Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern

Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern

Kernaussage
Experten (hier: Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) haften für unrichtige Gutachten und Testate bei besonders schwerwiegender Verletzung der den Experten treffenden Sorgfaltspflichten. Ebenso kann eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern durch irreführende Äußerungen über die Werthaltigkeit von Beteiligungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern begründet sein.

Sachverhalt
Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wurde gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer, einem Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern in Anspruch genommen. Die Kläger hatten sich als atypisch stille Gesellschafter an 2 Aktiengesellschaften beteiligt, die zu einer Unternehmensgruppe gehörten, für die die Beklagten die Jahresabschlüsse prüften. Im Jahr 2005 gerieten die Gesellschaften in Insolvenz. Die Kläger stützen ihre Schadensersatzforderungen auf inhaltlich falsche Behauptungen des Rechtsanwalts auf Seminarveranstaltungen vor Vertriebsmitarbeitern, wonach die Unternehmensgruppe über eine exzellente Eigenkapitalausstattung verfüge und ihre Aktien als „Blue Chips“ einzuordnen seien.

Entscheidung
Die Beklagten haften den Klägern aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Das Verhalten des Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers, der durch seinen Beruf ein besonderes Vertrauen beanspruchte, ist als leichtfertig und gewissenlos einzustufen. Er stellte sich mit seinem Expertenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden Unternehmensgruppe und lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Dadurch setzte er sich rücksichtslos über die potentiellen Anlegerinteressen hinweg. In den Fällen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung muss sich der Anleger von einer „ungewollten“ Verpflichtung wieder befreien können.

Konsequenz
Das Urteil stärkt den Schutz der Anleger, die sich auf ein hohes Maß an zutreffender und vollständiger Information im Vorfeld einer Anlageentscheidung verlassen dürfen. Für den Fall, dass ein Experte nachlässig oder gar durch Angaben ins Blaue hinein Auskünfte erteilt, sind wirkungsvolle Sanktionen gegeben.