BFH: Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossener Repräsentationsaufwand eines Pferderennstalls mit Pferdezucht und -handel

Leitsatz

  1. Das Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit und das ausschließliche Tätigen von Repräsentationsaufwand schließen einander nicht aus.
  2. Ob Repräsentationsaufwendungen ohne streng geschäftlichen Charakter vorliegen, beruht auf einer tatsächlichen Würdigung der im Einzelfall getroffenen Feststellungen.
  3. Der Empfänger der Gutschrift, der der Abrechnung mittels Gutschrift zugestimmt und dieser nicht widersprochen hat, schuldet den darin für eine nichtsteuerbare Leistung ausgewiesenen Steuerbetrag.

Quelle: BFH, Beschluss XI R 19/18 vom 15.12.2021

BFH: EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug bei Kureinrichtungen

Leitsatz

Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Übt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens eine Gemeinde, die aufgrund einer kommunalen Satzung von Besuchern, die sich in der Gemeinde aufhalten (Kurgäste), für die Bereitstellung von Kureinrichtungen (z. B. Kurpark, Kurhaus, Wege) eine „Kurtaxe“ (in Höhe eines bestimmten Betrages pro Aufenthaltstag) erhebt, mit der Bereitstellung der Kureinrichtungen an die Kurgäste gegen Kurtaxe auch dann eine wirtschaftliche Tätigkeit i. S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL aus, wenn die Kureinrichtungen ohnehin für jedermann (und daher z. B. auch für nicht kurtaxepflichtige Einwohner oder andere nicht kurtaxepflichtige Personen) frei zugänglich sind?
  2. Falls die Frage 1 bejaht wird: Ist unter den o. g. Umständen des Ausgangsverfahrens bei der Prüfung, ob die Behandlung der Gemeinde als Nicht-Steuerpflichtige zu „größeren Wettbewerbsverzerrungen“ i. S. des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL führen würde, der räumlich relevante Markt nur das Gemeindegebiet?

Quelle: BFH, Urteil XI R 30/19 vom 15.12.2021

BFH zur Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz (AStG)

Die Vorschrift zur „Wegzugsbesteuerung“ bei unentgeltlichen Anteilsübertragungen auf im Ausland ansässige Steuerpflichtige ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass das Recht Deutschlands zur Besteuerung der in den unentgeltlich übertragenen Anteilen ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen oder beschränkt werden müsste. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil I R 30/19 vom 08.12.2021 entschieden.

Ein Vater übertrug auf seinen in den USA ansässigen Sohn einen Anteil an einer deutschen GmbH, deren Vermögen überwiegend aus im Inland belegenem Grundvermögen bestand. Zeitnah übertrug er auch Anteile auf seine Ehefrau.

Das Finanzamt und das Finanzgericht behandelten die Übertragungen als teilentgeltliche Erwerbe. Für den unentgeltlichen Teil der Übertragung auf den Sohn waren sie der Auffassung, die Voraussetzungen für eine „Wegzugsbesteuerung“ seien erfüllt.

Dies hat der BFH jetzt bestätigt und ausgeführt, der Gesetzgeber habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er trotz der Reform des Außensteuergesetzes auch weiterhin Fälle in die „Wegzugsbesteuerung“ habe einbeziehen wollen, in denen es nicht zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts an Veräußerungsgewinnen komme. Eine entsprechende einengende Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, denn es habe im Streitfall die den sofortigen Besteuerungszugriff rechtfertigende abstrakte Gefahr bestanden, dass die GmbH – etwa durch Umschichtung ihres Vermögens – ihren Charakter als Immobiliengesellschaft verlieren könnte, ohne dass hieran eine Besteuerung in Deutschland geknüpft wäre. Eine Berufung auf die Kapitalverkehrsfreiheit scheide aus, da sich bezogen auf Schenkungen seit dem maßgebenden Stichtag (31.12.1993) keine wesentliche Änderung der Rechtslage ergeben habe.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 22/22 vom 27.05.2022 zum Urteil I R 30/19 vom 08.12.2021

BFH zur Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben

Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzen sog. regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Ende des Kalenderjahres ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind.

