BFH: Umsatzsteuerfreiheit gilt auch bei vertretungsweisem Notfalldienst durch Ärzte

Mit Urteil vom 14. Mai 2025 (XI R 24/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine wichtige Entscheidung für selbstständige Ärztinnen und Ärzte getroffen: Auch die vertretungsweise Übernahme ärztlicher Notfalldienste gegen Entgelt ist umsatzsteuerfrei, sofern sie dem Zweck der Heilbehandlung dient.

Diese Entscheidung sorgt für Rechtssicherheit – vor allem in Regionen, in denen Notfalldienste flexibel zwischen Ärztinnen und Ärzten untereinander vertreten werden.


⚖️ Worum ging es konkret?

Ein selbstständiger Arzt hatte mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe eine Vereinbarung zur freiwilligen Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst geschlossen. Zwischen 2012 und 2016 übernahm er regelmäßig Notfalldienste (Sitz- und Fahrdienste) für andere niedergelassene Ärzte – gegen Abrechnung eines Stundenlohns (20–40 €).

Das Finanzamt (und zunächst auch das Finanzgericht) bewertete diese Leistungen nicht als Heilbehandlung, sondern als umsatzsteuerpflichtige Vertretungstätigkeit – mit der Folge: Umsatzsteuer auf alle erhaltenen Entgelte.


BFH sieht das anders – und gibt dem Arzt Recht

Der Bundesfinanzhof urteilte jedoch: Die Tätigkeit des Arztes diente der unmittelbaren medizinischen Versorgung von Notfallpatienten und stellt damit eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG dar – unabhängig davon, ob der Dienst im eigenen Namen oder für einen Kollegen übernommen wurde.

Die Argumentation:

  • Der Vertreter entlastet den eingeteilten Arzt nur dadurch, dass er selbst ärztlich tätig wird.
  • Der Notfalldienst sei Teil der medizinischen Grundversorgung – auch an Wochenenden oder außerhalb regulärer Sprechzeiten.
  • Die Leistung gegenüber dem Patienten ist entscheidend – nicht das Innenverhältnis zwischen Arzt und Arzt.
  • Es kommt nicht darauf an, ob und wie viele Patienten tatsächlich versorgt wurden – entscheidend ist die Bereitschaft zur Heilbehandlung.

🔍 Was bedeutet das für die Praxis?

SituationUSt-Folgen nach dem BFH-Urteil
Ein Arzt übernimmt gegen Entgelt den Notfalldienst eines Kollegen (z. B. Wochenende)umsatzsteuerfrei, da ärztliche Heilbehandlung
Abrechnung erfolgt auf Stundenbasisunerheblich für die Steuerfreiheit, wenn ärztliche Tätigkeit erbracht wird
Notfalldienst wird nicht im eigenen Namen, sondern im Namen des Kollegen geleistetAuch dann umsatzsteuerfrei, wenn eigenverantwortliche medizinische Leistung erbracht wird

Wichtig: Die Entscheidung basiert auf der tätigkeitsbezogenen Betrachtung – nicht auf formellen Abrechnungsverhältnissen. Entscheidend ist die tatsächliche medizinische Versorgung von Patienten im Rahmen des Notfalldienstes.


📌 Praxistipp für Ärztinnen und Ärzte

  • Verzicht auf Umsatzsteuer ist zulässig, wenn Sie vertretungsweise medizinische Notfalldienste übernehmen.
  • Dokumentieren Sie die Tätigkeit klar als Heilbehandlung (z. B. Einsatzzeiten, Dienstinhalte).
  • Weisen Sie keine Umsatzsteuer auf Ihren Abrechnungen aus – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Klären Sie im Zweifel mit Ihrer Steuerberatung, ob die Tätigkeit wirklich unter die Steuerbefreiung fällt.

💬 Unser Fazit

Der BFH stellt klar: Medizinische Leistungen bleiben medizinisch – auch wenn sie im Vertretungsfall erbracht werden.
Das Urteil bringt mehr Rechtssicherheit für freiberufliche Ärztinnen und Ärzte, insbesondere bei kooperativen Notfalldienstmodellen. Für die Praxis bedeutet das: Weniger Bürokratie, mehr Klarheit – und keine unnötige Umsatzsteuerbelastung.


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Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 47/25 vom 24.07.2025 zum Urteil XI R 24/23