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Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer (FG)

Verspätungszuschlag:Festsetzung eines Verspätungszuschlags trotz Vorbringens einer Erkrankung

 Leitsatz

Trägt der Steuerpflichtige ohne zeitliche Eingrenzung vor, an der rechtzeitigen Abgabe der Einkommensteuererklärung durch Krankheit gehindert und zunächst verpflichtet gewesen zu sein, in seiner anwaltlichen Tätigkeit Fristsachen aufzuarbeiten, so ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags durch das Finanzamt nicht ermessensfehlerhaft.

 Gesetze

AO § 149
EStG § 25 Abs 3
AO § 152 Abs 1
Sätze 1 und 2
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer für das Jahr 2009.

Die steuerlich beratenen Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als ein an einer Anwaltssozietät beteiligter Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die Klägerin war nichtselbständig tätig.

Die Kläger hatten für das Streitjahr auch nach Ablauf der für steuerlich beratene Steuerpflichtige durch Allgemeinverfügung bis zum 31.12.2010 verlängerten Abgabefrist zunächst keine Einkommensteuererklärung eingereicht und wurden vom Beklagten daraufhin unter Fristsetzung bis zum 15.02.2011 an die Abgabe ihrer Steuererklärung erinnert.

Aus einer vom Beklagten vorgelegten Übersicht ist das steuerliche Abgabeverhalten der Kläger seit dem Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 wie folgt ersichtlich:

 

 Zeitraum  Frist  1. Erinnerung  2. Erinnerung  Eingang  Veranlagung
 2000  13.08.2001  09.08.2001  19.09.2001
 2001  29.07.2002  31.07.2002  16.01.2004
 2002  30.07.2003  06.08.2003  18.11.2003
 2003  19.08.2004  18.08.2004  02.09.2004
 2004  05.09.2005  12.09.2005  03.01.2006
 2005  24.08.2006  10.10.2006  06.07.2007
 2006  11.02.2008  20.11.2008  11.08.2010
 2007  16.03.2009  16.02.2009  09.03.2009  26.05.2009
 2008  31.10.2009  12.02.2010  13.04.2010  12.03.2010  05.10.2010

 

Für nähere Einzelheiten wird auf den in der Gerichtsakte befindlichen Auszug aus dem Veranlagungsspiegel des Beklagten Bezug genommen.

Mit einem beim Beklagten am 04.02.2011 eingegangenen Schreiben vom 05.02.2011 baten die Kläger um Fristverlängerung für die Abgabe ihrer Einkommensteuerklärung 2009 bis zum 15.03.2011. Zur Begründung führten sie an, dass der Kläger aufgrund einer Gürtelrose im Gesicht über mehrere Wochen nicht habe arbeiten können. Wegen eines stark erhöhten Arbeitsaufwandes habe er anschließend seine Fristen im Büro aufarbeiten müssen. Daher habe er erst im Anschluss daran die Unterlagen für die Einkommensteuererklärung vorbereiten können. Diese Unterlagen würden am 07.02.2011 an den Steuerberater weitergeleitet. Angaben zum Beginn und der Dauer der Erkrankung enthielt der Schriftsatz nicht. Für nähere Einzelheiten wird auf den in den Akten des Beklagten befindlichen Schriftsatz vom 05.02.2011 Bezug genommen.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Verfügung vom 09.02.2011 ab und wies dabei darauf hin, dass die Fristverlängerung nicht ausreichend begründet und nachgewiesen worden sei.

Die vom steuerlichen Berater angefertigte Einkommensteuererklärung ging dem Beklagten am 14.03.2011 zu. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer daraufhin mit Bescheid vom 15.07.2011 auf 32.391 Euro und gleichzeitig einen Verspätungszuschlag in Höhe von 480 Euro fest. Aufgrund einer geänderten Mitteilung über die Beteiligungseinkünfte des Klägers erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer mit nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändertem Steuerbescheid vom 22.07.2011 auf nunmehr 34.229 Euro. Der Verspätungszuschlag blieb in Höhe von 480 Euro bestehen.

Den gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags fristgerecht erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück und führte in seiner Einspruchsentscheidung aus, dass der Verspätungszuschlag sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht festgesetzt worden sei. Gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 AO sei die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr grundsätzlich bis spätestens zum 31.05.2010 beim Finanzamt einzureichen. Diese allgemeine Frist sei für die steuerlich beratenen Kläger bis zum 31.12.2010 verlängert worden. Dennoch sei auch innerhalb der verlängerten Frist keine Steuerklärung eingegangen. Die von den Klägern mit Schreiben vom 05.02.2011 beantragte Fristverlängerung sei zu Recht abgelehnt worden. Zum Einen sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau im Rahmen einer Zusammenveranlagung ebenfalls verpflichtet sei, für eine fristgerechte Abgabe der Einkommensteuererklärung Sorge zu tragen. Vor diesem Hintergrund könne die Erkrankung des Ehemannes keine Fristverlängerung für beide Ehegatten begründen. Zum Anderen habe der Kläger selbst vorgetragen, dass er nach seiner Genesung zunächst seine beruflichen Pflichten – d.h. die Abarbeitung der in der Kanzlei aufgelaufenen Fristen – erledigt habe. Dieser Umstand zeige, dass der Kläger seinen Steuererklärungspflichten auch schon früher habe nachkommen können. Die Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung sei keine nachrangige Pflicht, die beliebig aufgeschoben werden könne. Sie sei vielmehr gleichrangig mit anderen Pflichten zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund sei die beantragte Fristverlängerung zu Recht abgelehnt worden. Die Ablehnung der Fristverlängerung sei – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – im Übrigen auch nicht angefochten worden.

Daher sei die Steuererklärung am 14.03.2011 verspätet eingegangen. Die Verspätung sei aus den oben genannten Gründen auch verschuldet. In diesem Zusammenhang sei unter anderem zu berücksichtigen, dass das Verschulden angesichts der bereits in den Vorjahren mehrfach verspätet eingereichten Steuererklärungen als erheblich anzusehen sei. Auch der Höhe nach sei der festgesetzte Verspätungszuschlag nicht zu beanstanden. Im Rahmen der nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO gebotenen Ermessensausübung sei berücksichtigt worden, dass der Zuschlag lediglich 1,4% der festgesetzten Steuer betrage und mit Blick auf die verspäteten Abgaben in den Vorjahren sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger ein „spürbarer Zuschlag” erforderlich sei, um die Kläger künftig zur fristgerechten Abgabe ihrer Steuererklärungen anzuhalten.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und machen geltend, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags zu Unrecht erfolgt sei. Die vom Kläger vorgetragene Erkrankung sei ein Fristverlängerungsgrund und vom Beklagten zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin habe die steuerlichen Pflichten nicht erfüllen können, da sie hierzu fachlich nicht in der Lage sei. Da der Kläger als Rechtsanwalt seine beruflichen Pflichten erfüllen müsse, um sein Einkommen zu erzielen, gingen diese Pflichten den steuerlichen Verpflichtungen vor. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Verzögerung – wie vorliegend – nur einen sehr kurzen Zeitraum umfasse. Die beantragte Fristverlängerung sei im Übrigen ohne ausreichende Begründung abgelehnt worden. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags setze eine individuelle Ermessensentscheidung des Beklagten voraus. Eine solche habe der Beklagte nicht vorgenommen, zumal er sich nicht mit den von den Klägern angeführten Gründen auseinander gesetzt, sondern lediglich pauschal seine Entscheidung gefällt habe. Ein Verspätungszuschlag mache zudem keinen Sinn, wenn die Steuererklärung beim Beklagten nicht zeitnah nach dem Erklärungseingang bearbeitet werde. Die Abgaben in den Vorjahren seien vom Beklagten nicht bemängelt worden und seien mit Blick auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung für das Streitjahr ohne Bedeutung. Der Verspätungszuschlag belaufe sich zudem auf rund 7% der noch nicht entrichteten Steuer. Insgesamt seien die Ausführungen des Beklagten über weite Strecken tatsächlich nicht nachvollziehbar bzw. auseinandersetzungsfähig und rechtlich abwegig.

