Sonderausgaben: Mietwert einer Altenteilerwohnung als „dauernde Last“ abziehbar?

Kurzfassung: Überträgt ein Land- und Forstwirt seinen Betrieb und behält sich im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein Wohnungsrecht (Altenteilerwohnung) vor, kann der Übernehmer den Mietwert der überlassenen Wohnung als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2 Buchst. b EStG (dauernde Last) abziehen – so das FG Nürnberg. Die Finanzverwaltung hatte bisher nur die tatsächlichen Nebenkosten anerkennen wollen. Der BFH (X. Senat) entscheidet nun abschließend.


Worum geht’s fachlich?

  • Sachverhalt: Im Zuge der Hofübergabe (vorweggenommene Erbfolge) wird dem Übergeber ein dingliches Wohnungsrecht an einer Wohnung auf dem übergebenen Grundstück vorbehalten (Altenteilerwohnung).
  • Streitfrage: Kann der Übernehmer den vollen Mietwert dieser Wohnung als dauernde Last (Sonderausgaben) geltend machen – oder nur die laufenden Nebenkosten?

Entscheidung des FG Nürnberg – die Kernaussagen

  1. Abziehbar als dauernde Last: Der Mietwert der überlassenen Altenteilerwohnung ist beim Übernehmer grundsätzlich als Sonderausgabe abziehbar (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 S. 2 Buchst. b EStG).
  2. Voraussetzungen:
    • Die Altenteilerwohnung gehört nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des übergebenen Betriebs, und
    • es erfolgt keine Besteuerung des Nutzungswerts.
  3. Korrespondenzprinzip und Gesetzeswortlaut: Eine Beschränkung des Abzugs nur auf Nebenkosten – wie von der Verwaltung vertreten – widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes und dem Korrespondenzprinzip, zumal die frühere Nutzungswertbesteuerung entfallen ist.

Zwischenfazit: Das Gericht sieht die Naturalversorgung „Wohnen“ als wiederkehrende Versorgungsleistung, deren ortübliche Miete den abziehbaren Aufwand bildet – nicht nur die Nebenkosten.


Verwaltungsauffassung vs. Rechtsprechung

  • Verwaltung (bisher): Abziehbar seien lediglich die tatsächlichen Nebenkosten (z. B. Heizung, Strom, Wasser).
  • FG Nürnberg: Widerspruch zu Gesetz und Systematik; bei Naturalversorgung ist der Mietwert anzusetzen.

Der BFH klärt nun, ob der Ansatz des ortsüblichen Mietwerts als Sonderausgabe endgültig Bestand hat.


Praxisfolgen für Hofübergaben (Land- & Forstwirtschaft)

Wenn der BFH die FG-Linie bestätigt, gilt:

  • Steuerliche Optimierung: Der Übernehmer kann die Versorgungsleistung „Wohnen“ mit dem ortsüblichen Mietwert als dauernde Last abziehen – regelmäßig höher als reine Nebenkosten.
  • Gestaltungssicherheit: Bei dinglichem Wohnungsrecht (Altenteil) die Vertragsgestaltung so formulieren, dass der Charakter als wiederkehrende Versorgungsleistung klar hervorgeht.
  • Abgrenzung Betriebsvermögen: Sorgfältig prüfen und dokumentieren, dass die Altenteilerwohnung nicht notwendiges Betriebsvermögen ist.
  • Bewertung: Den ortsüblichen Mietwert plausibel ermitteln (z. B. Mietspiegel, Vergleichsmieten, Sachverständigenansatz).

Checkliste für die Beratung

  • Übertragungsvertrag: Versorgungscharakter (dauernde Last) explizit regeln.
  • Wohnungsrecht: Dinglich (Grundbuch) absichern.
  • Betriebsvermögensprüfung: Altenteilerwohnung privat zuordnen, keine Nutzung als notwendiges BV.
  • Nutzungswert: Keine (andere) Besteuerung des Nutzungswerts.
  • Bewertung: Ortsübliche Miete nachvollziehbar dokumentieren.
  • Einspruch & Ruhen: In laufenden Fällen Einspruch einlegen und Ruhen beantragen (bis zur BFH-Entscheidung).
  • Korrespondenz: Einkünfteerfassung beim Übergeber (Korrespondenzprinzip) im Blick behalten.

Fazit

Das FG Nürnberg stärkt die steuerliche Anerkennung von Altenteilsleistungen: Nicht nur Nebenkosten, sondern der vollständige Mietwert der Altenteilerwohnung kann beim Übernehmer als dauernde Last Sonderausgaben auslösen – sofern die Wohnung privat zugeordnet ist und kein Nutzungswert besteuert wird. Bis zur Entscheidung des BFH sollten entsprechende Fälle offengehalten werden. Eine saubere Vertrags- und Bewertungsdokumentation ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Anerkennung.