Wann darf das Finanzamt einen Bescheid wegen neuer Tatsachen ändern?

Wann darf das Finanzamt einen Bescheid wegen neuer Tatsachen ändern?

Kernaussage

Nach den steuerlichen Vorschriften kann ein Steuerbescheid aufgehoben oder geändert werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer Änderung der ursprünglich festgesetzten Steuer führen. Solche steuerrelevanten Tatsachen sind z. B. Aufwendungen, die der Steuerzahler für die Planung eines Vermietungsobjekts hatte oder steuerfrei Beträge, die im Dienstlohn enthalten sind. Beweise sind z. B. Urkunden, Belege oder Bescheinigungen. Das Finanzgericht Münster entschied dazu kürzlich, dass Umstände, die das Finanzamt einer dort bereits vorliegenden Grundbesitzakte hätte entnehmen können, keine neuen Tatsachen darstellen.

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger erzielte in den Jahren 2003 bis 2006 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verschiedener Immobilien. Die Grundstücke waren durch Darlehen finanziert. Aufgrund einer partiellen Selbstnutzung konnten die Schuldzinsen nur anteilig als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dazu hatte er dem Finanzamt Unterlagen eingereicht, die dort zur Grundbesitzakte genommen wurden. Ferner legte das Finanzamt Überwachungsbögen für die Gebäudeabschreibung an. In seinen Steuererklärungen hatte der Steuerpflichtige aufgrund falscher Aufteilung einen zu hohen Schuldzinsenabzug geltend gemacht. Nach zunächst erklärungsgemäßer Veranlagung wurde der Schuldzinsenabzug nochmals vom Finanzamt überprüft. Daraufhin reichte der Steuerpflichtige korrekte Anlagen V ein. Infolge dessen änderte das Finanzamt sämtliche Steuerbescheide zu Lasten des Steuerzahlers wegen nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige mit der Begründung, das Finanzamt hätte alle Unterlagen und Belege vorliegen gehabt; damit seien gerade keine neue Tatsachen bekannt geworden.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem klagenden Steuerzahler Recht. Eine Tatsache wird nachträglich bekannt, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des Steuerbescheides noch nicht kannte. Hierbei kommt es auf die Kenntnis des zuständigen Beamten an. Es gilt, dass der zuständigen Dienststelle der Inhalt der dort geführten Akten bekannt ist. Demnach waren die maßgeblichen Tatsachen dem Finanzamt im Streitfall nicht erst nachträglich bekannt geworden. Dass die Grundstücke teils fremdvermietet und teils selbstgenutzt waren, wusste man. Auch die Aufteilungsmaßstäbe konnten der Grundbesitzakte und den Überwachungsbögen entnommen werden.

Konsequenz

Grundsätzlich verletzt ein Steuerzahler seine Mitwirkungspflichten, wenn er fehlerhafte Steuererklärungen einreicht. Eine solche Pflichtverletzung ist aber dann unbeachtlich, wenn schon die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift nicht vorliegen.