Haftung für Umsatzsteuer: Grobes Verschulden bei Beratung durch Steuerberater

Finanzgericht Köln, 3 K 1178/07

Datum:
12.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 1178/07
Nachinstanz:
Bundesfinanzhof, V R 33/13
Tenor:

Der Haftungsbescheid vom 10. März 2009 wird ersatzlos aufgehoben soweit der Kläger für Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume März 2003 und Juni 2003 in Haftung genommen worden ist. Die Haftungssumme für Umsatzsteuer 2002 wird auf 399,21 € herabgesetzt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Für den Zeitraum bis zum 10. Oktober 2008 trägt der Kläger die Kosten zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5. Für den Zeitraum danach trägt der Beklagte die Kosten allein.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

1Tatbestand2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids wegen Umsatzsteuer 2002, Zinsen hierzu und Umsatzsteuer der Voranmeldungszeiträume März und Juni 2003, der gegenüber dem Kläger als damaligen Geschäftsführer und Gesellschafter der A GmbH (im Folgenden: A-GmbH) erlassen wurde.

3…

Entscheidungsgründe

88I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers und des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung zur Sache verhandeln und entscheiden, da der Prozessbevollmächtigte in der ordnungsgemäß zugegangenen Ladung hierauf hingewiesen worden war (§ 91 Abs. 2 FGO).

89II. Die Klage ist bis auf einen geringen Teil begründet.

90Der Haftungsbescheid des Beklagten, zuletzt in der Fassung vom 10. März 2009, ist überwiegend rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

91Der Beklagte hat den Kläger für nicht gezahlte Umsatzsteuer 2002 der A-GmbH und Zinsen hierzu zu Unrecht in Haftung genommen, da den Kläger der Vorwurf des groben Verschuldens nicht trifft. Dies gilt nur für einen geringen Restbetrag nicht gezahlter Umsatzsteuer in Höhe von 399,21 € für bestimmte Sachverhalte nicht, die im Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 18. Juni 2004 in Tz. 16 e und 16 f aufgegriffen wurden. Zu diesen Sachverhalten hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren jedenfalls keine Stellung genommen, was im Ergebnis zu seinen Lasten geht.

92Für Umsatzsteuerschulden der A-GmbH aus den Voranmeldungszeiträumen März 2003 und Juni 2003 der A-GmbH scheidet eine Haftung des Klägers ebenfalls aus. Für die auf den Voranmeldungszeitraum März 2003 entfallenden Sachverhalte kann dem Kläger ebenfalls der Vorwurf des groben Verschuldens nicht gemacht werden, soweit die Umsatzsteuer-Sonderprüferin den Vorsteuerabzug bei der A-GmbH nicht anerkannt hat. Für den Voranmeldungszeitraum Juni 2003 wurde zwar die Voranmeldung mit einer der Höhe nach unstreitigen Umsatzsteuerschuld der A-GmbH verspätet eingereicht, der Kläger durfte jedoch darauf vertrauen, dass das zuständige Finanzamt C die fristgerecht abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen April und Mai 2003 mit einem übersteigenden Erstattungsbetrag rechtzeitig bearbeiten und sein steuerlicher Berater den angekündigten Verrechnungsantrag stellen würde.

931. Der Kläger kann zwar als ehemaliger Geschäftsführer der A-GmbH bis zum 18. August 2003 grundsätzlich gemäß §§ 191, 69, 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO für grob fahrlässige Pflichtverletzungen in Haftung genommen werden. Der Beklagte hat im Streitfall hierfür jedoch sowohl die Richtigkeit der umsatzsteuerlichen Festsetzungen, die im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung erlassen wurden (des Umsatzsteuerjahresbescheids 2002 und des geänderten Umsatzsteuervoranmeldungsbescheids für März 2003) sowie der nach dem Ausscheiden des Klägers abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für Juni 2003 und der behaupteten grobfahrlässigen Pflichtverletzungen des Klägers im einzelnen darzulegen und nachzuweisen. Denn der Umsatzsteuerjahresbescheid 2002 und die geänderte Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2003 wurden erst nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer erlassen und die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2003 erst danach abgegeben.

94a) Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Haften i.S. des § 191 AO bedeutet Einstehenmüssen für eine fremde Steuerschuld (hier: die Umsatzsteuerschulden der A-GmbH für 2002 sowie März 2003 und Juni 2003 sowie die Zinsen zur Umsatzsteuer 2002). Tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme ist daher neben dem Bestehen zum Beispiel einer öffentlich-rechtlichen Haftungsnorm als Anspruchsgrundlage (hier: § 69 Satz 1 AO), dass eine Steuerschuld oder der Anspruch auf eine steuerliche Nebenforderung entstanden ist und im Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheides noch besteht (Grundsatz der Akzessorietät, vgl. BFH-Urteil vom 12.10.1999 – VII R 98/98, BStBl II 2000, 486). Der Haftungsanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Haftungsnorm die Haftungsfolge knüpft (§ 38 AO 1977), jedoch nicht vor Entstehen der Steuerschuld (BFH-Urteil in BStBl II 2000, 486).

95b) Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen (hier: der A-GmbH) gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies auch der Vertreter des Steuerpflichtigen gegen sich gelten zu lassen, wenn er in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid anzufechten (§ 166 AO). Eine solche Drittwirkung der im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung erlassenen Umsatzsteuerjahresfestsetzung 2002, der geänderten Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2003 und der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juni 2003 liegt im Streitfall jedoch nicht vor, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Kläger konnte als Geschäftsführer die sämtlich erst nach seiner Abberufung als Geschäftsführer erlassenen Bescheide für die A-GmbH nicht mehr anfechten.