Die Kläger beantragen,

die Festsetzung des Verspätungszuschlags mit Bescheid vom 22.07.2011 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass auch die Klägerin – die im Übrigen selbst eigene Einkünfte erzielt habe – zur Abgabe der Einkommensteuererklärung verpflichtet sei. Ob jemand fachlich in der Lage sei, eine Steuererklärung abzugeben, sei für die aus § 25 Abs. 3 EStG in Verbindung mit § 149 Abs. 2 AO folgende Verpflichtung unmaßgeblich. Im Rahmen des Verschuldens sei unter anderem auch das Abgabeverhalten in den Vorjahren zu berücksichtigen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die verspäteten Abgaben in den Vorjahren seinerzeit beanstandet worden seien. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass für die Festsetzung des Verspätungszuschlags die „festgesetzte Steuer” und nicht die „noch nicht entrichtete Steuer” maßgeblich sei.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

1.

Gemäß § 152 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO kann die Finanzbehörde gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht fristgerecht nachkommt, einen Verspätungszuschlag festsetzen, es sei denn, die Versäumnis erscheint entschuldbar. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden nach § 152 Abs. 1 Satz 3 AO gleich. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags enthält dem Grunde und der Höhe nach eine Ermessensentscheidung, bei der gemäß § 5 AO das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten sind. Ein Verwaltungsakt, durch den ein Verspätungszuschlag festgesetzt wurde, darf von den Finanzgerichten nach § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden, ob er rechtswidrig ist, weil die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht einwandfrei und erschöpfend ermittelt, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dabei darf das Gericht die maßgeblichen Verwaltungserwägungen nicht durch eigene Erwägungen ersetzen. Der Verspätungszuschlag dient dazu, den rechtzeitigen Eingang der Steuererklärungen und damit auch die rechtzeitige Festsetzung und Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Er hat insoweit zugleich repressiven und präventiven Charakter und ist ein Druckmittel eigener Art, das auf die besonderen Bedürfnisse des Steuerrechts zugeschnitten ist. Gemäß § 152 Abs. 2 Satz 2 AO sind bei der Bemessung des Verspätungszuschlags neben seinem Zweck, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, sowie das Verschulden und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Diese Kriterien zeigen, dass der Verspätungszuschlag eine doppelte Funktion hat – die in die Zukunft gerichtete Prävention und die repressive Sanktion einer Pflichtverletzung (vgl. dazu insgesamt nur BFH-Urteile vom 29.03.2007 IX R 9/05 BFH/NV 2007, 1617 und vom 10.10.2001 XI R 41/00, BFHE 196, 408 ; BStBl. II 2002, 124 m.w.N.).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze, die sich der Senat zu eigen macht, ist die Festsetzung des Verspätungszuschlags durch den Beklagten nicht zu beanstanden.

Der Beklagte war nach § 152 Abs. 1 Satz 1 AO berechtigt, gegen die Kläger einen Verspätungszuschlag festzusetzen, weil sie ihrer aus § 149 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 25 Abs. 3 EStG folgenden Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr nicht fristgerecht nachgekommen sind. Die Kläger haben ihre Steuererklärung erst am 14.03.2011 beim Beklagten eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt war die durch Allgemeinverfügung bis zum 31.12.2010 verlängerte Abgabefrist bereits verstrichen. Die von den Klägern mit Schreiben vom 05.02.2011 beantragte Fristverlängerung hatte der Beklagte zuvor abgelehnt.

Der Beklagte musste auch nicht nach § 152 Abs. 1 Satz 2 AO von der Festsetzung des Verspätungszuschlags absehen. Denn die Versäumnis der Kläger war nicht entschuldbar. Insbesondere kann der vorgetragene Grund, dem Kläger sei die Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten wegen seiner Erkrankung nicht möglich gewesen, die verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht rechtfertigen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Erkrankungen von Familienangehörigen eine Fristversäumnis nur in Ausnahmefällen rechtfertigen können (vgl. etwa BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.) und ein derartiger Ausnahmefall – etwa die plötzliche Erkrankung am Ende der bereits am 31.12.2010 ablaufenden Frist – weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich ist. Zur Vermeidung eines Verspätungszuschlags hat der Steuerpflichtige die nicht aus den Akten ersichtlichen Gründe darzulegen, aus denen sich im Einzelnen ergibt, dass das Versäumnis entschuldbar erscheint (vgl. nur BFH-Urteil vom 05.06.2002 X R 40/01 , BFH/NV 2002, 1419 ). Der bloße Hinweis auf die Erkrankung des Klägers ohne deren nähere zeitliche Eingrenzung genügt in einem solchen Fall nicht. Denn für den Beklagten ist hierdurch nicht ersichtlich gewesen, dass die von den Klägern zum 31.12.2010 versäumte Frist als entschuldbar erscheinen müsste. Dies wurde auch in der Verfügung des Beklagten vom 09.02.2011 deutlich, mit der die Fristverlängerung mangels ausreichender Begründung und ausreichender Nachweise abgelehnt wurde. Der Kläger wies in seinem Fristverlängerungsantrag vom 05.02.2011 zudem sogar ausdrücklich darauf hin, dass er nach seiner Erkrankung zunächst seine Fristen im Büro aufgearbeitet habe. Dieser Umstand verdeutlicht, dass der Kläger seine steuerlichen Verpflichtungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfüllen können, zumal die steuerlichen Pflichten den sonstigen (beruflichen) Pflichten im Rang nicht nachstehen.

Der Beklagte hat schließlich auch hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Verspätungszuschlags sowohl den Zweck der Ermächtigung zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen als auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet. Die Kriterien, die hierfür entscheidend waren, sind in der Einspruchsentscheidung dargelegt worden.

