Offenbare Unrichtigkeit: von Amts wegen zu berichtigen?

Offenbare Unrichtigkeit: von Amts wegen zu berichtigen?

Kernaussage
Erstellt ein Steuerpflichtiger seine Umsatzsteuererklärung vollständige und normgemäß und wird dementsprechend erklärungsgemäß veranlagt, kann es passieren, dass der Steuerpflichtige vergisst, seine geleisteten Umsatzsteuerzahlungen in der Einnahmeüberschussrechnung als Betriebsausgaben abzuziehen. Übernimmt das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung dieses Versäumnis, stellt dies eine von Amts wegen zu korrigierende offenbare Unrichtigkeit dar.

Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger versäumte in seinen Einnahmeüberschussrechnungen, die zuvor in den jeweiligen Umsatzsteuererklärungen angegebenen und erklärungsgemäß veranlagten Umsatzsteuervorauszahlen als Betriebsausgabe abzuziehen. Hingegen wies er die Vorsteuerbeträge vollständig und zutreffend auf der Einnahmeseite aus. Das Finanzamt übernahm seine erklärten Einkünfte und erließ auf dieser Grundlage Bescheide, die bestandskräftig wurden. Als der Steuerpflichtige eine Änderung nach den Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) beantragte, wies das Finanzamt seinen Antrag wegen Unanwendbarkeit dieser Rechtnorm und gleichzeitiger Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide zurück. Vor dem Finanzgericht unterlag der Steuerpflichtige ebenfalls und ging bis zum Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Vor dem BFH hatte der Steuerpflichtige schließlich Erfolg. Die Richter hoben das Urteil auf und verwiesen die Klage an das Finanzgericht zurück. Eine offenbare Unrichtigkeit kann seitens des Klägers (als Übernahmefehler des Finanzamts) oder seitens des zuständigen Finanzamts auftreten und liegt nach der Abgabenordung, wenn sie für jeden unvoreingenommenen Dritten eindeutig und klar erkennbar ist. Auslegungs- oder Verständnisfehler werden von der Norm ausgeschlossen. Ein solcher Fehler liegt im obigen Fall aber keineswegs vor, da der Steuerpflichtige die Umsatzsteuererklärung sinngemäß und zutreffend erklärte. Das Finanzamt setze die Umsatzsteuererklärungen regelmäßig mit den entsprechenden Umsatzsteuerzahlungen fest, sodass hier eine mangelnde Sachaufklärung ausgeschlossen werden musste.

Konsequenz
Offenbare Unrichtigkeiten können auch nach eingetretener Bestandskraft der Bescheide geändert werden und sind bei berechtigtem Interesse der Beteiligten zu berichtigen. Der BFH sah hier bei den Angaben des Steuerpflichtigen ein mechanisches Versehen als gegeben an, welche sich das Finanzamt zu eigen gemacht hatte. Folglich blieb die Änderung als notwendige Konsequenz.