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Arbeitgeberanteil

§ 3 Nr. 62 EStG

Die Beitragsanteile des Arbeitgebers für die Sozialversicherung seiner sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer sind steuerfrei. Steuerfreiheit besteht allerdings nur, soweit der Arbeitgeber zu solchen Zahlungen gesetzlich verpflichtet ist. Zahlt der Arbeitgeber freiwillig höhere Zuschüsse, so ist der Betrag steuerpflichtig, der über das gesetzlich vorgesehene Maß hinausgeht. Beiträge zur Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, zu deren Leistung der Arbeitgeber aufgrund einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung gemäß § 5 TVG verpflichtet ist, sind ebenfalls steuerfrei gem. 3 Nr. 62 Satz 1 Alternative 3 EStG (BFH, 13.09.2007 - VI R 16/06, DStR 2007, 2008). Im Streitfall ging es um Zahlungen eines nicht tarifgebundenen landwirtschaftlichen Produktions- und Handelsbetriebs an die Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft.
Entscheidungen der Sozialversicherungsträger entfalten im Besteuerungsverfahren Bindungswirkung (BFH, 21.01.2010 - VI R 52/08, BStBl II 2010, 703), soweit sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind (Anschluss an BFH, 06.06.2002 -VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). Das heißt: Wurde der Arbeitnehmer als nicht sozialversicherungspflichtig eingestuft, sind Zuschüsse des Areitgerbs zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung nicht steuerfrei.

Bei nicht sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern, z.B. Vorstandsmitgliedern und beherrschend beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern, gehören vom Arbeitgeber getragene Beiträge zur freiwilligen Versicherung, z.B. in der gesetzlichen Rentenversicherung, in voller Höhe zum steuerpflichtigen Arbeitslohn (BFH, 09.10.1992 - VI R 47/91, BStBl II 1993, 169). Diese unterschiedliche Behandlung von Vorstandsmitgliedern und anderen leitenden Angestellten ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, 25.06.1992 - 1 BvR 514/88).

Die von einer Kapitalgesellschaft zugunsten des Gesellschafter-Geschäftsführers gezahlten Sozialversicherungsbeiträge führen nicht zu Arbeitslohn, da die Entrichtung des Arbeitgeberanteils nicht als Gegenleistung für die Arbeitsleistung zu beurteilen ist. § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG, der die Steuerfreiheit gesetzlich geschuldeter Zukunftssicherungsleistungen vorsieht, hat insoweit lediglich deklaratorische Bedeutung.(BFH 06.06.2002 - VI R 178/97, BStBl II 2003, 341).

Praxistipp:

Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (Kapitalbeteiligung über 50 %) sollte im Anstellungsvertrag die Übernahme der Beitragsteile durch den Arbeitgeber ausdrücklich als Teil der Geschäftsführervergütung geregelt werden. Fehlt eine solche Regelung, besteht die Gefahr, dass die Zahlungen vom Finanzamt als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden. Einzelheiten sind in den Stichworten Arbeitgeberzuschuss und Zukunftssicherungsleistungen sowie in R 3.62 LStR beschrieben.

Vorrangige Steuerbefreiungsregelungen: Ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Steuerbefreiungen zur betrieblichen Altersversorgung wird mit dem JStG 2009 beseitigt. Danach greift die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG nur dann, wenn es sich nicht um Beiträge des Arbeitgebers i.S. der § 3 Nr. 56 EStG (steuerfreie Einzahlungen in eine Umlagekasse) oder § 3 Nr. 63 EStG (Einzahlungen in eine kapitalgedeckte Altersversorgung) handelt. Ohne diesen Vorrang der Steuerbefreiungen nach Nr. 56 bzw. 63 könnte es sonst bei einigen nach Tarifvertrag gewährten Zukunftssicherungsleistungen dazu kommen, dass diese nur mit dem Ertragsanteil zu besteuern wären und nicht die übliche nachgelagerte Besteuerung möglich wäre. Die Änderung ist erstmals für laufenden Arbeitslohn in nach dem 31.12.2008 endenden Lohnzahlungszeiträumen anzuwenden bzw. auf sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2008 zufließen.

Es kann vorkommen, dass in der Annahme, es bestünde Versicherungspflicht, z.B. bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung gezahlt werden. Stellt sich dies im Nachhinein als Irrtum heraus, und werden solche Anteile später vom Sozialversicherungsträger erstattet, ergeben sich folgende Konsequenzen:

  • Die Erstattung von Arbeitgeberanteilen an den Arbeitgeber durch den Sozialversicherungsträger, weil diese in der rechtsirrtümlichen Annahme einer Versicherungspflicht gezahlt worden waren, hat keine lohnsteuerrechtlichen Folgen, wenn der Arbeitgeber sie nicht an den Arbeitnehmer weitergibt. Insbesondere kann auch nicht unter Hinweis auf das Zufluss-Abfluss-Prinzip zunächst im Jahr der Zahlung der Arbeitgeberanteile Arbeitslohn angenommen werden und später im Jahr der Erstattung eine negative Einnahme angenommen werden (BFH, 27.03.1992 - VI R 35/89, BStBl II 1992, 663).

