Anwendbarkeit der Richtlinie über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten auf den Beitrittsstaat Kroatien

Die Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom 13. Mai 2013 (ABl. EU Nr. L 141 S. 30) zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Steuerwesen anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien sieht die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2011/96/EU des Rates vom 30. November 2011 (ABl. EU Nr. L 345 S. 8) über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten auf den Beitrittsstaat Kroatien ab dem 1. Juli 2013 für die im Anhang zur Richtlinie 2013/13/EU (siehe Anlage) genannten Steuern und Gesellschaftsformen vor.

Gestützt auf die Richtlinie 2013/13/EU bitte ich, § 43b EStG und Anlage 2 (zu § 43b) auf Ausschüttungen einer Tochtergesellschaft an eine Muttergesellschaft mit Sitz in Kroatien oder an eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegene Betriebsstätte einer Muttergesellschaft des Staates Kroatien, die nach dem 30. Juni 2013 erfolgen, entsprechend anzuwenden. Dabei sind die in der Anlage aufgeführten Steuern und die neu gefasste Liste der unter Art. 2 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/96/EU fallenden Gesellschaften zu berücksichtigen.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Es ist bis zum Inkrafttreten der Umsetzung der Richtlinie 2013/13/EU durch entsprechende Änderung des § 43b EStG und der dazugehörigen Anlage 2, die unverzüglich erfolgen soll, anzuwenden.

Anlage:
Auszug aus dem Anhang der Richtlinie 2013/13/EU (ABl. EU Nr. L 141 S. 30):

„5. Anhang I der Richtlinie 2011/96/EU wird wie folgt geändert:

a) in Teil A wird folgender Buchstabe eingefügt:
„ka) Gesellschaften kroatischen Rechts mit der Bezeichnung ‚dionicko drustvo‘ oder ‚drustvo s ogranicenom odgovornoscu‘ und andere nach kroatischem Recht gegründete Gesellschaften, die der kroatischen Gewinnsteuer unterliegen,“.

b) In Teil B wird nach dem Eintrag für Frankreich Folgendes eingefügt:
„- porez na dobit in Kroatien,“.“

Quelle: BMF

Pauschbeträge für Sachentnahme (Eigenverbrauch) 2014

Nachstehend gibt das Bundesfinanzministerium die für das Jahr 2014 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) für die folgenden Gewerbezweige bekannt:

Vorbemerkungen

  1. Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt.
  2. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen.
  3. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse (z. B. individuelle persönlicher Ess- oder Trinkgewohnheiten, Krankheit oder Urlaub) zu.
  4. Der jeweilige Pauschbetrag stellt einen Jahreswert für eine Person dar. Für Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrages. Bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen. Tabakwaren sind in den Pauschbeträgen nicht enthalten. Soweit diese entnommen werden, sind die Pauschbeträge entsprechend zu erhöhen (Schätzung).
  5. Die pauschalen Werte berücksichtigen im jeweiligen Gewerbezweig das allgemein übliche Warensortiment.
  6. Bei gemischten Betrieben (Metzgerei oder Bäckerei mit Lebensmittelangebot oder Gastwirtschaft) ist nur der jeweils höhere Pauschbetrag der entsprechenden Gewerbeklasse anzusetzen.
  Jahreswert für eine Person ohne USt. (in Euro)
Gewerbezweig ermäßigter Steuersatz voller Steuersatz Insgesamt
Bäckerei 1.176 397 1.573
Fleischerei 912 820 1.732
Gaststätten aller Art      
a) mit Abgabe von kalten Speisen 1.150 965 2.115
b) mit Abgabe von kalten und warmen Speisen 1.586 1.731 3.317
Getränkeeinzelhandel 93 291 384
Cafe und Konditorei 1.137 635 1.772
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Eh.) 635 67 702
Nahrungs- und Genussmittel (Eh.) 1.295 740 2.035
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Eh.) 291 212 503

Quelle: BMF

Trend zu höherer Fiskalquote im OECD-Raum ungebrochen

Auch Deutschland und Österreich verbuchen mehr Steuer-einnahmen am BIP

Die Mehrzahl der OECD-Länder hat 2012 erneut mehr Steuern eingenommen als in den Hauptkrisenjahren 2008 und 2009. Wie aus der aktuellen Ausgabe der Revenue Statistics der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervorgeht, lag der Anteil der Steuern und Sozialabgaben an der Wirtschaftsleistung im Schnitt von 30 OECD-Ländern bei 34,6 %. Das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als 2011. Noch deutlicher ist der Trend nach oben seit 2010 als die Fiskalquote bei 33,8 % lag.

Der Anteil der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg in 21 der 30 Länder, für die Daten verfügbar waren. In neun Ländern sank er. Diese Verteilung ähnelt der Entwicklung im Vorjahr und deutet auf einen generellen Trend zu höheren Fiskalquoten. Die stärksten Steigerungen verbuchten Ungarn (+1,8 Prozentpunkte) und Griechenland (+1,6), gefolgt von Italien und Neuseeland (+1,4). In Israel, Portugal und Großbritannien ging der Anteil der Steuereinnahmen am meisten zurück – in Israel um fast fünf Prozentpunkte.

Die höchste Fiskalquote in der OECD hat Dänemark mit 48 Prozent – auch Belgien und Frankreich liegen weit über dem Schnitt (43,5 %). Am geringsten ist der Anteil von Steuern und Abgaben am BIP in Mexiko (19,6 %) und Chile (20,8 %). Ebenfalls niedrig ist die Quote in den USA (24,3 %) und in Korea (26,8 %).

Die Veränderungen zwischen 2011 und 2012 sind auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen: In progressiven Steuersystemen wachsen die Steuereinnahmen in Phasen steigender Reallöhne schneller als das Einkommen. Zudem haben viele Staaten die Steuersätze angehoben und/oder die Bemessungsgrundlage für Steuern verbreitert. In einigen europäischen Staaten trug zusätzlich auch das gesunkene BIP dazu bei, dass der Anteil der Steuereinnahmen an der Wirtschaftsleistung nach oben ging. Den OECD-Daten zufolge steigen die Fiskalquoten aber nur auf Bundes- und Landesebene, auf lokaler Ebene sind sie seit 2007 eher stabil.

Auch in Deutschland und Österreich erhöhte sich der Anteil von Steuern an der Wirtschaftsleistung 2012 merklich: in Deutschland von 36,9 auf 37,6 % und in Österreich von 42,3 auf 43,2 %. In Deutschland geht die Erhöhung der Fiskalquote vor allem auf höhere Steuern für Einkommen und Gewinne zurück – diese kletterten 2010/11 von 10,3 auf 10,9 % des BIP und machten 29,5 % des Gesamtsteueraufkommens aus. Mit 14,2 % am BIP unverändert ist hingegen der Anteil der Sozialabgaben.