Der Kläger ermittelte seinen gewerblichen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Er zahlte die Umsatzsteuer für die Monate Mai bis Juli 2017 verspätet erst am 09.01.2018, machte die Zahlung dennoch als Betriebsausgabe für das Streitjahr 2017 geltend. Das Finanzamt (FA) gewährte den Abzug nicht. Es meinte, es lägen keine regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben im Sinne des EStG vor, da die betroffene Umsatzsteuer nicht rund um die Jahreswende 2017/2018, sondern weitaus früher fällig geworden sei. Einspruch und Klage gegen den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid hatten keinen Erfolg.

Der BFH wies die Revision zurück. Zwar handele es sich – so die Begründung – bei Umsatzsteuerzahlungen um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben. Der Kläger habe die dem Streitjahr 2017 wirtschaftlich zuzuordnende Umsatzsteuer auch innerhalb kurzer Zeit nach dem 31.12.2017 gezahlt. Hinzukommen müsse aber, dass die jeweilige Ausgabe auch kurze Zeit vor bzw. nach Ende Jahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden sei. Dies folge aus dem Zweck der § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG, der eine Ausnahme des ansonsten für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltenden Zu- bzw. Abflussprinzips darstelle. Durch die Regelung sollten steuerliche Zufälligkeiten vermieden werden, die dann entstünden, würde man die Zahlung – je nach Zahlungszeitpunkt – mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen. Deswegen sei notwendig, dass die Zahlung auch innerhalb des mit zehn Tagen festgelegten kurzen Zeitraums rund um den Jahreswechsel zahlbar – das heißt fällig – geworden sei. Andernfalls könnten Nachzahlungen für bereits längst fällig gewordene Verpflichtungen zu einem vom Zeitpunkt der Zahlung unabhängigen Betriebsausgabenabzug führen. Eine solche Handhabung widerspräche dem grundsätzlich für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltenden Prinzips der Kassenrechnung.

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 21/22 vom 27.05.2022 zum Urteil X R 2/21 vom 16.02.2022

Unlautere getarnte Werbung bei Berücksichtigung bezahlter Produktrezensionen innerhalb des Gesamtbewertungsergebnisses eines Produktes

Fließen in das Gesamtbewertungsergebnis für Produkte, die auf eine Verkaufsplattform angeboten werden, auch Rezensionen ein, für die an den Rezensenten ein – wenn auch geringes – Entgelt gezahlt wird, liegt unlautere getarnte Werbung vor, sofern die Berücksichtigung dieser bezahlten Rezensionen nicht kenntlich gemacht wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit am 09.06.2022 verkündeter Entscheidung die vom Landgericht ausgeurteilte Unterlassungsverpflichtung bestätigt.

Die Klägerin bietet im Internet die entgeltliche Vermittlung von Kundenrezensionen an. Die Kunden der Klägerin sind ausschließlich Händler auf Online-Verkaufsplattformen. Die Beklagte betreibt die Verkaufsplattform amazon.de. Die Produkte werden dort mit einem Gesamtsterne-Bewertungssystem bewertet. Die Beklagte vermittelt zudem ihren Verkaufspartnern gegen Entgelt Kundenrezensionen im Rahmen des sog. Early Reviewer Programms (i.F.: ERP). Dabei handelt es sich um Bewertungen ausländischer Rezensenten gegen Entgelt oder Gutscheine für Produkte, die zuvor auf dem US-, UK- oder Japan-Marketplace gekauft wurden. Diese Bewertungen werden auch deutschen Käufern angezeigt und fließen in das Gesamtbewertungsergebnis ein.

Die Klägerin wendet sich gegen die Veröffentlichung von ERP-Rezensionen, wenn diese Teil des Gesamtbewertungsergebnisses werden und nicht darauf hingewiesen wird, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind.

Die gegen die vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Es liege eine unlautere getarnte Werbung vor, bestätigte das OLG. ERP-Rezensionen zu veröffentlichen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind, sei unlauter.

Die Berücksichtigung dieser ERP-Rezensionen – und damit auch nicht ihr Anteil – würde von der Beklagten nicht kenntlich gemacht und ergebe sich auch nicht aus den Umständen. Ob Internetnutzer damit rechneten, dass in ein Gesamtbewertungsergebnis auch immer Rezensionen einfließen, die nicht sachlich begründet sein, könne offenbleiben. Dies dürfe jedenfalls „kein Freibrief dafür sein … , beeinflusste Rezensionen zu verwenden“, stellte das OLG klar.

