BFH zur Nacherhebung einer Zollschuld im Nachgang einer Erstattung

BFH, Urteil vom 24.06.2025 – VII R 22/22

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zur Nacherhebung von Zöllen nach einer zuvor gewährten Erstattung entschieden und dabei die unionsrechtlichen Vorgaben des Zollkodex der Union (UZK) präzisiert.


Leitsatz des BFH

  • Ein Einfuhrabgabenbescheid, mit dem Zoll erstattet wird, ist eine begünstigende Entscheidung i. S. d. Art. 27 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 UZK.
  • Will die Zollbehörde nach einer solchen Erstattung eine Nacherhebung derselben Zollschuld gemäß Art. 105 Abs. 4 UZK vornehmen, muss sie die begünstigende Entscheidung zuvor zurücknehmen (Art. 27 UZK) oder widerrufen (Art. 28 UZK).
  • Art. 116 Abs. 7 Unterabs. 1 UZK, der unter bestimmten Voraussetzungen ein Wiederaufleben der Zollschuld vorsieht, verdrängt die Art. 27 und 28 UZK nicht.

Hintergrund

  • Unternehmen beantragen häufig die Erstattung von Zöllen, wenn diese nachträglich als zu hoch oder unrechtmäßig erhoben erscheinen.
  • Kommt die Zollbehörde dem Antrag nach, ergeht ein begünstigender Bescheid.
  • Später kann die Behörde zu der Auffassung gelangen, dass die Erstattung zu Unrecht erfolgte und eine Nacherhebung notwendig ist.
  • Streitpunkt: Darf die Behörde die Zollschuld ohne Rücknahme oder Widerruf des Erstattungsbescheids erneut geltend machen?

Entscheidung des BFH

Der BFH stellte klar:

  • Die Rechtswirkungen eines begünstigenden Bescheids bleiben bestehen, solange er nicht wirksam aufgehoben wird.
  • Eine Nacherhebung nach Art. 105 Abs. 4 UZK ist nur möglich, wenn die Zollbehörde zuvor den Erstattungsbescheid nach den Vorschriften des UZK aufhebt oder widerruft.
  • Art. 116 Abs. 7 UZK, der ein Wiederaufleben von Zollschulden kennt, ist kein Ersatz für die erforderliche Entscheidung nach Art. 27 oder 28 UZK.

Bedeutung für die Praxis

  • Rechtssicherheit für Unternehmen: Erstattungsbescheide genießen Vertrauensschutz. Eine nachträgliche Nacherhebung setzt ein ordnungsgemäßes Verfahren zur Aufhebung des Bescheids voraus.
  • Vorgehen der Zollbehörden: Diese müssen künftig strikt prüfen, ob eine Rücknahme oder ein Widerruf erforderlich ist, bevor sie eine Nacherhebung vornehmen.
  • Compliance-Pflicht der Unternehmen: Für Importeure und Exporteure bedeutet das Urteil, dass sie sich auf die Bestandskraft von Erstattungen berufen können – es sei denn, die Behörde hebt diese ausdrücklich auf.

Praxis-Hinweis

Unternehmen sollten:

  • Erstattungsbescheide sorgfältig aufbewahren und prüfen, ob die Behörde im Nachgang eine formgerechte Aufhebung vorgenommen hat.
  • Bei Nacherhebungen ohne Widerruf oder Rücknahme sofort rechtliche Schritte prüfen, da solche Forderungen nach der BFH-Rechtsprechung angreifbar sind.
  • Das Urteil stärkt den Rechtsschutz gegenüber Zollbehörden und sorgt für mehr Planungssicherheit im internationalen Handel.

Quelle: Bundesfinanzhof