Besteuerung von Streubesitzdividenden bei Familienstiftungen

FG Hamburg bestätigt Beschränkung des Werbungskostenabzugs

FG Hamburg, Urteil vom 27.06.2025 – 5 K 9/25 (rechtskräftig), Mitteilung vom 17.10.2025


Hintergrund

Das Finanzgericht Hamburg hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine Familienstiftung, die Streubesitzdividenden erzielt, Werbungskosten in vollem Umfang oder nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags geltend machen kann.

Im Streitfall erzielte die Klägerin – eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige, nicht steuerbefreite Familienstiftung – Einkünfte aus Kapitalvermögen, darunter Aktiendividenden, Zinserträge, Fondsausschüttungen und Veräußerungsgewinne. Die Stiftung machte Aufwendungen für Vermögensverwaltung, Büro, Personal und Beratung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ diese nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG) zu.

Die Stiftung begehrte den vollständigen Abzug der Werbungskosten, soweit sie im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden im Sinne des § 8b Abs. 4 KStG standen.


Entscheidung des FG Hamburg

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Nach Auffassung des Senats sind Werbungskosten einer Familienstiftung, die mit Streubesitzdividenden in Zusammenhang stehen, bei der Einkommensermittlung nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags zu berücksichtigen.

Kernaussagen des Urteils:

  1. Einkünfte aus Kapitalvermögen:
    Streubesitzdividenden führen bei Familienstiftungen zu Einkünften nach § 20 EStG. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG greift nicht, da die Stiftung nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG, sondern unter Nr. 4 fällt.
  2. Abzugsbeschränkung:
    Nach §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 Satz 1 KStG i. V. m. § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG können Werbungskosten nur im Umfang des Sparer-Pauschbetrags berücksichtigt werden. Eine teleologische Reduktion oder Ausnahme für Stiftungen ist nicht vorgesehen.
  3. Abgrenzung zu § 8b KStG:
    § 8b Abs. 5 KStG betrifft ausschließlich Betriebsausgaben, nicht aber Werbungskosten. Da § 8b Abs. 4 Satz 7 KStG Streubesitzdividenden von der Anwendung dieser Vorschrift ausnimmt, ergibt sich hieraus kein weitergehender Werbungskostenabzug.
  4. Verfassungsmäßigkeit:
    Das Gericht sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG auf Familienstiftungen.
    Es liege weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip vor.

Das Urteil ist rechtskräftig.


Bewertung und Praxisfolgen

Mit dieser Entscheidung stellt das FG Hamburg klar:
Auch Familienstiftungen, die als Kapitalanleger auftreten, können Werbungskosten im Zusammenhang mit Streubesitzdividenden nur in Höhe des Sparer-Pauschbetrags (801 € bzw. 1.602 € bei Zusammenveranlagung) geltend machen.

Für Stiftungen bedeutet das:

  • Verwaltungskosten, Depotgebühren oder Beratungskosten, die mit solchen Dividenden in Zusammenhang stehen, können nicht voll abgesetzt werden.
  • Nur wenn eine Beteiligung von mehr als 10 % an der ausschüttenden Gesellschaft besteht, greift die Regelung des § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG – dann wären die Dividenden zwar steuerfrei, aber auch 5 % der Erträge pauschal nicht abziehbar.

In der Praxis sollten Familienstiftungen ihre Kapitalanlage- und Beteiligungsstruktur regelmäßig steuerlich überprüfen, um die Zuordnung der Aufwendungen und die steuerliche Abzugsfähigkeit optimal zu gestalten.


Quelle:
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 27.06.2025 – 5 K 9/25 (rkr), Mitteilung vom 17.10.2025, FG Hamburg Newsletter 3/2025