Die Berücksichtigung von ERP-Rezensionen habe hier auch geschäftliche Relevanz. Die Rezensenten des ERP erhielten eine kleine Belohnung für die Abfassung der Rezension. „Daraus folgt zwangsläufig, dass sie bei Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen sind“, betont das OLG. Es bestehe vielmehr die konkrete Gefahr, dass ein nicht geringer Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich veranlasst sehe, ein Produkt positiver zu bewerten als dies tatsächlich seiner Meinung entspreche, um weiterhin an dem Programm teilnehmen zu dürfen.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt, Pressemitteilung vom 09.06.2022 zum Urteil 6 U 232/21 vom 09.06.2022

Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit

Am 19. Mai wurde in der Sitzung des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) der Berichtsentwurf über den Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit vorgestellt. Berichterstatterin war Elisabetta Gualmini aus der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) im EP.

Unter anderem wurde die neue Erwägung 22d eingefügt, nach der die Mitgliedstaaten die zuständigen Behörden mit angemessenen Befugnissen zur Durchführung von Inspektionen ausstatten sollen. Erwägung 22g regelt, dass Bestimmungen zur Verhinderung von Unterauftragsketten geschaffen werden müssen. Nach Erwägung 24 sollen Vertragsverhältnisse zwischen Arbeitnehmern und einer digitalen Arbeitsplattform aufgrund einer gesetzlichen Vermutung als Arbeitsverhältnis zwischen der Plattform und der betroffenen Person angesehen werden. Außerdem soll nach Erwägung 35 nun verhindert werden, dass alle erheblichen Entscheidungen betreffend die Arbeitnehmer nicht allein durch automatisierte Verarbeitung getroffen werden dürfen, sondern durch menschliche Manager überprüft werden. Es können weitere Änderungen folgen.

  • Berichtsentwurf des EP (Mai 2022)

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 27.05.2022

Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher

Die Europäische Kommission hat am 13. Mai 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher veröffentlicht. Diese soll die nationalen Verbraucherschutzvorschriften angleichen und so den freien Verkehr von Finanzdienstleistungen im Binnenmarkt fördern.

Insbesondere soll die Richtlinie kohärenter und relevanter werden und Verbraucher, die Finanzdienstleistungen mittels Fernkommunikation beanspruchen, besser schützen sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenmarktes verbessern. Verbraucher sollen u. a. weitergehende Informationen über den Finanzdienstleister erhalten und eindeutig über die Vertragsbedingungen und das Widerrufsrecht unterrichtet werden. Interessenträger können bis zum 8. Juli 2022 Stellung nehmen.

Quelle: BRAK, Mitteilung vom 27.05.2022

EU einigt sich auf Geschlechterquote in Vorstandsetagen

Spitzenpositionen in Europas Wirtschaft müssen ab 2026 ausgewogener zwischen Frauen und Männern besetzt werden. Darauf haben sich die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament verständigt. Grundlage für die politische Einigung war der Kommissionsvorschlag aus dem Jahr 2012. Zehn Jahre, nachdem der Vorschlag erstmals vorgelegt wurde, sei es nun höchste Zeit, dass Frauen gläserne Decke durchbrechen, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Es gibt viele Frauen, die für Spitzenjobs qualifiziert sind: Sie sollten sie auch bekommen können“, sagte die Präsidentin.

Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová, zuständig für Werte und Transparenz, erinnerte daran, dass die Kommission das Thema Frauen in wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen bereits 2010 ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Seitdem ist der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten um 17 Prozentpunkte gestiegen, was vor allem auf rechtsverbindliche Initiativen in einigen Mitgliedstaaten zurückzuführen ist. Dies sei ein nach wie vor schmerzhaft langsamer Fortschritt.