Die Einnahmen aus Substanzsteuern (Grund-, Vermögens-, Schenkung- und Erbschaftsteuer) lagen in Deutschland 2011 nahezu stabil bei 0,9 % des BIP und damit bei der Hälfte des OECD-Schnitts von 1,8 %. Nur Mexiko, Estland, Tschechien und die Slowakei – also Staaten mit einem deutlich geringeren Vermögensbestand als Deutschland – sowie Österreich erzielen weniger Einnahmen aus dieser Steuerart.

Um die Steuer- und Abgabenquote der einzelnen Länder vergleichbar zu halten, werden in den OECD Revenue Statistics anders als in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) eine Reihe von finanziellen Zuwendungen an Haushalte und Unternehmen mit der Steuerschuld verrechnet. Entsprechend reduzieren sich dadurch das Steueraufkommen und damit auch die Steuerquote. Die größten Posten hier sind das Kindergeld, die Eigenheimzulage und die Investitionszulage. Die nach der Abgrenzung der OECD ermittelten Einnahmen aus Steuer- und Sozialabgaben beliefen sich 2011 auf rund 964 Milliarden Euro.

Bei den Sozialbeiträgen werden in den Revenue Statistics außerdem die Beiträge der freiwillig gesetzlich Versicherten an staatliche Versicherungsträger nicht berücksichtigt. Auch Pflichtbeiträge an private Träger, wie sie Angehörige freier Berufe zur sozialen Absicherung leisten, sind nicht eingerechnet. Im Unterschied zur VGR berücksichtigen die Revenue Statistics auch keine unterstellten Sozialbeiträge für Beamte. Sozialbeiträge, die für Hartz-IV oder ALG-I-Empfänger an die Sozialversicherungsträger überwiesen werden, werden anders als in der VGR ebenfalls nicht erneut verbucht.

Quelle: OECD

Körperschaftsteuerbefreiung für die Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 31. Juli 2013 (I R 82/12) entschieden, dass die Abgabe von Medikamenten zur Krebsbehandlung (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke zur sofortigen ambulanten Verabreichung an Patienten von der Körperschaftsteuer befreit ist, wenn das Krankenhaus, von dem die Apotheke betrieben wird, ein gemeinnütziger Zweckbetrieb ist. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf die Gewerbesteuer, wie sich aus einem weiteren Urteil vom selben Tag (Az. I R 31/12) ergibt.

Bei einem gemeinnützigen Krankenhaus ist die Steuerbefreiung nicht auf die unmittelbare ärztliche und pflegerische Betätigung begrenzt. Sie erstreckt sich vielmehr auf alle typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistungen. Steuerfrei sind hiernach jedenfalls alle Einkünfte aus Tätigkeiten, die den Krankenhäusern gesetzlich zur Sicherstellung ihres Versorgungsauftrags übertragen sind und für die der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich eintreten muss.

Ob die Krankenhausapotheke zu öffentlichen Apotheken in Wettbewerb tritt, ist für den Umfang der Steuerbefreiung nach deutschem Recht ohne Belang. Der BFH hat aber darauf hingewiesen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht aufgrund der Wettbewerbsrelevanz beihilferechtlichen Bedenken unterliegt. Diese Bedenken erlaubten dem BFH in dem entschiedenen Fall zwar nicht, die gesetzlich vorgesehene Steuerbefreiung zu verweigern. Der BFH hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass die EU-Kommission berufen wäre, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zu prüfen und den Gesetzgeber ggf. zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.

Der Entscheidung kann keine Aussage zu der vergleichbaren umsatzsteuerrechtlichen Problematik entnommen werden. Der BFH hat in dem dazu anhängigen Revisionsverfahren (Az. V R 19/11 – Pressemitteilung Nr. 54/2012) das Verfahren ausgesetzt und die Frage der Steuerbefreiung dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. C-366/12). Der Ausgang jenes Verfahrens bleibt insoweit abzuwarten.

BFH, Pressemitteilung Nr. 92/13 vom 18.12.2013 zum Urteil I R 82/12 vom 31.07.2013

BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 15.5.2012, V R 19/11

EuGH-Vorlage zur Lieferung von Zytostatika durch einen Krankenhausträger für im Krankenhaus ambulant erbrachte Heilbehandlungen – Begriff des mit einer Krankenhausbehandlung und einer ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes

Leitsätze

Zum Begriff des mit einer Krankenhausbehandlung und einer ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG:

 

1. Muss es sich bei dem eng verbundenen Umsatz um eine Dienstleistung gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG handeln?

 

2. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Liegt ein mit einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz nur vor, wenn dieser Umsatz durch denselben Steuerpflichtigen erbracht wird, der auch die Krankenhausbehandlung oder ärztliche Heilbehandlung erbringt?

 

3. Falls Frage 2 zu verneinen ist: Liegt ein eng verbundener Umsatz auch dann vor, wenn die Heilbehandlung nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, sondern nach Buchst. c dieser Bestimmung steuerfrei ist?

Tatbestand

I. Zum Sachverhalt
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt als Krankenhausträger ein Krankenhaus. In den Streitjahren (2005 und 2006) verfügte sie über eine sog. Institutsermächtigung gemäß § 116a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), aufgrund der sie berechtigt war, neben stationären Behandlungen auch ambulante Behandlungen durchzuführen. Ambulante Behandlungen wurden darüber hinaus auch durch die bei der Klägerin angestellten Krankenhausärzte durchgeführt, die dabei gemäß § 116 SGB V aufgrund einer sog. persönlichen Ermächtigung tätig waren.
2
In den Streitjahren behandelte die Klägerin Krebspatienten im Rahmen der sog. Chemotherapie. Die dabei an die Patienten verabreichten Zytostatika wurden von der Klägerin in der von ihr betriebenen Krankenhausapotheke nach ärztlicher Verordnung individuell für den jeweiligen Patienten hergestellt.
3
Die Klägerin verwendete die Zytostatika bei stationären Krankenhaus- und Heilbehandlungen in den Räumen des von ihr als Krankenhausträger betriebenen Krankenhauses. Dass die Abgabe der Zytostatika für stationäre Leistungen der Klägerin steuerfrei ist, steht außer Streit.
4
Die von der Klägerin hergestellten Zytostatika wurden darüber hinaus auch für ambulant im Krankenhaus der Klägerin erbrachte Heilbehandlungsleistungen verwendet. Die Klägerin ging davon aus, dass auch die Abgabe der in ihrer Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika für ambulante Behandlungen steuerfrei sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) war demgegenüber aufgrund einer Neuregelung in Abschn. 100 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005, einer die Gerichte nicht bindenden Verwaltungsanweisung, der Auffassung, dass die entgeltliche Abgabe von Medikamenten für Tumorpatienten ab 2005 bei ambulanten Behandlungen steuerpflichtig sei und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen unter Gewährung eines sich aufgrund der Steuerpflicht ergebenden Vorsteuerabzugs entsprechend. Während der Einspruch der Klägerin keinen Erfolg hatte, gab das Finanzgericht der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1470 veröffentlichten Urteil statt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA.