Der Beklagte durfte insbesondere mit Blick auf den in der Einspruchsentscheidung erläuterten Zweck des Verspätungszuschlags erschwerend die teilweise sogar nicht unerheblich verspätete Abgabe der Einkommensteuererklärungen in den Vorjahren berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 28.08.1987 III R 230/83 , BFHE 151, 3 ; BStBl. II 1987, 836 m.w.N. und BFH-Beschluss vom 23.06.2008 IV B 106/07 , BFH/NV 2008, 1642 ). Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist auch bei erstmaliger Fristüberschreitung nicht ermessensfehlerhaft (vgl. nur BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.). Da die wiederholten Verspätungen bei der Abgabe der Steuererklärungen für eine Pflichtvergessenheit sprechen, das Verschulden zu den vom Finanzamt nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO bei der Ausübung des Ermessens zu berücksichtigenden Kriterien gehört und mit dem Grad des Verschuldens auch der von der Finanzverwaltung durch die Höhe des Verspätungszuschlags entgegenzusetzende Druck wachsen darf (vgl. dazu nur BFH-Beschluss vom 23.06.2008 IV B 106/07 , BFH/NV 2008, 1642 und BFH-Urteil vom 29.03.2007 IX R 9/05 , BFH/NV 2007, 1617 m.w.N.), konnte der Beklagte diesem Umstand zudem eine wesentlich höhere Bedeutung zumessen als den übrigen nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO zu berücksichtigenden Kriterien.

Der Beklagte hat bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger berücksichtigt und den Verspätungszuschlag auf rund 1,4% der festgesetzten Steuer festgesetzt. Damit hat sich der Beklagte am unteren Rand eines zulässigen Verspätungszuschlags bewegt. Anhaltspunkte dafür, dass hierdurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger insgesamt beeinträchtigt würde und daher eine geringere Festsetzung geboten wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Einwand der Kläger, dass der Zuschlag rund 7% der noch nicht entrichteten Steuer (Abschlusszahlung) betrage, greift mit Blick auf die nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut (vgl. § 152 Abs. 2 Satz 1 AO ) alleine maßgebliche „festgesetzte” Steuer, nicht durch.

Darüber hinaus können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Einkommensteuererklärung beim Beklagten nach ihrer Abgabe nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Denn die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur fristgerechten Abgabe der Erklärung anhalten soll. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung ist gesetzlich vorgeschrieben und gilt im Interesse der Gleichbehandlung für alle Steuerpflichtigen gleichermaßen. Ob der Beklagte die Erklärung im konkreten Fall sofort auswertet, ist hingegen eine verwaltungsinterne Angelegenheit, bei der die Organisation des Arbeitsablaufs, die Personalausstattung und die aktuelle Arbeitsbelastung von Bedeutung sind. Die fristgerechte Abgabe der Steuererklärung ist Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Abwicklung des Veranlagungsgeschäfts; die Pflicht zur fristgerechten Abgabe besteht daher auch dann, wenn die Verwaltung aus innerdienstlichen Gründen gehindert ist oder es für nicht zweckmäßig hält, die konkret eingereichte Erklärung alsbald nach ihrem Eingang zu bearbeiten; der Steuerpflichtige hat kein an den Bearbeitungsstand des Beklagten gekoppeltes Recht zur Nichtabgabe der Steuererklärung (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 10.10.2001 XI R 41/00 , BFHE 196, 408 ; BStBl. II 2002, 124).

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

Verspätungszuschlag: So lässt er sich vermeiden

Festsetzung von Verspätungszuschlägen

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 22.09.2006 – S 0323 – 7 St 41M

1. Zweck des Verspätungszuschlags

Der Verspätungszuschlag ist ein auf die speziellen Erfordernisse des Steuerrechts zugeschnittenes Druckmittel zur fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen bzw. der Steueranmeldungen, durch das dem FA die Möglichkeit gegeben wird, in einem ordnungsgemäßen und planvollen Verfahren die rechtzeitige Festsetzung der Steuer vorzunehmen und die Entrichtung der Steuer sicherzustellen. Es soll auch bewirkt werden, dass der Steuerpflichtige in Zukunft die Steuererklärungen/Steueranmeldungen fristgerecht abgibt.

2. Tatbestandliche Voraussetzungen

Vor der Festsetzung eines Verspätungszuschlags müssen zunächst die tatbestandlichen Voraussetzungen geprüft werden:

  • Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung (Tz. 2.1)
  • Fristüberschreitung (Tz. 2.2)
  • Schuldhaftes Versäumnis (Tz. 2.3)

Erst dann schließen sich folgende Ermessensüberlegungen an:

  • Soll überhaupt ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden?
  • Wenn ja, in welcher Höhe?

2.1. Erklärungspflicht

Die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung ergibt sich aus § 149 Abs. 1 Satz 1 AO in Verbindung mit den Einzelsteuergesetzen. Eine Erklärung hat auch abzugeben, wer hierzu vom FA aufgefordert wird ( § 149 Abs. 1 Satz 2 AO) . Wer hiernach verpflichtet ist, kommt als Adressat eines Verspätungszuschlags in Betracht, wenn er die Erklärungspflicht nicht (fristgerecht) erfüllt. Einzelheiten hierzu unter Tz. 5.

2.2. Verspätete Abgabe/Nichtabgabe

2.2.1. Abgabefrist

Die Abgabefrist für Jahreserklärungen ergibt sich aus § 149 Abs. 2 AO . Danach endet sie am 31. Mai des Folgejahres. Verwaltungsregelungen ergänzen die Gesetzesvorschrift und führen zu einer großzügigeren Fristenhandhabung für die beratenen Fälle (vgl. hierzu AO -Kartei, Karte 1 zu § 149 AO) .

2.2.1.1. Verlängerungsanträge

Häufig wird stillschweigende Fristverlängerung beantragt. Das Schweigen des FA gilt hier nach der Verwaltungsübung als Stattgabe. Das FA muss sich daher klar äußern und dies festhalten, wenn es dem Antrag nicht entsprechen will. Dies gilt auch für Wiederholungs- oder Anschlussanträge.

Beispiel:

Ein Steuerberater beantragt für die Abgabe der ESt-Erklärung für 01 Fristverlängerung bis 31.3.03. Das FA gewährt schriftlich Fristverlängerung nur bis 28.2.03.

Am 25.2.03 geht ein neuer Fristverlängerungsantrag ein, mit dem stillschweigende Fristverlängerung bis 31.3.03 gewünscht wird. Das FA äußert sich nicht. Hier ist von einer stillschweigenden Fristverlängerung bis 31.3.03 auszugehen. Will das FA dieses Ergebnis vermeiden, muss es den zweiten Antrag sofort ablehnen. Es empfiehlt sich in solchen Fällen, bereits bei der ersten Fristgewährung darauf hinzuweisen, dass weiteren Anträgen nicht mehr entsprochen wird.

