Anwendung der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) durch Unternehmer des Münz- und Briefmarkenhandels

Übergangsregelung für zum 31. Dezember 2013 vorhandene Warenbestände Änderung von Abschnitt 25a.1 Abs. 12 UStAE

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7229 / 10 / 10001-04 vom 29.11.2013

Die Unternehmer des Münz- und Briefmarkenhandels haben in der Vergangenheit vielfach gemäß § 25a Abs. 8 UStG auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichtet und auf ihre Umsätze die allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes angewendet. Vor dem Hintergrund der Änderungen des Umsatzsteuergesetzes im Bereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Sammlungsstücke (Artikel 10 Nr. 5 des Gesetzes vom 26. Juni 2013, BGBl. I S. 1809) beabsichtigen viele Unternehmer, ab dem 1. Januar 2014 verstärkt die Differenzbesteuerung anzuwenden. Dieser Übergang ist sowohl hinsichtlich der Frage, welche Gegenstände die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen, als auch hinsichtlich der Ermittlung des Einkaufspreises mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird es deshalb für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 UStG nicht beanstandet, wenn Unternehmer, deren Haupttätigkeit im Handel mit Münzen oder Briefmarken oder deren öffentlicher Versteigerung besteht, für zum 31. Dezember 2013 vorhandene Warenbestände folgendes vereinfachte Verfahren anwenden:

I. Ermittlung der Umsatzsteuer nach der Einzeldifferenz (§ 25a Abs. 3 UStG)

1. Der Unternehmer teilt die Anzahl der am 31. Dezember 2013 vorhandenen Gegenstände in einem Verhältnis 60 : 40 auf. Für 60 % der vorhandenen Gegenstände kann davon ausgegangen werden, dass sie die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen und einer Anwendung der Differenzbesteuerung zugänglich sind („60-%-Topf“). Für die verbleibenden 40 % kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Gegenstände handelt, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen und deren Lieferungen grundsätzlich den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes unterliegen („40-%-Topf“). Der Unternehmer ordnet die vorhandenen Gegenstände einem der beiden Töpfe zu. Diese Zuordnung ist vom Unternehmer aufzuzeichnen.

2. Veräußert der Unternehmer einen Gegenstand, der dem „60-%-Topf“ zugeordnet wurde, kann der Einkaufspreis mit 70 % des Verkaufspreises geschätzt werden.

3. Die Lieferungen von Gegenständen, die dem „40-%-Topf“ zugeordnet wurden, unterliegen den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes.

II. Ermittlung der Umsatzsteuer nach der Gesamtdifferenz (§ 25a Abs. 4 UStG)

1. Der Unternehmer teilt die Anzahl der am 31. Dezember 2013 vorhandenen Gegenstände, deren Einkaufspreis 500 Euro nicht übersteigt, in einem Verhältnis 60 : 40 auf. Für 60% der vorhandenen Gegenstände kann davon ausgegangen werden, dass sie die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG erfüllen und einer Anwendung der Differenzbesteuerung zugänglich sind („60-%-Topf“). Für die verbleibenden 40 % kann davon ausgegangen werden, dass es sich um Gegenstände handelt, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen und deren Lieferungen grundsätzlich den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes unterliegen („40-%-Topf“). Der Unternehmer ordnet die vorhandenen Gegenstände einem der beiden Töpfe zu. Diese Zuordnung ist vom Unternehmer aufzuzeichnen.

2. Veräußert der Unternehmer einen Gegenstand, der dem „60-%-Topf“ zugeordnet wurde, kann der Einkaufspreis dieses Gegenstandes mit 70 % des Verkaufspreises geschätzt werden. Die Summe der innerhalb eines Besteuerungszeitraums geschätzten Einkaufspreise kann bei der Berechnung der Umsatzsteuer nach der Gesamtdifferenz (§ 25a Abs. 4 UStG) von der Summe der Verkaufspreise dieses Besteuerungszeitraums abgezogen werden. Der Abzug der Summe der tatsächlichen Einkaufspreise dieses Besteuerungszeitraums bleibt hiervon unberührt. Für Kalenderjahre, in denen der Unternehmer die Einzeldifferenzmethode anwendet (Abschnitt 25a.1 Abs. 14 UStAE), unterbleibt ein Abzug der geschätzten Einkaufspreise. Ein Übertrag auf andere Kalenderjahre ist nicht möglich.