Entscheidungsgründe

5
II. Entscheidungsgründe
6
1. Rechtlicher Rahmen

a) Unionsrecht

Der Mehrwertsteuer unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) die „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“. Als Lieferung gilt gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“. Als Dienstleistung gilt nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG „jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstandes im Sinne des Artikels 5 ist“.

7
Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten
8
„b) die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt beziehungsweise bewirkt werden;
9
c) die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden“;
10
Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG sieht vor:
11
„b) Von der in Absatz 1 Buchstaben b), g), h), i), l), m) und n) vorgesehenen Steuerbefreiung sind Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn
12
sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind;
13
sie im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.“
14
b) Nationales Recht
15
Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) „die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt“. Lieferungen eines Unternehmers sind nach § 3 Abs. 1 UStG „Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht)“. Sonstige Leistungen sind gemäß § 3 Abs. 9 UStG „Leistungen, die keine Lieferungen sind“.
16
Nach § 4 Nr. 14 und 16 Buchst. b UStG waren in den Streitjahren steuerfrei:
17
Nr. 14: „die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Absatz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker. Steuerfrei sind auch die sonstigen Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in Satz 1 bezeichneten Berufe sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen unmittelbar zur Ausführung der nach Satz 1 steuerfreien Umsätze verwendet werden. …“
18
Nr. 16: „die mit dem Betrieb der Krankenhäuser … eng verbundenen Umsätze, wenn … b) bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt … sind … .“
19
§ 116 SGB V bestimmte in den Streitjahren:
20
„Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung können mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt wird. … .“
21
§ 116a SGB V regelte in den Streitjahren:
22
„Der Zulassungsausschuss kann zugelassene Krankenhäuser für das entsprechende Fachgebiet in den Planungsbereichen, in denen der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Unterversorgung festgestellt hat, auf deren Antrag zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit und solange dies zur Deckung der Unterversorgung erforderlich ist.“
23
2. Vorbemerkungen zur Rechtslage nach nationalem Recht und zum Streitfall
24
a) Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG. Steuerfrei sind danach die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die insbesondere von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten durchgeführt oder bewirkt werden. Trotz der im Wortlaut bestehenden Unterschiede legt der erkennende Senat § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG entsprechend seiner unionsrechtlichen Grundlage in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform aus (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 25. Januar 2006 V R 46/04, BFHE 211, 571, BStBl II 2006, 481, unter II.2.b; vom 26. August 2010 V R 5/08, BFHE 231, 298, BStBl II 2011, 296, unter II.1.). Als mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundene Umsätze i.S. von § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG sind daher auch nach nationalem Recht nur die „Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze“ gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG anzusehen.
25
b) Die Klägerin erfüllt im Streitfall die personenbezogenen Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG. Sie ist zwar keine Einrichtung des öffentlichen Rechts, aber eine Krankenanstalt im Sinne dieser Bestimmung, die unter in sozialer Hinsicht vergleichbaren Bedingungen tätig ist, da sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG erfüllt. Die Klägerin ist daher zur Erbringung steuerfreier Leistungen im Krankenhausbereich grundsätzlich berechtigt, so dass nur die Frage streitig ist, auf welche ihrer Leistungen die Steuerfreiheit anzuwenden ist.
26
c) Die von der Klägerin hergestellten Zytostatika wurden in zwei Fallgruppen für ambulant erbrachte Heilbehandlungsleistungen verwendet.
27
aa) Die Klägerin verwendete die von ihr hergestellten Zytostatika bei ambulanten Heilbehandlungen, die sie in dem von ihr als Krankenhausträger betriebenen Krankenhaus durchführte. Die Behandlung von Patienten, die gesetzlich krankenversichert sind, erfolgt dabei sozialversicherungsrechtlich auf der Grundlage von § 116a SGB V.
28
bb) Die von der Klägerin hergestellten Zytostatika wurden auch für ambulante Behandlungen verwendet, die Krankenhausärzte als selbständig tätige Steuerpflichtige für gesetzlich pflichtversicherte Patienten aufgrund einer Ermächtigung nach der sozialversicherungsrechtlichen Regelung des § 116 SGB V in den Räumen des von der Klägerin als Krankenhausträger betriebenen Krankenhauses erbrachten. § 116 SGB V ermöglicht es, „ermächtigten“ Krankenhausärzten, die in einem Beschäftigungsverhältnis zum Krankenhausträger stehen und insoweit als Gehaltsempfänger i.S. von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gegenüber dem Krankenhausträger unselbständig tätig sind, als selbständig tätige Steuerpflichtige ambulante Heilbehandlungsleistungen in einem Krankenhaus zu erbringen. Sozialversicherungsrechtlich unterscheidet sich die Tätigkeit der Krankenhausärzte insoweit nicht von der eines in eigener Praxis niedergelassenen Arztes.
29
Im Hinblick auf die der zweiten Fallgestaltung zugrunde liegenden Leistungsbeziehungen ist zu beachten, dass der Krankenhausarzt im Rahmen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung seine Heilbehandlungsleistung gegen Entgelt i.S. von Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG an die gesetzliche Krankenkasse des Patienten erbringt. Die Lieferung der auf Verordnung des Krankenhausarztes hergestellten Zytostatika durch die Klägerin erfolgte dabei gleichfalls an die gesetzliche Krankenkasse des Patienten. Die gesetzliche Krankenkasse ist umsatzsteuerrechtlich Empfänger beider Leistungen, da sie diese Leistungen nach den der Umsatztätigkeit zugrunde liegenden Rechtsverhältnissen bezieht, um sie an die bei ihr pflichtversicherten Patienten abzugeben. Ein unmittelbarer Leistungsbezug durch den Patienten liegt nach der Ausgestaltung des Krankenversicherungsschutzes im nationalen Recht nur bei privat versicherten Patienten vor, die gegenüber Arzt und Krankenhaus selbst zahlungsverpflichtet sind und Erstattungsansprüche gegen ihre Versicherungsgesellschaften haben.
30
