Steuerschlupflöcher konsequent schließen

Weil Unternehmen Steuerschlupflöcher im Ausland nutzen, entgehen dem Landeshaushalt erhebliche Steuereinnahmen. „Steuerschlupflöcher zu schließen, ist eine zentrale Frage der Steuergerechtigkeit“, sagte Finanzminister Nils Schmid.

Manche Konzerne nutzen ihre internationalen Verflechtung für steuerliche Gestaltungen. So werden beispielsweise dieselben Zinsaufwendungen bei Auslandsfällen mehrfach abgezogen. Für solche Gestaltungen gibt es keine unternehmerischen Gründe. Sie dienen alleine dem Zweck, Steuern zu vermeiden. „Hier können wir als öffentliche Hand nicht tatenlos zusehen. Denn diese Konzerne verschaffen sich so Wettbewerbsvorteile. Das benachteiligt den baden-württembergischen Mittelständler, der seinen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leistet“, so Schmid.

„Durch Steuerschlupflöcher werden Gewinne nicht mehr dort besteuert, wo sie entstehen“, sagte Schmid. Allein aus steuerlichen Gründen werden Erträge künstlich in Länder mit Dumpingsteuersätzen verlagert. „Trotzdem nehmen die Unternehmen die Infrastruktur in Deutschland und auch in Baden-Württemberg in Anspruch. Diese finanziert aber der deutsche Steuerzahler. Das passt nicht zusammen“, betonte Finanzminister Schmid.

Unlauteren Steuerwettbewerb beenden
Schmid forderte deshalb, den unlauteren internationalen Steuerwettbewerb im ersten Schritt zumindest innerhalb der EU zu beenden. Zudem gelte es, die unterschiedlichen nationalen Steuersysteme besser aufeinander abzustimmen. Gleichzeitig sei auch Deutschland aufgerufen, diese Steuerlücken zu schließen. „Baden-Württemberg hat hier schon etwas bewegt. So haben wir eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe angestoßen, die internationale Steuergestaltungsmodelle bekämpft. Wir werden uns auch weiterhin auf allen Ebenen dafür stark machen, Steuerlücken zu schließen“, verdeutlichte Schmid.

Sondereinheit der Betriebsprüfer
Die Prüfung von Steuerfällen mit Auslandsbezug findet durch die landeseigene Betriebsprüfung statt. „Wir haben seit zwei Jahren eine neu organisierte und personell stark aufgestockte Expertengruppe für ausländisches Steuerrecht eingerichtet,“ so Schmid. Seither sind 14 Experten zentral beim Zentralen Konzernprüfungsamt in Stuttgart für komplexe und große Steuerfälle mit Auslandsbezug zuständig. Daneben arbeiten in der Fläche, also in den 30 Finanzämtern mit einer Betriebsprüfung, mehr als 50 weitere so genannte Fachprüfer Ausland. Diesen zweistufigen Aufbau bei den Auslandsprüfer gibt es so nur in Baden-Württemberg. „Die Prüferinnen und Prüfer waren im letzten Jahr äußerst erfolgreich. Jeder einzelne hat Mehrsteuern von über neun Millionen Euro eingebracht“, erläuterte der Minister.
Quelle: FinMin Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 25.07.2013

