Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 23. Juli 2025 (Az. 2 BvL 19/14) entschieden, dass die Regelungen zur sogenannten Mindestgewinnbesteuerung rechtmäßig sind. Unternehmen dürfen Verluste somit weiterhin nicht unbegrenzt und sofort mit künftigen Gewinnen verrechnen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes liegt nach Ansicht der Richter nicht vor.
Der Hintergrund
Seit 2004 gilt:
- Verluste können zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.
- Bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. Euro dürfen Gewinne vollständig mit Verlustvorträgen verrechnet werden.
- Übersteigt der Gewinn diese Grenze, sind nur 60 % des übersteigenden Betrags mit Verlusten verrechenbar. Der Rest bleibt steuerpflichtig.
Diese Begrenzung wird als Mindestgewinnbesteuerung bezeichnet. Ziel ist, dass trotz hoher Verlustvorträge stets ein Mindestanteil des Gewinns der Besteuerung unterliegt.
Der konkrete Fall
Eine Kapitalgesellschaft hatte hohe Verluste aufgebaut. Durch sogenannte Umkehreffekte stieg der ausgewiesene Verlustvortrag zwar, ohne dass tatsächlich Liquidität zufloss. Da die Gesellschaft später insolvent wurde, konnten die Verluste nicht mehr genutzt werden.
Der Bundesfinanzhof sah hierin einen möglichen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und legte die Frage dem BVerfG vor.
Das Urteil des BVerfG
Die Verfassungsrichter erklärten die Regelungen für verfassungsgemäß:
- Typisierung zulässig: Der Gesetzgeber darf aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung pauschale Regeln schaffen, auch wenn diese im Einzelfall nachteilig wirken.
- Sockelbetrag + 60 %-Regel gerechtfertigt: Damit wird eine gleichmäßige und zeitnahe Besteuerung sichergestellt.
- Härtefälle hinnehmbar: Selbst wenn Verlustvorträge – wie im Streitfall – endgültig verloren gehen, begründet dies keinen Verstoß gegen das Grundgesetz.
- Kein Eingriff in Eigentumsrechte: Die Beschränkung der Verlustverrechnung ist verhältnismäßig und verfassungsgemäß.
Fazit für die Praxis
- Die Mindestgewinnbesteuerung bleibt bestehen.
- Verluste können zwar zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden, aber nicht in voller Höhe auf einmal verrechnet werden.
- Unternehmen müssen in ihrer Steuerplanung und Liquiditätsvorschau berücksichtigen, dass stets ein Teil des Gewinns der Besteuerung unterliegt – auch wenn noch Verlustvorträge vorhanden sind.
👉 Hinweis für Mandanten: Gerade bei größeren Investitionen oder geplanten Restrukturierungen sollte frühzeitig geprüft werden, wie Verlustvorträge in den Folgejahren steuerlich genutzt werden können.