3. Zur ersten Vorlagefrage
31
a) In seiner zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Rechtsprechung ist der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) davon ausgegangen, dass „nur Dienstleistungen, die naturgemäß im Rahmen von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen erbracht werden und im Prozess der Erbringung dieser Dienstleistungen … zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind, ‚eng verbundene Umsätze‘ im Sinne dieser Vorschrift darstellen“ können und dass nur „solche Leistungen … sich nämlich auf die Kosten der medizinischen Behandlungen auswirken [können], die dem Einzelnen durch die in Rede stehende Steuerbefreiung zugänglich gemacht werden“ (EuGH-Urteil vom 1. Dezember 2005 C-394/04, Ygeia, Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 25). In seinem Urteil vom 10. Juni 2010 C-262/08, Copy Gene (Slg. 2010, I-5053)hat der EuGH zu „den ärztlichen Leistungen … festgestellt, dass angesichts des Zwecks, der mit der in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie vorgesehenen Befreiung verfolgt wird, nur Leistungen, die naturgemäß im Rahmen von Dienstleistungen der Krankenhausbehandlung und ärztlichen Heilbehandlungen erbracht werden und im Prozess der Erbringung dieser Dienstleistungen zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind, ‚eng verbundene Umsätze‘ im Sinne dieser Bestimmung darstellen können“ (EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053Rdnr. 40).
32
b) Der erkennende Senat versteht diese Rechtsprechung dahingehend, dass es sich bei den Tätigkeiten der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung um Dienstleistungen i.S. von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG handeln muss. Weiter ist dem EuGH-Urteil Ygeia in Slg. 2005, I-10373 zu entnehmen, dass auch der eng verbundene Umsatz eine Dienstleistung in diesem Sinne sein muss, so dass eine Lieferung gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG kein eng verbundener Umsatz wäre.
33
Ob eine derartige Einschränkung tatsächlich besteht, ist aber als die Auslegung der Richtlinie betreffende Frage klärungsbedürftig, da sich die Befreiung gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG auf „eng verbundene Umsätze“ erstreckt, was grundsätzlich die beiden in Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Umsatzarten der Lieferung (Art. 5 der Richtlinie 77/388/EWG) und der Dienstleistung (Art. 6 der Richtlinie 77/388/EWG) einschließt. Eine Einschränkung der eng verbundenen Umsätze auf Dienstleistungen erscheint daher im Hinblick auf den Wortlaut der Richtlinie fraglich.
34
Zu berücksichtigen könnte dabei auch sein, dass der EuGH in seinem Urteil Ygeia in Slg. 2005, I-10373 über die den vorliegenden Streitfall betreffende erste Vorlagefrage nicht abschließend zu entscheiden hatte, da Gegenstand der Leistungen, deren Steuerfreiheit als eng verbundener Umsatz in der Rechtssache Ygeia in Slg. 2005, I-10373 streitig war, die Nutzungsüberlassung von Fernsehgeräten und Telefonen war, die umsatzsteuerrechtlich als Dienstleistungen, nicht aber als Lieferungen einzuordnen sind. Möglicherweise deshalb hat der EuGH in Bezug auf den eng verbundenen Umsatz nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG in seinem Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 auf den Begriff der „Leistungen“ abgestellt, der gleichermaßen Lieferungen und Dienstleistungen umfasst.
35
c) Die erste Vorlagefrage ist für beide Fallgruppen der ambulanten Behandlung (s. oben II.2.c) entscheidungserheblich.
36
aa) Der Steuerfreiheit steht nicht bereits entgegen, dass in beiden Fallgruppen nur ambulant-ärztliche Heilbehandlungen vorliegen, da sich die Steuerfreiheit gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf stationär erbrachte Heilbehandlungen beschränkt. Es ist nicht erforderlich, dass zugleich auch eine (stationäre) Krankenhausbehandlung vorliegt.
37
bb) Das Vorliegen einer Lieferung ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Die Zytostatika sind körperliche Gegenstände. Die Befähigung, wie ein Eigentümer verfügen zu können, wird durch die Überlassung zum bestimmungsgemäßen Verbrauch, dem Verbrauch der Zytostatika im Rahmen der ambulanten Heilbehandlung, übertragen. Dass die Zytostatika speziell für einzelne Patienten nach den Bedürfnissen des jeweiligen Patienten hergestellt wurden und für andere Patienten nicht verwendungsfähig waren, steht der Annahme einer Lieferung –wie auch in anderen Fällen, in denen körperliche Gegenstände speziell nach den Vorgaben des Kunden individuell angefertigt werden– nicht entgegen.
38
cc) Eine Lieferung liegt auch insoweit vor, als die Klägerin die Zytostatika für eigene ambulante Heilbehandlungen verwendete.
39
Dies ergibt sich daraus, dass der EuGH in seiner zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Rechtsprechung davon ausgeht, dass sich „die Abgabe von Arzneimitteln …, die von einem Arzt oder anderen hierzu ermächtigten Personen verordnet werden, in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Dienstleistung [der Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin] trennen“ lässt, wenn „man von den Lieferungen kleineren Umfangs ab[sieht], die bei der Heilbehandlung unbedingt notwendig sind,“ (EuGH-Urteil vom 23. Februar 1988 C-353/85, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1988, 817 Rdnrn. 33 bis 35).
40
Für eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG spricht, dass sich die Begriffe „ärztliche Heilbehandlung“ in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG und „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ in Buchst. c dieser Bestimmung der Art nach auf dieselben Leistungen beziehen (EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 28).
41
4. Zur zweiten Vorlagefrage
42
Mit der zweiten wiederum Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG betreffenden Auslegungsfrage soll geklärt werden, ob der Begriff des eng verbundenen Umsatzes voraussetzt, dass der Steuerpflichtige, der diesen Umsatz erbringt, zugleich auch eine Krankenhausbehandlungs- oder eine ärztliche Heilbehandlungsleistung an den Empfänger des eng verbundenen Umsatzes erbringt.
43
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei den mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsätzen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG um Nebenleistungen, die an den Empfänger einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung als Hauptleistung erbracht werden (EuGH-Urteile Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 18, und Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 39).
44
b) Der erkennende Senat hat Zweifel, welche Bedeutung dieser Bezugnahme auf das Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung für die Auslegung des Begriffs des eng verbundenen Umsatzes zukommt.
