Finanzgericht Düsseldorf, 11 K 142/15 E
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
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Streitig ist, ob der Kläger sein Einzelunternehmen zum 31.12.2008 aufgegeben hat und im Zuge der Betriebsaufgabe die stillen Reserven aus den Anteilen an der A- Bauunternehmung GmbH aufzudecken sind oder lediglich eine Betriebsunterbrechung vorliegt, die nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt.
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Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
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Der Kläger gründete zum 01.08.2003 ein Einzelunternehmen „A- Bauträger“. Gegenstand des Unternehmens ist laut Gewerbeanmeldung die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene und fremde Rechnung (Bauträger) sowie die wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Baubetreuer im fremden Namen für fremde Rechnung. Den Gewinn ermittelte der Kläger durch Betriebsvermögensvergleich.
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Zum 01.12.2003 gründete er außerdem die A- Bauunternehmung GmbH (nachfolgend: GmbH) mit einem Stammkapital in Höhe von 25.000 €. Der Kläger ist alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer der GmbH. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Hochbau (Stahlbeton- und Maurerarbeiten).
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Seit dem 01.09.2005 verpachtete der Kläger im Rahmen seines Einzelunternehmens das vollständige Anlagevermögen des Einzelunternehmens an die GmbH. Die GmbH-Anteile wurden erstmals im Jahresabschluss auf den 31.12.2007 mit ihrem Nennwert von 25.000 € im Einzelunternehmen des Klägers aktiviert. In den Jahren 2003 ff. erklärte das Einzelunternehmen folgende Umsätze:
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Umsätze ohne Pacht | Pacht | |
2003 | 45.000 € | |
2004 | 210.061 € | |
2005 | 7.314 € | 23.600 € |
2006 | 168.579 € | 31.300 € |
2007 | 130.205 € | 50.204 € |
2008 | 67.401 € | 51.550 € |
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Zum 31.12.2008 veräußerte das Einzelunternehmen das vollständige Anlagevermögen an die GmbH. Ein schriftlicher Vertrag wurde nicht geschlossen. Für das Anlagevermögen stellte das Einzelunternehmen der GmbH eine Rechnung zum 31.12.2008 in Höhe von 175.000 € aus. Des Weiteren übernahm die GmbH die Fahrzeugfinanzierungen des Einzelunternehmens i.H.v. 66.193,64 € (s. Rechnung vom 31.12.2008, S. 105 der GA). Die GmbH bilanzierte das Anlagevermögen zum 31.12.2008. Dazu verteilte die GmbH die Anschaffungskosten von 175.000 € auf die angeschafften Wirtschaftsgüter und einen Firmenwert (17.130 €; s. Entwicklung des Anlagevermögens vom 01.01. – 31.12.2008 lt. Bilanz der GmbH). Zum 31.12.2008 und zu den folgenden Bilanzstichtagen bilanzierte das Einzelunternehmen ausschließlich die GmbH-Beteiligung mit 25.000 €.
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In ihrer Einkommensteuererklärung 2008 gaben die Kläger gegenüber dem Beklagten unter anderem gewerbliche Einkünfte aus dem Einzelunternehmen des Klägers in Höhe von 34.188 € an, wobei sie diesen als Verpachtungsbetrieb bezeichneten. Mit Bescheiden vom 05.01.2011, geändert am 24.01.2011, setzte der Beklagte die Einkommen-steuer für 2008 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) fest.