2.2.1.2. Verspätete Verlängerungsanträge

Werden verspätet gestellte Fristverlängerungsanträge positiv entschieden, so ist von einer rückwirkenden Fristverlängerung ( § 109 Abs. 1 Satz 2 AO) auszugehen, die einen Verspätungszuschlag ausschließt. Auch hier kann Schweigen des FA als Zustimmung verstanden werden, wenn sich das FA nicht schon vorher eindeutig geäußert hat.

2.2.1.3. Nachfrist

Lehnt das FA eine Fristverlängerung ab, ist es in der Regel zweckmäßig, eine Nachfrist von zwei Wochen zu setzen, bei deren Einhaltung auf die Festsetzung eines Verspätungszuschlags verzichtet wird. Die Nachfrist stellt jedoch keine Verlängerung der Erklärungsfrist dar, wenn für den Steuerpflichtigen eindeutig erkenn- und bestimmbar ist, was gewollt ist.

Wurde aber bereits Anschlussverlängerung beantragt oder von vornherein deutlich gemacht, dass eine Fristverlängerung ausscheidet, oder hält das FA aus anderen Gründen eine sanktionslose Nachfrist für unangebracht, sollte es dies klar äußern.

2.2.2. Verspätung

Wird eine bewilligte Abgabefrist nicht ungebührlich überschritten (nicht mehr als zwei Wochen), soll großzügig verfahren werden. Bei Eingang der Steuererklärungen nach dem 28.2./29.2 des übernächsten Jahres ist nur dann kulant zu verfahren, wenn die Frist nicht mehr als zwei Wochen überschritten wird.

2.2.3. Nichtabgabe

Wird eine lückenhafte Erklärung abgegeben, muss nach den Einzelumständen entschieden werden, ob dies mit der Nichtabgabe der Steuererklärung gleichzusetzen ist. Es kommt entscheidend darauf an, ob die Angaben in der Steuererklärung ausreichen, um ein ordnungsgemäßes Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen ( BFH-Urteil vom 6.11.1969 IV 249/64 , BStBl 1970 II S. 168). „Nur die Einreichung einer völlig unzureichenden Steuererklärung könnte der Nichteinreichung der Steuererklärung gleichstehen” (BFH a.a.O.). Eine „vorläufige” Erklärung steht nicht von vornherein einer Nichtabgabe gleich. Enthält sie allerdings nur geschätzte Zahlen oder weist sie in mehreren wesentlichen Punkten Lücken auf, ist von einer Nichtabgabe auszugehen. Die fehlende Unterschrift ist kein so schwerwiegender Mangel, dass eine Nichtabgabe anzunehmen wäre. Dies gilt zumindest dann, wenn die Unterschrift zeitnah nachgeholt wird.

2.3. Kein Verspätungszuschlag bei schuldlosem Versäumnis

Ein Verspätungszuschlag scheidet aus, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheint (§ 152 Abs. 1 S. 2  AO ). Es kommt auf die individuelle, nach den persönlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen zu verlangende Sorgfalt an. Das Verschulden des steuerlichen Vertreters ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen (§ 152 Abs. 1 S. 3  AO ). Im Regelfall genügt es, wenn der Steuerbürger die Entschuldigungsgründe glaubhaft macht. Einzelne denkbare Entschuldigungsgründe (keine abschließende Aufzählung) sind:

  • Schwere Erkrankung
  • Hohes Alter
  • Schwerer Unglücksfall.

Keine Entschuldigungsgründe sind:

  • Arbeitsüberlastung des SteuerpflichtigenDiesem muss zugemutet werden, private (auch berufliche) Interessen zurückzustellen, wenn es darum geht, öffentlich-rechtliche Pflichten dem Staat gegenüber zu erfüllen ( BFH-Urteil vom 3.8.1961 IV 96/59 U , BStBl 1961 III S. 542).
  • Arbeitsüberlastung des steuerlichen VertretersDieses Vorbringen kann nach ständiger Rechtssprechung (vgl. BFH-Urteil vom 21.5.1987 IV R 134/83 , BStBl 1987 II S. 764) ebenfalls nicht als Entschuldigungsgrund gewertet werden.Der allgemeinen Arbeitsüberlastung der Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die auf Personalmangel, Urlaub und Krankheit von Mitarbeitern, Abwesenheit wegen Geschäftsreisen und Fortbildungsveranstaltungen usw. zurückzuführen ist, wird mit den allgemeinen Regelungen zur Fristverlängerung in den jährlichen gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder (vgl. AIS: AO/Abgabe von Steuererklärungen) hinreichend Rechnung getragen. Grundsätzlich ist ein Steuerberater, der zur fristgemäßen Erledigung erteilter Aufträge außerstande ist, verpflichtet, durch Einstellung zusätzlicher Kräfte, Ablehnung neuer oder Rückgabe vorhandener Mandate Abhilfe zu schaffen (FG Niedersachsen VI 245/77, EFG 1978 S. 416). Arbeitsüberlastung des steuerlichen Beraters kann die verspätete Abgabe der Steuererklärung daher allenfalls dann entschuldigen, wenn sie durch außergewöhnliche, nicht vorhersehbare Umstände verursacht worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25.1.1962 IV 161/60 , HFR 1963 S. 29).
  • anstehende oder laufende Außenprüfung bzw. anhängiges Einspruchs- oder Klageverfahren betreffend vorangegangene Besteuerungszeiträume.

Das Versäumnis ist regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn die Steuererklärung wiederholt nicht oder wiederholt nicht fristgemäß abgegeben wurde oder eine vom FA antragsgemäß bewilligte Fristverlängerung ( § 109 AO) nicht eingehalten wurde ( AEAO zu § 152 , Nr. 2).

3. Ermessensausübung

Spätestens in der Einspruchsentscheidung sind sämtliche Ermessenserwägungen darzustellen.

3.1. Festsetzung dem Grunde nach

Liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen vor, ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlag dem Grunde nach regelmäßig gerechtfertigt (vgl. auch Tz. 1). Dabei ist auch der Präventivzweck des Verspätungszuschlags, den Steuerpflichtigen zur künftigen fristgerechten Abgabe der Steuererklärungen anzuhalten, zu beachten. Es ist deshalb grundsätzlich auch dann ermessengerecht, einen Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn das FA die verspätet abgegebene Steuererklärung wegen Arbeitsüberlastung nicht alsbald nach Eingang bearbeitet hat (vgl. BFH-Urteil vom 19.6.2001 X R 83/98 , BStBl 2001 II S. 618 und vom 26.9.2001 IV R 29/00 , BStBl 2002 II S. 120).

3.1.1. Festsetzung dem Grunde nach bei Jahreserklärungen

Von einem Verspätungszuschlag ist abzusehen, wenn es sich um das erstmalige Versäumnis handelt und nicht besondere Umstände (z. B. besonders lange Verspätung oder sehr hohe Nachzahlung) einen Verspätungszuschlag erfordern.

Würde der nach den Grundsätzen der Tz. 3.2 zu bemessende Verspätungszuschlag weniger als 25 € betragen, soll die Festsetzung unterbleiben, da mit einem solchen Verspätungszuschlag keine Verbesserung des Abgabeverhaltens erreicht werden kann.