45
aa) Nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH zu Haupt- und Nebenleistung „sind unter bestimmten Umständen mehrere formal unterschiedliche Einzelleistungen, die getrennt erbracht werden und damit jede für sich zu einer Besteuerung oder Befreiung führen könnten, als ein einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind. Dies ist z.B. der Fall, wenn festgestellt wird, dass eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Insbesondere ist eine Leistung als Neben- und nicht als Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen“ (EuGH-Urteil vom 11. Juni 2009 C-572/07, RLRE Tellmer Property, Slg. 2009, I-4983 Rdnr. 18).
46
Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH, nach der Neben- und Hauptleistung ein einheitlicher Umsatz sind, bei dem die Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt, wenn die Nebenleistung dazu dient, die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (EuGH-Urteile vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973 Rdnrn. 29 f.; vom 15. Mai 2001 C-34/99, Primback, Slg. 2001, I-3833 Rdnrn. 43 und 45, und vom 21. Februar 2008 C-425/06, Part Service, Slg. 2008, I-897 Rdnrn. 51 f.).
47
bb) Wäre die Bezugnahme auf Haupt- und Nebenleistung zur Auslegung des Begriffs des eng verbundenen Umsatzes in den EuGH-Urteilen Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 18 und Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 39 als Verweisung auf die allgemeine EuGH-Rechtsprechung zu verstehen, nach der Neben- und Hauptleistung ein einheitlicher Umsatz sind, bei dem die Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt, käme der gesonderten Nennung des eng verbundenen Umsatzes in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG nur deklaratorische Bedeutung zu, da es sich dann nur um eine Nebenleistung zur Krankenhausbehandlung oder zur ärztlichen Heilbehandlung handeln würde, die bereits nach den allgemeinen Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung (EuGH-Urteile CPP in Slg. 1999, I-973 Rdnrn. 29 f.; Primback in Slg. 2001, I-3833 Rdnrn. 43 und 45; Part Service in Slg. 2008, I-897 Rdnrn. 51 f., und RLRE Tellmer Property in Slg. 2009, I-4983 Rdnr. 18) als Teil eines einheitlichen Umsatzes anzusehen wäre.
48
Die zweite Vorlagefrage wäre dann dahingehend zu beantworten, dass ein eng verbundener Umsatz nur dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige zugleich auch eine Krankenhausbehandlungs- oder ärztliche Heilbehandlungsleistung an den Empfänger des eng verbundenen Umsatzes erbringt, da nur dann eine Nebenleistung vorliegt, die dazu dient, die Hauptleistung „des Leistungserbringers“ unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. EuGH-Urteile CPP in Slg. 1999, I-973 Rdnr. 30; Primback in Slg. 2001, I-3833 Rdnr. 45; Part Service in Slg. 2008, I-897 Rdnr. 52, und RLRE Tellmer Property in Slg. 2009, I-4983 Rdnr. 18).
49
cc) Gegen das Erfordernis, dass der Steuerpflichtige, der den eng verbundenen Umsatz erbringt, zugleich eine Krankenhausbehandlungs- oder eine ärztliche Heilbehandlungsleistung an den Empfänger des eng verbundenen Umsatzes ausführen muss, könnte aber sprechen, dass der EuGH in seinen unmittelbar zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteilen Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 18 und Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 39 nur darauf abgestellt hat, dass eine Nebenleistung an den Empfänger einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung als Hauptleistung erbracht wird.
50
dd) Eine Antwort auf die zweite Vorlagefrage lässt sich nicht aus dem Urteil des EuGH vom 11. Januar 2001 C-76/99, Kommission/Frankreich (Slg. 2001, I-249) ableiten. Diese Rechtssache betraf biomedizinische Untersuchungen, bei denen ein sog. Entnahmelabor Patienten Proben entnimmt und diese an ein Speziallabor, das diese Proben untersucht, übersendet. Entnahme- und Speziallabor berechnen ihre Tätigkeit jeweils –als nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG– steuerfrei an den Patienten. Zu klären war, ob die Übersendungsvergütung, die das Spezial- an das Entnahmelabor zahlt, ein Entgelt für eine gleichfalls nach dieser Bestimmung steuerfreie Leistung ist (EuGH-Urteil Kommission/ Frankreich in Slg. 2001, I-249 Rdnr. 10), was der EuGH bejahte. Der EuGH führte hierfür an, dass es für die Patienten unerheblich sei, ob das Entnahmelabor auch die Analyse vornehme oder damit ein Speziallabor beauftrage, gleichwohl aber gegenüber den Patienten verantwortlich bleibe. Probenentnahme und Übersendung der Probe an das Speziallabor seien Leistungen, die eng mit der Analyse verbunden seien (EuGH-Urteil Kommission/Frankreich in Slg. 2001, I-249 Rdnrn. 28 ff.).
51
Hieraus ergibt sich keine hinreichende Antwort auf die zweite Vorlagefrage, da die Übersendung durch das Entnahmelabor erfolgte, das durch die Entnahme auch eine steuerfreie „Hauptleistung“ gegenüber dem Patienten (oder seiner Krankenkasse) erbrachte, an der es hier in der zweiten Fallgruppe (s. oben II.2.c bb) fehlt.
52
c) Die zweite Vorlagefrage ist nur für die Abgabe von Zytostatika in Zusammenhang mit den ambulanten Leistungen der selbständig tätigen Krankenhausärzte in der zweiten Fallgruppe (s. oben II.2.c bb) entscheidungserheblich.
53
aa) Die insoweit von der Klägerin erbrachten Leistungen sind steuerpflichtig, wenn die zweite Vorlagefrage zu bejahen ist und das Vorliegen eines eng verbundenen Umsatzes daher voraussetzt, dass der Steuerpflichtige neben dem eng verbundenen Umsatz auch eine Krankenhausbehandlungs- oder eine Heilbehandlungsleistung an den Empfänger des eng verbundenen Umsatzes erbringt.
54
Denn nach den dem Streitfall zugrunde liegenden Leistungsbeziehungen hat die Klägerin in der zweiten Fallgruppe (s. oben II.2.c bb) an den Empfänger des eng verbundenen Umsatzes und damit –im Rahmen des Systems der gesetzlichen Sozialversicherung– an die gesetzliche Krankenkasse des Patienten und –im Fall der Privatversicherung– an den Patienten selbst, außer der Lieferung der Zytostatika, keine weiteren Leistungen erbracht; denn die ambulant-ärztliche Heilbehandlungsleistung wurde durch die ermächtigten Krankenhausärzte als selbständig tätige Steuerpflichtige erbracht.
55
bb) Ist die zweite Vorlagefrage demgegenüber mit der Folge zu verneinen, dass der eng verbundene Umsatz durch einen Steuerpflichtigen (hier: Krankenhausträger) und die Hauptleistung durch einen anderen Steuerpflichtigen (hier: Krankenhausarzt) erbracht werden kann, liegen grundsätzlich –jedoch vorbehaltlich der Antwort auf die dritte Vorlagefrage– die weiteren Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit der Lieferung des Zytostatika als eng verbundener Umsatz vor.
56
