Altersvorsorgezulage – Wohnungswirtschaftliche Verwendung bei Einsatz von gefördertem Kapital zur Tilgung eines im Wege der Erbschaft übernommenen Darlehens

Das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2023 (Az. 15 K 15045/23) stellt einen interessanten Präzedenzfall im Bereich der Altersvorsorge und der Nutzung von Altersvorsorgevermögen für wohnungswirtschaftliche Zwecke dar. Es erweitert die Interpretation des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Bezug auf die Verwendung von Altersvorsorge-Eigenheimbeträgen zur Tilgung von Darlehen, die für die Anschaffung oder Herstellung von selbstgenutztem Wohneigentum aufgenommen wurden, auf Erbfälle.

Kernpunkte des Urteils:

  • Wohnungswirtschaftliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen: Das Gericht erkannte die Tilgung eines im Wege der Erbfolge übernommenen Darlehens, das ursprünglich zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnung aufgenommen wurde, als wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG an.
  • Unentgeltlicher Erwerb durch Erbfolge: Die Entscheidung hebt hervor, dass der unentgeltliche Erwerb einer Immobilie durch Erbfolge, inklusive der Übernahme der damit verbundenen Darlehensverbindlichkeiten, nicht die Möglichkeit ausschließt, Altersvorsorgevermögen für die Tilgung des Darlehens zu verwenden. Dies steht im Gegensatz zur ursprünglichen Auffassung, dass ein entgeltlicher Anschaffungsvorgang erforderlich sei.
  • Gesamtrechtsnachfolge: Das Gericht betont, dass durch die Gesamtrechtsnachfolge der Erbe in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt, was bedeutet, dass die Anschaffung oder Herstellung der Immobilie dem Erben unmittelbar zuzurechnen ist. Dies stellt eine kontinuierliche Kausalität zwischen der Darlehenstilgung und dem ursprünglich aufgenommenen Darlehen her.
  • Normzweck des § 92a EStG: Die Entscheidung unterstreicht den Zweck der Norm, selbstgenutzte Immobilien in die geförderte Altersvorsorge einzubeziehen, und interpretiert die Regelungen im Sinne einer umfassenden Förderung der Altersvorsorge durch Wohneigentum.

Ausblick und Bedeutung:

Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen X R 2/24 wird zeigen, ob diese Auslegung Bestand hat und somit eine dauerhafte Erweiterung der Möglichkeiten zur Nutzung von Altersvorsorgevermögen für wohnungswirtschaftliche Zwecke darstellt. Sollte der BFH die Entscheidung bestätigen, könnte dies weitreichende Folgen für Erben von Immobilien haben, insbesondere hinsichtlich der Nutzung ihres Altersvorsorgevermögens zur Tilgung von Darlehen, die für die Anschaffung oder Herstellung dieser Immobilien aufgenommen wurden.

Für Erben bedeutet dies potenziell eine neue Möglichkeit, Altersvorsorgevermögen effektiv einzusetzen und gleichzeitig die finanzielle Last von geerbten Immobiliendarlehen zu verringern. Es unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Finanz- und Nachlassplanung, insbesondere im Hinblick auf Immobilien und die damit verbundenen Verbindlichkeiten.