Die EU-Kommissarin für Gleichheitspolitik, Helena Dalli, ergänzte: „Talent hat kein Geschlecht, und die Führungsqualitäten und Visionen von Frauen sind wichtig. Dennoch werden Frauen bei der Auswahl von Verwaltungsratsmitgliedern in Unternehmen nach wie vor weitgehend übersehen. Nur in Ländern, in denen Quoten gesetzlich oder politisch festgelegt sind, hat sich in diesem Bereich etwas getan. Es ist an der Zeit, dass Frauen und Männer in den Vorständen von Unternehmen EU-weit gleich stark vertreten sind.“

Hochqualifizierte Frauen gibt es in Europa viele – 60 Prozent der derzeitigen Hochschulabsolventen sind Frauen. Dennoch sind Frauen in hochrangigen Positionen, auch in Leitungsorganen von Unternehmen, unterrepräsentiert, und die Fortschritte sind sehr langsam. Nur ein Drittel der Mitglieder der nicht geschäftsführenden Leitungsorgane von Unternehmen sind Frauen, und in den Geschäftsführungs- und Kontrollorganen der Unternehmen sind es noch weniger.

Konkret stehen zwei unterschiedliche Modelle zur Auswahl. Entweder können die Mitgliedstaaten beschließen, dass 40 Prozent der nichtgeschäftsführenden Mitglieder von Aufsichtsräten in börsennotierten Unternehmen mit Frauen besetzt werden. Oder aber in Vorstand und Aufsichtsrat sind durchschnittlich 33 Prozent Frauen vertreten.

Förderung der Gleichstellung mittels klarer Ziele und objektiver Personalentscheidungen

Angestrebt wird ein EU-weit ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Leitungsorganen börsennotierter Unternehmen. Den Mitgliedstaaten, die bereits gleichermaßen wirksame Maßnahmen eingeführt haben, wird dabei Flexibilität eingeräumt. Diese Flexibilität wird die Aussetzung der in der Richtlinie festgelegten Verfahrensanforderungen ermöglichen.

Die Richtlinie bringt folgende Neuerungen:

Mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten sollen an das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht gehen. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Unternehmen dieses Ziel erreichen. Unternehmen, die diese Ziele nicht erreichen, müssen bei der Ernennung der Direktoren transparente und geschlechtsneutrale Kriterien anwenden und das unterrepräsentierte Geschlecht priorisieren, wenn zwei Kandidaten unterschiedlichen Geschlechts gleichermaßen qualifiziert sind.

Klare und transparente Verfahren für die Besetzung der Leitungsorgane mit einer objektiven Eignungsbeurteilung unabhängig vom Geschlecht. Für die Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern gelten die folgenden verbindlichen Vorgaben:

  • Sind eine Frau und ein Mann gleichermaßen qualifiziert, muss der Posten in Unternehmen, die das Ziel der ausgewogenen Geschlechtervertretung noch nicht erreicht haben, mit dem jeweils unterrepräsentierten Geschlecht besetzt werden.
  • Bewerberinnen und Bewerber, die nicht zum Zuge kamen, können verlangen, dass das Unternehmen offenlegt, welche Eignungskriterien den Ausschlag gegeben haben. Bei Verdacht, dass eine Bewerberin oder ein Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts gleichermaßen qualifiziert war, müssen die Unternehmen außerdem nachweisen können, dass gegen keine der geltenden Vorgaben verstoßen wurde.
  • Die Unternehmen müssen sich individuell verpflichten, eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in ihren Vorständen zu erreichen.
  • Unternehmen, die das Ziel dieser Richtlinie nicht erfüllen, müssen die Gründe gegenüber ihrem Mitgliedstaat angeben und mitteilen, mit welchen Maßnahmen sie Abhilfe schaffen.
  • Die Sanktionen der Mitgliedstaaten gegen Unternehmen, die ihren Auswahl- und Berichterstattungspflichten nicht nachkommen, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Sie könnten Geldbußen und die Nichtigkeit oder Aufhebung der Ernennung des streitigen Direktors umfassen.

Nächste Schritte

Die politische Einigung, die das Europäische Parlament und der Rat erzielt haben, muss nun von den beiden Gesetzgebungsorganen noch förmlich gebilligt werden. Die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, und die Mitgliedstaaten müssen die Neuerungen dann innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.

Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung vom 08.06.2022

Fehlende Fahreignung bei Dauerbehandlung mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln und drogentypischen Ausfallerscheinungen

Nimmt ein Fahrerlaubnisinhaber im Rahmen einer Dauerbehandlung Arzneimittel mit dem Wirkstoff Amphetamin ein, bleibt es bei der wissenschaftlich gestützten Annahme, dass bereits die einmalige Einnahme dieser Droge die Fahreignung ausschließt, wenn drogentypische Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz in einem Eilverfahren.

