Betriebsprüfung: So kann das Finanzamt auch bestandskräftige Bescheide noch ändern

Was viele nicht wissen: Auch alte Steuerbescheide sind nicht immer „in Stein gemeißelt“

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wiegen sich in Sicherheit, wenn ein Steuerbescheid nach Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig geworden ist. Doch im Rahmen einer späteren Außenprüfung kann das Finanzamt auch solche alten, eigentlich „feststehenden“ Bescheide nachträglich noch ändern – und das ganz legal.

Die rechtliche Grundlage dafür ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Dieser Paragraph erlaubt dem Finanzamt, Steuerbescheide zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn nachträglich steuerlich relevante Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden. Das betrifft insbesondere Unregelmäßigkeiten bei der Kassenführung oder Belegsammlung.


Was genau zählt als „nachträglich bekannt gewordene Tatsache“?

Eine Tatsache im Sinne des § 173 AO ist alles, was Merkmal eines Steuertatbestands sein kann – etwa der Zustand Ihrer Buchführung, der Inhalt von Kassenberichten oder das Vorhandensein (oder Fehlen) von Z-Bons.

Wichtig: Es geht nicht darum, ob ein Steuerbescheid „falsch“ war – sondern darum, ob das Finanzamt bei der Veranlagung eine steuerlich relevante Information nicht hatte, die sich nachträglich – z. B. bei einer Betriebsprüfung – ergibt.


Beispiel aus der Praxis: Schätzung wegen formeller Mängel

Ein klassischer Fall: Ein Unternehmer reicht eine Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ein. Die Buchhaltung scheint in Ordnung, der Steuerbescheid ergeht erklärungsgemäß. Jahre später kommt die Betriebsprüfung – und stellt fest, dass die Kassenberichte lückenhaft oder formal nicht ordnungsgemäß sind.

Das allein kann schon ausreichen, um den Steuerbescheid zu ändern. Denn das Finanzamt ist dann zur Schätzung berechtigt (§ 162 AO). Und eine Schätzung führt meist zu einer höheren Steuer.


Wann ist eine nachträgliche Änderung möglich?

Für eine nachträgliche Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Nachträgliche Bekanntgabe: Die Tatsache war schon zum Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheids vorhanden, wurde aber erst später – z. B. durch eine Betriebsprüfung – bekannt.
  • Rechtserheblichkeit: Das Finanzamt hätte bei Kenntnis der Tatsache eine andere Steuer festgesetzt.
  • Ursächlichkeit: Die fehlende Kenntnis der Tatsache war ursächlich für die damalige Steuerfestsetzung.

Was bedeutet das für Unternehmer?

Auch wenn keine Buchführungspflicht besteht, etwa bei Einnahmenüberschussrechnungen, ist eine ordentliche Belegsammlung und nachvollziehbare Dokumentation unerlässlich. Schon formelle Mängel in der Kassenführung – etwa fehlende oder unvollständige Z-Bons – können zu Steuernachforderungen und Schätzungen führen.

Insbesondere bei Barumsätzen sollten die Aufzeichnungen so geführt werden, dass sie einer Außenprüfung standhalten – auch Jahre später.


Fazit: Vorsicht ist besser als Steuernachzahlung

Steuerbescheide sind nicht immer endgültig – eine Außenprüfung kann auch lange zurückliegende Jahre noch teuer machen, wenn neue Tatsachen auftauchen. Deshalb lohnt sich eine prüfungsfeste Dokumentation der Geschäftsvorgänge, auch im Kleingewerbe oder bei Einnahmenüberschussrechnung.

Als Steuerberater unterstützen wir Sie dabei, Ihre Buchführung auf sichere Füße zu stellen, Mängel frühzeitig zu erkennen – und bei Bedarf Ihre Position in einer Betriebsprüfung kompetent zu vertreten.


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