Betriebsprüfung 2025: Neue Regeln, mehr Pflichten, höhere Risiken

Jedes Unternehmen wünscht sich bei einer Außenprüfung durch das Finanzamt eine professionelle Begleitung durch den/die Steuerberater:in. Wer die rechtlichen Voraussetzungen und die praktischen Abläufe kennt, kann Konflikte vermeiden und die Interessen des Unternehmens effektiv vertreten.
Mit den neuen Verfahrensvorschriften soll die Betriebsprüfung beschleunigt und kooperativer gestaltet werden. Gleichzeitig steigen jedoch die Mitwirkungspflichten für Steuerpflichtige – und neue Sanktionsinstrumente wie das Mitwirkungsverzögerungsgeld oder erweiterte Schätzungsmöglichkeiten verschärfen die Situation.

Im Folgenden geben wir Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Themen:


I. Allgemeine Grundlagen der Betriebsprüfung

1. Organisation und Prüfungsarten

Die Betriebsprüfung ist zentral organisiert und wird durch spezialisierte Prüfungsdienste der Finanzämter durchgeführt. Typische Prüfungsarten sind:

  • Allgemeine Außenprüfung (klassische Betriebsprüfung)
  • Umsatzsteuersonderprüfung
  • Lohnsteueraußenprüfung
  • Nachschauen (Umsatzsteuer-, Lohnsteuer-, Kassennachschau) – oft unangekündigt

2. Zulässigkeit, Größenklassen, Prüfungsturnus

Die Auswahl hängt von Unternehmensgröße, Branche und Risikoeinschätzung ab. Großbetriebe werden regelmäßig geprüft, Kleinbetriebe deutlich seltener.

3. Typische Prüfungsanlässe

  • Auffälligkeiten in der Steuererklärung
  • Branchenbesonderheiten (z. B. Bargeldbranchen)
  • Kontrollmitteilungen anderer Prüfungen

4. Festsetzungsfrist und Verjährung

Neu geregelt: § 171 Abs. 4 und § 197 Abs. 5 AO. Prüfungen hemmen die Verjährung, zudem sollen Verfahren beschleunigt werden.


II. Der Ablauf der Betriebsprüfung

1. Prüfungsanordnung und Rechtsschutz

Die Anordnung erfolgt schriftlich. Gegen unzulässige Prüfungen kann rechtlich vorgegangen werden.

2. Prüfungsort – neu geregelt (§ 197 Abs. 7 AO)

Grundsätzlich im Unternehmen, in Ausnahmefällen beim Finanzamt oder beim Steuerberater.

3. Vorlagepflichtige Unterlagen (§ 197 Abs. 3 und 4 AO)

Erweiterte Mitwirkungspflichten: elektronische Schnittstellen und digitale Belege müssen zeitnah bereitgestellt werden.

4. Datenzugriff und digitale Betriebsprüfung

Der Prüfer kann auf Daten zugreifen (§ 147 Abs. 6 AO). Neu: § 147b AO zur Sicherstellung der Schnittstellen.

5. Rechte und Pflichten

  • Prüfer: Ermittlungspflichten, Neutralität
  • Unternehmer: Mitwirkung, aber auch Schutzrechte
  • Steuerberater: Begleitung, Rechtsmittel, Strategie

6. Schätzung und Rechtsmittel

Bei Mängeln in Buchführung oder Kassenführung darf das Finanzamt schätzen – eine der größten Risiken für Unternehmen.

7. Verfahrensdokumentation und Steuerkontrollsystem

Neu eingeführt: Art. 97 § 38 EGAO. Ein funktionierendes Steuerkontrollsystem kann Entlastungen bringen.

8. Neue Sanktionsinstrumente

  • Verzögerungsgeld
  • Mitwirkungsverzögerungsgeld (neu!)
  • Neue Bußgeldtatbestände (§ 379 AO)

9. Schlussbesprechung und Prüfungsbericht

Neu: § 87a AO – elektronische Kommunikation möglich. Zudem kann ein Teilabschlussbescheid ergehen.

10. Rechtsmittel

Einspruch und Klage gegen geänderte Steuerbescheide sind weiterhin möglich.


III. Prüfungsmethoden

1. Äußerer und innerer Betriebsvergleich

Vergleich mit branchentypischen Kennzahlen, u. a. auf Basis der Richtsatzsammlung (aktuelle Rechtsprechung beachten).

2. Kalkulation

Branchen mit hohen Bargeldanteilen sind besonders im Fokus:

  • Gastronomie
  • Taxiunternehmen
  • Friseure

3. Geldverkehrsrechnung

Abgleich von Einnahmen und Ausgaben – oft entscheidend bei Verdachtsmomenten.


Checkliste: 5 häufige Fehler der Betriebsprüfung bei Kalkulationen

1. Falsche Wareneinsatzquoten / Richtsatzsammlung

  • Prüfer greifen auf pauschale Richtsätze zurück.
  • Problem: Diese Werte sind Durchschnittswerte, passen aber nicht immer zum konkreten Betrieb (z. B. regionale Besonderheiten, Bio-Produkte, Lieferantenrabatte).

2. Unvollständige oder fehlerhafte Datengrundlage

  • Kalkulationen basieren oft auf unvollständigen Kassen- oder Buchhaltungsdaten.
  • Folge: Umsätze werden zu hoch angesetzt.

3. Missachtung des Eigenverbrauchs / Personalverbrauchs

  • Getränke, Speisen oder Waren, die privat oder durch Mitarbeiter verbraucht wurden, werden nicht berücksichtigt.
  • Dadurch entsteht ein fiktiv erhöhter Gewinn.

4. Mathematische oder logische Fehler in den Prüfmakros

  • Standardisierte Excel- oder Prüfprogramme enthalten oft Rundungsfehler oder methodische Schwächen (z. B. Chi²-Test ohne Signifikanzprüfung).
  • Diese können zu überhöhten Hinzuschätzungen führen.

5. Keine Berücksichtigung individueller Betriebsabläufe

  • Besondere Faktoren (z. B. Saisonabhängigkeit, Krankheit des Inhabers, Sonderaktionen, neue Konkurrenz) werden nicht einbezogen.
  • Ergebnis: Realitätsfremde Kalkulationen.

👉 Tipp

  • Prüfen Sie jede Kalkulation des Finanzamts kritisch.
  • Dokumentieren Sie Besonderheiten Ihres Betriebs von Anfang an.
  • Ziehen Sie bei Hinzuschätzungen frühzeitig Ihren Steuerberater hinzu.

Fazit: Gut vorbereitet in die Betriebsprüfung

Die neuen Regeln erhöhen die Geschwindigkeit der Prüfungen, aber auch die Anforderungen an Unternehmen. Wer rechtzeitig mit dem/der Steuerberater:in eine Verfahrensdokumentation erstellt, digitale Schnittstellen prüft und ein Steuerkontrollsystem etabliert, reduziert Risiken und Konflikte erheblich.

👉 Praxistipp: Warten Sie nicht auf die Prüfungsanordnung. Bereiten Sie sich frühzeitig vor und nutzen Sie die neuen Kooperationsmöglichkeiten – sonst drohen Verzögerungsgelder, Bußgelder und teure Schätzungen.