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Die Einkommensteuerfestsetzung änderte der Beklagte mit Bescheid vom 19.08.2014 nach § 164 Abs. 2 AO. In dem geänderten Bescheid setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2008 unter Berücksichtigung gewerblicher Einkünfte aus dem Einzelunternehmen in Höhe von insgesamt 744.006 € fest. Dieser Betrag ergibt sich aus der Addition des laufenden Gewinns des Einzelunternehmens „A- Bauträger“ in Höhe von 18.817 € sowie des Gewinns aus der Veräußerung des Einzelunternehmens „A- Bauträger“ in Höhe von 714.371 € und des laufenden Gewinns des Einzelunternehmens „An- und Verkauf Kfz“ i.H.v. 10.818 €. Zur Begründung führte er aus, durch die Veräußerung des Anlagevermögens sei die vorliegende Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebsunternehmen beendet worden, weshalb im Rahmen einer Betriebsaufgabe die Anteile an der GmbH in das Privatvermögen zu entnehmen seien. Der Entnahmewert betrage 724.000 €. Nach Abzug der Anschaffungskosten der GmbH-Anteile in Höhe von 25.000 € und Addition des Gewinns aus der Veräußerung des Anlagevermögens in Höhe von 15.371 € ergebe sich ein Aufgabegewinn in Höhe von 714.371 €. Der erklärte laufenden Gewinn aus dem Einzelunternehmen „A- Bauträger“ von 34.188 € sei um den Gewinn aus der Veräußerung des Anlagevermögens i.H.v. 15.371 € zu mindern, so dass ein laufender Gewinn von 18.817 € verbleibe.
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Die Kläger legten am 03.09.2014 Einspruch ein.
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Zur Begründung trugen sie vor, eine Beendigung einer Betriebsaufspaltung mit der Folge der Aufdeckung stiller Reserven läge nicht vor. Das Einzelunternehmen sei nicht aufgegeben worden. Der Kläger sei zunächst im Rahmen seines Einzelunternehmens als Bauträger tätig gewesen. Diese gewerbliche Betätigung habe selbständig neben der Betätigung der GmbH gestanden. Das Einzelunternehmen habe seine gewerblichen Einnahmen überwiegend aus der Bauträgertätigkeit generiert. Daher sei das Einzelunternehmen kein reines Besitzunternehmen. In Ermangelung von Aufträgen ruhe die Bauträgertätigkeit seit dem Jahr 2009. Beabsichtigt sei aber in Zukunft wieder aktiv tätig zu werden. Darüber hinaus handele es sich bei den GmbH-Anteilen nicht um notweniges Betriebsvermögen. Diese seien im Rahmen des Jahresabschlusses auf den 31.12.2007 als gewillkürtes Betriebsvermögen eingelegt und aktiviert worden. Die Betriebsprüfung des Beklagten habe die GmbH-Anteile ebenfalls nicht als notwendiges Betriebsvermögen behandelt. Im Rahmen der Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 sei weder eine Betriebsaufspaltung festgestellt noch die GmbH-Anteile in der Prüferbilanz auf den 31. Dezember 2005 aktiviert worden. Außerdem sei das Teileinkünfteverfahren anzuwenden.
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Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 26.09.2014 die Einkommensteuerfestsetzung 2008 und setzte den Veräußerungsgewinn unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 364.871 € (= 699.00 € /2 + 15.371 €) an.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er begründete seine Entscheidung erneut mit der Beendigung der Betriebsaufspaltung. Vertiefend fügte er hinzu, dass es durch den Wegfall der sachlichen Verflechtung regelmäßig zu einer Betriebsaufgabe komme. Soweit das Betriebsvermögen sich noch im Eigentum des Besitzunternehmers befände, würde dieses zu Privatvermögen. Das gelte ebenfalls für die Anteile an einer Betriebskapitalgesellschaft, da diese während der Betriebsaufspaltung zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmers gehörten. Des Weiteren seien die Voraussetzungen einer vorübergehenden Betriebsunterbrechung (Ruhenlassen des Betriebs) nicht gegeben, weshalb ein Aufschub der Versteuerung der stillen Reserven nicht in Betracht komme. Im Hinblick auf die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung sei die richterlich entwickelte Ausnahme von § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – (Betriebsaufgabe) eng auszulegen. Denn die Rechtsprechung dürfe weder neue Steuertatbestände noch vom Gesetzgeber nicht vorgesehene steuerentlastende Ausnahmen schaffen. Vor dem Hintergrund einer rechtlich gebotenen Gleichstellung von Betriebsunterbrechung und Betriebsverpachtung als deren Unterfall komme ein Aufschub der Versteuerung der stillen Reserven deshalb nur in Betracht, wenn die Identität des Betriebes gewährleistet sei. Nach der Veräußerung des gesamten Anlagevermögens – außer der Beteiligung an der Betriebs-GmbH – sei nichts als eine Hülse übrig geblieben. Der Kläger habe den Betrieb nicht identitätswahrend fortführen können. Die identitätswahrende Fortführung des Betriebes sei an den Fortbestand verpachteter wesentlicher Betriebsgrundlagen gebunden.
