BRAK-Mitteilung vom 15. Oktober 2025
Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) plant eine Ausweitung der notariellen Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht. Künftig sollen mehr Erklärungen im Rahmen der Gründung und Anmeldung von Gesellschaften elektronisch beurkundet oder beglaubigt werden können. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) begrüßt die Pläne grundsätzlich – mahnt jedoch zu einem maßvollen Vorgehen.
1. Hintergrund: Digitalisierung der notariellen Verfahren
Seit 2022 ist es möglich, bestimmte Beurkundungen und Beglaubigungen im Gesellschaftsrecht per Videokommunikation durchzuführen. Dazu zählen unter anderem:
- Registeranmeldungen (z. B. zum Handels-, Gesellschafts- oder Partnerschaftsregister),
- sowie einige Gründungsvorgänge bei GmbHs, bei denen bestimmte Beschlüsse und Willenserklärungen bereits online beurkundet werden können.
Nach einer Evaluation der bisherigen Praxis möchte das BMJ die Online-Beurkundung nun auf weitere Vorgänge ausweiten.
2. Geplante Neuerungen laut Referentenentwurf
Der im September 2025 veröffentlichte Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums sieht u. a. folgende Erweiterungen vor:
- Anmeldungen zum Stiftungsregister sollen künftig elektronisch möglich sein,
- weitere Handelsregisteranmeldungen über die bisherigen GmbH-Gründungserklärungen hinaus,
- elektronische Gründung von Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA).
Damit würde ein weiterer Schritt zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts vollzogen – mit dem Ziel, Gründungen und Registervorgänge effizienter und zeitgemäßer zu gestalten.
3. BRAK-Position: „Erst etablieren, dann ausweiten“
Die BRAK äußert sich in ihrer Stellungnahme Nr. 48/2025 grundsätzlich positiv, aber mit klaren Vorbehalten.
Sie befürwortet zwar eine maßvolle Ausweitung, warnt jedoch davor, das System zu schnell zu erweitern, bevor es sich in der Praxis bewährt hat:
„Notarielle Online-Verfahren sollten sich zunächst in der Tiefe und Breite etablieren, bevor über eine Ausweitung nachgedacht wird.“
Diese Einschätzung stützt sich auf eine interne Konsultation der BRAK mit ihren Fachgremien und den regionalen Rechtsanwaltskammern aus dem Jahr 2024.
4. Praktische Hürden und Akzeptanzprobleme
Die BRAK verweist auf zahlreiche praktische Herausforderungen, die derzeit einer breiten Nutzung entgegenstehen:
- Geringe Bekanntheit notarieller Online-Verfahren in der Bevölkerung,
- technische Hürden: Viele Beteiligte besitzen keinen aktivierten elektronischen Personalausweis oder keinen PIN-Brief,
- fehlende Nutzerfreundlichkeit: Das Verfahren gilt als technisch anspruchsvoll,
- Vertrauensfaktor: In der Praxis greifen viele Mandanten lieber auf bekannte Notarinnen und Notare und die klassische Beurkundung zurück.
Erst wenn diese Hindernisse überwunden sind, könne das elektronische Verfahren als Standard etabliert werden.
5. Bewertung und Ausblick
Die BRAK sieht im Online-Beurkundungsverfahren einen wichtigen Schritt zur Digitalisierung des Gesellschaftsrechts, betont aber die Notwendigkeit eines praxisgerechten Ausbaus.
Eine zu schnelle Ausweitung könne das Vertrauen in die digitale Beurkundung schwächen, wenn technische Probleme oder Unsicherheiten überwiegen.
Fazit: Die Digitalisierung des Notariats ist auf dem richtigen Weg – doch die Qualität und Akzeptanz müssen Vorrang vor Geschwindigkeit haben.
Quellen:
- BRAK, Nachrichten aus Berlin 21/2025
- Stellungnahme Nr. 48/2025
- Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, September 2025