Gilt Vorläufigkeitsvermerk bei fehlender Wiederholung auch im Änderungsbescheid?

Gilt Vorläufigkeitsvermerk bei fehlender Wiederholung auch im Änderungsbescheid?

Kernaussage

Besteht eine tatsächliche oder rechtliche Ungewissheit darüber, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuerschuld eingetreten sind, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige Steuerfestsetzung erfolgen (§ 165 AO). Der Änderungsbescheid kann wiederum vorläufig erlassen werden. Der ursprüngliche Vorläufigkeitsvermerk gilt auch dann im Änderungsbescheid weiter, wenn er dort nicht ausdrücklich wiederholt wird.

Sachverhalt

Der Beklagte machte für das Jahr 2004 einen Veräußerungsverlust aus der Beteiligung an einer GmbH geltend. Der Einkommensteuerbescheid erging hinsichtlich der Höhe des Verlustes vorläufig. Hierzu wurde im Erläuterungsteil ausgeführt, dass die Höhe des Verlustes nicht abschließend beurteilt werden kann. Zudem erging der Bescheid wegen anhängiger Revisionsverfahren und Verfassungsbeschwerden vorläufig. Ein aus anderen Gründen ergangener Änderungsbescheid wurde wiederum vorläufig erlassen. Jedoch wurde der Vorläufigkeitsvermerk zur Höhe der Verluste nicht aufgenommen. Nachdem sich die tatsächliche Höhe der Verluste klärte, beantragte der Kläger eine entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids. Das beklagte Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil der Vorläufigkeitsvermerk nicht im Änderungsbescheid wiederholt worden sei und daher nicht mehr bestehe.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Durch die fehlende Wiederholung des Vorläufigkeitsvermerks im nachfolgenden Änderungsbescheid hob der Beklagte die Vorläufigkeit nicht auf. Ein Vorläufigkeitsvermerk bleibt als Nebenbestimmung -auch in nachfolgenden Änderungsbescheiden – so lange wirksam, bis er ausdrücklich durch eine selbstständige Verfügung aufgehoben wird. Die Aufhebung kann vorliegend nur durch Beseitigung der Ungewissheit über die Entstehung des Steueranspruchs erfolgen. Dieses Erfordernis schließt die Möglichkeit einer stillschweigenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks im Rahmen einer ausdrücklich auf eine andere Korrekturvorschrift gestützten Änderungsveranlagung aus.

Konsequenz

Die Revision wurde zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zugelassen. Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige den neuen Vorläufigkeitsvermerk als Änderung der Vorläufigkeit verstehen muss. Unklarheiten gehen zu Lasten des Finanzamts.