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Die Kläger haben am 14.01.2015 Klage erhoben.
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Zur Begründung tragen sie ergänzend vor, Hintergrund der Verpachtung des Anlagevermögens sei gewesen, dass die Hausbank eine Finanzierung des Anlagevermögens durch die GmbH nach deren Gründung abgelehnt habe, weshalb der Kläger das Anlagevermögen im Rahmen des Einzelunternehmens angeschafft und anschließend an die GmbH verpachtet habe. Es habe sich dadurch zwangsläufig ein weiteres Betätigungsfeld des Einzelunternehmens ergeben, dass jedoch für den Bereich „Bauträger“ unerheblich und entbehrlich gewesen sei. Nachdem sich die GmbH bis 2008 finanziell gut entwickelt habe, sei von der Hausbank im Gegenzug zur Bereitstellung eines Dispositionskredites die Ausweisung des Anlagevermögens bei der GmbH gefordert worden. Beide Unternehmen seien von ihrer Gründung an selbständig nebeneinander tätig gewesen. Das Einzelunternehmen sei vorwiegend als Bauträger tätig gewesen, während die GmbH sich auf Stahlbeton- und Maurerarbeiten (Hochbau) konzentriert habe. Das Einzelunternehmen habe weitere Gewerke von anderen Unternehmen (Heizungs- und Sanitärbetrieben, Elektrikern, Fensterbauern usw.) durchführen lassen. Vor dem Jahr 2008 habe die GmbH auch über eigenes Anlagevermögen verfügt, hierbei habe es sich überwiegend um geringwertige Wirtschaftsgüter, wie Werkzeug, Hubwagen und Schalungsmaterial gehandelt. Die Büros beider Unternehmen hätten sich in den Streitjahren im Keller des dem Vater des Klägers gehörenden Einfamilienhauses in B-Stadt, C-Straße, befunden. Sämtliches Anlagevermögen sei auf den Baustellen oder in Zwischenzeiten in der Garage des Vaters gelagert worden. Mit Erweiterung des Anlagevermögens sei dann das ab dem 01.09.2005 durch die Ehefrau erworbene unbebaute Grundstück in B-Stadt, D-Straße als Lagerfläche genutzt worden. Bezüglich des Einzelunternehmens läge ab 2008 eine Betriebsunterbrechung vor. Die Bauträgertätigkeit könne bei entsprechenden Auftragseingängen jederzeit in alter Form wieder ausgeübt werden. Das Gewerbe sei nicht abgemeldet und alle Bankkonten weitergeführt worden. Für die Tätigkeit würden keine Fremdarbeitnehmer oder Anlagevermögen benötigt, da die verwaltungstechnischen Abwicklungen der Aufträge durch den Kläger selbst erledigt würden bzw. die handwerklichen Bauausführungen durch die Beherrschung der GmbH sichergestellt seien. Insoweit sei die Beteiligung an der GmbH von erheblicher Bedeutung und daher weiterhin Betriebsvermögen des Einzelunternehmens. Die GmbH-Anteile seien im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten für das Jahr 2007 im Kalenderjahr 2008 als gewillkürtes Betriebsvermögen in das Einzelunternehmen eingelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Übertragung des Anlagevermögens auf die GmbH bereits angedacht gewesen. Die Aktivierung sei zur nach außen hin erkennbaren Verstärkung des Betriebskapitals des Einzelunternehmens vorgenommen worden. Zum 31.12.2008 habe die GmbH lediglich bestehende Fahrzeugfinanzierungen der Einzelunternehmung übernommen. Weitere Verbindlichkeiten, insbesondere Bankverbindlichkeiten, sowie Haftungsrisiken aus durchgeführten Bauvorhaben des Einzelunternehmens und den Kundenstamm des Einzelunternehmens habe die GmbH nicht übernommen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der GmbH habe im Bereich des Rohbaus (Stahlbeton- und Maurerarbeiten) gelegen; dies habe sich bis einschließlich 2011 auch nicht geändert. Erst ab dem Kalenderjahr 2012 habe die GmbH mehrere Großaufträge als Generalunternehmer abgeschlossen.
