BFH, Urteil vom 30.04.2025 – X R 12/13/22
(Pressemitteilung vom 17.07.2025)
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 30. April 2025 klargestellt, wann Provisionsansprüche von Versicherungsvertretern gewinnerhöhend zu aktivieren sind – und wann es sich lediglich um nicht steuerpflichtige Vorschüsse handelt.
💡 Der Kern des Urteils:
- Vertragsgestaltung entscheidend:
Der Zeitpunkt der Aktivierung richtet sich nicht pauschal nach dem Gesetz, sondern nach der konkreten Provisionsregelung im Vermittlungsvertrag. Diese kann sich am gesetzlichen Leitbild des § 92 Abs. 4 HGB orientieren – muss es aber nicht. - Provisionsvorschüsse ≠ Erträge:
Ist der Provisionsanspruch zum Bilanzstichtag noch nicht entstanden, etwa weil eine Stornohaftungszeit läuft, gelten vom Auftraggeber bereits ausgezahlte Beträge nur als Vorschüsse. Diese sind beim Versicherungsvertreter als Verbindlichkeit (Anzahlung) zu passivieren – es entsteht noch kein Gewinn. - Grenzen der Schätzung durch das Finanzamt:
Der BFH betont, dass das Finanzamt nicht ganze Sachverhalte oder rechtliche Bewertungen schätzen darf. Schätzungen nach § 162 AO dürfen sich nur auf Mengen oder Werte (quantitative Größen) beziehen.
📌 Hintergrund: § 92 Abs. 4 HGB
Das Handelsgesetzbuch sieht vor, dass ein Provisionsanspruch grundsätzlich erst dann entsteht, wenn der vermittelten Vertrag vom Versicherungsunternehmen vollständig erfüllt wurde. Viele Verträge enthalten jedoch abweichende Vereinbarungen – z. B. zu Vorauszahlungen oder gestaffelten Provisionen.
🧾 Praxishinweis für Versicherungsvertreter & Steuerberater
- Prüfen Sie stets die konkrete Provisionsregelung im Vertretervertrag!
- Bestehen Stornohaftungsfristen oder Rückzahlungsverpflichtungen, ist zurückhaltend zu bilanzieren.
- Vorschüsse sind keine Betriebseinnahmen, sondern Verbindlichkeiten, solange der Provisionsanspruch nicht sicher entstanden ist.
- Bei Betriebsprüfungen kann eine unzutreffende Aktivierung zu Steuernachzahlungen führen.
✅ Fazit:
Die Aktivierung von Provisionsansprüchen erfordert eine sorgfältige Vertragsauslegung. Nur wenn ein Anspruch rechtlich entstanden und wirtschaftlich realisiert ist, darf dieser in der Bilanz als Forderung oder Ertrag erscheinen. Steuerberater sollten hier genau hinsehen und ihre Mandanten – insbesondere Handelsvertreter – bei der richtigen bilanziellen Behandlung unterstützen.
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