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Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Meldung des Kindes ist entscheidend

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Meldung des Kindes ist entscheidend 

Ist das Kind in der Wohnung des Alleinerziehenden gemeldet, gehört es zu dessen Haushalt. Diese Vermutung ist unwiderlegbar, auch wenn die tatsächlichen Verhältnisse nachweisbar von den melderechtlichen Aufenthaltsangaben abweichen.

 X war im Streitjahr 2010 verwitwet und bezog Kindergeld für seine Tochter. Die Tochter wohnte in einer eigenen Wohnung, war jedoch in der Wohnung des X mit Wohnsitz gemeldet.

Das Finanzamt lehnte die Gewährung des Alleinerziehenden-Entlastungsbetrags für X ab. Zwar gelte die an die Meldung anknüpfende gesetzliche Vermutung der Zugehörigkeit zum Haushalt des X. Die Vermutung könne jedoch widerlegt werden und sei, da die Tochter in einer eigenen Wohnung lebte, widerlegt worden. Dieser Auffassung schloss sich das Finanzgericht an und wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof geht dagegen davon aus, dass die Meldung eine unwiderlegbare Vermutung der Haushaltszugehörigkeit begründet.

Dafür spricht zum einen der Wortlaut (“die Zugehörigkeit zum Haushalt ist anzunehmen, wenn …”). Zum anderen folgt aus den Gesetzesmaterialien, wonach die Haushaltszugehörigkeit “fingiert” wird, dass der Gesetzgeber eine unwiderlegbare Vermutung schaffen wollte.

Auch der systematische Zusammenhang weist auf die Unwiderlegbarkeit der Vermutung hin. Denn nach der gesetzlichen Regelung ist nicht alleinstehend und somit nicht anspruchsberechtigt für den Entlastungsbetrag, wer in einer Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person lebt. Hier wird bei einer Meldung in einer gemeinsamen Wohnung eine Haushaltsgemeinschaft vermutet. Für diese Vermutung einer den Entlastungsbetrag ausschließenden Haushaltsgemeinschaft ist jedoch ausdrücklich die Widerlegbarkeit geregelt. Die unterschiedliche Ausgestaltung dieser Vermutungsregelungen belegt, dass entsprechend unterschiedliche Rechtsfolgen herbeigeführt werden sollten.

Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei gemeinsamem Wirtschaften

Kein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei gemeinsamem Wirtschaften

Kernproblem

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird alleinstehenden Steuerpflichtigen gewährt, zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Nicht alleinstehend ist nach dem Einkommensteuergesetz, wer mit einer anderen volljährigen Person eine Haushaltsgemeinschaft bildet, es sei denn, dass diese Person selbst Kind im steuerlichen Sinne ist oder Grundwehr-/Zivildienst leistet. Bei Meldung der Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen wird eine Haushaltsgemeinschaft vermutet. Praktisch bedeutet das: Nicht nur ein Lebensgefährte, sondern auch Familienangehörige wie Oma, Opa oder ein erwachsenes Kind können zur Versagung des Entlastungsbetrags führen. Die gesetzliche Vermutung der Haushaltsgemeinschaft ist widerlegbar. Ob das dem Vater zweier volljähriger Söhne weiterhalf?

Sachverhalt

Der Vater lebte mit seinen 2 Söhnen zusammen, von denen sich einer in Berufsausbildung befand. Der andere Sohn übte eine Vollzeitbeschäftigung aus und bekundete im Streit über die Gewährung des Entlastungsbetrags schriftlich, dass er ohne jegliche wirtschaftliche Beteiligung im Haus seines Vaters wohne, keine Miete zahle und sich nicht an den sonstigen Kosten der Haushaltsführung beteilige. Zudem bestätigte er, den Vater auch nicht bei der Erfüllung der Aufgaben eines Alleinerziehenden zu unterstützen. Das Finanzgericht wies die Klage jedoch mit der Begründung zurück, dass die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt sei. So musste der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden.

Entscheidung

Der BFH hat trotz aller Bekundungen des Sohnes die Gewährung des Entlastungsbetrags abgelehnt. Der Gesetzeszweck stehe einer allein an den finanziellen Haushaltsbeiträgen ausgerichteten Auslegung des Begriffs der Haushaltsgemeinschaft entgegen, obwohl Teile der steuerrechtlichen Literatur oder das Bundessozialgericht ein „Wirtschaften aus einem Topf“ voraussetzten. Dieser Auffassung folgten die Richter nicht, denn Synergieeffekte infolge des Zusammenlebens könnten auch in anderer Weise als durch Kostenbeiträge erzielt werden, z. B. durch die gemeinsame Erledigung der Hausarbeit, der Kinderbetreuung, der täglichen Einkäufe sowie der abwechselnden Anschaffung gemeinsam genutzter Gegenstände.

Konsequenz

An einer Haushaltsgemeinschaft fehlt es nach Auffassung des BFH grundsätzlich nur dann, wenn das volljährige Kind einen vollständig getrennten Haushalt führt oder wenn z. B. beim Zusammenleben mit einkommenslosen pflegebedürftigen Angehörigen jedwede Unterstützungsleistungen durch den Dritten ausgeschlossen erscheinen.

Alleinerziehende: Anspruch auf Entlastungsbetrag bis zur Eheschließung

Alleinerziehende: Anspruch auf Entlastungsbetrag bis zur Eheschließung

Kernproblem

„Echte“ allein stehende Steuerpflichtige können einen Entlastungsbetrag von 1.308 EUR im Kalenderjahr bei Ermittlung ihrer Einkommensteuer abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das der Kinderfreibetrag oder Kindergeld zusteht. Das Gesetz setzt voraus, dass keine Haushaltsgemeinschaft mit anderen volljährigen Personen besteht, außer wenn diese noch selbst als „steuerliches Kind“ gelten. Die Prüfung der Haushaltsgemeinschaft führt häufig zum Streit mit dem Finanzamt, denn nicht nur der Lebensgefährte im Haushalt führt zur Versagung des Freibetrags, sondern auch Oma, Opa oder ältere Geschwister (nur bei Pflegebedürftigkeit hat das Finanzamt ein Einsehen). Zudem wird vorausgesetzt, dass der Splittingtarif nicht zur Anwendung kommen kann. Genau hierum ging es bei einem Verfahren vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg.

Sachverhalt

Eine zu Beginn des Jahres 2004 „echte“ allein stehende Mutter heiratete im November und zog zu Beginn des darauffolgenden Jahres mit ihrem Ehemann zusammen. Die Voraussetzungen für den Erhalt des Entlastungsbetrags lagen bis zur Heirat unstreitig vor. Zudem wählte die Mutter im Jahr 2004 die Möglichkeit der besonderen Veranlagung, so dass sie wie eine Unverheiratete zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Weil die Mutter jedoch auch die Ehegattenbesteuerung und damit die Anwendung des Splittingtarifs hätte wählen können, verweigerte das Finanzamt die Anerkennung des Entlastungsbetrags für das gesamte Streitjahr 2004. Die Mutter dagegen sah wegen der gewählten Veranlagungsart die Voraussetzungen für das gesamte Jahr als erfüllt an, zumindest aber für 11 Monate bis November. Eine nicht leichte Entscheidung des Finanzgerichts stand bevor.

Entscheidung

Das Gericht hat der Mutter den Entlastungsbetrag zumindest zeitanteilig für 11 Monate zugestanden. Die Richter wollten sich jedoch nicht dazu durchringen, auch für den Dezember die geforderte Entlastung zu gewähren, weil ihrer Auffassung nach ab dem Folgemonat nach dem Heiratstermin eine zeitanteilige Gewährung nicht mehr möglich sei. Für den Fall der besonderen Veranlagung sehe das Gesetz keine Sonderregelung im Hinblick auf die Gewährung des Entlastungsbetrags vor. Wegen der Monatsbetrachtung dürfe aber auch keine Versagung für das ganze Jahr erfolgen.

Konsequenz

Weil die Mutter ihr Ziel fast erreicht hat, ist es nicht verwunderlich, dass das Urteil rechtskräftig geworden ist. Durch Wegfall der besonderen Veranlagung ab 2012 ist es auch fraglich, ob der Zusammenhang mit dem Entlastungsbetrag noch einmal höchstrichterlich geklärt wird. In der Fachliteratur wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass sich besondere Veranlagung und der Entlastungsbetrag nicht ausschließen.