Schadensersatz bei Vollziehung eines falschen Steuerbescheids?

Schadensersatz bei Vollziehung eines falschen Steuerbescheids?

Kernaussage

Der so genannte Arrest ist im deutschen Zivilprozessrecht eine Maßnahme zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Der Arrest kann in einem beschleunigten Verfahren vom zuständigen Gericht angeordnet werden. Erweist sich die Vollziehung eines solchen Arrestes als von Anfang an unberechtigt, können Schadenersatzansprüche entstehen. Durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden sind jedoch nicht nach den Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) zu ersetzen. Dies gilt auch dann, wenn dem Erlass der Steuerbescheide ein Arrestverfahren vorausgegangen ist, das zur Pfändung einer Forderung geführt hat.

Sachverhalt

Nach einer Betriebsprüfung beim Kläger kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass ein Veräußerungserlös des Klägers als gewerbliche Einkünfte steuerlich zu erfassen gewesen wäre. Das Finanzamt erließ eine Arrestanordnung, die u. a. zur Pfändung eines Wertpapierdepots des Klägers führte. Später entschied der Bundesfinanzhof (BFH), dass hier der Veräußerungserlös steuerfrei ist. Der Kläger verlangte daraufhin von dem beklagten Land nach den Vorschriften der ZPO Ersatz des Schadens (Kursverluste ab dem Jahr 2001). Der Schaden sei ihm dadurch entstanden, dass sich die Finanzverwaltung im Sommer 2001 weigerte, der Übertragung des Wertpapierdepots des Klägers auf ein „aktiv gemanagtes“ Depot bei der Schweizer Bank zuzustimmen. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnte die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision mit der Begründung ab, dass durch die Vollziehung von (unrichtigen) Steuerbescheiden entstandene Schäden nicht nach der ZPO zu ersetzen sind. Die Frage der entsprechenden Anwendung der ZPO musste nicht entschieden werden, da die Vollstreckungsmaßnahmen auf der Grundlage der Arrestanordnung den behaupteten Schaden nicht herbeigeführt hatten. Denn schon im Jahr 2000 ergingen vorliegend Steuerbescheide. Durch diese Steuerbescheide wurde das Arrestverfahren in das normale Vollstreckungsverfahren übergeleitet und als solches fortgeführt. Mithin beruhte der geltend gemachte Schaden nicht auf der Arrestpfändung sondern auf den Steuerbescheiden. Auf kraft Gesetzes sofort vollziehbare Steuerbescheide, deren Wirksamkeit durch die Einlegung eines Rechtsmittels nicht gehemmt wird, ist die ZPO nicht anwendbar. Hierbei geht es um den Vorrang des Allgemeininteresses vor dem Einzelinteresse. Anders zu betrachten sind die Fälle, bei denen jemand einen vorläufigen Titel auf eigenes Risiko vollstreckt.

Konsequenz

Die zivilprozessrechtliche Schadensersatznorm war deshalb nicht einschlägig, weil der Fall nicht anders zu beurteilen war, als wenn die Pfändung des Depots erst bzw. nur aufgrund der Steuerbescheide ausgesprochen worden wäre, es also am Zurechnungszusammenhang zwischen der vorausgegangenen – erledigten – Arrestpfändung und dem geltend gemachten Schaden fehlte.