Führt die Steuerfestsetzung nach Anrechnung von vorausgezahlter Steuer bzw. Steueranmeldungsbeträgen zu einem Guthaben, wird dadurch der Verspätungszuschlag nicht ausgeschlossen, er wird allenfalls in seiner Höhe beeinflusst. Dies ergibt sich aus § 152 Abs. 2 Satz 2 AO . In dieser Vorschrift sind der wirtschaftliche Vorteil bzw. die Höhe der Abschlusszahlung nur als zwei von mehreren Ermessenskriterien aufgeführt (vgl. Tz. 3.2). In diesen Fällen wird ein Verspätungszuschlag, der im Rahmen einer Veranlagung festgesetzt wird, maschinell auf 150 € beschränkt. Ein Prüfhinweis wird nicht ausgegeben. In Erstattungsfällen bleibt der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag auch dann unverändert, wenn die Änderung/Berichtigung nunmehr zu einer Nachzahlung führt. Sollte im Erstattungsfall nach Abwägung sämtlicher Ermessenskriterien die Festsetzung eines höheren Verspätungszuschlags in Betracht kommen, so ist er gesondert festzusetzen (Kz. 84.10 Wert 70). In diesem Verfahren ist keine maschinelle Beschränkung vorgesehen.

3.1.2. Festsetzung dem Grunde nach bei Steueranmeldungen

Die verspätete Abgabe wiegt bei Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Lohnsteueranmeldungen besonders schwer, weil die zeitnahe und rationelle Abwicklung des Voranmeldungsverfahrens durch wiederholte Verspätungen nachhaltig gestört wird. Auch bei Steueranmeldungen ist grundsätzlich von Verspätungszuschlägen abzusehen, wenn es sich um das erstmalige Versäumnis handelt. Jedoch können bei Steueranmeldungen im Gegensatz zu Jahreserklärungen auch Verspätungszuschläge unter 25 € sinnvoll sein.

Im maschinellen Verfahren wird der Verspätungszuschlag auf 10 v.H. der festgesetzten Steuer und auf höchstens 5.000 € bzw. 25.000 € begrenzt. Beträge unter 10 € werden weder vorgeschlagen noch festgesetzt. Auf Teil 19 „Berechnung des Verspätungszuschlags” der AL – UStVA bzw. der AL – LStA wird hingewiesen.

Wegen verspäteter Abgabe der Anmeldung zur Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.2005 V R 63/03 , BStBl 2005 II S. 813).

3.2. Festsetzung der Höhe nach

Entsprechend dem Zweck des Verspätungszuschlags (vgl. Tz. 1) ist dieser innerhalb der gesetzlichen Höchstgrenzen (vgl. Tz. 3.2.3) so zu bemessen, dass der Steuerpflichtige zu einer rechtzeitigen Abgabe seiner Steuererklärungen angehalten wird. Dabei ist das Gesamtverhalten des Steuerpflichtigen – einschließlich etwaiger Fristüberschreitungen in den Vorjahren – zu berücksichtigen ( BFH-Urteil vom 9.4.1987 IV R 8/85 , BFH/NV 1989 S. 1). In Fällen wiederholter Fristversäumnis, in denen bereits ein Verspätungszuschlag festgesetzt wurde, kann davon ausgegangen werden, dass der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag nicht hoch genug war, um wirksamen Druck auf den Steuerpflichtigen auszuüben. Bei jahrelanger unentschuldigter Abgabe mit erheblicher Verspätung bzw. Nichtabgabe kann dem entsprechend der Verspätungszuschlag auch mit dem zulässigen Höchstbetrag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2000 X R 56/98 , BStBl 2001 II S. 60). Zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen über 5000 € vgl. aber Tz. 3.2.3.4.

3.2.1. Ermessenskriterien nach § 152 Abs. 2 Satz 2 AO

Bei der Bemessung der Höhe des Verspätungszuschlags hat das FA neben dem Zweck des Zuschlags sämtliche in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO aufgeführten Ermessenskriterien zu berücksichtigen. Diese Kriterien sind grundsätzlich gleichwertig. Dabei kann jedoch nach den Umständen des Einzelfalls ein Merkmal stärker als ein anderes hervortreten (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.1988 V R 19/83 , BStBl 1988 II S. 929).

3.2.1.1. Dauer der Fristüberschreitung

Je länger die Frist überschritten wird, desto nachteiliger sind die Folgen für den Fortgang des Veranlagungsverfahrens. Bei einer erheblichen Fristüberschreitung ist der Verspätungszuschlag deshalb höher festzusetzen, als dies im Hinblick auf die übrigen Ermessenskriterien erforderlich wäre.

3.2.1.2. Höhe des Zahlungsanspruchs

Unter dem sich aus der Steuerfestsetzung ergebenden Zahlungsanspruch ist die Abschlusszahlung, also die festgesetzte Steuer abzüglich der Steuerabzugsbeträge und der geleisteten Vorauszahlungen, zu verstehen.

In Steuererstattungsfällen und bei Abschlusszahlungen geringer Höhe ist abzuwägen, welches Gewicht der verspäteten Abgabe der Steuererklärung noch zukommt, insbesondere, ob und inwieweit der geregelte Ablauf des Veranlagungsverfahrens beeinträchtigt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 8.12.1988 V R 169/83 , BStBl 1989 II S. 231).

Wird ein Verspätungszuschlag festgesetzt, ist spätestens in der Einspruchsentscheidung darauf hinzuweisen, dass mit dem Verspätungszuschlag auch auf eine pünktliche Erklärungsabgabe in der Zukunft hingewirkt werden soll und zwar unabhängig davon, ob sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung ergibt ( BFH-Urteil vom 26.4.1989 I R 10/85 , BStBl 1989 II S. 693).

3.2.1.3. Aus der Verspätung gezogene Vorteile

Hat der Steuerpflichtige aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung wirtschaftliche Vorteile erlangt, so sind bei Bemessung des Verspätungszuschlags zunächst diese Vorteile abzuschöpfen. Zusätzlich ist ein „Druckzuschlag” festzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.1987 IV R 42/85 , BStBl 1987 II S. 543).

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist nur dann ermessensfehlerfrei, wenn die Behörde spätestens in der Einspruchsentscheidung von zutreffenden Annahmen über die Höhe des abzuschöpfenden Zinsvorteils ausgeht ( BFH-Urteil vom 11.6.1997 X R 14/95 , BStBl 1997 II S. 642). Dem entsprechend sind in jeder Einspruchsentscheidung Ausführungen über die Höhe des abzuschöpfenden Zinsvorteils zu machen, soweit der Steuerpflichtige aus der verspäteten Abgabe der Erklärung Vorteile erlangt hat (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2000 X R 56/98 , BStBl 2001 II S. 60).

