EuGH – Kindergeld auch für Saisonarbeiter

EuGH – Kindergeld auch für Saisonarbeiter

Kernfrage

Nahezu alle Mitgliedstaaten der Europäische Union kennen eine Art Kindergeld. In Deutschland haben deutsche Staatsangehörige sowie freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger, Bürger aus Norwegen, Island und Staatsbürger der Schweiz Anspruch auf Kindergeld, wenn sie in Deutschland ihren Wohnsitz haben. Der Europäische Gerichtshof hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Saisonarbeitnehmer, die in der Regel keinen Wohnsitz im Inland haben, Anspruch auf Kindergeld haben können.

Sachverhalt

Geklagt hatten 2 polnische Staatsbürger. Der eine war mehrere Monate als Saisonarbeitnehmer, der andere mehrere Monate im Rahmen einer Entsendung in Deutschland tätig. Beide waren aber in Deutschland (aufgrund eigener Wahl) unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Beide hatten in Deutschland Kindergeld beantragt. Ihr Antrag wurde allerdings abgelehnt, weil das deutsche Recht zwar auch Saisonarbeitnehmern die grundsätzliche Möglichkeit zum Kindergeldbezug einräumt, diese aber umgehend dann wieder ausschließt, wenn Kindergeld in Polen bezogen wird bzw. bezogen werden kann. Denn es komme polnisches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof hält diese Praxis bzw. Regelung für europarechtswidrig, weil sie die Arbeitnehmerfreizügigkeit behindere. Zentral gestützt auf die Tatsache, dass die Kläger in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht unterlagen, nahm der Europäische Gerichtshof 3 Grundsätze an. Zum einen können Saisonarbeitnehmer grundsätzlich in dem Staat, in dem sie sich aufhalten, Familienleistungen beantragen. Zum anderen ist es unzulässig, diese Leistungen zu verweigern, weil in einem andere Mitgliedstaat bereits solche Leistungen bezogen werden bzw. weil ein anderer Mitgliedstaat sozialversicherungsrechtlich zuständig wäre. Zulässig sei es aber, die im Heimatstaat bezogenen Leistungen, wenn sie mit der beantragten Leistung vergleichbar sind, auf diese anzurechnen.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die Auswirkungen europarechtlicher Grundfreiheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten, auch wenn sie im Ergebnis nicht überrascht. Letztendlich werden in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Saisonarbeitnehmer damit sogenannten Grenzgängern gleichgestellt, die ebenfalls im EU-Ausland wohnen und in Deutschland arbeiten.