3. Die Lieferungen von Gegenständen, die dem „40-%-Topf“ zugeordnet wurden, unterliegen den allgemeinen Regelungen des Umsatzsteuergesetzes.

4. Für Gegenstände, deren Einkaufspreis 500 Euro übersteigt, sind die Regelungen in Abschnitt I anzuwenden.

III. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Abschnitt 25a.1 Abs. 12 Satz 6 Nr. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 28. November 2013 – IV D 2 – S 7200/13/10004 (2013/1093635), geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

„2. 1Übersteigt der Gesamteinkaufspreis den Betrag von 500 Euro, ist der auf die einzelnen Gegenstände entfallende Einkaufspreis grundsätzlich im Wege sachgerechter Schätzung zu ermitteln. 2Die Schätzung kann auf wertbestimmende Einzelgegenstände solange beschränkt werden, bis der Gesamtbetrag für die restlichen Gegenstände 500 Euro oder weniger beträgt. 3Erwirbt der Unternehmer eine Vielzahl gleichartiger Gegenstände (z. B. eine Münz- oder Briefmarkensammlung) kann sich die Schätzung des anteiligen Einkaufspreises auf die Gegenstände beschränken, deren Einkaufspreis 500 Euro übersteigt.

Beispiel 1:
1Der Antiquitätenhändler A kauft eine Wohnungseinrichtung für 3.000 Euro. 2Dabei ist er insbesondere an einer antiken Truhe (geschätzter anteiliger Einkaufspreis 1.500 Euro) und einem Weichholzschrank (Schätzpreis 800 Euro) interessiert. 3Die restlichen Einrichtungsgegenstände, zu denen ein Fernsehgerät (Schätzpreis 250 Euro) gehört, will er an einen Trödelhändler verkaufen.

4A muss beim Weiterverkauf der Truhe und des Weichholzschranks die Bemessungsgrundlage nach der Einzeldifferenz ermitteln. 5Das Fernsehgerät hat er den Gegenständen zuzuordnen, für die die Bemessungsgrundlage nach der Gesamtdifferenz ermittelt wird. 6Das Gleiche gilt für die restlichen Einrichtungsgegenstände. 7Da ihr Anteil am Gesamtpreis 450 Euro beträgt, kann von einer Ermittlung der auf die einzelnen Gegenstände entfallenden Einkaufspreise abgesehen werden.

Beispiel 2:
1Der Münzhändler M erwirbt eine Münzsammlung für 5.000 Euro. 2Darin enthalten sind zwei besonders wertvolle Stücke, mit einem geschätzten anteiligen Einkaufspreis von 600 Euro bzw. 900 Euro. 3Die Einzelwerte der übrigen Münzen liegen unter 500 Euro.
4M muss beim Weiterverkauf die Bemessungsgrundlage der beiden besonders wertvollen Münzen nach der Einzeldifferenz ermitteln. 5Für die übrigen Stücke kann M die Gesamtdifferenzmethode anwenden. 6Dabei kann die Summe der Einkaufspreise mit 3.500 Euro angesetzt werden, ohne dass es einer Ermittlung des auf die einzelne Münze entfallenden Einkaufspreises bedarf.“

IV. Anwendungsregelungen

Die in den Abschnitten I und II dieses Schreibens dargestellten Vereinfachungsregelungen gelten für nach dem 31. Dezember 2013 und vor dem 1. Januar 2017 ausgeführte Umsätze. Veräußert der Unternehmer nach dem 31. Dezember 2016 Gegenstände, die bereits am 31. Dezember 2013 in seinem Bestand waren, gelten die allgemeinen Regelungen zur Anwendung der Differenzbesteuerung. Dies betrifft insbesondere die Nachweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG und die Höhe des Einkaufspreises für den einzelnen Gegenstand.

Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Abschnitt III dieses Schreibens ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF