Vorsicht bei privaten Darlehen innerhalb der Familie: Wird ein Darlehen zu besonders günstigen Konditionen vergeben – etwa mit sehr niedrigem Zinssatz – kann dies als (teilweise) Schenkung gewertet und damit schenkungsteuerpflichtig werden. Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) bringt Klarheit zur Berechnung der steuerpflichtigen Bereicherung.
Der Fall: Familiendarlehen mit 1 % Zins
Ein Steuerpflichtiger gewährte seiner Schwester ein Privatdarlehen zu einem Zinssatz von 1 %. Das Finanzamt sah darin eine sachliche Zuwendung, da der marktübliche Zinssatz deutlich höher sei – und setzte Schenkungsteuer auf die Differenz zwischen dem vereinbarten und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % fest (§ 15 Abs. 1 BewG).
Die Kläger argumentierten, dass vergleichbare marktübliche Darlehen mit Sicherheiten bereits für 2,81 % Zinsen zu erhalten gewesen seien – und damit keine solch hohe Differenz zur Besteuerung angesetzt werden dürfe.
Die Entscheidung des BFH (Urteil vom 31.07.2024 – II R 20/22)
Der Bundesfinanzhof gab dem Kläger recht und stellte klar:
Ein niedriger Zinssatz im Vergleich zum marktüblichen Zins stellt eine Schenkung dar – aber der Vorteil ist am realen Marktzins zu messen, nicht pauschal mit 5,5 %.
Wichtig: Der gesetzliche Zinssatz von 5,5 % (§ 15 Abs. 1 BewG) ist nur ein Hilfswert, wenn kein geeigneter Vergleichszins verfügbar ist. Gibt es belastbare Marktwerte – wie hier durch Vergleichsdarlehen mit 2,81 % – müssen diese verwendet werden.
Damit wurde das bisherige Vorgehen des Finanzamts und der Vorinstanz verworfen. Der Zinsvorteil ist auf Basis eines realistischen Vergleichszinses zu berechnen – nicht künstlich überhöht.
đź’ˇ Praxistipp: Worauf Sie bei privaten Darlehen achten sollten
Wenn Sie innerhalb der Familie oder unter Freunden ein zinsgĂĽnstiges Darlehen vergeben:
✅ Prüfen Sie, welcher Zinssatz marktüblich ist – z. B. mit aktuellen Angeboten von Banken (unter vergleichbaren Bedingungen und Sicherheiten).
✅ Dokumentieren Sie die Vereinbarung klar (Zinshöhe, Laufzeit, Rückzahlungsmodalitäten, ggf. Sicherheiten).
✅ Vermeiden Sie pauschale oder symbolische Zinssätze ohne vertragliche Grundlage.
✅ Achtung: Liegt der vereinbarte Zins deutlich unter dem Marktniveau, kann das Finanzamt von einer teilweisen Schenkung ausgehen – die schenkungsteuerpflichtig ist.
📌 Fazit
Private Darlehen können schnell zu steuerpflichtigen Schenkungen führen – vor allem, wenn der Zinssatz weit unter dem marktüblichen Niveau liegt. Der BFH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass realistische Vergleichszinssätze Vorrang vor pauschalen Bewertungszinsen haben. Steuerpflichtige sollten sich gegen überzogene Bewertungsansätze des Finanzamts wehren – mit Verweis auf das BFH-Urteil II R 20/22.
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