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Die Höhe des Entnahmewertes der GmbH-Anteile wird von den Klägern nicht beanstandet.
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Die Kläger beantragen,
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den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 19.08.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.09.2014 und der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 aufzuheben sowie
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die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
24
Zur Begründung wiederholt der Beklagte die in der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 ausgeführten Gründe.
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Im Rahmen des Klageverfahrens hat ein Erörterungstermin stattgefunden, auf das Protokoll zum Erörterungstermin vom 05.05.2017 wird verwiesen.
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Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren hinzugezogen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet.
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Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 19.08.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26.09.2014 und der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). Der Beklagte hat zu Recht einen Veräußerungs-/Aufgabegewinn in Höhe von 364.871 € bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt (§ 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 S. 1 EStG).
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Durch die Veräußerung des Anlagevermögens an die GmbH und die Einstellung der Bauträgertätigkeit ist das Einzelunternehmen trotz der fehlenden Betriebsaufgabeerklärung aufgegeben worden. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt keine Betriebsunterbrechung, sondern eine Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, die – anders als die Betriebsunterbrechung – zur Aufdeckung der in den GmbH-Anteilen gebildeten stillen Reserven führt.
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Nach § 16 Abs.1 i.V.m. Abs. 3 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn, der bei der Aufgabe eines Gewerbebetriebs erzielt wird. Eine Aufgabe des Gewerbebetriebes im Sinne des § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn die gewerbliche Tätigkeit eingestellt und der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst wird, wobei die wesentlichen Grundlagen des Betriebes innerhalb kurzer Zeit in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang an einen oder mehrere Abnehmer veräußert oder ganz oder teilweise ins Privatvermögen überführt werden. Für die Ermittlung des Aufgabegewinns ist der Veräußerungspreis der einzelnen, dem Betrieb gewidmeten Wirtschaftsgüter (§ 16 Abs.3 S. 6 EStG) und, soweit die Wirtschaftsgüter nicht veräußert wurden, deren gemeiner Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs.3 S. 7 EStG) anzusetzen. Daraus folgt, dass grundsätzlich mit der Betriebsaufgabe kein Betriebsvermögen mehr vorhanden ist und mithin vom Zeitpunkt der Betriebsaufgabe an alle nicht veräußerten Wirtschaftsgüter zum Privatvermögen gehören.
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Stellt ein Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als eine Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebes unberührt lässt und nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven führt. Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen – in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer – verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt (letzteres als Betriebsunterbrechung im engeren Sinne bezeichnet – vgl. BFH-Urteil vom 28.09.1995 IV R 39/94, BStBl II 1996, 276). Im vorliegenden Fall kommt mangels einer Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen nach dem 31.12.2008 allenfalls eine Betriebsunterbrechung im engeren Sinne in Betracht. Das Ruhen des Betriebs – die Betriebsunterbrechung im engeren Sinne – setzt voraus, dass bei Einstellung der werbenden Tätigkeit die Absicht besteht und die Verwirklichung der Absicht nach den äußerlich erkennbaren Umständen wahrscheinlich ist, den Betrieb innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in gleichartiger oder ähnlicher Weise wieder aufzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 08.02.2007 IV R 65/01, BFHE 216, 412, BStBl II 2009, 699; BFH-Urteil vom 14.03.2006 VIII R 80/03, BFHE 212, 541, BStBl II 2006, 591; BFH-Urteil vom 26.02.1997 X R 31/95, BFHE 183, 65, BStBl II 1997, 561). Es muss die objektive Möglichkeit bestehen den Betrieb identitätswahrend, d.h. in dem Zustand, in dem sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der letzten werbenden Tätigkeit befunden hat, wieder aufzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 08.02.2007 IV R 65/01, BFHE 216, 412, BStBl II 2009, 699).