Denn bei der Abgabe der Zytostatika im Streitfall handelte es sich um Leistungen, die naturgemäß im Rahmen von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen erbracht werden und im Prozess der Erbringung dieser Dienstleistungen zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind (vgl. EuGH-Urteile Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 25, und Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 40). Es handelte sich nicht um Leistungen, die lediglich den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten verbessern sollen (vgl. EuGH-Urteil Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 29). Es wurde auch der erforderliche enge Zusammenhang zur ärztlichen Heilbehandlung gewahrt (vgl. EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 48), der voraussetzt, dass eine Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung zumindest begonnen hat oder geplant ist (EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 50), da die Abgabe der Zytostatika im Zusammenhang zu bereits begonnenen ambulanten Heilbehandlungsmaßnahmen durch die insoweit selbständig tätigen Krankenhausärzte stand.
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5. Zur dritten Vorlagefrage
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a) Der erkennende Senat geht davon aus, dass die durch die selbständig tätigen Krankenhausärzte im Krankenhaus der Klägerin erbrachten Heilbehandlungsleistungen zwar nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, aber nach Buchst. c dieser Bestimmung steuerfrei sind. Gegenteiliges ist nach Auffassung des erkennenden Senats nicht der EuGH-Rechtsprechung zu entnehmen, nach der „sich Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie auf Leistungen bezieht, die in Krankenhäusern erbracht werden, während sich Buchst. c dieses Absatzes auf diejenigen Heilbehandlungen bezieht, die außerhalb von Krankenhäusern, sei es in den Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort, erbracht werden“ (EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053Rdnr. 27, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung). Diese Rechtsprechung, die sich nur auf die allgemeine Abgrenzung dieser beiden Steuerbefreiungen bezieht, steht nach Auffassung des erkennenden Senats einer Anwendung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG auf Heilbehandlungsleistungen, die selbständig tätige Ärzte in den Räumen von Krankenhäusern erbringen, nicht entgegen, da für die Annahme, ein Arzt könne als Steuerpflichtiger in einem Krankenhaus keine steuerfreie Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin erbringen, keinerlei sachliche Gründe erkennbar sind.
59
b) Sollte die zweite Vorlagefrage zu verneinen sein, so dass der eng verbundene Umsatz nicht von demselben Steuerpflichtigen erbracht werden muss, der auch die Heilbehandlungsleistung ausführt, könnte dies weitergehend auch die Annahme rechtfertigen, dass ein Arzt, dessen Heilbehandlungsleistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei sind und der diese Leistungen steuerfrei auch in den Räumen eines Krankenhauses erbringen kann (s. oben II.2.c bb), die steuerfreie Hauptleistung ausführen kann, zu der der eng verbundene Umsatz des Krankenhauses als nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG steuerfreie Nebenleistung hinzutritt.
60
Hierfür könnte angeführt werden, dass sich die Begriffe „ärztliche Heilbehandlung“ in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG und „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ in Buchst. c dieser Bestimmung der Art nach auf dieselben Leistungen beziehen (EuGH-Urteil Copy Gene in Slg. 2010, I-5053 Rdnr. 28).
61
Gegen eine derartige Auslegung könnte indes das Erfordernis einer hinreichend klaren Abgrenzung des Umfangs der steuerfreien Leistungen sowie die Entscheidung des Unionsgesetzgebers sprechen, eng verbundene Umsätze nur im Rahmen von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG von der Steuer zu befreien, während eine vergleichbare Regelung für Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG nicht vorliegt.
62
6. Keine Steuerpflicht aus anderen Gründen
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a) Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen entfällt auch nicht aus anderen Gründen.
64
aa) Einem Erfolg der Klage steht nicht entgegen, dass die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG gemäß Abs. 2 Buchst. b erster Gedankenstrich dieser Bestimmung unter dem Vorbehalt der Unerlässlichkeit steht, da die Zytostatika für die ambulant durchgeführte Chemotherapie unerlässlich waren.
65
bb) Gegen die Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG kann auch nicht Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich dieser Bestimmung angeführt werden. Danach dürfen Leistungen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.
66
b) Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin bei der Abgabe im unmittelbaren Wettbewerb zu gewerblichen Apotheken handelte, die dieselben Zytostatika nur unter der Anwendung des Regelsteuersatzes anbieten konnten, da der nationale Gesetzgeber die Ermächtigung zur Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes nach Art. 12 Abs. 3 i.V.m. Anhang H Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG nicht ausgeübt hat. Dabei steht der Wettbewerbsrelevanz nicht entgegen, dass die Zulassung zur ambulanten Heilbehandlung unter dem Vorbehalt einer Bedarfsprüfung nach § 116 SGB V stand.
67
Hierauf kommt es indes nicht an, da die Lieferung der Zytostatika nach Auffassung des Senats nicht im Wesentlichen dazu bestimmt war, der Klägerin zusätzliche Einnahmen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG zu verschaffen. Maßgeblich ist dafür, dass nach der insoweit den nationalen Gerichten obliegenden Beurteilung (vgl. EuGH-Urteil Ygeia in Slg. 2005, I-10373 Rdnr. 34) davon auszugehen ist, dass die Abgabe der Zytostatika im Streitfall vorrangig dazu diente, den bei der Klägerin angestellten Krankenhausärzten die selbständige Erbringung ambulanter Heilbehandlungsleistungen zu ermöglichen. Anders wäre es erst, wenn die Klägerin über ihre Krankenhausapotheke andere Krankenhäuser beliefert hätte, da es dann an einem Bezug zu einer in den Räumlichkeiten des eigenen Krankenhauses ausgeübten Heilbehandlungstätigkeit fehlen würde (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 18. Oktober 1990 V R 76/89, BFHE 162, 510, BStBl II 1991, 268).
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7. Zum Rechtsgrund der Vorlage
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Die Einleitung des Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH beruht auf Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Zurückweisung der Einsprüche und Ände-rungsanträge zur Besteuerung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nach der „1 %-Regelung“

