BFH-Urteil zur Gewerbesteuer bei doppelstöckigen Personengesellschaften: Keine Aufteilung des Veräußerungsgewinns

BFH, Urteil vom 08.05.2025 – IV R 40/22


Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 8. Mai 2025 (Az. IV R 40/22) eine wichtige Entscheidung zur gewerbesteuerrechtlichen Behandlung von Anteilsveräußerungen bei doppelstöckigen Personengesellschaftsstrukturen getroffen. Im Fokus steht die Frage, wie ein Veräußerungsgewinn einer Oberpersonengesellschaft steuerlich zu behandeln ist, wenn deren Beteiligung an einer Unterpersonengesellschaft stille Reserven enthält.

Kernaussagen des Urteils

Der BFH stellt in seinem Urteil klar:

  • Der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft unterfällt dem Tatbestand des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG.
  • Eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns auf stille Reserven der Ober- und Unterpersonengesellschaft ist nicht vorzunehmen. Es handelt sich um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang, der ausschließlich der Obergesellschaft zuzurechnen ist.
  • Auch soweit der Veräußerungsgewinn wirtschaftlich auf stille Reserven der Unterpersonengesellschaft entfällt, ist keine Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 2 GewStG möglich.
  • Darüber hinaus ist § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG nicht anwendbar, wenn eine Oberpersonengesellschaft ihre Beteiligung an einer Unterpersonengesellschaft veräußert, selbst wenn deren Erträge teilweise von der Gewerbesteuer befreit wären.

Hintergrund: Doppelstöckige Personengesellschaften im Gewerbesteuerrecht

Doppelstöckige Personengesellschaften – also Beteiligungsverhältnisse, bei denen eine Personengesellschaft Anteile an einer weiteren Personengesellschaft hält – sind in der steuerlichen Praxis weit verbreitet. Insbesondere im Mittelstand und bei Familienunternehmen kommen solche Strukturen häufig vor. Die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen in diesen Konstellationen war bislang nicht eindeutig geregelt – insbesondere, wenn stille Reserven sowohl auf der Ebene der Ober- als auch der Untergesellschaft vorhanden waren.

Praxisfolgen der Entscheidung

Das Urteil bringt wichtige Klarheit, aber auch neue Herausforderungen:

  • Veräußerungsgewinne aus Anteilen an Obergesellschaften sind in voller Höhe der Gewerbesteuer zu unterwerfen – auch wenn ein Teil der Wertsteigerung faktisch auf die Untergesellschaft zurückzuführen ist.
  • Die bisher vertretene Ansicht, dass anteilige Kürzungen oder Steuerbefreiungen möglich seien (insbesondere bei befreiten Tätigkeiten der Untergesellschaft), ist mit dieser Entscheidung hinfällig.
  • Gestaltungen, die auf eine steuerliche Entlastung über § 9 Nr. 2 oder § 3 Nr. 20 GewStG zielten, müssen kritisch hinterfragt und gegebenenfalls neu bewertet werden.

Fazit

Der BFH stellt mit seiner Entscheidung ein weiteres Mal klar, dass die gewerbesteuerliche Behandlung von Veräußerungsvorgängen streng formalistisch zu beurteilen ist. Für steuerliche Berater und Unternehmensverantwortliche bedeutet dies: Sorgfältige Prüfung bestehender Strukturen und eine vorausschauende Gestaltung sind unerlässlich, um steuerliche Risiken bei Anteilsveräußerungen zu vermeiden.


Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.05.2025 – IV R 40/22