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Nach diesen Grundsätzen liegt im vorliegenden Fall keine Betriebsunterbrechung im engeren Sinne vor. Die identitätswahrende Fortführung des einheitlichen, aus zwei Tätigkeitsfeldern bestehenden Betriebes ist im vorliegenden Fall nach der Veräußerung des gesamten verpachteten Anlagevermögens objektiv nicht mehr möglich. Zum Zeitpunkt der letzten werbenden Tätigkeit hat der Kläger einen einheitlichen Betrieb geführt und zwar mit zwei Tätigkeitsfeldern, der Bauträger-/Baubetreuertätigkeit und der Verpachtung des Anlagevermögens (Betriebsmittel, Werkzeuge usw.). Nach der Veräußerung des verpachteten Anlagevermögens ist für die Wiederaufnahme des Tätigkeitsfeldes „Verpachtung“ kein sachliches Substrat mehr vorhanden, auf dessen Grundlage die Verpachtungstätigkeit identitätswahrend hätte fortgeführt werden können. Es konnte somit allenfalls die Bauträgertätigkeit wieder aufgenommen werden. Die Aufnahmemöglichkeit für nur ein Tätigkeitsfeld reicht jedoch zur identitätswahrenden Fortführung des Unternehmens nicht aus, da das Unternehmen nicht in dem Zustand fortgeführt wird, in dem es sich befand, als die letzte werbende Tätigkeit eingestellt wurde.
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Nach Auffassung des Senates ist das Einzelunternehmen nicht im Rahmen von zwei organisatorisch selbständigen Teilbetrieben geführt worden. Der Senat kann es deshalb dahingestellt lassen, dass möglicherweise eine steuerlich abweichende Beurteilung vorzunehmen wäre, wenn die beiden Tätigkeitsfelder in Form von zwei organisatorisch selbständigen Teilbetrieben geführt worden wären. Beim Vorliegen von zwei Teilbetrieben könnte der Teilbetrieb „Verpachtung“ durch die Veräußerung des verpachteten Anlagevermögens aufgegeben worden sein und die GmbH-Anteile zum gewillkürtes Betriebsvermögen des Teilbetriebes „Bauträger/Baubetreuung“ geworden sein (siehe dazu BFH-Urteil vom 08.02.2007 IV R 65/01, BStBl II 2009, 699, juris Tz.35). Denn die GmbH-Anteile wären auf Grund der Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebsunternehmen notwendiges Betriebsvermögen des Teilbetriebes „Verpachtung“ und sie sind zum Zeitpunkt der Veräußerung des Anlagevermögens nicht durch eine ausdrückliche Erklärung aus dem Betriebsvermögen entnommen worden (vgl. zum Erfordernis der ausdrücklichen Erklärung BFH-Urt. v. 21.08.2012 VIII R 11/11, BFHE 239, 195, BStBl. II 2013, 117).
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Unter einem Teilbetrieb ist ein organisatorisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs zu verstehen, der – für sich betrachtet – alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2014 X R 28/11, BFH/NV 2015, 479). Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse – beim Veräußerer – zu entscheiden (vgl. BFH, Urteil vom 22.10.2014 X R 28/11, BFH/NV 2015, 479 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Den Abgrenzungsmerkmalen – z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm – kommt je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2013 X R 33/11, BFH/NV 2014, 693; BFH-Urteil vom 09.12.2009 X R 4/07, BFH/NV 2010, 888). Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung ist für die Annahme eines Teilbetriebs nicht erforderlich. Diese Merkmale kennzeichnen bereits den eigenständigen Gesamtbetrieb im Gegensatz zum bloßen Teilbetrieb. Der Teilbetrieb ist eine Untereinheit des Gesamtbetriebs, ein selbständiger Zweigbetrieb im Rahmen eines Gesamtunternehmens (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2009 X R 4/07, BFH/NV 2010, 888, m.w.N.).
