FG Baden-Württemberg, Urteil 3 K 2355/20 vom 14.12.2023
(nicht rechtskräftig – BFH-Az.: I B 11/24)
Das FG Baden-Württemberg hat entschieden, dass eine britische General Partnership nur dann abkommensrechtliche Unternehmensgewinne nach Art. 7 Abs. 1 DBA-UK erzielt, wenn die Gesellschaft originär gewerblich tätig ist. Eine rein innerstaatlich wirkende gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) reicht dafür nicht aus.
Die finanzgerichtliche Folge im Streitfall: Private Veräußerungsgeschäfte statt gewerbliche Einkünfte.
Der Fall in Kürze
- XY GP = britische General Partnership
→ steuerlich transparent, vergleichbar mit deutscher Personengesellschaft - Gesellschafter: in Deutschland ansässig
- Geschäftstätigkeit: Kauf und Verkauf von Turbinen
- Nur wenige Einzelgeschäfte, jeweils nach erneuter Investitionsentscheidung
- Gesellschaft erklärte steuerfreie Unternehmensgewinne nach Art. 7 DBA-UK
❌ Das Finanzamt stufte die Umsätze dagegen als Einkünfte nach § 23 EStG ein.
❌ Klage blieb erfolglos.
Die tragenden Erwägungen des FG
1️⃣ Keine abkommensrechtlich relevante unternehmerische Geschäftstätigkeit
Die Tätigkeiten waren nicht nachhaltig:
- nur ein Einkaufsvorgang und ein Verkaufsakt je Turbine
- keine Wiederholungsabsicht erkennbar
- Ad-hoc-Entscheidungen ohne strategische Geschäftsausrichtung
Damit kein originär gewerbliches Handeln, sondern private Vermögensverwaltung.
2️⃣ Gewerbliche Prägung hilft abkommensrechtlich nicht weiter
§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG → fiktive Umqualifikation nur im innerdeutschen Recht
➡ Für das DBA unbeachtlich
DBA verlangt tatsächliche originär gewerbliche Tätigkeit
3️⃣ Konsequenz: Besteuerung als private Veräußerungsgeschäfte
➡ Einkünfte werden Deutschland als Ansässigkeitsstaat zugewiesen
➡ Besteuerung nach Art. 13 Abs. 5 DBA-UK + § 23 EStG
Praxisrelevanz
Dieses Urteil zeigt deutlich:
| Punkt | Bedeutung |
|---|---|
| Abkommensrecht folgt eigener Qualifikation | nationale Fiktionen wirken nicht |
| Personengesellschaften benötigen echte Gewerblichkeit | Wiederholungsabsicht + Marktteilnahme |
| Strukturierte Geschäftstätigkeit erforderlich | Einzeltransaktionen reichen nicht |
| Gestaltungsrisiken bei internationalen PE-Strukturen | hohe Prüfungsdichte durch Finanzverwaltung |
👁 Besonders relevant für:
- Asset Trading (z. B. Turbinen, Ersatzteile, Leasinggüter)
- Private-Equity- und Deal-by-Deal-Strukturen
- Cross-border-Partnerships mit deutschen Gesellschaftern
- Gruppen mit „DBA-Unternehmensgewinn-Argumentation“
Beratungshinweis
Prüffragen vor Strukturierung internationaler Partnerships:
✅ Gibt es kontinuierliche Geschäftstätigkeit?
✅ Liegt eine unternehmerische Organisation vor?
✅ Erfolgt die Gewinnerzielung berufsmäßig?
✅ Ist die Tätigkeit dem Grunde nach originär gewerblich?
➡ Wenn nicht: hohes Risiko der Einstufung als private Vermögensverwaltung
Nicht rechtskräftig
BFH anhängig: I B 11/24
→ spannende Fortsetzung zu erwarten
Quelle
Finanzgericht Baden-Württemberg, Newsletter 1/2025
✅ 1) Checkliste
DBA-Einkünftequalifikation bei ausländischen Partnerships (z. B. UK GP)
| Prüffrage | Ja → Unternehmensgewinne Art. 7 DBA ✅ | Nein → Private Veräußerung Art. 13 DBA ❌ |
|---|---|---|
| Liegt eine originär gewerbliche Tätigkeit vor? | ☐ | ☐ |
| Ist die Tätigkeit nachhaltig (Wiederholungsabsicht, Marktteilnahme)? | ☐ | ☐ |
| Gibt es eine unternehmerische Organisation / Struktur? | ☐ | ☐ |
| Anzahl der Geschäftsvorfälle > zufällige Einzeltransaktionen? | ☐ | ☐ |
| Gewinne beruhen auf betrieblichen Funktionen und Risiken? | ☐ | ☐ |
| Personengesellschaft führt selbst das Unternehmen? | ☐ | ☐ |
| Keine reine Kapitalanlage / Vermögensverwaltung? | ☐ | ☐ |
📌 Ergebnis:
▶ Mehrere „Ja“ → Art. 7 DBA (Unternehmensgewinne)
▶ Überwiegend „Nein“ → Art. 13 DBA (private Veräußerung) + volle deutsche Besteuerung
✅ 2) Abgrenzungs-Grafik (Textvisualisierung)
EINKÜNFTE AUS PERSONENGESELLSCHAFT
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ORIGINÄR GEWERBLICH?
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┌──────────────┴──────────────┐
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Ja Nein
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Art. 7 DBA UK Art. 13 Abs. 5 DBA UK
Unternehmensgewinne Private Vermögensverwaltung
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Progressionsvorbehalt möglich Volles deutsches Besteuerungsrecht
(Betriebsstätte prüfen!) (§ 23 EStG)
👉 Gewerbliche Prägung (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) ist abkommensrechtlich irrelevant