Zurechnung von GmbH-Anteilen mit Nießbrauchsbelastung

Zurechnung von GmbH-Anteilen mit Nießbrauchsbelastung

Kernaussage

Viele Verträge haben heute die Vorwegnahme der Erbfolge zum Inhalt. Oft handelt es sich um Schenkungen, mit denen der Veräußerer erhebliche Vermögenswerte auf den Erwerber überträgt. Hierbei behält sich der Veräußerer regelmäßig Rechte vor, die meist seiner finanziellen Versorgung dienen. Häufig ist etwa der Vorbehalt eines Nießbrauchs, z. B. an einem GmbH-Geschäftsanteil. Dem ehemaligen Eigentümer gebühren dann als Nießbraucher die Nutzungen, insbesondere hat er Anspruch auf den Gewinnanteil, während der Erwerber die Verfügungsgewalt erhält. Hierzu entschied der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich, dass solche unter Nießbrauchsvorbehalt übertragenen GmbH-Anteile weiterhin dem ehemaligen Eigentümer (Nießbraucher) zuzurechnen sind, wenn er die Vermögens- und Verwaltungsrechte ausüben und durchsetzen kann.

Sachverhalt

Der Vater war zu 90 % Gesellschafter einer GmbH und schenkte seinem Sohn einen 30 %-Anteil. Der Sohn erwarb daraufhin noch 3,29 % von einem Dritten hinzu und bekam Jahre später von seinem Vater nochmals 65,83 % geschenkt. Der Vater behielt sich hierbei den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vor; ihm sollten als Nießbraucher die Gewinnanteile zustehen. Sein Sohn hielt die Mitgliedschaftsrechte, bevollmächtigte seinen Vater aber unwiderruflich zur Stimmrechtsausübung und räumte seiner Mutter für den Todesfall des Vaters das Recht auf Erhalt eines monatlichen Geldbetrags ein. Der Sohn war schließlich zu 99,17 % beteiligt, der Vater nur noch zu 0,83 %. Nachdem beide ihre Anteile verkauft hatten, verzichtete der Vater gegen eine Ablösesumme von 1,7 Mio. EUR auf seine Nießbrauchsrechte. Streitig war sodann zwischen dem Sohn und dem Finanzamt, ob bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der an den Vater gezahlte Ablösebetrag als nachträgliche Anschaffungskosten abzusetzen war.

Entscheidung

Das Finanzgericht bejahte dies, der BFH hob das Urteil auf. Das Finanzgericht hätte nicht ohne Weiteres schon bei der Schenkung von einem unentgeltlichen Erwerb der Anteile durch den Sohn ausgehen dürfen, ohne zu prüfen, ob ihm diese überhaupt als wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen waren. Wirtschaftlicher Eigentümer eines GmbH-Anteils ist derjenige, der eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann. Ferner müssen die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (Gewinnbezugs- und Stimmrechte) sowie Wertminderungschancen und -risiken auf ihn übergegangen sein. Weil der vorbehaltene Nießbrauch dem Vater eine Position vermittelte, die ihm entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der GmbH gab, war ihm der Anteil steuerlich als wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen. Erst mit dem Verzicht auf den Nießbrauch hat der Vater die Anteile entgeltlich gegen Zahlung der Ablösesumme an seinen Sohn übertragen. Die Anteilsschenkung des Vaters an den Sohn konnte damit den Gewinn nicht um die Anschaffungskosten des Vaters als Rechtsvorgänger mindern.

Konsequenz

Die Anteile wurden erst mit dem Verkauf durch Vater und Sohn auf einen Dritten gegen Zahlung der Ablösesumme an den Vater übertragen. Damit war die Regelung über den Abzug der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers (hier des Vaters) nicht anwendbar; die Anschaffungskosten waren mit dem Ablösebetrag anzusetzen.