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Der Kläger hat sein Einzelunternehmen räumlich, organisatorisch und personell als eine Einheit geführt. Die Büroräume in der C-Straße, B-Stadt wurden von dem Einzelunternehmen und der GmbH ohne eine räumliche Trennung nach Unternehmensbereichen genutzt. Es wurde auch keine gesonderte Buchführung für die beiden Tätigkeitsfelder des Einzelunternehmens geführt, kein eigenes Personal eingestellt und es gab keine eigenständige Verwaltung. Dem Kläger ist zwar insoweit zuzustimmen, dass die Verbuchung und Verwaltung der Vorgänge im Tätigkeitsfeld „Verpachtung“ keinen erheblichen Aufwand bedürften. Die theoretisch einfache Trennung der beiden Tätigkeitsfelder ist jedoch tatsächlich nicht erfolgt und kann somit der steuerlichen Würdigung nicht zu Grunde gelegt werden.
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Die fehlende organisatorische Trennung ist bereits in den Jahren 2003 bis 2005 angelegt gewesen. Ab der Gründung der GmbH im Jahr 2003 sind die später verpachteten Werkzeuge und die Betriebsmittel (Lkw, sonstige Transportmittel, Maschinen, Gerüst- und Schalungsmaterial) – nach der Darstellung des Klägers im Erörterungstermin – sowohl vom Einzelunternehmen als auch von der GmbH genutzt worden. Erst im Jahr 2005 wurde ein Pachtvertrag über das Anlagevermögen zwischen dem Einzelunternehmen und der GmbH geschlossen. Eine organisatorische Selbständigkeit der Verpachtungstätigkeit und der Bauträgertätigkeit ist jedoch auch nach Abschluss des Pachtvertrages nicht zu erkennen. Die Tätigkeit des Klägers war in den Jahren 2003 ff. auf den Aufbau einer unternehmerischen Existenz gerichtet ohne eine klare organisatorische Trennung zwischen dem Einzelunternehmen (mit den beiden Tätigkeitsfeldern) auf der einen Seite und den Rohbauarbeiten der GmbH auf der anderen Seite. Aufträge wurden je nach Auftragsumfang (geschuldeten Gewerken) und Auftragssumme von der GmbH oder dem Einzelunternehmen ausgeführt, wobei das Einzelunternehmen die Rohbauarbeiten bei der GmbH in Auftrag gab. Im Jahr 2008 sind nach der Darstellung des Klägers die Aufträge umfangreicher geworden und aus Haftungsgründen über die GmbH abgewickelt worden. In diesem Kontext stellt sich die Verpachtung des Anlagevermögens an die GmbH als ein notwendiges Mittel zum Aufbau des Unternehmensgegenstandes „Rohbauerstellung“ und ein unselbständiges Teilstück des Unternehmensaufbaus dar. Das Anlagevermögen wurde auf Verlangen der Bank im Einzelunternehmen angeschafft und Ende 2008 auf Geheiß der Bank zur Erlangung von Dispokrediten an die GmbH veräußert.
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Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Kläger ein einheitliches Einzelunternehmen mit zwei unselbstständigen Tätigkeitsfeldern „Bauträger/Baubetreuung“ und „Verpachtung“ geführt hat und keine zwei Teilbetriebe. Da eine identitätswahrende Fortführung des einheitlichen Unternehmens nach Verkauf des verpachteten Anlagevermögens nicht möglich ist, lag mit Beendigung der werbenden Tätigkeit eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG und keine Betriebsunterbrechung im engeren Sinne vor. Die Betriebsaufgabe führt zur Aufdeckung der im Einzelunternehmen gebildeten stillen Reserven. Den Veräußerungs-/Aufgabegewinn hat der Beklagte der Höhe nach zutreffend mit 364.871 € ermittelt. Dabei hat er den gemeinen Wert der GmbH-Anteile auf den 31.12.2008 im Stuttgarter Verfahren nach § 16 Abs. 3 S. 7 EStG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 2 bis 4 Bewertungsgesetz auf 724.000 € berechnet und um den Einlagewert von 25.000 € (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1, 2. Hs., b) EStG gemindert. Der verbleibende Betrag ist unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens zu versteuern (724.000 €./. 25.000 € = 699.000 € : 2 = 349.500 €). Den zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitigen Veräußerungsgewinn von 349.500 € hat der Beklagte um den unstreitigen Gewinn aus der Veräußerung des Anlagevermögens i.H.v. 15.371 € erhöht.
