Nahrungsergänzungsmittel bei Krebserkrankung – steuerlich nicht absetzbar?

Die steuerliche Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist häufig Gegenstand von Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden. Besonders heikel ist die Frage, ob ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel, etwa zur Unterstützung bei schweren Krankheiten wie Krebs, steuerlich abzugsfähig sind.

Das Finanzgericht München hat sich dieser Thematik nun angenommen – mit einer aus Sicht vieler Betroffener enttäuschenden Entscheidung: Kein steuerlicher Abzug, auch bei ärztlicher Verordnung und medizinischer Indikation.


Der Streitfall: Krebsdiagnose, hohe Kosten – keine steuerliche Entlastung?

Ein Ehepaar machte in den Jahren 2019 und 2020 über 20.000 Euro für ärztlich verordnete Nahrungsergänzungsmittel im Rahmen einer Krebstherapie als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Ehemann leidet an einem metastasierenden Prostatakarzinom – unheilbar, mit schweren Nebenwirkungen durch Chemo- und Hormontherapie. Die Präparate dienten laut ärztlicher Empfehlung der Linderung therapiebedingter Beschwerden.

Das Finanzamt lehnte den Abzug ab – mit Verweis auf § 12 Nr. 1 EStG (Kosten der privaten Lebensführung) und § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG (Abzugsverbot für Diätverpflegung).


Das Urteil: Lebensmittel bleiben Lebensmittel – auch bei Krebs

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die entscheidenden Argumente:

🔍 Nahrungsergänzungsmittel gelten steuerlich als Lebensmittel, nicht als Arzneimittel – auch dann, wenn sie ärztlich verordnet werden.

⚖️ Eine steuerliche Berücksichtigung als Krankheitskosten nach § 33 EStG scheidet damit aus, weil der Gesetzgeber Diätverpflegung und vergleichbare Produkte explizit vom Abzug ausgeschlossen hat.

💬 Selbst bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs sei es steuerlich unerheblich, ob die Einnahme medizinisch notwendig sei – solange kein Arzneimittelstatus vorliegt.

Das Gericht verwies zudem auf ein BFH-Urteil von 2007 (Az. III R 48/04), wonach auch medizinisch indizierte Sonderdiäten steuerlich nicht abziehbar sind.


Revision zugelassen – BFH muss entscheiden

Das Finanzgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof (VI R 23/24) zugelassen. Es ist das erste Mal, dass der BFH sich mit der Frage befasst, ob bei schwerer Krankheit wie Krebs Nahrungsergänzungsmittel ausnahmsweise als zwangsläufige Aufwendungen anerkannt werden können.

Auch wenn die Chancen auf einen Kurswechsel aus Sicht vieler Steuerexpert:innen eher gering erscheinen, bleibt das Verfahren für Betroffene von hoher Bedeutung.


💡 Praxistipp: Einspruch einlegen – mit Hinweis auf das Musterverfahren

💬 Betroffene Steuerpflichtige sollten aktuell gegen ablehnende Einkommensteuerbescheide Einspruch einlegen – mit Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren VI R 23/24. So sichern Sie sich Ihre Rechte, falls es doch zu einer positiven Entscheidung kommen sollte.


💬 Fazit: Strenge Linie bei Nahrungsergänzungsmitteln bleibt bestehen – vorerst

Die Entscheidung zeigt erneut die strikte Trennung zwischen medizinisch notwendigen Arzneien und allgemein zugänglichen Produkten des Lebensmitteleinzelhandels. Ärztliche Empfehlung allein reicht für den steuerlichen Abzug nicht aus. Entscheidend ist der Arzneimittelstatus – und dieser fehlt bei Nahrungsergänzungsmitteln regelmäßig.


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