BFH, Pressemitteilung Nr. 69/25 vom 23.10.2025 zum Urteil X R 10/20 vom 24.07.2025
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Beiträge zu freiwilligen privaten Pflegezusatzversicherungen nicht zwingend als Sonderausgaben abzugsfähig sein müssen. Die gesetzliche Beschränkung des Sonderausgabenabzugs hält der X. Senat für verfassungsgemäß – eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht erfolgt.
Ausgangslage: Basisabsicherung vollständig abziehbar – Zusatzschutz nur begrenzt
Seit 2010 gilt:
✅ Beiträge zur Basis-Krankenversicherung
✅ und gesetzlichen Pflegeversicherung
→ voll als Sonderausgaben abzugsfähig
Dagegen:
⚠️ Beiträge zu darüberhinausgehenden Kranken- und Pflegezusatzversicherungen
⚠️ sowie sonstigen Vorsorgeaufwendungen (z. B. Haftpflicht, Berufsunfähigkeit, Unfallversicherung)
→ nur im Rahmen des Höchstbetrags nach § 10 Abs. 4 EStG berücksichtigungsfähig
→ dieser ist in der Praxis meist bereits durch die Basisabsicherung ausgeschöpft
Der Streitfall
Die Kläger hatten eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, um Versorgungslücken bei hoher Pflegebedürftigkeit zu schließen.
Ihre Beiträge wirkten sich steuerlich jedoch nicht aus – der Höchstbetrag war durch die Basisbeiträge bereits erreicht.
Argument der Kläger:
Zusatzversicherung sichere lediglich ein sozialhilfegleiches Niveau ab → daher aus Gründen des Existenzminimums steuerlich zu berücksichtigen.
BFH: Gesetzgeber darf Pflege nur als Teilabsicherung ausstatten
Der BFH hält die aktuell geltende Rechtslage für verfassungskonform:
- Gesetzliche Pflegeversicherung deckt bewusst nur einen Teil der Kosten ab
- Eigenanteile sind vom Gesetzgeber gewollt und zumutbar
- Eine steuerliche Förderung der darüber hinausgehenden privaten Vorsorge ist nicht verfassungsrechtlich geboten
Kernbotschaft des Gerichts:
➡ Das Steuerrecht muss nur die Beiträge freistellen,
➡ die der Gesetzgeber als verpflichtend und existenzsichernd definiert hat.
Pflegezusatzversicherungen gehören nicht dazu.
Bedeutung für die Praxis
Für Steuerpflichtige:
🔹 Pflegezusatzschutz bleibt privates Risiko, steuerlich kaum gefördert
🔹 Höchstbetragsgrenzen behalten ihre volle Relevanz
🔹 Anreiz für zusätzliche private Vorsorge wird nicht steuerlich flankiert
Für die Beratung:
✅ Klarstellung bei Mandantenkommunikation
✅ Kein Raum für verfassungsrechtliche Argumentation
✅ Fokus auf Optimierung anderer abzugsfähiger Vorsorgeaufwendungen
Fazit
📌 Existenzminimum steuerlich geschützt – aber nur im Rahmen der gesetzlichen Grundversorgung
📌 Pflegezusatz bleibt freiwillige Zusatzvorsorge – ohne Sonderstatus im Steuerrecht
Quelle: Bundesfinanzhof
✅ 1) Übersicht – Priorisierung der Vorsorgeaufwendungen
Welche Beiträge wirken sich steuerlich aus?
(vereinfachte Darstellung)
1️⃣ Basisabsicherung → immer voll abziehbar ✅
- Gesetzliche Pflegeversicherung
- Basis-Krankenversicherung (Existenzminimum)
2️⃣ Weitere Vorsorgeaufwendungen → nur im Rahmen des Höchstbetrags ⚠️
- Haftpflichtversicherung
- Berufsunfähigkeitsversicherung (reiner Risikoanteil)
- Unfallversicherung
- Arbeitslosenversicherung
3️⃣ Freiwillige Pflegezusatzversicherung → steuerlich meist ohne Wirkung ❌
(Höchstbetrag regelmäßig ausgeschöpft)
➡ Steuerliche Wirkung zuerst dort prüfen, wo es verpflichtend & existenzsichernd ist.
✅ 2) FAQ
Macht eine Pflegezusatzversicherung steuerlich Sinn?
➡ Steuerlich meist nein – aber finanziell durchaus, weil gesetzliche Pflegeversicherung nur Teilleistungen bietet.
Warum kann ich die Zusatzbeiträge nicht absetzen?
➡ Der Gesetzgeber betrachtet diese Leistung als freiwilligen Zusatzschutz, keinen Teil des Existenzminimums.
Muss der Staat nicht mein Existenzminimum schützen?
➡ Ja – und das tut er durch die vollständige steuerliche Freistellung der gesetzlichen Grundpflege.
Ändert sich das irgendwann?
➡ Nach BFH-Rechtsprechung derzeit keine Veranlassung für gesetzliche Anpassungen.