Während des Verzinsungszeitraums des § 233a Abs. 2 AO werden die aus der verspäteten Abgabe der Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz- oder Gewerbesteuererklärung gezogenen Vorteile durch die Verzinsung ausgeglichen. Im Übrigen ist der bei Berechnung des Zinsvorteils anzusetzende Zinssatz anhand der Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln. Aus Vereinfachungsgründen kann regelmäßig ein Zinssatz von 0,5 v.H. für jeden vollen Monat der Fristversäumnis zugrundegelegt werden. Der Ansatz eines geringeren Zinsvorteils setzt voraus, dass der Steuerpflichtige hierzu geeignete Nachweise vorlegt.

3.2.1.4. Verschulden

Bei der Beurteilung der Gewichtigkeit des Verschuldens ist zu beachten, inwieweit der Erklärungspflichtige (gegebenenfalls auch sein steuerlicher Berater) die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat und ob es sich um leichtfertige oder vorsätzliche Fristversäumnis handelt. In den Fällen, in denen es sich um eine wiederholte Versäumnis handelt oder Zwangsgelder angedroht und festgesetzt worden sind oder Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung ermittelt werden mussten oder eine Vorabanforderung unbeachtet blieb, wiegt bei der Bemessung des Verspätungszuschlags das Verschulden des Steuerpflichtigen entsprechend schwerer (vgl. BFH-Urteil vom 9.3.1989 VI R 101/84 , BStBl 1989 II S. 749).

3.2.1.5. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Der Verspätungszuschlag ist so zu bemessen, dass er für den Steuerpflichtigen zwar spürbar ist, ihn jedoch nicht übermäßig belastet. Ein Maßstab für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist die festgesetzte Einkommensteuer (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1988 VI R 154/85 , BVH/NV 1989 S. 517) bzw. Körperschaftsteuer. Sie ist auch an den erzielten Einkünften zahlenmäßig ablesbar (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.1987 IV R 42/85 , BStBl 1987 II S. 543).

Je höher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist, desto höher muss der Zuschlag innerhalb der zulässigen Höchstgrenzen angesetzt werden, wenn er für den zur Abgabe Verpflichteten merklich sein soll.

Wird der Verspätungszuschlag gegen Personen im Sinne der §§  34 , 35  AO festgesetzt, ist auf deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzustellen (vgl. Tz. 5.1)

3.2.2. Maschinelle Unterstützung

Die Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass das FA technische Hilfsmittel verwendet. Maschinell gefertigte „Vorschläge” zur Festsetzung von Verspätungszuschlägen (z.B. im Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren) sind nach Auffassung des BFH ( Urteil vom 18.8.1988 V R 19/83 , BStBl 1988 II S. 929) unbedenklich, solange das FA unter Abwägung aller Beurteilungsmerkmale selbst entscheidet, ob der Vorschlag mit § 152 AO vereinbar ist.

Im maschinellen Verfahren (vgl. Eingabehilfen in UNIFA, Festsetzung, Einkommensteuer, Sachbereich 30, Kz 45) kann der Verspätungszuschlag durch Eingabe der angefangenen Monate festgesetzt werden. Dies kann jedoch insbesondere in Fällen hoher Abschlusszahlungen zu unsachgemäßen Ergebnissen führen, da die übrigen Ermessenskriterien, die für den Steuerpflichtigen sprechen, nicht ausreichend berücksichtigt sein können. Ggf. ist der Verspätungszuschlag mit einem festen Betrag (der Wert € ist abhängig vom Jahr in der Schlüsselzeile) einzugeben.

3.2.3. Bemessungsgrundlage

3.2.3.1. Jahreserklärungen

Bemessungsgrundlage ist die festgesetzte Steuer, also die Steuer vor Anrechnung der Vorauszahlungen und der Anrechnungssteuern. Bei der Gewerbesteuer ist der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag maßgeblich ( § 152 Abs. 2 Satz 1 AO) . Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung sind für die Festsetzung von Verspätungszuschlägen eigenständig zu beurteilen. Werden Verspätungszuschläge sowohl zu den Umsatzsteuer-Vorauszahlungen als auch zur Jahresumsatzsteuer festgesetzt, ist es möglich, dass die Verspätungszuschläge insgesamt mehr als 10 v.H. der Jahresumsatzsteuer oder mehr als 25.000 € betragen. Die festgesetzten Verspätungszuschläge werden dadurch jedoch nicht rechtswidrig. Sie sind deshalb nicht (auch nicht teilweise) zurückzunehmen. Denn für die Anwendung der Höchstgrenze bzw. des Höchstbetrags ist nur auf die jeweilige festgesetzte Steuer (also auf die für den einzelnen Voranmeldungszeitraum angemeldete oder festgesetzte Umsatzsteuer bzw. auf die angemeldete oder festgesetzte Jahresumsatzsteuer) abzustellen.

Der Auffassung des BFH im Urteil vom 16.5.1995 (XI R 73/94 BStBl 1996 II S. 259, wonach nach Ergehen des Jahressteuerbescheids dessen Inhalt auch für die Bemessung der im Voranmeldungsverfahren festgesetzten Verspätungszuschlägen von Bedeutung sein soll, wenn im Zeitpunkt der Jahressteuerfestsetzung Rechtsbehelfsverfahren gegen Verspätungszuschlag-Festsetzungen anhängig sind, ist nicht zu folgen (vgl. Nichtanwendungserlass vom 25.4.1996, BStBl 1996 I S. 582).

3.2.3.2. Feststellungserklärungen

Der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen darf 10 v.H. der steuerlichen Auswirkungen nicht überschreiten, die die gesonderte Feststellung für die Folgebescheide hat. Diese steuerlichen Auswirkungen sind nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zu der Bemessung des Streitwerts entwickelt hat, wie folgt zu schätzen:

bei Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften ( § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) ein Betrag von

 

25 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 25.000 €
30 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 125.000 €
35 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 250.000 €
40 v.H. bei Einkünften bis (einschl.) 375.000 €

 

Spitzensteuersatz des maßgelblichen Veranlagungszeitraums bei Einkünften ab 375.000 €.

bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung des Einheitswerts für Grundbesitz (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Grundstücke, Betriebsgrundstücke) für Zwecke der Grundsteuer ( § 28 BewG) ein Betrag von 6 v.H. des festgestellten Einheitswerts.

bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung von Grundbesitzwerten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer ( § 138 Abs. 6 BewG) :

  1. bei Grundstückwerten bis einschließlich 512.000 € : 10 % des festgestellten Grundbesitzwerts
  2. bei Grundstückwerten bis einschließlich 12.783.000 € : 20 % des festgestellten Grundstückswerts
  3. bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten: 25 % des festgestellten Grundstückswerts

(vgl. BFH-Beschluss vom 11.01.2006 II E 3/05 , BStBl 2006 II S. 333).

Bei gesonderten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO ist die steuerliche Auswirkung bei Festsetzung des Verspätungszuschlags nach den Grundsätzen zum Streitwert zu schätzen. Wird gegen den Verspätungszuschlag Einspruch eingelegt und ist die Erteilung einer Einspruchsentscheidung erforderlich, ist die Höhe des Verspätungszuschlags anhand der tatsächlichen steuerlichen Auswirkung zu bemessen (vgl. FG Bremen vom 26.5.2000 , EFG S. 843).