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Abschließend weist der Senat darauf hin, dass selbst bei Annahme von zwei Teilbetrieben, zum 31.12.2008 nicht nur eine Teilbetriebsveräußerung des Teilbetriebs „Verpachtung“, sondern auch eine Betriebsaufgabe des Teilbetriebes „Bauträger/Baubetreuung“ vorliegen dürfte. Die GmbH-Anteile hätten nach Ansicht des Senates somit auch bei Annahme von zwei Teilbetrieben nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen des Teilbetriebes „Bauträger/Baubetreuung“ werden können. Denn auch der Teilbetrieb „Bauträger/Baubetreuung“ konnte nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit zum 31.12.2008 nicht mehr identitätswahrend fortgeführt werden. Eine identitätswahrende Fortführung liegt nach Auffassung des Senates nur vor, wenn die zum Zeitpunkt der Einstellung der werbenden Tätigkeit zurückbehaltenen, nicht grundlegend umgestalteten und weiterhin gebrauchstauglichen Wirtschaftsgüter jederzeit die Wiederaufnahme des Teilbetriebes gestatten. Der Teilbetrieb „Bauträger/Baubetreuung“ verfügte zum 31.12.2008 über keine Wirtschaftsgüter mehr, auf die er bei Wiederaufnahme des Betriebes hätte zurückgreifen können. Ihm fehlte somit jegliches Substrat, mit dem er den Betrieb identitätswahrend wieder aufnehmen konnte. Die GmbH hat zum 31.12.2008 alle Wirtschaftsgüter der Aktivseite (Büroausstattung usw.) sowie die Leasingverträge des Einzelunternehmens übernommen. Über einen Firmenwert hat das Einzelunternehmen auch nach Darstellung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung nicht verfügt. Die Bauträgertätigkeit habe lediglich auf Einzelaufträgen beruht. Dem entspricht die Darstellung des Klägers, dass er sich über die Jahre einen guten Ruf bezüglich der Hochbautätigkeiten erworben hat. In diesem Geschäftsfeld wurde alleine die GmbH tätig.
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Dem Kläger ist zwar insoweit zuzustimmen, dass er für die Fortsetzung seiner Bauträger-/Baubetreuertätigkeit nur wenige Mittel (z.B. Büroausstattung) benötigt und damit die Tätigkeit aus dem Stand heraus wieder ausüben kann. Alleine die Möglichkeit der Wiederausübung reicht zur Annahme einer Betriebsunterbrechung jedoch nicht aus. Sie stellt vielmehr einen Neubeginn der schon einmal ausgeübten Tätigkeit und gerade keine identitätswahrende Fortführung dar. Eine identitätswahrende Fortführung ist nach Ansicht des Senates nur möglich, wenn bei Einstellung der werbenden Tätigkeit noch Betriebsvermögen vorhanden ist, das für die Fortführung des Betriebes eine wesentliche Bedeutung hat (z.B. Firmenwert, Kundenstamm). Alleine die Geschäftsbeziehung des Einzelunternehmens zu der GmbH reicht zu einer identitätswahrenden Fortführung nicht aus. Die Geschäftsbeziehung erstreckt sich lediglich auf ein Gewerk im Rahmen der Erstellung schlüsselfertiger Einfamilienhäuser. Darüber hinaus sollte die GmbH ab 2008 nach der Darstellung des Klägers im Erörterungstermin größere Aufträge als die Erstellung von Rohbauten für Einfamilienhäuser abwickeln. Der Senat hat sich bei dieser Auslegung von dem Gedanken leiten lassen, dass die im Streitjahr noch nicht gesetzlich vorgesehene Betriebsunterbrechung im Hinblick auf den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung eng auszulegen ist (vgl. BFH-Urteil vom 26.02.1997 X R 31/95, BStBl II 1997, 561). Dem Erfordernis der identitätswahrenden Fortführung des Unternehmens kommt in diesem Zusammenhang wesentliche Bedeutung zu und es darf nicht weit ausgelegt werden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.