962. Der Haftungsbescheid vom 10. März 2009 ist, soweit der Kläger für Umsatzsteuer 2002 haften soll, überwiegend rechtswidrig.

97a) Der Senat lässt es dahinstehen, ob der Beklagte im Streitfall die Haftungsinanspruchnahme auf eine Haftung für „Umsatzsteuer 2002“ statt auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahres 2002, für die er grobfahrlässige Pflichtverletzungen des Klägers behauptet, stützen konnte.

98aa) Für die Umsatzsteuer 2002 ist durch das damals für die A-GmbH zuständige Finanzamt C (ohne vorherige Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung) ein Jahressteuerbescheid nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung ergangen, der die Korrekturen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung enthalten und zu einer Mehr-Umsatzsteuer geführt hat. Im Hinblick auf die im Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung 2002 in Anlage 1 einzeln aufgeführten Lebenssachverhalte des Kalenderjahres 2002 wurde der Kläger auf der Grundlage der Umsatzsteuerjahresfestsetzung 2002 durch den Beklagten in Haftung genommen. Im Hinblick auf die Umsatzsteuerjahresfestsetzung 2002 wirft der Beklagte dem Kläger aber weder eine verspätete Abgabe, noch eine inhaltlich unzutreffende Erklärung noch eine nicht fristgerechte Zahlung der Mehr-Umsatzsteuer als grobfahrlässige Pflichtverletzungen vor. Er stützt seine Haftungsinanspruchnahme auf grob fahrlässige Pflichtverletzungen des Klägers für die einzelnen Voranmeldungszeiträume für das Kalenderjahr 2002.

99bb) Eine Haftung des Klägers auf der Grundlage einzelner Voranmeldungszeiträume des Kalenderjahres 2002 wäre auch trotz Erlasses des Umsatzsteuerjahresbescheids 2002 jedenfalls dem Grunde nach möglich gewesen. Das endgültige Schicksal der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschulden als Haftungsgrundlage hängt  zwar von der Höhe der Steuerschuld nach dem Jahressteuerbescheid ab. Denn die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche stehen kraft Gesetzes unter der auflösenden Bedingung, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen oder Vorauszahlungsfestsetzungen durch die Festsetzung der Jahressteuerschuld bestätigt werden (vgl. BFH-Urteile vom 5. August 1986 VII R 167/82, BFHE 147, 398, BStBl II 1987, 8, 9, m.w.N.; vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46; in BStBl. II 2000, 486). Übersteigt bzw. bestätigt die Umsatzsteuer-Jahresveranlagung aber – wie im Streitfall – die Ergebnisse der haftungsauslösenden Umsatzsteuer-Voranmeldungen, so tritt die auflösende Bedingung, die zum Erlöschen der Vorauszahlungsschuld hätte führen können (§ 47 AO), nicht ein. In diesem Fall besteht der Haftungsanspruch unvermindert in Höhe der rückständigen Vorauszahlungsschulden fort (BFH-Urteil in BStBl. II 2000, 486). Der Haftungsschuldner kann somit auch nach Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheids gegenüber dem Steuerschuldner noch durch Haftungsbescheid für rückständige Umsatzsteuer-Vorauszahlungen in Anspruch genommen werden, wenn die Haftungsvoraussetzungen – wie hier – (nur) bezüglich der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen vorliegen können (BFH-Urteil in BStBl. II 2000, 486).

100cc) Es bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob der Beklagte als Grundlage der Haftung überhaupt auf die „Umsatzsteuer 2002“ abstellen durfte, da die Klage für die streitigen Sachverhalte schon aus anderen Gründen Erfolg hat.

101b) Eine Haftung des Klägers für die unzutreffende Behandlung der Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen kommt nicht in Betracht, da den Kläger insoweit jedenfalls kein grobes Verschulden trifft.

102aa) Mit der Veräußerung der immateriellen und materiellen Wirtschaftsgüter des Geschäftsbereichs IT-Vermietung am 20. Dezember 2012 hat die A-GmbH eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung bewirkt, für die nach Maßgabe der anzuwendenden Sollversteuerung die Umsatzsteuer mit Ausführung der Lieferung am 20. Dezember 2002 entstanden ist.

103aaa) Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG Leistungen, durch die ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Die Regelung setzt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG in nationales Recht um, wonach es für die Lieferung auf „die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“, ankommt. Der Begriff „Lieferung eines Gegenstands“ in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG umfasst jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei, die die andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer, ohne dass es dabei auf eine Eigentumsübertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen ankomme. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist die Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag erforderlich (BFH-Urteile vom 16. April 2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909, unter II.2.a, m.w.N.; vom 08.09.2011 – V R 43/10, DStR 2012, 460). Bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt –-wie im Streitfall– wird die Verfügungsmacht verschafft, wenn die Sachherrschaft übergeht (Lippross, Umsatzsteuer, 23. Auflage, Tz. 2.3.4.3).

104Die J AG erlangte im Streitfall am 20. Dezember 2002 die erforderliche Verfügungsmacht, auch ohne dass die Ware physisch aus der Betriebsstätte L-Straße … in die Schweiz bewegt wurde. Entweder kommt eine Besitzverschaffung mit zivilrechtlichem Eigentumserwerb vom Berechtigten nach § 929 Satz 2 BGB in Betracht oder aber gemäß § 931 BGB, wenn man darauf abstellt, dass die A-GmbH fortan die übereigneten Gegenstände als Besitzmittlerin der J AG besitzen sollte (vgl. zur Eigentumsverschaffung bei nicht bewegten Gegenständen z.B. das BGH-Urteil vom 10. November 2004 VIII ZR 186/03, BGHZ 161, 90, unter II.6.a aa (1)). Somit liegt gemäß § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG für diese Lieferung auch der Leistungsort in D. Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung nach dieser Vorschrift dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (vgl. Martin in Sölch/Ringleb, UStG, § 3 Tz. 505).

