Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hat am 09. Juli 2025 (Az. 4 SLa 97/25) entschieden, dass das Arbeitsverhältnis einer Arbeitnehmerin gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von rund 68.000 Euro aufzulösen ist. Grund waren schwerwiegende Pflichtverletzungen des Geschäftsführers, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin unzumutbar machten.
Hintergrund des Falls
- Die Klägerin war bei einem Unternehmen beschäftigt, dessen Geschäftsführer zugleich eine private Beziehung zu ihr unterhielt.
- Nach dem Ende dieser privaten Beziehung kam es zu sexistischen, demütigenden und willkürlichen Äußerungen des Geschäftsführers gegenüber der Klägerin.
- Zudem drohte der Geschäftsführer mit arbeitsrechtlichen Sanktionen.
- Die Klägerin entwickelte eine posttraumatische Belastungsstörung, die seit Mai 2024 andauert.
Das Arbeitsgericht Bonn löste das Arbeitsverhältnis nach § 9 KSchG auf und sprach der Klägerin eine Abfindung von 70.000 Euro zu. Das LAG Köln bestätigte die Entscheidung im Wesentlichen, passte die Höhe aber geringfügig auf 68.153,80 Euro an.
Die Entscheidung des LAG Köln
Das Gericht stellte klar:
- Die Klägerin musste die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht hinnehmen.
- Die Voraussetzungen für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG lagen vor.
- Die außergewöhnlich hohe Abfindung sei gerechtfertigt, weil:
- die Kündigung sozialwidrig war,
- die Klägerin erheblich in ihrer Würde verletzt wurde,
- eine langwierige psychische Erkrankung eingetreten ist,
- der Geschäftsführer die Situation vorsätzlich durch Missbrauch seiner Machtstellung herbeigeführt hat.
Rechtlicher Hintergrund (§ 9 KSchG)
Ein Gericht kann ein Arbeitsverhältnis auflösen und eine Abfindung zusprechen, wenn:
- die Kündigung unwirksam ist,
- aber dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die Höhe der Abfindung legt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls fest.
Bedeutung für die Praxis
- Für Arbeitnehmer:innen: Das Urteil zeigt, dass Betroffene von Machtmissbrauch und Diskriminierung nicht schutzlos sind. Auch wenn eine Kündigung unwirksam ist, können Gerichte eine Beendigung gegen Abfindung anordnen.
- Für Arbeitgeber:innen: Geschäftsführern kommt eine besondere Verantwortung zu. Missbrauch der Machtstellung kann nicht nur arbeitsrechtliche, sondern auch erhebliche finanzielle Folgen für das Unternehmen haben.
- Für Unternehmen: Prävention durch klare Compliance-Regeln und Schulungen zum respektvollen Umgang sind unverzichtbar.
Fazit
Das LAG Köln hat ein deutliches Signal gesetzt: Missbrauch von Macht und diskriminierendes Verhalten im Arbeitsverhältnis haben schwerwiegende Konsequenzen. Arbeitnehmer:innen müssen in solchen Fällen das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen. Gerichte können die Beendigung anordnen – verbunden mit hohen Abfindungszahlungen.
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