Bei Erklärungen zur gesonderten Feststellung bei der Körperschaftsteuer ( § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG , § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG , § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG , § 38 Abs. 1 Satz  1 und 2  KStG) ist von einem Streitwert von 5.000 € auszugehen (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) .

Steht fest, dass die Feststellungserklärung zu einer Steuerfestsetzung von 0 € oder zu einer negativen Steuer (USt) führt, so ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nicht zulässig ( BFH-Urteil vom 27.6.1989 VIII R 73/84 , BStBl 1989 II S. 955). Zu Feststellungsbescheiden über negative Beträge ist kein Verspätungszuschlag festzusetzen.

3.2.3.3. Steueranmeldungen und -voranmeldungen

Bemessungsgrundlage ist die angemeldete Steuer bzw. bei Nichtabgabe die vom FA festgesetzte Steuer.

3.2.3.4. Höchstgrenze

Der Verspätungszuschlag darf 10 % der festgesetzten Steuer nicht übersteigen und höchstens 25.000 € betragen.

Ein Verspätungszuschlag von mehr als 5.000 € ist nur festzusetzen, wenn mit einem Verspätungszuschlag in Höhe von bis zu 5.000 € ein durch die verspätete Abgabe der Steuererklärung (Steueranmeldung) entstandener Zinsvorteil nicht ausreichend abgeschöpft werden kann (vgl. AEAO zu § 152 , Nr. 5). Die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist in diesen Fällen sorgfältig zu begründen.

Ebenfalls bedarf es einer sorgfältigen Begründung, wenn ein Verspätungszuschlag in erheblicher Größenordnung festgesetzt wird und dabei nicht die Abschöpfung eines Zinsvorteils im Vordergrund steht (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1997 X R 14/95 , BStBl 1997 II S. 642).

4. Zeitpunkt der Festsetzung

Verspätungszuschläge sind regelmäßig mit der Steuer, dem Steuermessbetrag oder der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage festzusetzen (§ 152 Abs. 3, Abs. 4  AO ). Ergeht der Steuerbescheid ohne Verspätungszuschlag und will sich das FA die Möglichkeit der Festsetzung vorbehalten, ist der Steuerpflichtige im Bescheid darauf hinzuweisen, dass über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ggf. ein gesonderter Bescheid ergeht. Dieser ist alsbald zu erlassen. Ist die Festsetzung des Verspätungszuschlags gesondert durchzuführen (z. B. bei verspäteter Abgabe einer Voranmeldung, von der das FA nicht abweicht –  § 167 AO  – oder bei verspäteter Abgabe einer Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einkünften), soll diese ebenfalls zeitnah durchgeführt werden. Die Nachholung der Verspätungszuschlag-Festsetzung binnen Jahresfrist ist jedoch möglich, da § 152 Abs. 3 AO nur als Ordnungsvorschrift anzusehen ist, die die Rechtmäßigkeit des Verspätungszuschlags nicht berührt ( BFH-Beschluss vom 10.10.2001 XI R 41/00 , BStBl 2002 II S. 124).

Adressat

4.1. Grundsatz

Adressat der Verspätungszuschlag-Festsetzung ist, wer zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet ist. Hat ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe die Steuererklärung eines Mandanten nicht oder verspätet abgegeben, ist der Verspätungszuschlag gegen den Steuerpflichtigen festzusetzen. Wird die Steuererklärung von einem gesetzlichen Vertreter oder einer sonstigen Person im Sinne der §§  34 , 35  AO abgegeben, so ist der Verspätungszuschlag gleichwohl grundsätzlich gegen den Steuerschuldner festzusetzen. Eine Festsetzung gegen den Vertreter kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht (z.B. leichtere Betreibbarkeit).

4.2. Einzel- und Ausnahmefälle

4.2.1. Fälle der Zusammenveranlagung

Gegen zusammenveranlagte Steuerpflichtige kann ein einheitlicher Verspätungszuschlag festgesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 28.8.1987 III R 230/83 , BStBl 1987 II S. 836). Diese Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung in einem zusammengefassten Bescheid verbunden werden ( § 155 Abs. 3 AO) .

4.2.2. Personengesellschaften und Gemeinschaften

4.2.2.1. Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte

Die Feststellungserklärung ist in den Fällen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO von den Feststellungsbeteiligten und den in § 34 AO bezeichneten Personen abzugeben ( § 181 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 AO ). Jede dieser Personen ist zur Abgabe der Erklärung verpflichtet. Hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit ( § 181 Abs. 2 Satz 3 AO) . Obwohl in diesen Fällen mehrere Personen erklärungspflichtig sind, ist bei Nichtabgabe oder verspäteter Abgabe der Feststellungserklärung nur die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zulässig. Bei der Entscheidung über die Person des Schuldners hat das FA aus dem Kreis der Erklärungspflichtigen eine sachgerechte Auswahl zu treffen. In der Regel soll der Verspätungszuschlag gegen denjenigen festgesetzt werden, der gegenüber dem FA in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten hervorgetreten ist ( BFH-Urteil vom 21.5.1987 IV R 134/83 , BStBl 1987 II S. 764).

4.2.2.2. Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung

Bei der Umsatzsteuer ist die Personenmehrheit in ihrer Gesamtheit Unternehmer im Sinne von § 2 UStG und somit zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung verpflichtet. Der Umsatzsteuerbescheid richtet sich an die Personenmehrheit als umsatzsteuerlich rechtsfähige Personenvereinigung. Der Verspätungszuschlag ist daher gegen die Personenmehrheit (Unternehmer) festzusetzen (vgl. Tz. 5.1).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer die Gesellschaft. Wie bei der Umsatzsteuer richtet sich der Gewerbesteuerbescheid gegen die Personenmehrheit. Der Verspätungszuschlag ist daher gegen diese festzusetzen.

Bei atypisch stillen Gesellschaften ist der Verspätungszuschlag stets gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts festzusetzen.

Im Falle der Liquidation von Handelsgesellschaften ist der bestellte Liquidator das einzige zur Geschäftsführung und Vertretung befugte Organ. Der Verspätungszuschlag ist gegen den Liquidator festzusetzen. Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, ist im Rahmen des Auswahlermessens der Verspätungszuschlag gegen den Liquidator festzusetzen, der gegenüber dem FA in Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten im Liquidationsverfahren hervorgetreten ist.

Bei BGB -Gesellschaften steht gem. § 730 Abs. 2 S. 2  BGB im Falle der Auflösung die Geschäftsführung den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Im Rahmen des Auswahlermessens ist der Verspätungszuschlag gegen den Gesellschafter festzusetzen, der gegenüber dem FA im Auflösungsstadium hervorgetreten ist.

4.2.2.3. Feststellung von Einheitswerten

Der Verspätungszuschlag ist bei der Erklärung zur gesonderten Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes gegen den erklärungspflichtigen Eigentümer festzusetzen.

