Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09. April 2025 (Az. II R 39/21) entschieden, dass ein Zwischenurteil über die verlängerte Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung nur ergehen kann, wenn konkrete Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung vorliegen.
Hintergrund
Grundsätzlich verjähren Steueransprüche nach den allgemeinen Fristen der Abgabenordnung (AO). Bei Steuerhinterziehung verlängert sich die Festsetzungsfrist jedoch auf zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).
In der Praxis versuchen Finanzgerichte, durch Zwischenurteile (§ 99 Abs. 2 FGO) frühzeitig zu klären, ob eine verlängerte Festsetzungsfrist gilt.
Entscheidung des BFH
Der BFH stellte klar:
- Ein Zwischenurteil zur Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist ist nicht zulässig, wenn die notwendigen Feststellungen zur Steuerhinterziehung fehlen.
- Es muss sowohl der objektive Tatbestand (z. B. unzutreffende oder unterlassene Angaben) als auch der subjektive Tatbestand (Vorsatz) nachgewiesen sein.
- Ohne diese Feststellungen ist eine Vorabentscheidung über die Festsetzungsfrist nicht möglich.
Bedeutung für die Praxis
- Finanzgerichte müssen die Steuerhinterziehung im Detail prüfen, bevor sie über die verlängerte Festsetzungsfrist entscheiden können.
- Steuerpflichtige profitieren davon, dass bloße Behauptungen oder Verdachtsmomente der Finanzverwaltung nicht genügen, um ein Verfahren auf zehn Jahre rückwirkend auszuweiten.
- Berater sollten darauf achten, dass Gerichte die notwendigen Feststellungen treffen, bevor eine verlängerte Verjährung angenommen wird.
Fazit
Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit: Die Anwendung der verlängerten Festsetzungsfrist setzt eine gründliche Prüfung der Steuerhinterziehung voraus. Ein Zwischenurteil ohne diese Feststellungen ist unzulässig.
👉 Sie haben Fragen zur steuerlichen Festsetzungsverjährung oder sehen sich mit Vorwürfen einer Steuerhinterziehung konfrontiert? Wir beraten Sie umfassend zu Ihren Verteidigungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.