Nachabfindungsansprüche: Grunderwerbsteuerpflichtig?

Nachabfindungsansprüche: Grunderwerbsteuerpflichtig?

Kernaussage
Der Erhalt eines Grundstücks durch einen weichenden Erben vom Hoferben für einen Verzicht auf Nachabfindungsansprüche nach § 13 HöfeO ist nicht grunderwerbsteuerfrei.

Sachverhalt
Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrugen Eltern ihren landwirtschaftlichen Betrieb, einen Hof im Sinne der Höfeordnung (HöfeO), mit notariell beurkundetem Vertrag aus dem Jahr 1998 (Hofübergabevertrag) auf ihren Sohn S. Ihr zweites Kind, Tochter T, sollte eine Abfindung in Höhe von 16.000 DM erhalten. Mit dem Erhalt des Betrages von 16.000 DM vom Höfevermögen gemäß § 12 HöfeO erklärte sich T für abgefunden und verzichtete auf weitergehende Ansprüche. Außerdem verzichtete sie auf Ansprüche gemäß § 13 HöfeO für den Fall, dass S bei Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke mit dem Erlös landwirtschaftliche Ersatzflächen erwerben sollte. Vor dem Hintergrund, dass S als Hoferbe plante, einen Teil des zum Hof gehörenden Landes zu Bebauungszwecken zu veräußern bzw. Erbbaurechte daran zu bestellen, vereinbarten S und T eine weitere Regelung hinsichtlich des Nachabfindungsanspruchs aus § 13 HöfeO mit Vertrag vom 26.3.2004 (Nachabfindungsvertrag). Nach diesem Vertrag stand T in dem Fall, dass die Grundstücke oder Teile davon Baulandqualität erhalten sollten, ein Anspruch auf Übertragung eines Baugrundstücks zur Größe von 1.000 qm nach eigener Wahl zu. Außerdem war in dem Vertrag geregelt, dass T mit Erhalt des Baugrundstücks auf sämtliche weiteren Ansprüche gemäß § 13 HöfeO gegenüber dem Hoferben verzichtet. Ein weiterer Vertrag wurde zwischen den Geschwistern am 29.6.2006 geschlossen. Darin war geregelt, dass S eine noch abzuvermessende Teilfläche in der Größe von 1.000 qm lastenfrei an T übertragen sollte. Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom 4.8.2006 gegenüber T Grunderwerbsteuer fest. Der Bescheid wies als zu besteuernden Rechtsvorgang den Übertragungsvertrag vom 29.6.2006 aus. Der Einspruch der T gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung blieb erfolglos. Daraufhin erhob sie Klage beim Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Die Richter wiesen die Klage der T ab. Nach Ansicht der Richter war der Grunderwerbsteuerbescheid rechtmäßig. Der Übertragungsvertrag vom 29.6.2006 unterliege der Grunderwerbsteuer. Erst durch diesen Vertrag sei ein Anspruch der T auf Übereignung eines hinreichend konkretisierten Grundstücks begründet worden, da die Parteien die Grenzen des künftigen Grundstücks erst in diesem Vertrag in einer – der notariellen Urkunde beigefügten – Skizze eindeutig bezeichnet hatten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der Erwerbsvorgang nicht von der Grunderwerbsteuer befreit. Es lagen weder die Voraussetzungen für eine Befreiung aufgrund eines Grundstückserwerb von Todes wegen noch aufgrund einer Grundstücksschenkung unter Lebenden vor. Der in dem Nachabfindungsvertrag erklärte Verzicht auf den Nachabfindungsanspruch aus § 13 HöfeO könne nicht als Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch angesehen werden. Denn T standen die Abfindungsansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO als weichende Miterbin zu und nicht als Pflichtteilsberechtigte. Der Verzicht auf den Nachabfindungsanspruch aus § 13 HöfeO sei nicht als Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses anzusehen. Der im Erbschaftsteuergesetz verwendete Begriff des Vermächtnisses erfasse nur Zuwendungen durch Verfügung von Todes wegen, also rechtsgeschäftliche Vermächtnisse. Der Anspruch aus § 13 HöfeO ist aber gesetzlicher Natur. An dieser Natur ändere sich auch nichts dadurch, dass der Hof rechtsgeschäftlich, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, übertragen worden ist. Eine Grundstücksschenkung unter Lebenden liege ebenfalls nicht vor. In dem von T erklärten Verzicht auf den Nachabfindungsanspruch nach § 13 HöfeO liege eine die Freigebigkeit ausschließende Gegenleistung vor. Mangels Vertrag mit dem Erblasser, liege in dem Verzicht kein Erbverzicht vor. Es liege auch kein Verzicht auf Zuwendungen nach § 2352 BGB vor, da diese Vorschrift nur Zuwendungen erfasst, die ihre Grundlage in einer Verfügung von Todes wegen haben, was hier jedoch nicht der Fall war. Auch die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer wegen Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses lagen nicht vor. Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesfinanzhof (BFH)eingelegt.

Konsequenz
Im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des BFH sollten Betroffene ihre Bescheide offen halten.