105bbb) Eine Steuerbefreiung dieses Umsatzes als Ausfuhrlieferung (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 I.V.m. § 6 UStG) scheidet aus, da eine solche nach dem Wortlaut der Regelung nur in Betracht kommt, wenn der Gegenstand im Zuge der Lieferung physisch in das Drittlandsgebiet gelangt, was hier gerade nicht gegeben ist.

106ccc) Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Umsatzsteuer für diese Lieferung aus der Netto-Bemessungsgrundlage in Höhe von 387.600 € zum 20. Dezember 2002.

107bb) Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs. 1a UStG sind zu verneinen. Denn mit der Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember 2002 haben Veräußerer (A-GmbH) und Erwerber J-AG unmittelbar im Anschluss an die Übertragung des Geschäftsbereichs für einen ungewissen Zeitraum ausgeschlossen, dass die J-AG selbst als Vermieterin von IT-Komplettpaketen am Markt auftreten sollte. Hiermit hat der Erwerber J AG den Geschäftsbereich IT Vermietung nicht in der erforderlichen Weise fortgeführt.

108aaa) Zwar liegt aus der Sicht des Senats in dem übertragenen Geschäftsbereich „IT Vermietung“ jedenfalls ein in der Gliederung des Unternehmens der A-GmbH gesondert geführter Betrieb gemäß § 1 Abs. 1a UStG vor.

109Wie der BFH jüngst entschieden hat, kann ein Unternehmensteil, auch ohne die qualifizierten ertragsteuerlichen Voraussetzungen eines Teilbetriebs gemäß § 16 EStG erfüllen zu müssen, als Teilvermögen und ein in der „Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb“ gemäß § 1 Abs. 1a UStG anzusehen sein. Es kommt für die Annahme eines „in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführte[n] Betrieb[s]“ i.S. des § 1 Abs. 1a UStG bei richtlinienkonformer Auslegung nicht darauf an, ob bei dem Veräußerer für die übertragenen Gegenstände vor der Veräußerung eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag (BFH-Urteile vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221; vom 19. Dezember 2012 XI R 38/10, DStR 2013, 585). Ob ein übertragbares Teilvermögen vorhanden ist, bestimmt sich auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, wobei für die Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln (BFH-Urteile vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221; vom 19. Dezember 2012 XI R 38/10, DStR 2013, 585 m.w.N.). Auch wenn dem Senat keine näheren Erkenntnisse über die einzelnen Aktivitäten und Geschäftsbereiche der A-GmbH im Zeitpunkt Übertragung vorliegen, stellt sich der Streitfall auf der Grundlage der Vereinbarung vom 20. Dezember 2002 so dar, dass die J AG jedenfalls einen Inbegriff immaterieller und sachlicher Gegenstände des Geschäftsbereichs IT-Vermietung erwerben sollte, der es ihr ermöglichte, eine eigene Geschäftstätigkeit zu entfalten.

110bbb) Jedoch liegt aus Sicht des Senats die Voraussetzung nicht vor, dass der Erwerber J AG die Fortführung des Geschäftsbereichs in hinreichender Weise beabsichtigte. Der Senat hält insofern die Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember für schädlich, nach der die A-GmbH wegen der ungeklärten umsatzsteuerlichen Behandlung ihrer Vermietungsumsätze bis auf weiteres „wie bisher“ den übertragenen Geschäftsbereich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fortführen sollte. Aus den Urteilen des EuGH in den Rechtssachen –Abbey National– (Urteil vom 22. Februar 2001 C-408/98, Slg. 2001, I-1361, BFH/NV Beilage 2001, 48), –Zita Modes– (Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128, Rz 32 bis 40) und –Schriever– (UR 2011, 937, DStR 2011, 2196, Rz 22 bis 25) und der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29. August 2012 XI R 10/12, BStBl. II 2013, 221) folgt jedoch, dass die im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen erforderliche Möglichkeit und Absicht der Fortführung des Geschäftsbetriebs aus der maßgeblichen Sicht des Erwerbers zu bestimmen ist. Die Vertragsparteien haben die Übertragung des Geschäftsbereichs jedoch im Nachhinein „angehalten“ und bis auf weiteres unter Vorbehalt gestellt. Wäre die umsatzsteuerliche Prüfung der Behandlung zukünftiger Umsätze der J AG als Vermieterin von IT-Anlagen im Inland anders ausgefallen, wäre die Übertragung „wirtschaftlich“ nicht vollzogen werden sollen und die A-GmbH weiterhin im Außenverhältnis und auf eigene Rechnung als Vermieterin aufgetreten.