Wird ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zu privaten Zwecken genutzt, ist für jeden Kalendermonat der privaten Nutzung ein Betrag in Höhe von 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer zu versteuern. Viele Steuerpflichtige haben gegen diese „1 %-Regelung“ verfassungsrechtliche Zweifel geäußert und gegen Steuerbescheide Einspruch eingelegt oder Änderungsanträge gestellt. Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 13. Dezember 2012 – VI R 51/11 – (BStBl II 2013 S. 385) entschieden, dass die „1 %-Regelung“ nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Eine Verfassungsbeschwerde wurde gegen dieses Urteil nicht erhoben. Die in dieser Angelegenheit eingelegten Einsprüche und gestellten Änderungsanträge können daher keinen Erfolg haben.

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben deshalb durch Allgemeinverfügung vom 13. Dezember 2013 diese Einsprüche und Änderungsanträge zurückgewiesen.

Allgemeinverfügung der obersten Finanzbehörden der Länder vom 13. Dezember 2013 (2013/1145596):

Aufgrund

  • des § 367 Abs. 2b und des § 172 Abs. 3 der Abgabenordnung und
  • des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 13. Dezember 2012 – VI R 51/11 – (BStBl II 2013 S. 385)

ergeht folgende Allgemeinverfügung:

Am 13. Dezember 2013 anhängige und zulässige Einsprüche gegen Festsetzungen

  • der Einkommensteuer,
  • der Lohnsteuer (einschließlich der Lohnsteuer-Anmeldungen, die einer Steuerfest-setzung unter Nachprüfungsvorbehalt gleichstehen),
  • der Körperschaftsteuer,
  • des Gewerbesteuermessbetrags und
  • der Umsatzsteuer

sowie gegen gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen werden hiermit zurückgewiesen, soweit mit den Einsprüchen geltend gemacht wird, die Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs nach dem Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung – „1 %-Regelung“ – (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) verstoße gegen das Grundgesetz.

Entsprechendes gilt für am 13. Dezember 2013 anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte und zulässige Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Festsetzung oder Feststellung im Sinne des Satzes 1.

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Allgemeinverfügung können die von ihr betroffenen Steuerpflichtigen Klage erheben. Ein Einspruch ist insoweit ausgeschlossen.

Die Klage ist bei dem Finanzgericht zu erheben, in dessen Bezirk sich das Finanzamt befindet, das den von dieser Allgemeinverfügung betroffenen Verwaltungsakt erlassen hat. Sie ist schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Finanzgerichts zu erklären und gegen das zuständige Finanzamt zu richten.

Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt ein Jahr. Sie beginnt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem diese Allgemeinverfügung veröffentlicht wird. Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage innerhalb der Frist bei dem zuständigen Finanzamt angebracht oder zur Niederschrift gegeben wird.

Die Klage muss den Kläger, den Beklagten, den Gegenstand des Klagebegehrens, den mit der Klage angegriffenen Verwaltungsakt und diese Allgemeinverfügung bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. Die Klageschrift soll in zweifacher Ausfertigung eingereicht werden. Ihr sollen die Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und eine Abschrift dieser Allgemeinverfügung beigefügt werden.

Quelle: FinMin Baden-Württemberg

Vorliegen einer Geschäftsveräußerung (§ 1 Abs. 1a UStG)

Konsequenzen des BFH-Urteils vom 19. Dezember 2012, XI R 38/10, und des EuGH-Urteils vom 30. Mai 2013, C-651/11

BMF, Schreiben IV D 2 – S-7100-b / 13 / 10001 // IV D 2 – S-7100-b / 11 / 10001 vom 11.12.2013

Mit Urteil vom 19. Dezember 2012, XI R 38/101, hat der BFH entschieden, dass die Veräußerung eines Erbbaurechts mit aufstehendem, verpachteten Rehabilitationszentrum unter Fortführung des Pachtvertrags durch den Erwerber eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt. Für die Annahme eines „in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführten Betriebs“ im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG komme es bei richtlinienkonformer Auslegung nicht darauf an, ob bei dem Veräußerer für das übertragene Erbbaurecht mit verpachtetem Gebäude vor der Veräußerung eine eigenständige betriebliche Organisation vorgelegen habe. Entgegen Abschn. 1.5 Abs. 6 Satz 2 UStAE sei dabei auch nicht maßgeblich, ob der veräußerte Teil des Unternehmens einen für sich lebensfähigen Organismus gebildet habe, der unabhängig von den anderen Geschäften des Unternehmens nach Art eines selbständigen Unternehmens betrieben worden und nach außen hin ein selbständiges, in sich abgeschlossenes Wirtschaftsgebilde gewesen sei.

Daneben hat sich der EuGH mit Urteil vom 30. Mai 2013, C-651/11, HFR 2013 S. 754, zum Vorliegen einer nicht steuerbaren Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen geäußert (Artikel 19 und 29 MwStSystRL). Nach den Kernaussagen des Urteils kann die Übertragung eines Gesellschaftsanteils – unabhängig von dessen Höhe – nur dann einer nicht steuerbaren Übertragung eines Teil- oder Gesamtvermögens gleichgestellt werden, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetze den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschn. 1.5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2013 – IV D 3 – S-7279 / 10 / 10002 (2013/1141439), geändert worden ist, wie folgt geändert:

  1. Abs. 6 wird wie folgt geändert:
    1. Die Sätze 1 bis 3 werden wie folgt gefasst:

      1Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor,wenn der veräußerte Teil des Unternehmens vom Erwerber als selbständiges wirtschaftliches Unternehmen fortgeführt werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2012, XI R 38/10, BStBl II 2013 S. xxx). 2Nicht entscheidend ist, dass bereits im Unternehmen, das eine Übertragung vornimmt, ein (organisatorisch) selbständiger Unternehmensteil bestand. 3Es ist nicht Voraussetzung, dass mit dem Unternehmen oder mit dem in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Teil in der Vergangenheit bereits Umsätze erzielt wurden; die Absicht, Umsätze erzielen zu wollen, muss jedoch anhand objektiver, vom Unternehmer nachzuweisender Anhaltspunkte spätestens im Zeitpunkt der Übergabe bestanden haben (vgl. BFH-Urteil vom 08.03.2001, V R 24/98, BStBl II 2003 S. 430).

    2. Satz 5 wird gestrichen.
  2. Abs. 9 wird wie folgt gefasst:

    „Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen

    (9) 1Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils kann – unabhängig von dessen Höhe – nur dann einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung gleichgestellt werden, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird. 2Eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten versetzt den Erwerber nicht in die Lage, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen (vgl. EuGH-Urteil vom 30.05.2013, C-651/11, HFR 2013 S. 754).

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. April 2014 ausgeführte Umsätze wird es nicht beanstandet, wenn sich die am Umsatz-geschäft beteiligten Unternehmer bei der Beurteilung des jeweiligen Sachverhalts übereinstimmend auf Abschn. 1.5 Abs. 6 bzw. Abschn. 1.5 Abs. 9 UStAE in der am 10. Dezember 2013 geltenden Fassung berufen. Zudem bleibt die Anwendung der Übergangsregelung in Rz. 7 des BMF-Schreibens vom 3. Januar 2012 – IV D 2 – S-7100-b / 11 / 10001 (2011/1037205), BStBl I S. 76, unberührt.