4.2.3. Juristische Personen

Die Steuer- und Feststellungsbescheide richten sich an die juristische Person. Der Verspätungszuschlag soll daher gegen diese festgesetzt werden (Regelfall). Die Inanspruchnahme des gesetzlichen Vertreters kommt nur in Ausnahmefällen (z.B. leichtere Beitreibbarkeit des Verspätungszuschlags gegen den Vertreter in Betracht und ist besonders zu begründen (vgl. BFH-Urteil vom 25.07.1991 V R 89/88 , BStBl 1992 II S. 3 und AEAO zu § 152 , Nr. 1).

4.2.4. Sonderfall GmbH & Co KG

Bei verspäteter Abgabe bzw. Nichtabgabe der Gewinnfeststellungen einer GmbH & Co KG darf das FA ohne besondere Begründung den Verspätungszuschlag gegen die Komplementär-GmbH festsetzen (vgl. BFH-Urteil vom 18.04.1991 IV R 127/89 , BStBl 1991 II S. 675). Für Umsatzsteuer und Gewerbesteuer vgl. Tz. 5.2.2.2, für die Feststellung von Einheitswerten vgl. Tz. 5.2.2.3.

5. Verspätungszuschlag bei Änderung des Steuerbescheides

Ist der Verspätungszuschlag unanfechtbar festgesetzt und wird die festgesetzte Steuer aufgrund eines Einspruchs, eines Antrags des Steuerpflichtigen auf schlichte Änderung oder wegen eines anderen Korrekturgrundes herabgesetzt, ist nicht automatisch auch der Verspätungszuschlag entsprechend herabzusetzen.

Das FA hat vielmehr über den Verspätungszuschlag neu zu entscheiden und den Zuschlag ggf. nach § 130 Abs. 1 AO niedriger festzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 29.3.1979 V R 69/77 , BStBl 1979 II S. 641). Wird die 10 v.H.-Grenze überschritten, ist der Verspätungszuschlag stets insoweit zurückzunehmen, als diese Grenze überschritten wird. Der Verspätungszuschlag sollte unverändert bleiben, wenn die Steuer nicht wesentlich herabgesetzt wird oder sich die Zahllast nicht wesentlich verändert.

Führt die Korrektur einer Steuerfestsetzung zu einer wesentlich niedrigeren Steuer bzw. Zahllast – ggf. ergibt sich sogar ein Guthaben – ist stets sorgfältig zu überprüfen, ob die Höhe des Verspätungszuschlags noch gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere Tz. 3.2.1.2).

Stellt sich anlässlich einer Änderung der festgesetzten Steuer heraus, dass der Verspätungszuschlag zu niedrig festgesetzt wurde, ist eine höhere Verspätungszuschlagsfestsetzung nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO zulässig (vgl. AEAO zu § 130 , Nr. 4).

Die anlässlich einer geänderten Steuerfestsetzung getroffene Entscheidung des FA, den bisher festgesetzten Verspätungszuschlag unverändert bestehen zu lassen, stellt einen Verwaltungsakt dar ( BFH-Urteil vom 20.9.1990 V R 85/05 , BStBl 1991 II S. 2). Dieser Verwaltungsakt ist ebenso wie eine nach § 130 AO korrigierte Verspätungszuschlags-Festsetzung in vollem Umfang anfechtbar.

6. Einspruchsverfahren

6.1. Auslegung von Anträgen

Ein innerhalb der Einspruchsfrist eingehender Antrag auf „Änderung, Aufhebung, Rücknahme, Widerruf oder Erlass” ist in einen Einspruch umzudeuten.

Etwas anderes gilt nur, wenn trotz entsprechenden Hinweises des FA ein Einspruch vom Steuerpflichtigen ausdrücklich ausgeschlossen wird.

6.2. Erneute Prüfung der Ermessenskriterien

Im Einspruchsverfahren wegen einer Verspätungszuschlags-Festsetzung ist jede seit der Festsetzung eingetretene Änderung der Sachlage einzubeziehen. Daher bittet das Landesamt auch darauf zu achten, ob ggf. für die Folgejahre eine Verbesserung des Abgabeverhaltens eingetreten ist.

Ist dem Einspruch nach Prüfung teilweise abzuhelfen, ist der Verspätungszuschlag regelmäßig im Rahmen der Einspruchsentscheidung herabzusetzen.

Rechtfertigt der im Zeitpunkt der Einspruchsbearbeitung vorliegende Sachverhalt einen höheren Verspätungszuschlag, kann im Einspruchsverfahren auch die Verböserung gem. § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nach entsprechendem Hinweis in Betracht kommen. Bei der Prüfung der Verböserungsmöglichkeit ist ggf. auch das unbefriedigende Abgabeverhalten in den Folgejahren einzubeziehen.

Haben sich die Ermessenskriterien nicht wesentlich zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert, ist von der Verböserung abzusehen.

6.3. Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung

Wird sowohl gegen die Steuerfestsetzung als auch gegen den Verspätungszuschlag Einspruch eingelegt, können beide Einsprüche zu gemeinsamer Entscheidung verbunden werden.

Wurde der Verspätungszuschlag wegen Nichtabgabe der Steuererklärung festgesetzt, ist es zweckmäßig, die Einsprüche nur dann zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden, wenn die Steuererklärung im Laufe des Einspruchsverfahrens eingeht. Ist dies nicht der Fall, sollte abgewartet werden, ob nach Ergehen der Einspruchsentscheidung (unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vgl. AO -Kartei, Karte 1 zu § 162) die Steuererklärung im Klageverfahren vorgelegt wird.

7. Herabsetzung bzw. Bestätigung des Verspätungszuschlags während des Klageverfahrens

Ist eine Verspätungszuschlags-Festsetzung bereits mit zulässiger Klage angefochten und wird diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt, so ersetzt der neue Verwaltungsakt die rechtshängige Festsetzung ( BFH-Urteil vom 20.9.1990 V R 85/05 , BStBl 1991 II S. 2). Die neue Festsetzung wird gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Klageverfahrens. Die dem Finanzgericht zur Ermessensüberprüfung ( § 102 FGO) dann vorliegende neue Festsetzung muss erkennen lassen, dass und von welchen Ermessenserwägungen die Finanzbehörde bei der Festsetzung ausgegangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 08.12.1988 V R 169/83 , BStBl 1989 II S. 231). In den Fällen, in denen während eines bereits anhängigen Klageverfahrens wegen der Festsetzung eines Verspätungszuschlags diese außergerichtlich korrigiert oder bestätigt wird, ist auf eine ausreichende Begründung der neuen Festsetzung zu achten. Die Begründung muss auf die für die Änderung der Verspätungszuschlagsfestsetzung maßgeblichen geänderten Bemessungskriterien eingehen. Im Übrigen kann auf die Gründe der Einspruchsentscheidung hingewiesen werden. Nach § 102 FGO kann das FA seine Ermessenserwägungen jedoch bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Finanzgericht ergänzen.