Anfang des Jahres wurde der Antragsteller im Rahmen eines Polizeieinsatzes mit einem Pkw angetroffen. Dabei stellten die Polizeibeamten bei ihm drogentypische Ausfallerscheinungen fest. Die toxikologische Untersuchung ergab eine Amphetamin-Konzentration im Blut des Antragstellers. Daraufhin entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde des Rhein-Hunsrück-Kreises die Fahrerlaubnis. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Koblenz. Im gerichtlichen Verfahren legte er eine ärztliche Bescheinigung vor, wonach ihm das Medikament „Elvanse“ verordnet wurde. Dieses enthält einen Wirkstoff aus der Stoffgruppe der Amphetamine.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei, so die Koblenzer Richter, rechtmäßig. Denn der Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von Amphetamin – einer harten Droge – als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Regelmäßig genüge zum Ausschluss der Fahreignung schon die einmalige Einnahme von Amphetamin. Dass das im Blut des Antragstellers festgestellte Amphetamin von einem ärztlich verordneten Medikament stamme, ändere an dieser rechtlichen Bewertung nichts. Nach der für die Dauerbehandlung mit Arzneimitteln vorrangigen Sondervorschrift in der Fahrerlaubnis-Verordnung scheide eine Fahreignung dann aus, wenn eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß vorliege. Die für die Fahreignung bei der Einnahme von Medizinal-Cannabis geltenden Anforderungen seien bei einer Dauerbehandlung mit amphetaminhaltigen Arzneimitteln angesichts der damit einhergehenden Gefahr des Kontrollverlustes und plötzlichen Leistungsabfalls noch enger zu fassen. Stelle eine Medikation mit amphetaminhaltigen Medikamenten demnach nicht sicher, dass beim Patienten drogentypische Ausfallerscheinungen ausgeschlossen werden, führe dies zur Ungeeignetheit des Betreffenden zum Führen von Kraftfahrzeugen. So lägen die Dinge im Falle des Antragstellers. Da bei ihm auf Amphetamin zurückzuführende Ausfallerscheinungen wie gerötete/wässrige Augen und lichtstarre, geweitete Pupillen sowie Zittern und Unruhe festgestellt worden seien, halte er sich entweder nicht an die ärztlich verordnete Dosis oder die Verordnung stelle nicht sicher, dass die Einnahme des medizinischen Amphetamins nicht zu Ausfallerscheinungen führe. Es spreche nach dem Polizeibericht auch vieles dafür, dass der Antragsteller trotz der Ausfallerscheinungen am Straßenverkehr teilgenommen habe.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.

Quelle: VG Koblenz, Pressemitteilung vom 08.06.2022 zum Beschluss 4 L 455/22 vom 19.05.2022

Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine: Wirtschaftsprüfung, Abschlussprüfung, Buchführung und Steuerberatung für in Russland niedergelassene juristische Personen untersagt

Nach einem neuen EU-Rechtsakt ist es verboten, unmittelbar oder mittelbar Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung einschließlich Abschlussprüfung, Buchführung und Steuerberatung sowie Unternehmens- und Public-Relations-Beratung zu erbringen für die Regierung Russlands oder in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen.

Dies sieht Artikel 5n der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 vor (eingeführt mit der Änderungs-Verordnung (EU) 2022/879 des Rates, vergleiche Amtsblatt der EU vom 3. Juni 2022).

Regelung Teil des Sechsten Sanktionspaketes der EU

Diese Regelung ist Teil des Sechsten Sanktionspaketes der EU. Dieses Sanktionspaket und damit das Verbot von Dienstleistungen von Wirtschaftsprüfern für russische Unternehmen war von der Präsidentin der EU-Kommission, Frau von der Leyen, in einer Rede am 4. Mai 2022 angekündigt worden. Es wurde von den europäischen Staatschefs (Europäischer Rat) erst am 30. Mai 2022 beschlossen. Das Paket war strittig, da mit ihm vor allem Sanktionen im Zusammenhang mit der Lieferung von Öl aus Russland verbunden sind.

Quelle: WPK, Mitteilung vom 08.06.2022