  • Auch eine Erstattung der Arbeitnehmeranteile zur Renten und Arbeitslosenversicherung hat keinen Einfluss auf den Arbeitslohn. Allerdings werden im Jahr der Erstattung gleichartige Sonderausgaben des Arbeitnehmers mit den erstatteten Beträgen verrechnet.

  • Der Vorwegabzug bei der Ermittlung der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG) ist für die Jahre, in denen die Arbeitgeberanteile ursprünglich abgeführt worden sind, nicht zu kürzen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer war nämlich nicht bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Soweit im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung eine solche Kürzung bislang erfolgt ist, kommt eine Änderung zur Berücksichtigung des ungekürzten Vorwegabzugs in Betracht (§ 175 Abs. 1 Nr. 2 AO - rückwirkendes Ereignis).

  • Gibt der Arbeitgeber die ihm erstatteten Arbeitgeberanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an den Gesellschafter-Geschäftsführer weiter, ist zu prüfen, ob steuerpflichtiger Arbeitslohn oder gar eine verdeckte Gewinnausschüttung (Regelfall) vorliegt. Die Versteuerung hat dabei in dem Jahr zu erfolgen, in dem die Arbeitgeberanteile an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die erstatteten Beträge zur Finanzierung der Beiträge für eine private Lebensversicherung verwendet.

  • Verzichtet der Arbeitgeber auf die Rückzahlung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung mit der Maßgabe, dass diese für eine freiwillige Versicherung des Arbeitnehmers in der gesetzlichen Rentenversicherung verwendet werden, ist ebenfalls zu prüfen, ob Arbeitslohn oder eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt (FG Köln, 21.11.1989 - 13 K 3489/87; EFG 1990, 383).
    Soweit steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, liegt der Zufluss bereits in den Kalenderjahren der früheren Zahlung der "Arbeitgeberanteile", da durch die Umwandlung rückwirkend eine Versicherungsanwartschaft begründet wird. Da es sich bei dem nunmehr nicht mehr steuerfreien vermeintlichen Arbeitgeberanteil um Sonderausgaben handelt und eine Kürzung des Vorwegabzugs entfällt, sind die Einkommensteuerveranlagungen der Vergangenheit gem. §175 Abs. 1 Nr. 2 AO - rückwirkendes Ereignis zu ändern.

Der Arbeitgeber trägt in bestimmten Fällen bei einer Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen diese zu 100 %, weil er aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Schutzvorschriften über die gesetzliche Lastenverschiebung (§ 28g SGB IV ) nicht in der Lage ist, die "Arbeitnehmeranteile" beim Arbeitnehmer zurückzufordern. Beruht die Nacherhebung darauf, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinschaftlich Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen haben (z.B. bei sog. "schwarzen Lohnzahlungen"), ist auch der rechnerische Arbeitnehmeranteil steuerpflichtiger Arbeitslohn. § 3 Nr. 62 EStG greift hier nicht, obwohl die Zahlung auch insoweit aufgrund einer Rechtspflicht des Arbeitgebers erfolgt (BFH, 21.02.1992 - VI R 41/88, BStBl II 1992, 443). Bei Nachentrichtung hinterzogener Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung führt die Nachzahlung als solche zum Zufluss eines zusätzlichen geldwerten Vorteils. Dem Lohnzufluss steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer gemäß § 28g SGB IV keinen Rückgriff mehr nehmen kann (BFH, 13.09.2007 - VI R 54/03, DStR 2007, 2058). Die Klage des Schwarzlohn zahlenden Arbeitgebers zielte darauf ab, keine Lohnsteuer auf die nachentrichteten Arbeitnehmeranteile zahlen zu müssen, weil der Arbeitnehmer mit der sog. Beitragslastverschiebung nicht mehr in Rückgriff genommen werden konnte. Lt. BFH greife die Schutzfunktion des § 28g SGB IV hier nicht.

In voller Höhe steuerfrei bleibt der vom Arbeitgeber eines hauswirtschaftlichen Beschäftigungsverhältnisses zu 100 % zu tragende Sozialversicherungsbeitrag bei Anwendung des sog. Haushaltsscheckverfahrens.
Ebenfalls in vollem Umfang steuerfrei bleiben die pauschalen Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung (15 %) und Krankenversicherung (13 %), die gem. § 168 Abs. 1 Nr. 1b SGB VI oder § 168 Abs. 1 Nr. 1c SGB VI, §172 Abs. 3 SGB VI oder § 172 Abs. 3a SGB VI für geringfügig Beschäftigte i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV oder § 8a SGB IV anfallen.

Soweit das Arbeitsentgelt aus einer solchen Beschäftigung mit 2 % lohnversteuert wird, sind die pauschalen Sozialversicherungsbeiträge steuerfrei.

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