111Hierbei verkennt der Senat nicht, dass ab Mitte März 2003 die J AG die Geschäftstätigkeit für Neuaufträge soweit ersichtlich dann doch tatsächlich aufgenommen hat. Es ist aus der Rechtsprechung des BFH aber nicht ersichtlich, dass das spätere Vorliegen einer zwischenzeitlich in Frage gestellten Fortführungsabsicht auf den Zeitpunkt der steuerpflichtigen Lieferung zurückwirken kann und in welchem zeitlichen Rahmen nach der Übertragung des Geschäftsbereichs sich die Fortführungsabsicht des Erwerbers endgültig manifestiert haben muss. Der BFH hat – soweit ersichtlich – bislang nur entschieden, eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1 a Satz 2 UStG könne auf mehreren zeitlich versetzten Kausalgeschäften beruhen, wenn diese in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stünden und die Übertragung des ganzen Vermögens auf einen Erwerber zur Beendigung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit – insbesondere auch für den Erwerber – offensichtlich sei (BFH-Urteil vom 01.08.2002 – V R 17/01, BStBl. II 2004, 626). In der vorgenannten Entscheidung des BFH hing die Wirksamkeit der Übertragungsvorgänge jedoch von der Zustimmung Dritter ab. Im Streitfall hingegen haben die A-GmbH und die J AG die Geschäftsveräußerung ins Werk gesetzt und dann selbst unmittelbar im Anschluss an die Übertragung unter einen Vorbehalt gestellt und die A-GmbH im Außenverhältnis und auf eigene Rechnung die ursprüngliche Tätigkeit fortsetzen lassen.

112ccc) Aus Sicht des Senats ist auch dann, wenn man in der Ergänzungsvereinbarung vom 30.12. 2002 den Abschluss einer Dienstleistungskommission (Leistungsverkaufskommission) zwischen der J AG als Auftraggeberin und der A-GmbH als Auftragnehmerin gemäß § 3 Abs. 11 UStG sieht, keine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner 2002 geltenden Fassung nicht nur den „Leistungseinkauf“, sondern auch den „Leistungsverkauf“ (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517). § 3 Abs. 11 UStG fingiert für das Innenverhältnis von „Hintermann“ J AG und Kommissionärin A-GmbH statt eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses ein Vermietungsverhältnis, wenn die A-GmbH im Außenverhältnis gegenüber Kunden IT-Komplettpakete vermietet. Die Begründung einer Leistungsverkaufskommission durch den Erwerber eines Geschäftsbereichs mit dem Veräußerer dieses Geschäftsbereichs als Kommissionär reicht nach Auffassung des Senats aber nicht aus, um eine Fortführung des erworbenen Geschäftsbereichs „durch den Erwerber“ i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG begründen zu können. Soweit ersichtlich, ist jedoch auch diese Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt.

113cc) Jedenfalls trifft den Kläger aber nicht der Vorwurf groben Verschuldens, indem er als Geschäftsführer der A-GmbH den Veräußerungsvorgang als nicht steuerbar behandelt hat.

114Denn der Kläger hat durch eine vorher eingeholte rechtliche Beratung und der in der Rechnung vom 20. Dezember 2002 enthaltenen „Steuerklausel“ ausreichend Vorsorge für den Fall getroffen, dass die Veräußerung des Geschäftsbereichs später zu Lasten der A-GmbH als umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig angesehen werden könnte. Nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, handelt der Vertreter i.S.d. §§ 34, 69 AO nach den jeweils maßgeblichen Umständen des Einzelfalls nicht grob fahrlässig, wenn er bei herausgehobenen Sachverhalten einen sorgfältig ausgewählten Steuerberater / Rechtsanwalt über den geplanten Lebenssachverhalt zutreffend und umfassend informiert, sich von diesem eine Rechtsauskunft geben lässt und sich auf diese Auskunft verlässt (BFH-Urteil vom 19.9. 1985 VII R 88/85, BFH/NV 1986, 133; zu herausgehobenen Geschäftsvorfällen vgl. auch den BFH-Beschluss vom 26.11. 2008 V B 210/07, BFH/NV 2009, 362 sowie zur Haftung nach Einholung eines Rechtsrats Nacke, Haftung im Steuerrecht, 3. Auflage 2012, Rz. 146, 147).

115Dass der Kläger sich von dem Steuerbüro N & Q über die zutreffende umsatzsteuerliche Würdigung der Veräußerung des Geschäftsbereichs hat beraten lassen, steht für den Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und dem Vortrag des Klägers fest. Hierfür spricht entscheidend, dass der Kläger in der Rechnung der A-GmbH an die J AG vom 20. Dezember 2002 die Klausel aufgenommen hat, die ausgewiesene Bemessungsgrundlage sei eine Netto-Bemessungsgrundlage, sodass bei abweichender rechtlicher Würdigung die Umsatzsteuer als Teil der zivilrechtlichen Kaufpreisforderung von der A-GmbH noch nachgefordert werden konnte. Die Mehrwertsteuer bildet, auch wenn sie, wie üblich, vom Verkäufer gesondert in Rechnung gestellt wird, einen Teil des Kaufpreises (sog. Bruttoabrede, BGH-Urteile vom 11.5. 2001 V ZR 492/99, DStRE 2001, 492; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 14 Rz 41 ff; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 14 Rz 59). Ist dagegen — wie hier– ein Nettopreis vereinbart worden, schließt dieser die Umsatzsteuer nicht ein.

116Zwar hat der Kläger kein schriftliches Gutachten des steuerlichen Beraters vorgelegt, sodass im Hinblick auf seine Auswahl- und Instruktionspflicht im Sinne des BFH-Urteils in BFH/NV 1986, 133 nicht feststellbar ist, in welcher Intensität er sich hat beraten lassen und ob auch der –vom Senat für die Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen als schädlich betrachtete–  Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 30. Dezember 2002 Gegenstand der rechtlichen Würdigung des Beraters gewesen ist. Der Kläger hat aber aufgrund der in Anspruch genommenen Beratung mit Aufnahme der Steuerklausel in die Rechnung das Risiko der A-GmbH, die Umsatzsteuer bei abweichender Würdigung durch das Finanzamt allein aus dem vereinnahmten Nettokaufpreis abführen zu müssen, ausreichend Rechnung getragen und etwaige Versäumnisse bei der Information des Beraters über den gesamten Sachverhalt, wenn solche vorliegen sollten, kompensiert. Dass der Nachfolge-Geschäftsführer des Klägers nach dessen Abberufung von der J AG im Anschluss an die Umsatzsteuer-Sonderprüfung keine Umsatzsteuer nachgefordert und den Umsatzsteuerjahresbescheid 2002 hat bestandskräftig werden lassen, kann dem Kläger nicht vorgehalten werden.

