BFH: Keine Ersatzerbschaftsteuer für im Inland nichtrechtsfähige ausländische Familienstiftung

BFH, Urteil vom 04.06.2025 – II R 30/22

Ersatzerbschaftsteuer bei Stiftungen ist für vermögende Privatpersonen, Family Offices und Nachlassplaner ein hochrelevantes Thema. Besonders komplex wird es, wenn ausländische Familienstiftungen Vermögen in Deutschland halten oder ihren Verwaltungssitz ins Inland verlegen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu nun eine wichtige Entscheidung getroffen.

Kernentscheidung

Der BFH stellt klar:

Eine in der Schweiz errichtete Familienstiftung unterliegt in Deutschland nicht der Ersatzerbschaftsteuer, wenn sie als nichtrechtsfähige Stiftung anzusehen ist.

Damit kommt es nicht allein auf den Verwaltungssitz oder die Vermögensbindung an, sondern maßgeblich auf den zivilrechtlichen Status der Stiftung nach deutschem Recht.

Worum ging es im Streitfall?

  • In der Schweiz wurde eine Familienstiftung errichtet.
  • Die laufende Verwaltung des Stiftungsvermögens erfolgte jedoch in Deutschland.
  • Das Finanzamt ging davon aus, dass aufgrund des deutschen Verwaltungssitzes die Ersatzerbschaftsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG greife.

Die Argumentation des Finanzamts:
Stiftungen, die dauerhaft Vermögen zugunsten bestimmter Personen halten, würden im 30-Jahres-Rhythmus ersatzerbschaftsteuerpflichtig, um eine „Vermögensweitergabe ohne Erbschaftsteuer“ zu verhindern.

Warum entschied der BFH gegen die Steuerpflicht?

Der BFH stellt auf einen entscheidenden Punkt ab:

✅ Nur rechtsfähige Stiftungen oder vergleichbare Gebilde unterliegen der Ersatzerbschaftsteuer.
✅ Die Stiftung im Streitfall war jedoch nichtrechtsfähig, denn sie besaß keine eigene Rechtsträgerschaft.
✅ Das Vermögen wurde zivilrechtlich durch Treuhänder gehalten – nicht durch die Stiftung selbst.

➡️ Folge: Keine Ersatzerbschaftsteuerpflicht.

Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung zeigt einmal mehr:
Für die Ersatzerbschaftsteuer reicht es nicht aus, wenn:

  • Vermögen langfristig familiengebunden ist,
  • der Verwaltungssitz in Deutschland liegt,
  • oder deutsche Nutznießer vorhanden sind.

Ausschlaggebend ist die Rechtsnatur des Konstrukts:

  • Ist die Stiftung rechtsfähig?
  • Wer ist zivilrechtlicher Vermögensträger?
  • Liegt eine Stiftung im Sinne des deutschen Erbschaftsteuerrechts vor?

Wenn – wie hier – kein eigenständiger Rechtsträger existiert, greift § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht.

Praktische Bedeutung für Berater und Gestalter

Gestaltungsmodelle mit Familienstiftungen werden häufig in der Schweiz, Liechtenstein oder Österreich genutzt.
✅ Das Urteil eröffnet steuerliche Argumentationsansätze in Fällen, in denen ausländische Strukturen als Treuhandmodelle organisiert sind.
✅ Es zeigt zugleich die Risiken der Ersatzerbschaftsteuer nur dort auf, wo eine rechtsfähige Stiftung Vermögen dauerhaft hält.

Wichtig jedoch:
Auch ohne Ersatzerbschaftsteuer kann eine Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht entstehen – z. B. bei Zuwendungen an inländische Begünstigte oder beim Übergang von Vermögenswerten.

Für wen ist das Urteil relevant?

  • Unternehmerfamilien mit Vermögensstrukturen im Ausland
  • Family Offices
  • Steuerberater mit internationalen Erbschaftsteuerfällen
  • Stiftungsrechtliche Gestalter und Nachfolgeplaner

Fazit

Der BFH stellt klar:
Eine im Ausland errichtete und im Inland verwaltete Familienstiftung löst keine Ersatzerbschaftsteuer aus, wenn sie nicht rechtsfähig ist.
Für internationale Nachfolgemodelle ist das ein wichtiges Signal – und ein Hinweis darauf, wie entscheidend die zivilrechtliche Qualifikation der Stiftung ist.