Zweitwohnung näher am Familienheim als am Arbeitsplatz: was nun?

Zweitwohnung näher am Familienheim als am Arbeitsplatz: was nun?

Kernaussage

Für die Annahme einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort ist nicht allein die Entfernung zur Arbeitsstätte ausschlaggebend. Entscheidend ist, dass die Zweitwohnung im Einzugsbereich der Arbeitsstätte liegt.

Sachverhalt

Der klagende Universitätsprofessor unterhielt eine Zweitwohnung, die 83 km von seiner Arbeitsstätte und 47 km vom Familienwohnsitz entfernt lag. Zudem befanden sich im Umkreis von 4 km zur Zweitwohnung 2 Bibliotheken, deren Ausstattung für die Arbeit des Klägers von großer Bedeutung war. Die gute Autobahnanbindung von der Zweitwohnung zur Arbeitsstätte ermöglichte das Erreichen der Arbeitsstätte in weniger als einer Stunde. Die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung machte der Kläger in den Einkommensteuererklärungen 2010 und 2011 als Werbungskosten geltend. Diese wurden vom Finanzamt nicht berücksichtigt, da der Familienwohnsitz näher an der Zweitwohnung lag als die Arbeitsstätte. Hiergegen klagte der Professor vor dem Finanzgericht.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) entschied für den Kläger, ließ aber die Revision zu. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Beschäftigungsort auch das Einzugsgebiet umfasst. Entscheidend ist, dass die Arbeitsstätte in zumutbarer Weise zu erreichen ist und dies vom Familienwohnsitz aus nicht möglich ist. Vorliegend war dies der Fall, da der Kläger durch die gute Verkehrsanbindung von dem Zweitwohnsitz aus weniger als eine Stunde für eine Fahrt zur Arbeitsstätte benötigte, vom Familienwohnsitz aber mehr als 2 Stunden. Zudem hatte der Kläger durch die Nähe zu den Bibliotheken einen weiteren gewichtigen beruflichen Vorteil am Zweitwohnsitz. Die Häufigkeit des Aufsuchens der Bibliotheken ist nicht relevant.

Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Bestand hat. Insgesamt überzeugt jedoch, dass solche Wohnungen im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nach Ansicht des Finanzgerichts steuerlich anerkannt werden, die auch bei großer Entfernung in zumutbarer Zeit eine Fahrt zum Arbeitsplatz ermöglichen.