Wer als Unternehmer oder Auftragnehmer die Gefahr einer Scheinselbständigkeit nicht eindeutig ausschließen kann, sollte dringend das Statusfeststellungsverfahren in Betracht ziehen. Seit dem 01.04.2022 bietet die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mit ihrer Clearingstelle deutlich mehr Möglichkeiten zur rechtssicheren Klärung – sogar bevor ein Auftrag überhaupt beginnt.
Was ist Scheinselbständigkeit überhaupt?
Unter Scheinselbständigkeit versteht man den Fall, dass eine Tätigkeit formal als selbständig deklariert ist, tatsächlich aber alle Merkmale einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung aufweist. Die Folge: Rückwirkende Beitragspflichten zur Sozialversicherung – nicht selten für mehrere Jahre – und teure Nachzahlungen für Auftraggeber sowie Auftragnehmer.
Typische Merkmale einer Beschäftigung sind zum Beispiel:
- Weisungsgebundenheit
- Eingliederung in betriebliche Abläufe des Auftraggebers
- Kein eigenes unternehmerisches Risiko
- Keine eigenen Mitarbeiter oder Geschäftsräume
- Nutzung der Infrastruktur des Auftraggebers
Das optionale Statusfeststellungsverfahren – eine Chance zur Klarheit
Das Statusverfahren (§ 7a SGB IV) ist ein von der DRV durchgeführtes Verwaltungsverfahren, bei dem verbindlich festgestellt wird, ob eine Tätigkeit als selbständig oder abhängig einzustufen ist. Besonders vorteilhaft: Seit April 2022 kann eine Prognoseentscheidung sogar für geplante Tätigkeiten beantragt werden – also bevor der erste Auftrag überhaupt begonnen hat.
Wer ist zuständig?
Die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) ist die zentrale Stelle für das Statusfeststellungsverfahren.
Wann sollte man einen Antrag stellen – und wann nicht?
Grundsätzlich empfiehlt sich der Antrag für:
- Freelancer, Soloselbständige oder Interimsmanager, die regelmäßig für wenige Auftraggeber tätig sind.
- Auftraggeber, die sich absichern möchten und keine Haftungsrisiken eingehen wollen.
- Vermittelte Vertragsverhältnisse (z.B. über Agenturen oder Plattformen – sog. Dreiecksverhältnisse).
Wer hingegen langjährig etablierte Strukturen mit klarer Unternehmereigenschaft hat, kann unter Umständen auf eine Antragstellung verzichten – aber das sollte gut begründet sein.
Was ist neu seit April 2022?
- Prognoseentscheidung: Schon vor Vertragsbeginn kann verbindlich geklärt werden, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
- Gruppenfeststellung: Bei mehreren gleichgelagerten Vertragsverhältnissen (z. B. bei mehreren Freelancern mit identischem Vertrag) kann ein Sammelantrag gestellt werden.
- Statusfeststellung bei Dreiecksverhältnissen: Auch bei Vermittlungen durch Plattformen oder Agenturen ist eine Bewertung möglich.
Fristen und Antragstellung im Überblick
- Innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsbeginn: Das reguläre Anfrageverfahren mit Rückwirkung.
- Nach Ablauf des ersten Monats: Das Verfahren ist nur noch mit Wirkung für die Zukunft möglich – daher rechtzeitig handeln!
Was geschieht nach dem Statusverfahren?
Die DRV entscheidet durch Verwaltungsakt. Die Umsetzung in der Praxis – etwa beim Lohnsteuerabzug oder der Meldung zur Sozialversicherung – bleibt in der Verantwortung der Beteiligten. Wichtig: Ändern sich die Verhältnisse, muss ein Überprüfungsantrag gestellt werden.
Worauf Steuerberater und Mandanten achten sollten
- Vertretung im Verfahren: Steuerberater dürfen Mandanten im Statusverfahren nicht automatisch vertreten – es braucht eine schriftliche Vollmacht oder alternativ eine arbeitsrechtlich versierte Vertretung.
- Informationspflicht: Steuerkanzleien sind nicht gesetzlich verpflichtet, ihre Mandanten aktiv auf das Statusverfahren hinzuweisen. Aber: Unterlassene Hinweise können im Haftungsfall relevant werden – besonders bei wirtschaftlich schwerwiegenden Konsequenzen durch festgestellte Scheinselbständigkeit.
Fazit: Rechtssicherheit statt Risiko
Das Statusfeststellungsverfahren ist das beste Instrument, um dem Vorwurf der Scheinselbständigkeit proaktiv zu begegnen. Wer beruflich auf der Grenze zwischen Selbständigkeit und Beschäftigung agiert – oder Auftraggeber in diesem Umfeld ist – sollte sich frühzeitig und rechtzeitig um Klarheit bemühen.
Denn wer erst bei einer Betriebsprüfung oder Sozialversicherungsprüfung davon erfährt, dass ein Auftragnehmer als abhängig Beschäftigter eingestuft wird, hat meist schon verloren – und zahlt teuer.
Tipp: Lassen Sie sich steuerlich und sozialversicherungsrechtlich beraten, bevor Sie neue Vertragsverhältnisse eingehen – insbesondere bei grenzwertigen Konstellationen.
Sie möchten das Risiko der Scheinselbständigkeit sicher ausschließen?
Dann unterstützen wir Sie gern bei der Antragstellung und der Vorbereitung auf das Statusverfahren.
Kontaktieren Sie uns – wir helfen Ihnen, rechtssicher zu bleiben.