117c) Ein grobes Verschulden des Klägers ist auch zu verneinen, soweit die A-GmbH (über das Steuerbüro N & Q) in den Umsatzsteuervoranmeldungen 2002 Vorsteuerbeträge aus den Leasingverträgen mit der Firma R Leasing und — nach deren Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze ab Oktober 2002 — aus den Mietzahlungen an die Ehefrau des Klägers geltend gemacht hat.

118Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die A-GmbH ab Mai 2002 das Steuerbüro beauftragt hatte, monatlich die Buchführung zu erstellen und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu fertigen. Dies ergibt sich aus dem im Tatbestand angeführten insoweit übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der beklagten Steuerberatungsgesellschaft im zivilgerichtlichen Schadensersatzprozess. Dort wurde von beiden Seiten vorgetragen, der Kläger habe monatlich alle relevanten Unterlagen der A-GmbH an das Steuerbüro übergeben, damit die Buchführung erstellt und die Umsatzsteuer-Voranmeldungen gefertigt werden konnten. Streitig ist im Zivilprozess im Hinblick auf etwaige Pflichtverletzungen der steuerlichen Berater der A-GmbH während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung lediglich, ob die Unterlagen danach jeweils an die A-GmbH zurückgegeben wurden und vor der Umsatzsteuer-Sonderprüfung wieder an das Steuerbüro gelangt sind. Diese im Zivilprozess streitige Tatsache ist indes im vorliegenden Verfahren rechtlich nicht erheblich.

119Denn bedient sich der Vertreter bei der Erstellung der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Gesellschaft eines Steuerberaters — wie hier –, braucht er sich ein etwaiges Verschulden dieser Person nicht zurechnen zu lassen. Trifft den Geschäftsführer persönlich kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem steuerlichen Berater gefertigten Steuererklärung der GmbH zu überprüfen, so haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften Steuererklärungen beruhen (BFH-Urteil vom 30.8.1994 – VII R 101/92, BStBl. II 1995, 278). Für den Fall der Unterzeichnung einer von einem Steuerberater gefertigten Umsatzsteuererklärung kann eine Haftung des die Unterschrift leistenden Geschäftsführers einer GmbH jedenfalls nur in Betracht kommen, wenn er selbst nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls Anlass und Möglichkeiten hatte, die Richtigkeit der Steuererklärung zu überprüfen (BFH-Beschluss vom 28.08.2008 – VII B 240/07, BFH/NV 2008, 1983). Solche besonderen Umstände, die dem Kläger Anlass gegeben hätten, die Richtigkeit der Voranmeldungen zu hinterfragen, lagen im Streitfall jedoch nicht vor.

120Der Kläger hatte als Geschäftsführer die Unterlagen der A-GmbH (mit den im Verfahren vorgelegten Leasingverträgen mit der R Leasing und das Schreiben der Ehefrau des Klägers an die A-GmbH vom 28. September 2002, ab Oktober 2002 umsatzsteuerfrei zu vermieten (Blatt 116 der Gerichtsakte)), an die Steuerberatungsgesellschaft weitergegeben und diese hatte in den Voranmeldungen  hieraus die Vorsteuer geltend gemacht. Die Umsatzsteuer-Sonderprüfung hat den Vorsteuerabzug aus den Leistungen der R Leasing GmbH nur wegen eines formalen Mangels (kein gesondert ausgewiesener Steuerbetrag) korrigiert. Da die A-GmbH die abgerechneten Leistungen auch unstreitig bezogen hat, bestand kein Anlass für den Kläger, der Behandlung dieser Eingangsleistungen in den Voranmeldungen gesondert nachzugehen. Gleiches gilt für die geltend gemachte Vorsteuer aus den Vermietungsleistungen der Ehefrau des Klägers an die A-GmbH. Die Vereinbarung vom 28. September 2002 wurde insoweit zutreffend vom Steuerbüro umgesetzt, dass ab Oktober 2002 nur noch ein Mietzins in Höhe von 10.500 € gebucht wurde. Dass trotz Weitergabe der Vereinbarung, die Eingang in die Buchführung gefunden hat, nunmehr aus dem Nettobetrag von 10.500 € im Rahmen der Voranmeldungen „herausgerechnete Umsatzsteuer“ geltend gemacht wurde, stellt nach Auffassung des Senats eine falsche Sachbehandlung des Steuerbüros dar, die dem Kläger ebenfalls bei Kontrolle der Vorsteuerbeträge in den Voranmeldungen nicht auffallen musste.

121d) Entgegen der Auffassung des Beklagten haftet der Kläger auch nicht für geltend gemachte Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen der Frau G. Die Vorsteuer wurde insoweit materiellrechtlich zutreffend in Anspruch genommen, da Frau G als Strohmann oder Kommissionärin im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission (§ 3 Abs. 11 UStG) gegenüber der A-GmbH als Unternehmerin Leistungen erbracht hat.

122aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG kann ein Unternehmer, der im Besitz eines Abrechnungspapieres gemäß § 14 UStG über den entsprechenden Eingangsumsatz ist, die gesondert ausgewiesene Steuer als Vorsteuer abziehen, wenn er den Eingangsumsatz von einem Unternehmer für sein Unternehmen bezogen hat. Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.; vom 12.05.2011 – V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541).

123Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist, weil er entweder als Strohmann oder Kommissionär im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission gemäß § 3 Abs. 11 UStG tätig ist (BFH-Urteil vom 12.05.2011 – V R 25/10 (BFH/NV 2011, 1541). Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139 und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

124Unbeachtlich ist das „vorgeschobene“ Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann“ eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung –AO–; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene –ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende– Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

125bb) Von einem solch unbeachtlichen Strohmanngeschäft kann indes im Streitfall nicht ausgegangen werden. Es sollten die Rechtswirkungen aus der Vereinbarung über die Leistungserbringung zwischen der A-GmbH und Frau G eintreten. Selbst wenn dem Kläger positiv bekannt gewesen sein sollte, dass die seitens der A-GmbH von Frau G bezogenen Leistungen nur durch Herrn E erbracht werden konnten und Frau G auf fremde Rechnung tätig war, war aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten des Herrn E gerade gewollt und für alle Beteiligten offenkundig, dass Herr E als Subunternehmer der Frau G in deren Namen die geschuldeten Leistungen an die A-GmbH erbringen sollte. Es sollten daher — wie von Herrn E im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei Frau G bestätigt– die Leistungen gerade in der Kette im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission gemäß § 3 Abs. 11 UStG erbracht werden, sodass Herr E Ausgangsrechnungen an Frau G und diese an die A-GmbH stellte. Frau G war somit als Kommissionärin im Rahmen der Leistungsverkaufskommission auch nachhaltig und damit –entgegen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung — auch als Unternehmerin gemäß § 2 Abs. 1 UStG tätig (BFH-Urteil vom 12.05.2011 – V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541).

126e) Im Übrigen bleibt es bei den Vorsteuerkürzungen laut Tz. 16 e und f des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt, warum eine Haftung wegen dieser Sachverhalte nicht in Betracht kommen soll. Dies geht zu seinen Lasten, da nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung insoweit die Versagung des Vorsteuerabzugs zutreffend ist. Der Kläger hat sich insoweit auch nicht dazu geäußert, dass keine grob fahrlässige Pflichtverletzung vorliegen soll, sodass er mit einem Restbetrag in Höhe von 399,21 € für Umsatzsteuer 2002 in Haftung genommen werden kann.

1273. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für den Voranmeldungszeitraum März 2003 ist in vollem Umfang rechtswidrig.

128a) Eine Haftung des Klägers kommt — entgegen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung — nur für solche Sachverhalte in Betracht, die auch im März 2003 verwirklicht wurden. Der Beklagte konnte den Kläger daher nicht für einen Umsatzsteuerbetrag für März 2003 in Anspruch nehmen, in den alle Ergebnisse der Umsatzsteuer-Sonderprüfung für Januar und Februar 2003 aus Vereinfachungsgründen „saldiert“ eingegangen sind.

129aa) Nach der Regelung in § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG entsteht der Anspruch auf Umsatzsteuer-Vorauszahlung für alle in einem Voranmeldungszeitraum (§ 18 UStG) ausgeführten Umsätze jeweils mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums. Hat der Steuerpflichtige — hier die A-GmbH — monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben, so entsteht der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsanspruch mit Ablauf des letzten Tages des jeweiligen Kalendermonats für die in diesem Voranmeldungszeitraum umsatzsteuerlich relevanten Lebenssachverhalte. Die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung oder die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschuld durch das Finanzamt — hier für März 2003 — ist weder Voraussetzung für das Entstehen der Umsatzsteuer, noch hat sie darauf eine Auswirkung (vgl. zum Ganzen das BFH-Urteil in BStBl II 2000, 486 m.w.N.). § 38 AO i.V.m. §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG gehen für die Entstehung der Umsatzsteueransprüche von einem materiell-rechtlichen, d.h. an der Tatbestandsverwirklichung des materiellen Steuergesetzes orientierten Entstehungstatbestand aus. Die Festsetzung der Umsatzsteuer ist nicht materiell-rechtlicher Rechtsgrund für die Entstehung des Anspruchs sondern, –sofern die Umsatzsteuer in der zutreffenden Höhe festgesetzt ist– lediglich deklaratorische Bestätigung des kraft Gesetzes entstandenen Steueranspruchs.

130bb) Diese an die Tatbestandsverwirklichung im Besteuerungszeitraum anknüpfenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche des Voranmeldungszeitraums sind selbstständig realisierbar. Sind die Vorauszahlungsansprüche — wie hier — festgesetzt worden, so hat deren Festsetzung nach den Urteilen des BFH auch dann Bestand, wenn ihnen die in § 18 Abs. 3 und 4 UStG vorgesehene Jahressteuerfestsetzung — wie im Streitfall — bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist nicht nachfolgt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 29. November 1984 V R 146/83, BFHE 143, 101, BStBl II 1985, 370; vom 17. September 1992 V R 17/86, BFH/NV 1993, 279, und vom 15. Juni 1999 VII R 3/97, BFHE 189, 14, BStBl II 2000, 46; in BStBl II 2000, 486 m.w.N).

