Wegweisendes Urteil zur tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ausländischer Holdinggesellschaften

Das Finanzgericht Münster hat am 6. Februar 2024 in einem bedeutsamen Urteil (Az. 2 K 842/19 F) wichtige Kriterien für den Nachweis der tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) definiert. Diese Entscheidung, die sich auf die Aktivitäten einer Kapitalgesellschaft belgischen Rechts bezieht, hat signifikante Implikationen für die steuerliche Bewertung von Einkünften ausländischer Holdinggesellschaften.

Hintergrund des Falles

Die Entscheidung betrifft eine deutsche Kapitalgesellschaft, die fast vollständig Anteile an einer belgischen NV hielt, welche als Holding- und Managementgesellschaft fungierte. Die NV war aktiv in der Vergabe von Darlehen, der Beratung, sowie im Kauf und Verkauf von Unternehmensbeteiligungen. Trotz der Generierung substantieller Einkünfte aus diesen Aktivitäten wurde in Belgien keine Ertragsteuer festgesetzt, was das Finanzamt dazu veranlasste, die Einkünfte als Zwischeneinkünfte im Sinne der Hinzurechnungsbesteuerung zu klassifizieren.

Kernpunkte des Urteils

Das Finanzgericht Münster stellte fest, dass die NV nicht als Zwischengesellschaft anzusehen ist, da sie einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit in Belgien nachging. Das Gericht legte dar, dass eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, wenn:

  1. Stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben: Die NV nahm durch ihre Geschäftsaktivitäten aktiv, ständig und nachhaltig am Wirtschaftsleben teil.
  2. Feste Geschäftseinrichtung: Die Gesellschaft verfügte über qualifiziertes Personal und geeignete Geschäftsräume in Belgien, was eine ausreichende wirtschaftliche „Substanz“ zur Ausübung ihrer Tätigkeiten bildete.
  3. Nachhaltige Erzielung von Einkünften: Die NV erzielte ihre Einkünfte aus eigener Tätigkeit, und nicht lediglich durch die Weiterleitung von Mitteln oder ähnliche passive Aktivitäten.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil ist von großer Relevanz für die steuerrechtliche Praxis, da es klarstellt, dass die bloße Anmietung von Büroflächen und die Beschäftigung von Personal in einer festen Geschäftseinrichtung zur Teilnahme am wirtschaftlichen Leben eines Landes ausreichen kann. Dies ist insbesondere wichtig für Holdinggesellschaften, die oft als reine Finanzinvestoren angesehen werden, aber durchaus eine aktive und substantielle Rolle im Wirtschaftsgeschehen spielen können.

Praktische Auswirkungen:

  • Steuerliche Entlastung: Unternehmen mit ähnlichen Konstellationen könnten durch dieses Urteil eine steuerliche Entlastung erfahren, da ihre ausländischen Gesellschaften nicht automatisch als passive Zwischengesellschaften klassifiziert werden.
  • Planungssicherheit: Die Entscheidung gibt Unternehmen eine klarere Richtlinie, wie sie ihre ausländischen Holdings strukturieren sollten, um nicht unter die Hinzurechnungsbesteuerung zu fallen.
  • Gestaltungsmöglichkeiten: Sie eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten durch die gezielte Nutzung ausländischer Gesellschaften innerhalb der EU, sofern eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit nachgewiesen werden kann.

Fazit

Das Urteil des Finanzgerichts Münster verdeutlicht die Bedeutung einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit für die steuerliche Bewertung und bietet eine wichtige Rechtsgrundlage für die Strukturierung internationaler Geschäftsaktivitäten. Unternehmen sollten dieses Urteil als Ausgangspunkt nutzen, um ihre internationalen Aktivitäten und die damit verbundene steuerliche Planung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.