Quelle: BMF

UStAE: Änderungen zum 31. Dezember 2013

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass berücksichtigt zum Teil noch nicht die seit dem BMF-Schreiben vom 17. Dezember 2012 – IV D 3 – S-7015 / 12 / 10001 (2012/1098419), BStBl I S. 1260, ergangene Rechtsprechung, soweit diese im BStBl II veröffentlicht worden ist. Außerdem enthält der Umsatzsteuer-Anwendungserlass in gewissem Umfang redaktionelle Unschärfen, die beseitigt werden müssen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2013 – IV D 2 – S-7100-b / 13 / 10001 // IV D 2 – S-7100-b / 11 / 10001 (2013/1145204), BStBl I Seite …, geändert worden ist, deshalb geändert:

Den Volltext der umfangreichen Änderungen finden Sie auf der Homepage des BMF.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7015 / 13 / 10001 vom 12.12.2013

Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung – Vervielfältiger für Bewertungs-stichtage ab 1. Januar 2014

Das Statistische Bundesamt wird im Jahr 2013 keine aktuelle Sterbetafel veröffentlichen. Daher bleiben gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BewG die Vervielfältiger zur Berechnung des Kapitalwerts lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen, die nach der am 2. Oktober 2012 veröffentlichten Sterbetafel 2009/2011 des Statistischen Bundesamtes ermittelt und mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Oktober 2012 – IV D 4 – S-3104 / 09 / 10001, DOK 2012/0980556 (BStBl I Seite 950) veröffentlicht wurden, auch für Bewertungsstichtage ab dem 1. Januar 2014 anzuwenden.

BMF, Schreiben IV D 4 – S-3104 / 09 / 10001 vom 13.12.2013

Schweizer Erbe hat Anspruch auf denselben Freibetrag wie ein in Deutschland lebender Erbe

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 27. November 2013 (Az. 4 K 689/12 Erb) entschieden, dass ein in der Schweiz lebender Erbe, der nur hinsichtlich eines in Deutschland belegenen Grundstücks (beschränkt) erbschaftsteuerpflichtig ist, Anspruch auf denselben Freibetrag hat, wie ein Erbe, der in Deutschland wohnt und deshalb unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Der Kläger ist Schweizer Staatsangehöriger. Seine Ehefrau war ebenfalls Schweizer Staatsangehörige. Beide hatten ihren Wohnsitz in der Schweiz. Die Ehefrau des Klägers verstarb im Jahr 2009. Sie wurde von dem Kläger allein beerbt. Die Ehefrau des Klägers war Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks. Darüber hinaus war sie Inhaberin von Konten bei Banken in Deutschland und in der Schweiz.

Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer nur für das in Deutschland belegene Grundstück fest. Dabei berücksichtige es einen Freibetrag von 2.000 Euro, der nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz für beschränkt Steuerpflichtige vorgesehen ist. Für unbeschränkt steuerpflichtige überlebende Ehegatten gilt ein Freibetrag von 500.000 Euro.

Das Finanzgericht Düsseldorf legte dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg die Frage vor, ob die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung des beschränkt steuerpflichtigen Klägers im Vergleich zu unbeschränkt Steuerpflichtigen mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Diese Frage hat der Gerichtshof der Europäischen Union verneint (Urteil vom 17. Oktober 2013, Rs. C-181/12). Darüber hinaus hat er entschieden, dass sich auch ein Staatsangehöriger eines Drittstaates – wie hier der Schweiz – auf die durch das europäische Recht garantierte Kapitalverkehrsfreiheit berufen kann. Auf Grund dieser Entscheidung hat jetzt das Finanzgericht Düsseldorf der Klage des Schweizer Klägers stattgegeben.

FG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 16.12.2013 zum Urteil 4 K 689/12 vom 27.11.2013

Kosten für hochwertige Tombolapreise nicht von der Steuer absetzbar

Die Anschaffungskosten für Kraftfahrzeuge, die bei einer Firmenjubiläumsfeier verlost werden, können nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn der Teilnehmerkreis so überschaubar ist, dass der Wert der Gewinnchance je Teilnehmer über 35 Euro liegt. Dies hat der 13. Senat des Finanzgerichts Köln mit Urteil vom 26.09.2013 (Az. 13 K 3908/09) entschieden.

Eine Computerfirma veranstaltete anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens eine „Hausmesse“, zu der nach vorheriger Anmeldung sowohl Bestandskunden als auch potenzielle Neukunden eingeladen wurden. Die Eintrittskarten stellten zugleich Lose für die Verlosung von fünf VW Golf zum Preis von jeweils 13.200 Euro netto dar. Voraussetzung für die Teilnahme an der Tombola war, dass der jeweilige Kunde an dem Messetag persönlich erschien und hierdurch sein Los aktivierte. Das Finanzamt versagte den Betriebsausgabenabzug für die Pkw-Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt 66.000 Euro. Es vertrat die Auffassung, dass es sich hierbei um Aufwendungen für Geschenke an Geschäftsfreunde im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz handele, die nur steuerlich abziehbar seien, wenn sie nicht teurer als 35 Euro seien.

Der 13. Senat hat sich im Ergebnis der Meinung des Finanzamtes angeschlossen und die Klage der Computerfirma auf Anerkennung der Betriebsausgaben abgewiesen. Dabei sah das Gericht allerdings nicht den gewonnenen Pkw, sondern die in den aktivierten Losen verkörperte Gewinnchance als Gegenstand der Schenkung an. Da auf der Jubiläumsveranstaltung letztlich 1.331 Teilnehmer mit gewinnberechtigten Losen anwesend waren, ergab sich für jeden Teilnehmer eine Gewinnchance von ca. 49 Euro. Die Freigrenze von 35 Euro war überschritten und die Anschaffungskosten somit in vollem Umfang vom Steuerabzug ausgeschlossen. Ein Preisausschreiben oder eine sonstige Auslobung lägen im Streitfall nicht vor. Die Klägerin könne sich schon deshalb nicht auf die einschlägigen Richtlinien der Finanzverwaltung berufen, wonach Preise anlässlich eines Preisausschreibens oder einer Auslobung keine Geschenke seien.

Der Senat hat gegen das Urteil die Revision zum Bundesfinanzhof in München wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

FG Köln, Pressemitteilung vom 16.12.2013 zum Urteil 13 K 3908/09 vom 26.09.2013