Digitale Steuerbescheide ab 2026: Was sich wirklich ändert – und wo der Gesetzgeber zurückrudert

Die Digitalisierung der Steuerverwaltung schreitet voran – allerdings nicht so schnell, wie ursprünglich geplant. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) informiert über wichtige Änderungen bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten ab 2026. Besonders relevant: Die Pflicht der Finanzbehörden, digitale Bescheide auszustellen, wurde um ein Jahr verschoben.

Wir zeigen, was ab 2026 gilt, was erst 2027 kommt und worauf Steuerpflichtige und Berater jetzt achten sollten.


1. Hintergrund: Gesetzgeber korrigiert eigenen Zeitplan

Im Herbst 2024 hatte der Bundestag die weitreichende Reform der elektronischen Bekanntgabe beschlossen. Kurz vor dem Starttermin hat das Parlament jedoch im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes am 13. November 2025 nachgebessert – weitgehend unbeachtet in der Öffentlichkeit.

Die geplanten Neuregelungen werden nun nur teilweise umgesetzt:

  • Die vollständige Umstellung auf digitale Bescheide wird verschoben.
  • Der Starttermin für die Pflicht zur elektronischen Bereitstellung wird von 2026 auf 2027 verlegt.
  • Die Möglichkeit, digitale Bescheide ohne Einwilligung zuzustellen, bleibt bereits ab 2026 bestehen.

Der Bundesrat wird die Änderungen voraussichtlich noch 2025 bestätigen.


2. § 122a AO neu: Digitale Bekanntgabe ohne Einwilligung

Die überarbeitete Fassung des § 122a AO legt fest:

Finanzbehörden dürfen Verwaltungsakte digital durch Bereitstellung zum Datenabruf bekannt geben – ohne Einwilligung des Steuerpflichtigen.

Dieser Grundsatz gilt bereits ab 2026.

Das bedeutet:

  • Steuerbescheide können elektronisch im ELSTER-Postfach oder über angebundene Schnittstellen bereitgestellt werden.
  • Der Steuerpflichtige muss hierfür nicht mehr vorher zustimmen.
  • Die Finanzverwaltung entscheidet selbst, ob sie den Bescheid digital oder in Papierform versendet.

3. Pflicht zur elektronischen Bereitstellung kommt erst ab 2027

Ursprünglich sollte gelten:

Wenn eine Steuererklärung elektronisch übermittelt wurde, muss der Steuerbescheid ab 2026 ebenfalls elektronisch bereitgestellt werden.

Doch diese Pflicht verschiebt der Gesetzgeber auf 2027.

Damit entsteht für 2026 eine Übergangssituation:

  • Finanzämter dürfen digitale Bescheide bekannt geben.
  • Sie müssen es aber noch nicht.
  • Steuerpflichtige müssen mit beiden Zustellformen rechnen – digital und Papier.

Der DStV kritisiert diese einseitige Verschiebung zugunsten der Finanzverwaltung deutlich.


4. Widerspruchsrecht: Papier bleibt auf Antrag möglich

Trotz Digitalisierung bleibt die Papierform weiterhin bestehen – wenn der Steuerpflichtige dies verlangt.

Wichtiges zum Antrag:

  • Der Widerspruch gegen digitale Zustellung ist formlos,
  • ohne Begründung,
  • ab sofort möglich,
  • gilt aber nur für zukünftige Bescheide.

Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen.


5. Was bedeutet das für 2026 in der Praxis?

Steuerpflichtige und Berater sollten sich auf Folgendes einstellen:

  • Bescheide können digital oder per Post kommen.
  • Es besteht das Risiko, dass digitale Bescheide übersehen werden – mit Auswirkungen auf Einspruchsfristen.
  • Kanzleien müssen ihre internen Prozesse prüfen:
    • Posteingang überwachen
    • ELSTER-Postfächer regelmäßig abrufen
    • Mandanten informieren
  • Eine Einwilligung zum digitalen Bescheid ist aktuell noch möglich – aber unklar ist, wie lange dies von den Finanzämtern akzeptiert wird.

Wer sicherstellen möchte, ab 2026 digitale Bescheide zu erhalten, sollte frühzeitig Kontakt zum Finanzamt aufnehmen.


6. Empfehlungen des DStV

Der Deutsche Steuerberaterverband rät:

  • Jetzt bereits digitale Prozesse implementieren oder optimieren.
  • Automatisierte Abrufe und Fristenkontrollen einrichten.
  • Mandanten aktiv über die neue Rechtslage informieren.
  • Bei Bedarf frühzeitig eine Einwilligung oder einen Widerspruch zur Zustellform erklären.

Der DStV wird die Umsetzung weiter beobachten und über technische oder verfahrensrechtliche Änderungen berichten.


Fazit

Ab 2026 wird die digitale Bekanntgabe von Steuerbescheiden Realität – aber nicht in voller Breite. Die Pflicht zur elektronischen Zustellung wird auf 2027 verschoben, während die Finanzämter schon ab 2026 nach eigenem Ermessen digital zustellen dürfen.

Für Steuerpflichtige bedeutet das:

  • Mehr Unsicherheit,
  • mehr Verantwortung,
  • aber auch mehr Chancen, Prozesse zu digitalisieren.

Wer rechtzeitig vorbereitet ist, profitiert vom reibungsloseren Ablauf und geringeren Papieraufwand.