wurden, waren (und sind sie auch heute) notfalls zu schätzen. Für ausländische Fonds schrieb das AuslInvestmG dagegen besondere Anzeige- und Bekanntmachungspflichten vor. Außerdem hatten ausländische Fonds einen inländischen Vertreter zu bestellen. Waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt, handelte es sich um „schwarze“ Fonds. Für sie schrieb das AuslInvestmG eine fiktive pauschale Ertragsermittlung vor, die regelmäßig zu höheren Erträgen führte als bei inländischen Fonds. Die tatsächliche Höhe der erzielten Erträge war für die Besteuerung ohne Bedeutung. Im Streitfall war der Kläger an „schwarzen“ Investmentfonds mit Sitz auf den Kaimaninseln beteiligt. Das Finanzamt wandte die Pauschalregelung nach dem AuslInvestmG an und lehnte es ab, die vom Kläger im Einzelnen nachgewiesenen – deutlich niedrigeren – tatsächlichen Erträge der Besteuerung zugrunde zu legen.

Entscheidung

Der BFH sah in dieser Pauschalbesteuerung einen offensichtlichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, weil inländische Anleger durch die verschärfte Besteuerung solcher ausländischer Erträge davon abgehalten werden könnten, sich an ausländischen „schwarzen“ Fonds zu beteiligen. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht zu rechtfertigen. Beteiligungen an inländischen und ausländischen Fonds seien grundsätzlich objektiv vergleichbar. Auch sei der Nachweis von Erträgen aus ausländischen Fonds nicht von vornherein unmöglich. Das Gesetz nehme zu Unrecht keine Rücksicht darauf, ob mit dem jeweiligen Drittstaat ein Amtshilfeabkommen bestehe, das eine Nachprüfung der Erträge ermögliche. Jedenfalls sei die Pauschalbesteuerung unverhältnismäßig, weil sie den Nachweis der tatsächlichen Erträge für die Besteuerung ausnahmslos ausschließe.

Konsequenz

Trotz des offensichtlichen Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit hielt sich der BFH für verpflichtet, den EuGH anzurufen. Aufgrund einer neueren Entscheidung des EuGH sei zweifelhaft geworden, ob die Pauschalbesteuerung überhaupt am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft werden könne oder Bestandsschutz genieße. Diese Rechtsfrage sei europarechtlich ungeklärt. Obwohl es um ausgelaufenes Recht geht, hat das Verfahren Breitenwirkung, weil noch zahlreiche Streitfälle mit erheblichen finanziellen Auswirkungen offen sind. Auch die heute geltende Nachfolgeregelung (§ 6 des Investmentsteuergesetzes) ist Gegenstand eines Prüfverfahrens beim EuGH.