MINISTERIUM FÜR FINANZEN UND WIRTSCHAFT
PRESSESTELLE
PRESSEMITTEILUNG 25.07.2013
Anlage zu PM Nr. 309 / 2013
Steuerausfälle durch Steuerschlupflöcher
Genaue Berechnungen gestalten sich schwierig, doch es ist davon auszugehen, dass
dem deutschen Fiskus durch Steuerschlupflöcher jedes Jahr mindestens zweistellige
Milliardenbeträge an Steuereinnahmen verlorengehen. Beispielsweise schätzt das DIW
in seinem aktuellen Gutachten, dass in Deutschland eine Lücke zwischen erzielten und
steuerlich erfassten Gewinnen in Höhe von rund 90 Milliarden Euro besteht. Daraus
ergäben sich für den deutschen Fiskus Steuerausfälle von rund 30 Milliarden Euro pro
Jahr. Für den baden-württembergischen Haushalt würde dies Ausfälle in Höhe von
jährlich rund 950 Millionen Euro bedeuten.
Im Anschluss sehen Sie zwei Steuergestaltungsmodelle, die Baden-Württemberg in die
bundesweite Diskussion eingebracht hat.
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E-Mail: pressestelle@mfw.bwl.de, Internet: www.mfw.baden-wuerttemberg.deSeite 2 von 3
Beispielsfälle für Steuergestaltungen
„Das Zinsaufblähungsmodell“
TG
M
EG
100%
Finanzierungs-
Gesellschaft
Bermudas
USA
D
Ein US-Konzern (M) ist an verschiedenen Produktionsgesellschaften im Inland beteiligt.
Diese sind vollständig durch eigenes Kapital finanziert. Der US-Konzern gründet nun in
Deutschland eine Holdinggesellschaft (TG), nur um die eigenen
Produktionsgesellschaften (EG) (die ihm ja eigentlich schon gehören) zu kaufen.
Finanziert wird dieser Erwerb mit einem Darlehen, das der US-Konzern aufgenommen
hat. Die Zinskosten kann der Konzern in den USA abziehen. Gleichzeitig kann er aber
die Zinskosten auch in Deutschland bei der Holdinggesellschaft geltend machen. Also
zahlt er einmal Zinsen und kann sie steuerlich zweimal abziehen – einmal in den USA
und einmal in Deutschland. Das deutsche Steuerrecht und das
Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – USA verhindern das nicht.
Um das Modell noch weiter zu optimieren, wird das Darlehen regelmäßig von einer
konzerninternen Finanzierungsgesellschaft mit Sitz auf den Bahamas gewährt. Damit
wird die Einnahmenseite, also der Zinsertrag, in der Steueroase Bahamas minimal
besteuert. Allein für in Baden-Württemberg bekannte Fälle kommt es durch dieses
Gestaltungsmodell zu einem Steuerausfall von rund 200 Mio. Euro im Jahr für den
deutschen Fiskus. Seite 3 von 3
„Gewinnabsaugung bei Immobiliengesellschaften“
TG 1
M
100%
Finanzierungs-
gesellschaft TG 2
TG 3
NL
D
Durch dieses Modell soll die sogenannte Zinsschranke umgangen werden. Die
Zinsschranke (§ 4h EStG) wurde eingeführt, damit Zinsen vor allem im Zusammenhang
mit Steuergestaltungsmodellen nicht unbeschränkt hoch abgezogen werden können.
Daher können pro Gesellschaft nur bis zu 3 Mio. Euro an Zinskosten abgezogen
werden.
Ein niederländischer Konzern (M) gründet in Deutschland eine Immobiliengesellschaft
(TG 1). Zweck dieser Immobiliengesellschaft ist der Erwerb deutscher
Geschäftsgrundstücke. Es erfolgt eine 100% Finanzierung durch den Konzern (M).
Dieser wiederum wird über eine Karibik-Finanzierungsgesellschaft refinanziert. Sobald
die 3 Mio. Grenze der Zinsschranke erreicht ist, wird eine weitere niederländische
Immobiliengesellschaft (TG 2) gegründet.
Auch für diese wiederum gilt die 3 Mio. Euro Grenze. So können eine Vielzahl von
Gesellschaften bestehen. Deren einziger Zweck besteht darin, die
Zinsschrankenregelung auszuhöhlen ist. Denn während ein Unternehmen mit nur einer
Gesellschaft 3 Mio. Euro an Zinsen abziehen kann, kann der niederländische Konzern
das Vielfache abziehen. Diese Zinskosten kann er mit anderen Einnahmen verrechnen,
so dass er in Deutschland für Grundstücksgeschäfte, die eigentlich mit Gewinn
abgeschlossen werden, keine Steuern bezahlt.