BFH: AfA nach Wegfall der gewerblichen Prägung einer Personengesellschaft – rückwirkendes Ereignis möglich

BFH, Urteil vom 03.06.2025 – IX R 18/24

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, wie die Absetzungen für Abnutzung (AfA) zu bemessen sind, wenn eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ihre gewerbliche Prägung verliert und fortan nur noch vermögensverwaltend tätig ist.


1. Hintergrund

  • Gewerblich geprägte Personengesellschaft: z. B. GmbH & Co. KG, deren alleinige Komplementärin eine Kapitalgesellschaft ist.
  • Wegfall der Prägung: Wenn die Voraussetzungen entfallen (z. B. durch Gesellschafterwechsel), endet die gewerbliche Tätigkeit und es kommt zur Betriebsaufgabe.
  • Folge: Wirtschaftsgüter werden ins Privatvermögen überführt, aber oft weiterhin vermietet.

2. Kernaussagen des BFH

AfA-Bemessungsgrundlage

  • Maßgeblich ist der gemeine Wert, der im Rahmen der Betriebsaufgabe steuerlich erfasst wurde.
  • Dies gilt auch, wenn der angesetzte gemeine Wert fehlerhaft war.
    ➡️ Damit stellt sich der BFH gegen die ältere Rechtsprechung (XI R 5/90).

Nutzung im Privatvermögen

  • Die überführten Wirtschaftsgüter können weiterhin zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt werden.
  • Die AfA richtet sich auch hier nach dem bei der Betriebsaufgabe erfassten gemeinen Wert.

Rückwirkendes Ereignis

  • Wird ein Bescheid aufgehoben, der Bindungswirkung für einen anderen Bescheid hat, kann dies ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellen.
  • Folge: Eine Änderung des betroffenen Bescheids ist möglich.

3. Bedeutung für die Praxis

  • Steuerliche Endgültigkeit: Fehler beim gemeinen Wert wirken sich dauerhaft auf die AfA-Berechnung aus – auch in den Folgejahren.
  • Gestaltungsrelevanz: Bei Wegfall der gewerblichen Prägung sollte der gemeine Wert sorgfältig geprüft und dokumentiert werden.
  • Rückwirkendes Ereignis: Bescheidaufhebungen in verbundenen Verfahren können Änderungen nach § 175 AO auslösen.

💡 Praxis-Hinweis:
Bei Umwandlungen oder Gesellschafterwechseln, die zum Wegfall der gewerblichen Prägung führen, lohnt es sich, bereits im Jahr der Betriebsaufgabe alle Bewertungsansätze kritisch zu prüfen – spätere Korrekturen sind nur in Ausnahmefällen über das rückwirkende Ereignis möglich.


📌 Quelle: Bundesfinanzhof – IX R 18/24