131cc) Somit kann der Beklagte zwar grundsätzlich eine Haftung an die nach der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geänderte Vorauszahlungsfestsetzung für März 2003 knüpfen. Diese ist jedoch rechtswidrig, soweit in ihr aus Vereinfachungsgründen saldiert Sachverhalte berücksichtigt worden sind, für die im März 2003 keine Tatbestandsverwirklichung gegeben ist, sondern die die Monate Januar und Februar 2003 betreffen. Eine Haftung des Klägers kommt daher allenfalls für folgende Sachverhalte, die den März 2003 betreffen und von der Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vgl. Tz.16 a bis 16 d und Anlage 1 und 2 des Berichts über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung) beanstandet wurden, in Betracht:

132

Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003 R Leasing KFZ ./. 2.122,60 €
Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003 Mietvertrag Ehefrau des Klägers Klägers ./. 1.448,28 €
Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003 R Leasing Telefonanlage ./. 58,12 €
Nicht gewährte Vorsteuer für März 2003 P Provisionen ./. 534,43 €
Maximale Haftsumme für März 2003 4.163,43 €

133b) Für die vorgenannten Sachverhalte liegen jedoch keine grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Klägers darin, dass die A-GmbH die vorgenannten Vorsteuerbeträge durch das Steuerbüro N & Q in der Umsatzsteuersteuer-Voranmeldung für März 2003 geltend gemacht und er die Voranmeldungen nicht gesondert überprüft hat.

134Für die Vorsteuerbeträge aus dem Leasingvertrag zwischen der R Leasing und der A-GmbH wird hierfür zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen unter II.2.c Bezug genommen. Auch in Bezug auf die geltend gemachte Vorsteuer aus den Provisionsrechnungen der Firma P kann der Senat keine grob fahrlässige Pflichtverletzung in der Auswahl und Überwachung des beauftragten Steuerbüros N & Q erkennen. Selbst wenn es rechtlich zutreffend sein sollte, den Vorsteuerabzug aufgrund einer falschen Rechnungsanschrift des Ausstellers zu versagen (wie die Umsatzsteuer-Sonderprüfung meint), handelt es sich auch hier nur um einen formalen Rechnungsfehler. Ein besonderer Umstand, der den Kläger hätte verleiten müssen, die geltend gemachte Vorsteuer aus den Provisionsrechnungen in der Voranmeldung für März 2003 besonders zu überprüfen, ist nicht ersichtlich.

135d) Anders als der Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, kann die Haftung auch nicht kompensatorisch teilweise darauf gestützt werden, dass im Laufe des Verfahrens bei Absenkung der Haftsumme für März 2003 die Vorsteuerbeträge aus den Vermietungsleistungen des Vermieters M für Januar 2003 und Februar 2003 (jeweils 1.565 €) bei Ermittlung der Umsatzsteuer für März 2003 zu Gunsten des Klägers abgezogen worden sind. Der Beklagte übersieht, dass im Rahmen des Haftungsrechts für eine kompensatorische Betrachtung kein Raum besteht, da der Haftungsbescheid sachverhaltsbezogen ist und im Wege der Kompensation keine neuen haftungsbegründenden Lebenssachverhalte nachgeschoben werden können (vgl. Rüsken in Klein, AO, 11. Auflage, § 191 Tz. 75)

1364. Schließlich ist auch die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für den Voranmeldungszeitraum Juni 2003 rechtswidrig. Denn der Beklagte hätte trotz pflichtwidrig verspäteter Abgabe der Voranmeldung durch eine Bearbeitung der fristgerecht abgegebenen Voranmeldungen für April 2003 und Mai 2003 und der Verrechnung der angemeldeten Erstattungsbeträge mit der Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 einen Schaden für den Fiskus vermeiden können und müssen.

137Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht für den Senat fest, dass die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der A-GmbH für April und Mai 2003 dem Beklagten fristgerecht vorlagen (so die Vertreterin des Beklagten im Erörterungstermin vom 18. November 2008), die Umsatzsteuer-Sonderprüferin die zugehörigen Original-Belege während der Prüfung mitgenommen hat und diese an Amts Stelle verloren gingen. Die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen wiesen insgesamt einen Vorsteuerüberhang in Höhe von 13.265 € aus, was dem Kläger am 13. August 2003 schriftlich durch seinen zuständigen Sachbearbeiter beim Steuerbüro N & Q bestätigt wurde. Dieser kündigte zugleich an, einen Verrechnungsantrag mit der anzumeldenden Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 zu beantragen. Hierauf durfte sich der Kläger auch verlassen.

138Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.9. 2012 – 9 K 9161/10 (veröffentlicht in juris)  trotz Verwirklichung des subjektiven und objektiven Tatbestands des § 69 i. V. m. § 34 AO nicht, wenn die Umsatzsteuerschuld innerhalb des Haftungszeitraums bei Einhaltung der gem. § 225 Abs. 2 AO für Verrechnungen vorgesehenen Tilgungsreihenfolge durch das Finanzamt vollständig getilgt gewesen wäre. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Bei fristgerechter Bearbeitung der Voranmeldungen für April und Mai 2003 hätte das damals zuständige Finanzamt C den angemeldeten Vorsteuerüberhängen zugestimmt und das höhere Guthaben aufgrund des Verrechnungsantrags mit der angemeldeten Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 verrechnet, woraufhin rückwirkend auf den 10. August 2003 — innerhalb des Haftungszeitraums — die Umsatzsteuerschuld für Juni 2003 getilgt gewesen wäre.

1395. Hinsichtlich einer Haftung des Klägers aus der Berechnung von Dienstleistungen der A-GmbH zwischen April und Dezember 2002 in einer Rechnung vom 21. Mai 2003 an die J AG über 131.800 €, die die A-GmbH wegen eines ausländischen Leistungsorts (§ 3a Abs. 4 i.V.m. § 3a Abs. 3 UStG) als nicht steuerbar behandelt hat, kommt eine Haftung des Klägers weder wegen Umsatzsteuer 2002 noch für März 2003 in Betracht.

140Es fehlen konkrete Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüferin, warum die Behandlung des Sachverhalts durch die A-GmbH fehlerhaft gewesen sein und für welchen Zeitraum bei richtiger Behandlung welcher Betrag an Mehr-Umsatzsteuer geschuldet werden sollte. Die Sonderprüferin hat diesen Lebenssachverhalt statt nach den Regeln der Sollversteuerung unzutreffend im Wege der Istversteuerung behandelt, indem sie aus den eingegangenen Rechnungsbeträgen für die Veräußerung des IT-Geschäftsbereichs und für die abgerechneten Dienstleistungen als Bruttobeträgen die Umsatzsteuer herausgerechnet hat. Dieser Sachbehandlung ist auch der Beklagte in der Einspruchsentscheidung für den Haftungsbescheid gefolgt.

141Wenn nunmehr im gerichtlichen Verfahren die Haftung auf die Regeln der Sollversteuerung für das Jahr 2002 oder teilweise für März 2003 (aufgrund auf der Rechnung vom 21. Mai 2003 bescheinigter Akontozahlungen) gestützt wird, liegt darin nach Auffassung des Senats eine nachträgliche — unzulässige — Einführung eines neuen Lebenssachverhalts in den Haftungsbescheid (vgl. hierzu ebenfalls Rüsken in Klein, AO, 11. Auflage, § 191, Tz. 75).

1426. Der Haftungsbescheid ist auch im Hinblick auf die Haftungsinanspruchnahme des Klägers für Zinsen zur Umsatzsteuer 2002 rechtswidrig.

143Grundsätzlich kann zwar der Vertreter einer juristischen Person gemäß § 69 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 4 AO auch für Zinsen in Haftung genommen werden, die infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht erfüllt worden sind (vgl. das BFH-Urteil vom 1. August 2000 VII R 110/99, BStBl 2001, 271). Feststellungen über eine Pflichtverletzung des Klägers, die zur Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer 2002 geführt haben, hat der Beklagte jedoch nicht getroffen. Er hat die Umsatzsteuer 2002 und die Zinsen erst nach Abberufung des Klägers als Geschäftsführer festgesetzt. Dies geht zu Lasten des Beklagten. Zudem könnte sich selbst eine bei der Nichtentrichtung von Steuerschulden begangene schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers auf die Haftung für die Festsetzung der Zinsen nicht auswirken, da es sich insoweit um einen Anspruch des Steuergläubigers handelt, der erst mit seiner Festsetzung entsteht und erst zu diesem Zeitpunkt fällig wird (Beschluss des FG München vom 19.10.2010 – 14 V 2886/10, juris).

1447. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu.

145Der Streitfall wirft die vom Senat für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage auf, ob ein Geschäftsführer bei der Entscheidung, ein Veräußerungsgeschäft als nicht umsatzsteuerbar in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Gesellschaft zu behandeln, eine grob fahrlässige Pflichtverletzung i.S.d. § 69 AO vermeiden kann, wenn er — nach steuerlicher Beratung — mit der Vertragspartei der Gesellschaft eine Netto-Kaufpreisvereinbarung abschließt  und der Gesellschaft ein zivilrechtliches Nachforderungsrecht für die Umsatzsteuer verschafft, die bei abweichender rechtlicher Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzamt eingreifen kann.

146Zudem hält der Senat im Rahmen des § 1 Abs. 1a UStG die Frage für klärungsbedürftig, innerhalb welchen Zeitraums nach Veräußerung eines Teilvermögens auf Grundlage der vorzunehmenden Gesamtwürdigung feststehen muss, dass der Erwerber das Unternehmen fortführt und ob der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Erwerber über dessen — zwischenzeitliche — Stellung als Kommissionär im Rahmen einer Leistungsverkaufskommission die Anwendung der Regelungen über Geschäftsveräußerung im Ganzen in Frage stellt.

147Schließlich wurde im Hinblick auf das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.9. 2012 – 9 K 9161/10 (veröffentlicht in juris) die Revision unter dem Aktenzeichen VII R 28/13 zugelassen, sodass auch insoweit die Rechtssache Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

1488. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135, 136 und 137 Satz 2 FGO.

149Der Senat hat aufgrund der Abhilfe durch den Beklagten im teilweise geänderten Haftungsbescheid vom 10. Oktober 2008 die Kosten nach Verfahrensabschnitten aufgeteilt. Im ersten Verfahrensabschnitt hat der Kläger zwar obsiegt. Er trägt jedoch dennoch anteilig die Kosten des Verfahrens gemäß § 137 Satz 2 FGO, da er die zur Abhilfe des Beklagten führenden Unterlagen (Mietvertrag der A-GmbH mit dem Vermieter M) schuldhaft verspätet erstmals im Klageverfahren vorgelegt hat, obwohl er hierzu bereits in der Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufgefordert worden war. In den übrigen Verfahrensabschnitten bis zum teilweise abhelfenden Haftungsbescheid vom 10. März 2009 und bis zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger aus Rechtsgründen weit überwiegend obsiegt. Sein Unterliegen in diesen Verfahrensabschnitten ist geringfügig, sodass dem Beklagten die Kosten vollständig aufzuerlegen waren (§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO). In dieser Aufteilung der Kosten nach Verfahrensabschnitten liegt kein Verstoß gegen das Gebot, eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Ratschow in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 135 Tz. 5).

1509. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.